Bewertung

Review: #5.09 Falsche Freunde

Foto: Darren Criss, Kevin McHale & Jenna Ushkowitz, Glee - Copyright: 2014 Fox Broadcasting Co.; Adam Rose/FOX
Darren Criss, Kevin McHale & Jenna Ushkowitz, Glee
© 2014 Fox Broadcasting Co.; Adam Rose/FOX

"Glee" ist aus der zweimonatigen Winterpause zurück und widmet sich unter dem Hauptthema "Frenemies" drei Charakterpaaren, die mehr oder weniger konstruiert in einen Konflikt geraten. Dabei offenbaren sich die fast schon gewohnten Schwächen der Serie. Wenn man über diese aber hinweg schauen kann, lässt sich auch viel Positives abgewinnen.

"One High School produced both of you?"

In den ersten Minuten der Episode wird sehr dick aufgetragen, als es um Rachel und Santana geht. Die neu errungene Freundschaft wird regelrecht gefeiert (u.a. mit einer schönen Performance zu "Brave"), sodass man gleich wusste, dass sich hier eine deutliche Änderung einstellen wird, weil es einfach so übertrieben wurde. Die Storyline kann also gewiss nicht durch eine überraschende Entwicklung punkten. Vielmehr ist es ärgerlich, dass man Santana gleich bei ihrer ersten kleinen Krise wieder zu dem egoistischen Charakter macht, der er immer gewesen ist. Das mag eventuell realistisch sein, weil viele Menschen meist immer nur dann über ihren Schatten springen, wenn es ihnen gut geht. Dass man hier diesen Weg geht, ist aber zu aufgesetzt und konstruiert. Dass Santana die Zweitbesetzung wird, scheint auch ganz schön an den Haaren herbei gezogen zu sein. Seltsam ist vor allem, dass die anderen Bewerber offenbar nicht mal für einen provinziellen Glee-Club taugen würden. Eventuell wollte man mit der miesen Performance der Bewerberin vor Santana nur per Stilmittel deutlich machen, inwieweit sich New York und der Broadway letztlich doch dem High School-Leben ähneln und das aufregende Leben als Erwachsener mehr Parallelen zur High School hat, als einem lieb sein kann. Dafür war es aber dann zu inkonsequent umgesetzt. Dass Santana durch die gemeinsame Vergangenheit mit Rachel die Rolle erhält, kann man aus Regiesseursicht durchaus verstehen, weil die Vermarktungsmöglichkeiten groß sind. Aber man könnte auch glauben, dass es eher problematisch ist, wenn sich Erst- und Zweitbesetzung stilistisch doch sehr unterscheiden. Das bleibt aber abzuwarten und ist vielleicht noch Thema in einer späteren Episode.

" Unlike you, I can be popular in high school and still make it big after graduation."

In dieser Episode geht es vor allem um den Konflikt zwischen Santana und Rachel. Santana war mal wieder völlig unsensibel, glaubt einfach nur, dass Rachel sich an ihrer Krise ergötzt und sich nur als Freundin aufspielt, um ihren eigenen Erfolg noch mehr genießen zu können. Zugegebenermaßen sind Rachels Starallüren nicht nur herrlich anzusehen sondern durchaus provozierend, doch Santana ist eigentlich viel schlimmer gewesen. Dass sie ausgerechnet mit "Don’t Rain On My Parade" ihre Bewerbung macht, ist schon ein mehr als deutlicher Affront gegen Rachel, auch wenn die Performance wirklich gelungen gewesen ist. Dass sie dann nicht mal Verständnis für Rachels Ärger zeigt, sondern nur behauptet, Rachel könne nicht ertragen, dass Santana ohne viel Aufwand ähnlich gut ist, ist auch mehr als unsensibel und absolut kein Grund, um in dieser Geschichte auf Santanas Seite zu sein. Rachels Backpfeife war mehr als gerechtfertigt und ein Highlight der Episode, weil sich so wunderbar die ganze Energie der Storyline entladen hatte. Allerdings hat sich das Problem damit überhaupt nicht gelöst, denn beide Frauen bleiben stur und Kurt weiß auch nicht zu vermitteln. Dass er keine beschwichtigenden Worte findet, ist mehr als schade, denn er kennt Rachels Ehrgeiz besser als jeder andere und hätte doch zumindest Santana erklären können müssen, wo Rachels Problem wirklich liegt. Aber er ist so auf Harmonie und seine Band fixiert, dass er vergisst, zu beschwichtigen.

Ich komme nicht umhin, um ganz deutlich Position für Rachel zu beziehen. Santana agiert egoistisch und unsensibel und von der Demut aus den ersten Minuten ist nichts zu sehen. Es fällt schwer, sich in Santanas Argumentation hineinzufinden und Verständnis für sie aufzubringen, was ein Schwachpunkt des Konfliktes ist. Er ignoriert die letzte Entwicklung von Santana und bleibt oberflächlich. Es gibt nur den Konflikt, viele böse Worte und keinerlei Ratgeber. Santana hat nicht mal die Größe auszuziehen, als sie erkennt, dass es ein größeres Problem geben wird. Da ist keine Einsicht und keine Rücksicht. Zu Santana in Staffel 2 hätte das sehr gut gepasst. Rachel ist immerhin konsequent. Ihr kann man natürlich vorhalten, dass ihr der Erfolg zu Kopf steigt und arrogant werden lässt, doch sie hat wirklich hart dafür gearbeitet und sich das auch verdient. Und ihr vorzuhalten, sie würde ihre Freundschaften nur pflegen, um ihr erfolgreiches Leben besser genießen zu können, ist schon eine sehr harte Unterstellung. Auf die Idee bin ich bei Rachel noch nie gekommen. Sie hat ihre Ziele und gönnt diese niemand anderen, aber wenn sie ihre Ziele erreicht, würde sie immer unterstützen, wenn sie sich selbst dabei nicht gefährdet. Und das ist ein ziemlich normales Verhalten. Freunde aber zu hintergehen und derart anzugreifen, ist ein ganz anderes, niederes Niveau. Santana hat bei mir erst mal wieder viele Sympathiepunkte verloren.

" I mean...everybody's bringing something essential to the mix." – "Right, right. Said Beyonce right before she left Destiny's Child."

Kurt fühlt sich von Elliott bedroht, weil der in der neuen Band vollkommen aufgeht. Auf Blaines Rat hin versucht er ihn besser kennen zu lernen und seine Motive zu hinterfragen. Dabei stellt er sich durchaus etwas sehr plump an, aber Elliott meistert die Situation gekonnt und ist einfach nur Kurt sympathisch, offen und zutraulich. Das ist fast schon so aalglatt, dass man nicht drumherum kommt, dass hier noch irgendetwas passieren wird. Allerdings scheint von seiner Seite aus die Band nicht in Gefahr zu sein. Vielmehr muss man sich wohl um Kurts Fernbeziehung Gedanken machen, denn Elliott gibt sich zwar freundschaftlich, aber ein gewisses Knistern ist nicht zu überhören. Da Blaine bald seinen Abschluss macht und dann bestimmt Richtung New York aufbricht, könnte das noch interessant werden, zumal die Band (wo ist eigentlich Dani) gerade andere Probleme hat, man also Raum und Zeit für Elliott und Kurt hat. Auf jeden Fall sind die beiden zusammen ganz niedlich und harmonieren musikalisch auch ganz gut. Durch die Fernbeziehung ist die Kurt/Blaine-Flamme auch bei mir etwas erloschen, weil es einfach zu wenige Szenen der beiden gibt. Trotzdem hoffe ich natürlich, dass man hier keine grundlegende Richtungsänderung andenkt, sondern Kurt und Blaine nur etwas herausfordert.

" What a treacly, stomach-turning waste of everybody's time. I hate you both."

Das dritte Paar ist dann in Ohio, welches diese Episode eine eher untergeordnete Rolle spielte, weil man sich vor allem auf Tina und Artie beschränkte und im Prinzip nur Sue glänzen lassen konnte. Tina und Artie sind ja tatsächlich die beiden Charaktere, die man nun im fünften Jahr in Ohio erlebt und gerade bei Tina merkt man das auch, weil ihre Entwicklung seit einiger Zeit quasi stockt. Das ist auf einer Seite schade, auf der anderen Seite aber auch nachvollziehbar, zumal die Serie selbst ja ziemlich deutlich macht, dass dies beabsichtig ist. Ob man hier wie so oft Selbstironie walten lässt, weil man seine Verfehlungen selbst einsieht und konsequent einbaut (siehe Sue: "Unlike some members of the glee club who come and go for months at a time with no explanation, you two losers are always in that choir room even if for an entire week the only thing you have to do is say something inconsequential like "Kitty is right" or "Blaine, are you serious?!"" – Herrlich!) oder ob es wirklich von Beginn an so gedacht war, sei mal dahin gestellt. Die Performances von Artie und Tina waren überraschend gut und sorgten vor allem für Stimmung, weil auch der Rest die Glee-Clubs zwar nur hintergründig aber doch sehr präsent war. Ich muss auch sagen, dass ich mich so an die ganzen Neuen gewöhnt habe und sie auch mag, dass ich sie in der Folge schon vermisst habe. Ob die Neuausrichtung nach der 100. Episode also nach meinem Geschmack sein wird, bleibt abzuwarten.

Tina und Artie reißen also ihre Freundschaft ein, weil sie offenbar Frust loswerden, den sie sich über lange Zeit nicht gesagt haben. Inwieweit das dann eine wirklich gute Freundschaft ist, kann man natürlich diskutieren. Der überaus dick aufgetragene Heldentum der beiden, sich selbst zurück zu nehmen, um den ach so tollen Freund, der das eigene Leben so sehr beeinflusst hatte, zu begünstigen, war mir dann aber echt zu viel, auch wenn es bestimmt bewusst übertrieben war. Was bei solchen Zusammenschnitten immer außen vor bleibt, ist die tatsächliche Reihenfolge, denn Artie musste nur nachlegen, hätte sich also anpassen können. Hier muss man wohl die Inszenierung über die Realität setzen, was aus dramaturgischen Gründen absolut gerechtfertigt ist. Ach ja, der lachende Dritte ist dann schließlich Blaine, wie immer. Das ist langweilig, aber eben auch wieder konsequent. Blaine kann machen, was er will, irgendwie gerät er immer in den Mittelpunkt. Insgesamt bleibt es aber dabei, dass Tina und Artie kaum fesseln können und die Storyline nur dank Sue wirklich zu gefallen wusste.

Fazit

Die Episode hat durchaus ihre Fehler und ist in ihrer Konstruktion nicht vollends durchdacht gewesen. Trotzdem verliert die Serie für mich nicht an Unterhaltungspotenzial, weil die Mischung aus Drama und Unterhaltung, Musik und Selbstironie in den Sprüchen weiterhin funktioniert. Da mir die "neuen Charaktere" aber ganz schön gefehlt haben, ist die Episode mit sechs Punkten noch gut bedient.

Emil Groth - myFanbase

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