Review: #1.08 Kameraden
Während es die letzten beiden Folgen in sich hatten, verschafft "Homeland" seinen Zuschauern mit #1.08 Kameraden etwas Zeit zum Durchatmen. Die Serie liefert damit vielleicht nicht die überragendste Episode dieser Staffel ab, aber dafür eine durchaus solide, die einen Einblick in die Schwächen so mancher Figuren gewährt.
"When something good happens, you just gotta learn to say yes."
Alles könnte so schön sein. Brody und Jessica scheinen sich anzunähern. Keiner von beiden möchte, dass ihre Ehe zerbricht. Immer wieder wirkt es, als könnten sie ihre Schwierigkeiten hinter sich lassen und mit ihren Kindern ein glückliches Leben führen: beim gemeinsamen Spieleabend am Esstisch, Popcorn essend vor dem Fernseher – eine Bilderbuchfamilie. Wenn es nicht Familie Brody wäre. So scheint es, als bekämen Brody und Jessica in dieser Woche eine Verschnaufpause – ganz so, als hätte Jessica sich nicht in Mike verliebt und Brody nicht gerade ein Wochenende mit Carrie verbracht. Dass das nur die Ruhe vor dem Sturm sein kann, ahnt nicht nur der Zuschauer. Auch Jessica und Brody fragen sich auf Elizabeth Gaines' Party, was eigentlich los ist. Sie sind auf einmal gern gesehener Gast, alle haben Interesse an ihnen. Schnell wird, zumindest dem Zuschauer, klar, was dahinter steckt: Elizabeth Gaines will Brody zum Kongressabgeordneten machen. Ausgerechnet Brody, der eine riesen Leiche im Keller versteckt hat! Fast schon ironisch, dass sein Amtsvorgänger seinen Posten wegen eines Nacktfotoskandals räumen muss. Wie lächerlich, wenn man bedenkt, was im Falle von Brody ans Tageslicht geraten könnte. Eine mögliche politische Karriere von ihm - sollte es denn wirklich dazu kommen - verspricht großes Potential. Brody als Maulwurf im Zentrum der politischen Macht Amerikas. Der Feind im eigenen Bett…
"It's my weakness. My Achilles heel. Everytime they call me, I go."
Manchmal braucht man aber auch gar nicht so weit schauen. Manchmal macht man sich das Leben selbst schwer. Bestes Beispiel: Saul. Mira packt ihre Sachen und will ihn verlassen. Und das mit Ankündigung. Man möchte doch meinen, dass man in einem solchen Fall klare Prioritäten setzt, dass Saul klare Prioritäten setzt. Die setzt er in der Tat. Es sind nur nicht die, die Mira sich gewünscht hätte. Statt seine Beziehung zu retten, macht er den gleichen Fehler immer und immer wieder. Offenbar fühlt sie sich vernachlässigt. Saul scheint mit seiner Arbeit verheiratet zu sein, sein Privatleben bleibt auf der Strecke. Sehr treffend ist daher das Gespräch, das er zu Beginn der Episode mit Mira führt. Er erzählt ihr von Tom Walker und dass dessen Achillesferse die Liebe zu seiner Frau sei. Dass das sein wunder Punkt sei, der Aspekt in seinem Leben, für den er alles stehen und liegen lassen würde, der ihm eventuell aber auch zum Verhängnis werden könnte. Wie traurig ist es da, als Saul beim Abschied von Mira zugibt, dass seine Achillesferse nicht etwa sie ist, sondern sein Job bei der CIA? Die CIA braucht ihn; er ist sofort zur Stelle. Egal, was er dafür opfern muss. Dass ihm das nicht leicht fällt, dass er gewissermaßen zwischen den Stühlen sitzt, zwischen seinem Beruf und seinem Privatleben, wird mehr als deutlich. Er kann aber offenbar auch nicht aus seiner Haut. Zu groß ist, was auf dem Spiel steht. Immerhin hat er eine leitende Position bei der CIA inne. Dieser Verantwortung kann er sich nicht einfach entziehen.
"I'm gonna be alone my whole life. Aren't I?"
Am Ende der Folge fragt sich Carrie, ob sie wohl ihr ganzes Leben lang allein bleiben würde – wegen ihres Jobs. Ihr Gesprächspartner ist in diesem Moment Saul, der gerade am eigenen Leib erfahren musste, dass Carrie mit dieser Vermutung möglicherweise gar nicht so falsch liegt. Denn auch in ihrem Fall korrelieren ihre beruflichen Verpflichtungen mit ihren privaten Wünschen. Dass Brody für sie mehr war als nur eine Affäre, kommt in dieser Episode immer wieder zum Vorschein. Sie meint zwar, sie käme damit zurecht, nicht mehr mit ihm zusammen sein zu können. Doch ihre Gefühle scheinen tiefer zu gehen, als sie gehen sollten. Die Frage ist: Was stellen die Autoren damit an? Wohin genau soll die Geschichte zwischen Carrie und Brody führen? Er hält ja offensichtlich an seiner Familie fest und Carrie in gewissem Maße an ihm... Interessant übrigens auch, dass Carrie sich ihres Fehlers, Brody näher gekommen zu sein, bewusst ist und diesen Saul gegenüber beichtet, der wie eine Vaterfigur reagiert: Egal welchen Mist sie auch baut, er rügt sie, ist aber gleichzeitig immer auch um ihr Wohlergehen besorgt und scheint ihr nichts übel zu nehmen. Ein echtes Vertrauensverhältnis, dass die Autoren uns auf diese Weise vermitteln.
"Tell him it's over!"
Brody hingegen scheint gerade Schwierigkeiten zu haben, zu vertrauen. So muss ihm Carrie mehrmals versichern, dass sie nicht nur Zeit mit ihm verbracht hat, um an Informationen zu gelangen; er für sie also nicht nur ein Job war und sie ihn niemals ans Messer liefern würde. (Wenn sie wüsste.) Brody hingegen scheint sich betrogen zu fühlen. Aber nicht nur von Carrie, sondern jetzt auch von Abu Nazir. Denn dieser hat ihn glauben gemacht, er hätte seinen Freund, Tom Walker, auf dem Gewissen. Der allerdings ist noch ziemlich lebendig. Das scheint das Fass zum Überlaufen zu bringen und in einer eindrucksvollen Schlusssequenz kommt wieder die andere, dunkle Seite Brodys zum Vorschein: Der Brody nämlich, der ein doppeltes Spiel spielt, aber dem Ganzen nun ein Ende bereiten und sich von Abu Nazir lösen will. Dass ihm das gelingt, darf sicherlich bezweifelt werden…
"Tom Walker is alive."
Im Zentrum von #1.08 Kameraden steht dann auch Brodys alter Kamerad Tom Walker. Der ist von den Toten auferstanden und drauf und dran einen Terroranschlag zu verüben – davon jedenfalls sind CIA und FBI überzeugt. Sie setzen alles daran, ihn zu fassen, bevor es zu spät ist. Am spannendsten an diesem Erzählstrang sind wohl zwei Komponenten. Zum einen die offensichtliche: Die Jagd nach Walker. Und der Fehler des FBI, dabei versehentlich zwei Muslime in einer Moschee zu erschießen. Aber macht ja nix. Sagt man der Öffentlichkeit einfach, Tom Walker hätte sie auf dem Gewissen. Schließlich ist er ein mutmaßlicher Terrorist. Von ihm hätte man ja eh nichts anderes erwartet… Die andere Komponente hingegen ist die Art und Weise, wie man Walker in eine Falle locken will, nämlich mit Hilfe seiner Frau Helen. So ruft er sie regelmäßig an, um nicht nur ihre Stimme, sondern auch die seines Sohnes auf dem Anrufbeantworter zu hören. Seine Familie ist sein großer Schwachpunkt, seine Achillesferse. Die CIA denkt also, sie wäre clever, wenn sie Helen dazu benutzen würde, Tom Walker eine Falle zu stellen. Und fast würde es gelingen – wenn nicht Tom die Achillesferse von Helen wäre. Und so zieht sich dieser Achillesfersen-Aspekt immer wieder in unterschiedlichsten Facetten durch die gesamte Episode. Jede Figur hat einen wunden Punkten: Saul hat seine Arbeit, Carrie hat Brody, Tom hat Helen und Helen hat Tom… Ein roter Faden wie er im Buche steht, ohne dabei allzu aufdringlich zu sein.
"Fazit"
In dieser Hinsicht ist #1.08 Kameraden eine gut durchdachte Folge, auf die auch der deutsche Episodentitel wie die Faust aufs Auge passt. Carrie hat einen Kameraden in Saul, Brody hatte mal einen in Tom Walker. Und dieser kann sich voll und ganz auf seine Frau verlassen, die ihm zur Flucht verhilft - zu seinem Glück und wahrscheinlich zum Verhängnis anderer. Das Scharfschützengewehr wird er am Ende der Folge sicherlich nicht umsonst gefunden haben…
Franziska G. - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Achilles HeelErstausstrahlung (US): 20.11.2011
Erstausstrahlung (DE): 17.03.2013
Regie: Tucker Gates
Drehbuch: Chip Johannessen
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