Bewertung

Review: #3.12 Der Stern

Nach der Erfüllung der Mission stand in der Episode natürlich die Rettung von Brody im Mittelpunkt und dazu immer die Frage, wer daran eigentlich alles interessiert ist und wer nicht. Das Ergebnis ist nicht nur für diese Staffel wichtig gewesen, sondern auch für die kommende. Aber ich gehe am besten mal chronologisch durch.

"Where is Brody now?"

Wie schon der Mord an sich hinterlässt auch die Flucht von Brody einige Fragezeichen. Da wird intensiv darauf verwiesen, dass Akbari der am besten bewachte Bösewicht ist, sodass man einen enorm komplizierten Plan benötigt, um an ihn heran zu kommen, und dann gibt es offenbar überhaupt keine Überwachungsmechanismen, die einen Mord und die Flucht zu verhindern wissen. Das ist schon sehr unglaubwürdig und schade, auch wenn ein Ausweg dann ausgeschlossen gewesen wäre und es einige nachfolgende Diskussionen dann nicht mehr benötigt hätte. Trotzdem bleibt es schade, dass man einen so zentralen Moment quasi wieder für die gesamte Inszenierung oberflächlich umsetzt. Das Treffen zwischen Brody und Carrie hingegen bedenkt man dann wieder intensiv, weil ein Zusammenhang zum CIA nicht hergestellt werden darf. Die Fahrt zum Safe House wiederum erscheint unkompliziert.

"I need him arrested"

Die Ereignisse sind natürlich für viele Parteien von höchstem Interesse. Carrie hofft auf Sauls Unterstützung, weil sie Brody im Fokus hat, während alle anderen eher die Mission im Blick haben und dort keinerlei Risiken eingehen wollen. Javadis Argumentation ist auch sehr schlüssig. Wenn er den Mörder dem Volke präsentieren kann, ist seine Ernennung zum IRGC-Chef nur noch Formsache und letztlich war das von Anfang an der Plan. Dar Adal macht das ebenso deutlich, doch Saul bekommt am Ende seiner Amtszeit doch noch ein Herz und steht so seiner Loyalität eines tapferen Mannes und damit endlich auch mal wieder wirklich auf Carries Seite. Eigentlich zum ersten Mal in dieser Season kann Saul damit punkten. Leider ist dies eben dann das erste Mal in der Season, in der Saul quasi die Kontrolle verliert, weil Dar Adal, Andrew Lockhart und Scott Ryan hinter seinem Rücken ihr eigenes Spiel spielen und den Präsidenten an Bord geholt haben. Hier treffen dann die zwei entscheidenden Ansichten aufeinander. Mission oder Mensch? Das lässt kein richtig oder falsch zu. Objektiv gesehen ist es natürlich besser, den Plan nicht zu gefährden, weil man damit mehr erreichen könne. Als Zuschauer und mitempfindender Charakter ist die subjektive Ansicht dann aber doch zu bevorzugen, zumal sie nicht gleich mit dem Ziel, Javadi in die Führungsposition zu bringen, kollidiert. Es würde es nur schwieriger machen. Ich bin da dann nach der langen Mitverfolgung von Brodys Schicksal schon auf Sauls und Carries Seite gewesen, kann aber an dieser Stelle schon mal vorweg nehmen, dass der Ausgang dann auch sehr viel Sinn macht.

"In what universe can you redeem one murder by commiting another?"

Es hat sich die gesamte Staffel schon angekündigt, dass Brody eigentlich ziemlich erledigt ist und sich eigentlich nur wünscht, dass alles mal ein Ende nimmt. Zwar konnte man immer wieder kleine Motivationsfunken bieten, aber das Erlebte und die gesamte Situation sind schon sehr ausweglos und zermürbend gewesen. So war es für ihn eher tragisch, dass Brody in dieser Staffel immer wieder gerettet werden konnte und quasi "unkaputtbar" war. Das psychische Leiden ist immer wieder durchgedrungen und auch wenn Dana oder Carrie ihm eine Art Lebensmut geben konnten, so war es letztlich doch nur eine kleine Hoffnung, dass sich an seiner Situation wirklich was verbessern könnte. Insofern war schon verständlich, dass er alles gegeben hat, um die Mission zu vollenden. Letztlich war ihm sein eigenes Schicksal nicht mehr so wichtig.

"I don't think that sounds crazy at all."

Nur wäre "Homeland" aber nicht "Homeland", wenn man nicht auch hier noch mal eine kleine, intensiv emotionale Wendung parat hätte. Carries Schwangerschaft passte in diesen Moment auch ziemlich genau, um Brody wieder einen Grund zu geben, auch den letzten Schritt der Mission wieder ernst zu nehmen und ein persönliches Ziel zu haben. So wirklich dran glauben mochte man zwar nicht, dass dieses Happy End auch nur im Entferntesten möglich ist, aber ein kurzer Moment des Luftschlossbauens muss einem auch vergönnt sein. Und es blieb dann auch wirklich ein kurzer Moment, weil Saul und Carrie eben verraten wurden und Javadi Brody gefangen nehmen konnte. Wie man es dabei geschafft hat, Carrie bzw. die CIA rauszuhalten, bleibt den Zuschauer verborgen. Das muss dann einfach akzeptiert werden.

"Everyone sees him through your eyes now."

Eine der besten Szenen folgt dann mit dem Treffen von Carrie und Javadi, weil hier alles noch mal kompakt auf den Punkt gebracht wurde ("The plan is a success.") und die Emotionalität der Menschen ("Not if he dies") der Nüchternheit der Mission ("More so if he dies") gegenüber gestellt wurde. Javadis Worte beeindrucken von der ersten bis zur letzten Zeile und Claire Danes schafft es mit ihrer Mimik wieder genau die Emotionen zu spielen, die man auch als Zuschauer spürt. Man geht sehr emotional dem unausweichlichen entgegen. Carrie will es nicht wahrhaben. Als Zuschauer ist man da etwas realistischer. Ich habe nach der Gefangennahme nicht mehr an Brodys Rettung geglaubt und Carrie wohl auch nicht wirklich. Sie hält sich einfach an einem hoffnungslosen Gedanken auf, dass man niemals aufgeben sollte. Brody hat mit sich abgeschlossen ("I want it to be over") und ist auf seine Weise glücklich damit. Carrie wehrt sich gegen die Gewissheit und das Telefongespräch als Abschied verfehlt seine Wirkung nicht. Auch das kurze Telefonat mit Saul ist intensiv und für Carrie enorm wichtig. Abschließen will sie trotzdem nicht.

Der schwere Gang zur Hinrichtung lässt einem im Fernsehsessel tatsächlich noch mal überlegen, ob die Autoren sich nicht doch noch famose Zufälle einfallen lassen, um die Dramatik aufs Äußerste zu erhöhen, doch das war auch möglich, ohne das absehbare Ende zu ändern. Die Hinrichtung ist schon sehr perfide gewesen, ließ man Brody doch sehr lange hängen, begleitet von Hasstiraden und der unausweichlichen Akzeptanz von Carrie, dass es vorbei ist. Das konnte einem nicht kalt lassen.

"It's your crowning achievement"

Der Zeitsprung vier Monate in die Zukunft war dann erst mal ziemlich unwirklich. Saul in der blauweißen Sommeroase war ein sehr harter Kontrast. Man geht auch direkt darauf ein, dass Javadi nicht nur Chef ist, sondern auch noch genau die friedlichen Schritte auf die USA und die Welt zugeht, die man sich erhofft hatte. Saul steht als arbeitsloser Held dar, der mit Genugtuung einen glücklichen Lebensabend bestreiten könnte. Man kann sich dieses Leben für Saul sehr gut vorstellen, auch wenn man weiß, dass es in ihm sicherlich immer brodeln wird, was Dar Adal noch mal deutlich zu machen weiß. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass es für Saul der Abschluss ist, den man in einem Serienfinale erwarten würde.

"I'm moving to Istanbul"

Auch Carrie wird natürlich ausführlich betrachtet. Sie bekommt ihren Traumposten in Istanbul und hat damit alles erreicht, was sie sich für die Karriere je erhofft hatte. Nur das in Bälde zu erwartende Kind steht deutlich im Weg. Ich hatte ja immer erwartet, dass Carrie das Kind nicht bekommen wird, weil es einfach sehr im Weg wäre. Die Idee, es durch den Vater aufziehen zu lassen, ist jetzt nicht grandios, aber eine gute Lösung, wobei es auch darauf ankommt, wie man nun in der vierten Staffel verfahren wird. Quinn deutete ja in einem netten aber irgendwie auch überflüssigem Dialog an, dass Carrie eine tolle Mutter wäre. Auch Carries Schwester Maggie sieht es eher als Chance denn als Last für Carrie an, ein Kind zu haben. Prinzipiell würde ich das auch so sehen, für eine vierte Staffel kann ich mir eine solche Storyline mit Carrie als Mutter aber einfach noch nicht vorstellen. Es ist aber doch sehr stark zu vermuten, dass mit Istanbul noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, auch wenn Carrie den Gedanken, ein Baby zu haben, noch gar nicht visualisieren kann.

"I think Nicholas Brody deserves a star"

Anhand von Brody stellt man noch mal den Konflikt von Saul und Carrie mit Lockhart dar. Carrie sieht Brody als Helden und möchte, dass auch die CIA dazu steht, doch Lockhart will ihn durch seine Missetaten nicht an der Ehrenwand sehen. Das ist absolut nachvollziehbar und man muss hier auch nicht über richtig oder falsch diskutieren. Man könnte es einfach als deutlichen Hinweis sehen, dass Carrie unter Lockhart niemals so arbeiten könnte, wie sie es gerne würde, weil sie einfach in bestimmten Dingen grundsätzlich verschiedene Ansichten haben. Dass Carrie dann einfach per Hand einen Stern an die Wand malt, symbolisiert sowohl diesen Konflikt als auch Brodys besondere Stellung im gesamten Kontext. Es ist eben nicht einer wie die anderen gewesen.

Rückblick...

Es ist nun an der Zeit noch mal einen kurzen Blick über die gesamte Staffel zu werfen, die emotional und inhaltlich wieder viele gute Dinge geleistet hat, in der ein oder anderen Ausrichtung aber irgendwie zu fokussiert auf die CIA-Geschehnisse war und die ein oder andere Nebenstoryline doch schnell wieder ausblendete. Überaus schade fand ich, dass man Brodys Familie so sehr in den Hintergrund schob und auch die Reaktionen auf dessen Tod gar nicht mehr betrachtete, ging es in der ersten Staffel doch mal fast hauptsächlich darum. Auch für die Beziehung zwischen Brody und Dana ist das Auslassen ein großes Defizit. Auch die Betrachtungen von Quinns Zweifeln oder Faras Zwiespalt ist irgendwie hinten runter gefallen. Man muss nicht jede Geschichte hin und her wenden, bis sie langweilt, aber Potenzial wäre hier schon vorhanden gewesen, um etwas breiter in der Erzählweise zu bleiben. Die Fokussierung mag sicherlich auch einigen gefallen haben, mir fehlten dadurch aber doch zentrale Qualitäten der Serie, die in ihrer Gesamtheit dazu führten, warum ich diese Serie immer hervorragend fand, selbst in der bereits etwas kriselnden Staffel 2.

... und Ausblick

Was bleibt jetzt unter dem Strich für Staffel 4 übrig. Brody ist weg und durch den Zeitsprung wird es auch keine intensive Nachbetrachtung mehr geben. Carrie arbeitet unter Lockhart, wird damit auf Dauer aber nicht zufrieden sein und sicherlich Saul wieder einschalten. Ansonsten spielt Brodys Familie auch nach der ersten Castingnews wohl kaum noch eine Rolle, was bedeutet, dass man fast einen vollkommenen Neustart ausüben kann und wohl auch wird. Darauf darf man gespannt sein, man kann es aber auch bleiben lassen. Überraschenderweise wirkt dieses Staffelfinale auch eher wie ein Serienfinale. Ich habe gerade gar kein Bedürfnis mehr danach, weiter zu schauen. Die zentrale Handlung ist beendet, im Wesentlichen ist Vieles erfolgreich gewesen und die Charaktere haben fast eine Art Happy End. Es bleibt das Gefühl, dass man sich in zwei Jahren sagt, man hätte die Serie lieber nach dieser dritten Staffel beenden sollen. Einzig das schwammige "There is a situation" am Ende von Dar Adal scheint ein wirklicher Aufhänger für eine vierte Staffel zu sein. Ich lasse mich gerne überraschen und baue bestimmt über die nächste Monate wieder eine Erwartungshaltung auf, aber man könnte gerade wunderbar mit der Serie für sich abschließen.

Fazit

Es war ein sehr emotionales Staffelfinale, das wie die gesamte Staffel seine kleinen Defizite hatte, die wichtigsten Handlungsstränge aber sehr gut abschließt und dadurch eher das Gefühl gibt, ein Serienfinale zu sein.

Emil Groth – myFanbase

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