Review: #10.24 Abschied
Der Tag ist tatsächlich gekommen. Es ist an der Zeit, sich von Cristina Yang zu verabschieden. Das fällt schwer, schließlich gehört ihr Charakter zu den am besten geschriebenen der Serie und war von Beginn an ein wesentlicher Bestandteil von "Grey's Anatomy". Ohne die mehrfach gelobte und grandiose Darstellung von Sandra Oh hätte die Serie im Laufe der zehn Staffeln sicherlich unzählige berührende Momente vermissen lassen. Man kann ihr aber mit einem guten Gefühl Goodbye sagen, weil Cristina nicht in das Einkaufzentrum gegangen ist und einer Explosion ausgesetzt wurde. Sie darf weiterleben, einem neuem Kapitel in ihrem Leben mit einem großartigen Job entgegenblicken und bekommt dadurch einen rundum gelungenen Abschluss. Aber jetzt erstmal der Reihe nach...
"You don't feel finished because this isn't the end for you. There is no finish line. There is no end point. You just have to go."
Die Folge beginnt damit, dass sich Cristina selbst nicht so richtig vom Grey + Sloan Memorial lösen kann, weshalb ihr die Flut von schwerverletzten Patienten des Einkaufszentrums gerade recht kommt, um noch einmal mit fast allen zusammenzuarbeiten. Ihr wird so Zeit gegeben, sich nach und nach von den meisten Kollegen zu verabschieden. Ihre Worte an Alex bilden dabei ein wunderbarer Einstieg und drücken ihre Anerkennung für seine chirurgischen Fähigkeiten aus. Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass Alex ebenso wie Meredith zu Cristinas Familie gehört und dennoch könnte diese Szene nicht herzerwärmender sein. Natürlich zieht Cristina Alex noch in alter Manier auf, aber die gegenseitige Zuneigung ist spürbar. Wenn man sich den Beginn der Serie anschaut, wo Cristina und Alex sich noch alles andere als gut riechen konnten, beeindruckt die immense Entwicklung der beiden, die sie jeder für sich, aber auch gemeinsam vollzogen haben. Dass sie ihm ihre Anteile am Krankenhaus und somit ihren Sitz im Vorstand übergibt, ist dann das i-Tüpfelchen.
Der Abschiedsmoment zwischen Cristina und Derek ist zwar kurz, doch das tut der ganzen Sache keinen Abbruch. Es darf nicht vergessen werden, dass er nicht bloß der Ehemann ihrer Seelenverwandten ist, denn auch Cristina und Derek verbindet eine Freundschaft. Nach dem Amoklauf am Ende der sechsten Staffel hat er sie mit zum Angeln genommen und war behilflich bei ihrem Prozess, über ihr Trauma hinwegzukommen. Sie respektieren sich als die jeweils wichtigsten Menschen in Merediths Leben und ihre Umarmung hat das zum Ausdruck gebracht. Webbers Umarmung ist genauso herzlich und er darf zurecht richtig stolz auf seine ehemalige Schülerin sein. Sie ist das geworden, was sich jeder Anfänger zu Beginn seiner Karriere gewünscht hat: Sie ist hardcore.
Sich ein Lebewohl zwischen Cristina und Owen vorzustellen, grenzte eigentlich ans Unmögliche und dennoch haben es die Autoren geschafft, die beiden friedlich voneinander zu trennen. Ohne großes Drama. Tatsächlich nehmen Cristina und Owen ohne Worte Abschied voneinander, doch ihr ausgetauschter Blick sagt sowieso mehr als es tausend Worte jemals könnten. Für mich gehören die beiden zu den faszinierendsten Paaren der Serienlandschaft, weil ihre Liebe so echt und allgegenwärtig ist, obwohl die beiden nicht zusammen sein können. Sie stehen für das Paar, welches perfekt füreinander wäre, wenn es Perfektion im Leben geben würde. Sie funktionieren in ihrer Dysfunktionalität dafür umso schmerzhaft schöner.
Tja, jetzt ist es wohl an der Zeit auf Meredith und Cristina einzugehen, was alles andere als leicht ist. Die Freundschaft, die diese Frauen miteinander teilen, ist einmalig in der Serie und war in Zeiten von schwankender Qualität fast konstant ein wesentlicher Stützpfeiler. Auch sie hatten ihre Auseinandersetzungen, doch in jeder guten Freundschaft fliegen mal die Fetzen und das wesentliche ist nun mal, ob man nach den Streitigkeiten wieder zueinanderfindet. Und das haben die beiden immer. Bestes Beispiel ist gerade die zehnte Staffel.
Es sieht so aus, als würde Meredith Cristina förmlich aus dem Krankenhaus zerren, dahinter verbirgt sich allerdings das Besondere an dieser Freundschaft. Meredith weiß, dass sie jetzt tough sein und Cristina einen Schubser aus dem Nest geben muss. Die Szene vor dem OP sorgte für Rührung, als die Freundinnen sich mit Tränen in den Augen anschauen und wissen, dass es nie mehr so sein wird wie vorher. Cristina wählt die passenden Worte und ja, nach George und Izzie sind Cristina, Meredith und Alex alles, was von den einstigen Anfängern übrig geblieben ist. Sie sind Teil einer Ära. Aber auch Meredith weiß das richtige zu antworten. Für Cristina geht es weiter. Das ist nicht das Ende.
Na ja, seien wir aber mal ganz ehrlich, Gott sei Dank hat Cristina nochmal kurz kehrt gemacht, um mit Meredith ihren Weggang "auszutanzen". Das Wort episch wäre hier vielleicht zu viel des Guten, aber die Tanzszene spielt auf die der ersten Staffel an und geht in die Geschichte von "Grey's Anatomy" ein. Zu "Where Does The Good Go" von Tegan and Sara tanzen die beiden völlig unbeschwert drauflos und kreieren den denkwürdigsten Moment der ganzen Folge.
"You are a gifted surgeon with an extraordinary mind. Don't let what he wants eclipse what you need. He's very dreamy. But he's not the sun. You are."
Bei den oben zitierten Worten von Cristina kam ich den Tränen nahe. Schon die ganze Episode über wurden ihr so tolle Zeilen in den Mund gelegt, aber diese Worte für Meredith sind etwas ganz besonderes. Sie waren nötig, um zu verhindern, dass die Titelheldin dem Grey + Sloan Memorial ebenfalls den Rücken kehrt. Nachdem Meredith gemeinsam mit Derek in dieser Staffel den Preis für das harmonischste Paar hätte gewinnen können, wird es zum Ende hin nochmal Zeit für ein bisschen Drama. Und es ist gutes Drama, weil es eine realistische Weiterentwicklung des Konfliktes ist, welchen die beiden seit der zweiten Staffelhälfte gemeinsam bewältigen.
Derek wollte seine Karriere für Meredith zurückschrauben und das hat er einfach nicht getan. Er hat sein Versprechen gebrochen. Es passiert natürlich nicht alle Tage, dass man ein Jobangebot vom Präsidenten höchstpersönlich bekommt, aber Derek kann nicht beginnen, ein Leben für sich und seine Familie zu planen, ohne Meredith ausreichend Zeit zu geben, um darüber nachzudenken. Es sind gerade einmal wenige Wochen vergangen, seit er praktisch mit der Tür ins Haus fiel und Meredith verkündete, dass die beiden nach Washington gehen können. Und wie so oft, stehe ich bei diesem Streit auf Merediths Seite. Sie ist Derek entgegengekommen und hat ihm trotz der ganzen Strapazen die Möglichkeit gegeben, seine Karriere noch intensiver als jemals zuvor zu verfolgen. Sie gab, was sie konnte, irgendwann muss jedoch Schluss sein. Die Parallelen zu ihren Eltern haben mir gefallen und auch wenn Cristina nicht mehr in Seattle ist, hat Meredith noch genug Gründe, um in der Stadt bleiben zu wollen. Sie hat ein Recht darauf zu bestehen, dass ihren Wünschen Beachtung geschenkt wird.
Randnotizen
- April sorgte für den größten Lacher, als sie Owen verkündet, dass sie schwanger ist und ihr die Umstände leid tun. Ihre Entschuldigung: "Kepners are build to have babies, Sir. We drop them in the fields" ist einfach nur zum Schießen! Abgesehen davon durfte sie einen schönen Moment mit Catherine teilen, die kurzzeitig mal richtig nett rüberkommt und April ihre Sorgen wegen des Babys nimmt. Das kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass April und Jackson bei vielen Themen noch drastische Meinungsverschiedenheiten haben.
- Auch Leah und Shane verabschieden sich mit dieser Folge auf gelungene Weise. Leah ist vielleicht keine Chirurgin, aber dafür zeigt sie sich zum Schluss von ihrer besten Seite, hilft einigen Patienten und strahlt Zuversicht aus. Sie wird ihren Platz finden und ihr Talent liegt nach wie vor im medizinischen Bereich. Shane hingegen folgt Cristina nach Zürich und ich habe vorab bereits an diese Idee gedacht, als bekannt wurde, dass Gaius Charles die Serie verlässt. Es ist vielleicht ein wenig realitätsfern, wie einfach es für ihn doch ist, mal eben nach Zürich zu gehen, aber es passt, dass Cristina weiterhin seine Mentorin sein kann.
- Callie und Arizona können beziehungsweise wollen nicht selbst schwanger werden, aber durch einen Patientenfall inspiriert, sieht es jetzt so aus, als würden sie über eine Leihmutterschaft nachdenken. Damit verspricht die nächste Staffel eine spannende Storyline für die zwei bereitzuhalten.
- Caterina Scorsone wird ab der nächsten Staffel zum Hauptcast dazustoßen und das ist eine gute Nachricht. Viel Screentime hat man Amelia zwar noch nicht gegeben, schade finde ich aber eigentlich nur, dass ihre Beziehung mit James so schnell ad acta gelegt wurde, obwohl diese so rührend in der letzten Staffel von "Private Practice" aufgebaut wurde.
- Bailey ist für mich leider der einzig enttäuschende Charakter dieser Staffel. Bei der Alzheimerstudie hat sie Meredith noch große Vorwürfe wegen "unmoralischen" Verhaltens gemacht und jetzt agiert sie hochnäsig und sieht nicht ein, bei der Behandlung von Braden einen Fehler gemacht zu haben. Sie ist eifersüchtig auf die Erfolge von Meredith und Cristina und verhält sich nicht wie die ehemalige Lehrerin der beiden. Anstatt sich für Cristina zu freuen, malt sie sich schon ihren Sitz im Vorstand aus, den Alex nun mal bekommen wird und viel mehr verdient hat.
- Und zum Schluss kommt die bombastische (jeder versteht die Anspielung) Enthüllung: Maggie, die neue Leiterin der Kardiologie, ist Ellis Greys Tochter, vermutlich auch Webbers Tochter, und die dritte Halbschwester von Meredith. Das löst viele Fragen aus, vor allem die, wie Ellis ihre Schwangerschaft überhaupt verbergen konnte. Und nach Lexie bin ich mir nicht sicher, ob eine aufgewärmte Huch-ich-habe-noch-eine-Schwester-Geschichte so toll ist. Das muss ich erstmal sacken lassen.
Fazit
Dr. Cristina Yang left the building. Ich werde sie furchtbar vermissen, musste aber keine Tränen vergießen, weil sie nun an einem besseren Ort ...ähm ... ich meine lebend in Zürich ist, wo ihrer Karriere einfach so viele Möglichkeiten offen stehen. Sie hatte gute Grunde, um das Grey + Sloan Memorial hinter sich zu lassen. Man hat zwar nicht gesehen, wie sie sich von wirklich jedem Charakter verabschiedet, aber das hätte vermutlich den Rahmen der Folge gesprengt. Wir wissen ja, wie viel ihr ihre Kollegen und Freunde bedeuten, allen voran Alex, Owen und natürlich Meredith. Welche Auswirkungen die von Cristina zurückgelassene Lücke haben wird, wird sich in der nächsten Season zeigen und bleibt bis dahin eine spannende Frage. Ich traue es der Serie zu, weiterhin für Unterhaltung zu sorgen, aber Sandra Oh wird man niemals ersetzen können.
Lukas Ostrowski - myFanbase
Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Fear (of the Unknown)Erstausstrahlung (US): 15.05.2014
Erstausstrahlung (DE): 10.12.2014
Regie: Bill D'Elia
Drehbuch: Austin Guzman
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