Bewertung

Review: #4.03 Die Tyrannei der Geheimnisse

Der Stein kommt ins Rollen. Langsam zwar, aber er rollt. Carries Islamabad-Operation nimmt Gestalt an. Sie formiert ihr Team und sorgt so für ein Wiedersehen mit Fara, Max und letztlich auch Saul. Für Carrie könnte es also nicht besser laufen. Für Quinn hingegen schon.

"God, I fucking love you, Quinn. You know that, don't you?"

Quinn, Quinn, Quinn. Was machst du nur? Schon in der letzten Folge war er nicht mehr er selbst. In #4.03 Shalwar Kameez spitzt sich seine Situation zu. Er hat ganz offensichtlich sehr an Sandy Bachmans Ermordung zu knabbern. Verständlich und nur allzu menschlich. Der CIA will er den Rücken kehren, was leichter gesagt ist als getan. Denn so einfach lässt die ihre Leute natürlich nicht ziehen. Allwissender Weise stellt die CIA, allen voran Dar Adal, eine Verbindung zwischen Quinns plötzlicher Sinnkrise und seinen Gefühlen für Carrie her. Moment… Seinen Gefühlen für Carrie???

Erstens, woher weiß die CIA darüber eigentlich so genau Bescheid - wo sich ja nicht mal Quinn selbst seine Gefühle eingestehen, geschweige denn ihnen nachgehen will!? Zweitens, warum soll Quinns Reaktion bei der Attacke auf Sandy Bachman ausgerechnet auf Carrie zurückzuführen sein? Ist es nicht normal, sich in scheinbar ausweglosen Situationen aus der Gefahrenzone zurückzuziehen? Hätte Quinn wirklich so viel anders handeln können, wenn Carrie nicht mit im Auto gesessen hätte? Dass ihm Carrie nicht egal ist, er eventuell sogar mehr als nur Kollegialität und Freundschaft für sie empfindet, ist dem einen oder anderen "Homeland"-Zuschauer sicher schon in der Vergangenheit aufgefallen. Soweit so gut. Das hat Sinn gemacht, war nachvollziehbar und ein guter Grundstein, auf den man langsam (!) hätte aufbauen können. Jetzt aber versuchen die Macher von "Homeland" uns mit der Brechstange weißmachen zu wollen, dass sich zwischen Carrie und Quinn eine (unerfüllte) Romanze entspinnt. Eine, unter der Quinn im Moment aufgrund unerwiderter Gefühle leidet. "Homeland" kann in Sachen Storytelling ja viel - nur gut erzählte Liebesgeschichten kann die Serie nicht. Schon bei Carrie und Brody entwickelte sich in der ersten Staffel quasi von der einen auf die andere Folge die ganz, ganz große Liebe. Und auch jetzt wieder, bei Carrie und Quinn, wirkt das Ganze leider an den Haaren herbeigezogen und zu überstürzt. Etwas mehr Anlauf, etwas mehr "Vorgeplänkel" zwischen den beiden hätte der Glaubwürdigkeit nicht geschadet. Denn eine Liebesgeschichte zwischen ihnen hätte durchaus etwas für sich - vor allem wenn man bedenkt, auf welch falschem Fuß ihre (Arbeits-) Beziehung in Staffel 2 gestartet ist.

"It is a seduction."

In Folge #4.01 The Drone Queen noch Drohnenkönigin, jetzt Verführerin: Carrie nimmt ungeahnte Rollen ein und das macht sie ziemlich gut. Der Auftrag: Aayan "verführen", ihn auf die Seite der CIA zu ziehen - quasi auf die andere Seite der Macht (wenn schon nicht auf die dunkle). Ist Fara noch kläglich daran gescheitert, scheint Carrie genau zu wissen, was sie tut. Entsprechend intensiv ist die Szene zwischen ihr und Aayan dann auch in der Toilette eines Cafés. Carrie findet zu alter Stärke zurück. Das steht ihr, ist wahrscheinlich aber nur die Ruhe vor dem Sturm und könnte beinahe über ihre privaten Sorgen hinwegtäuschen. Der Erzählstrang um Aayan ist ein sehr vielversprechender. In gewisser Weise erinnert er an Brody. Nur dass dieses Mal nicht ein Amerikaner von Islamisten rekrutiert, oder viel mehr "verführt" wird. Stattdessen wird der Spieß umgedreht. In Zeiten, in denen man in den Nachrichten immer wieder davon hört, dass sich junge Menschen - aus welchen Gründen auch immer - fanatischen Gruppierungen anschließen, könnte eine Serie wie "Homeland" nicht aktueller sein. Sie trifft den Zeitgeist, und zwar auf den Punkt.

Etwas makaber ist es zwar schon, dass sich ausgerechnet Carrie vor Aayan als Retterin in der Not aufspielt, wo doch sie diejenige ist, die seine Situation zu verantworten hat. Möglicherweise ist aber genau das der Anfang einer Geschichte a la "vertrauter Feind"?

"The tyranny of secrets. – The tyranny of keeping them."

Vertrauter als man erwartet hätte, sind sich auch Saul und die amerikanische Botschafterin Martha Boyd. So, so. Wer hätte das gedacht? Saul war also mal mit ihr verlobt. Zum einen verspricht das noch interessante Konstellationen - zumal Martha nichts von der "Aayan-Operation" erfahren darf. Sie könnte also entweder irgendwann zum großen Problem werden oder aber zur Retterin in der Not. Zum anderen erhält Sauls Beziehung zu Mira dadurch eine neue Wendung. Sollte er nun doch länger in Islamabad bleiben, wäre es nicht verwunderlich, wenn plötzlich wieder alte Gefühle zwischen ihm und Martha aufkeimten...

Fakt ist, selbst wenn Carrie ihn in dieser Folge noch nach Hause schicken will, lang dürfte es nicht dauern, bis Saul wieder integraler Bestandteil der Gruppe wird. Besonders jetzt, da Quinn entdeckt hat, dass der Mord an Sandy Bachman kein Zufall war, nichts, was in der Hitze des Gefechts "versehentlich" passiert ist. Stattdessen scheint er von Anfang an geplant gewesen zu sein – fragt sich nur von wem. Und warum?

"Fazit"

#4.03 Shalwar Kameez ist eine Episode, die zwar an der einen oder anderen Stelle kränkelt und ihre Schwachstellen hat. Alles in allem aber schafft sie durch neue Erzählstränge eine gute Basis für den weiteren Handlungsverlauf der Staffel. Besonders die Geschichte um Aayan, aber auch Quinns weitere Entwicklung geben Anlass, sich auf die nächsten Folgen zu freuen.

Franziska G. - myFanbase

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