Bewertung

Review: #4.04 Das Eisen im Feuer

Die vierte Episode macht große Fortschritte in der Handlung und zeigt in erster Linie auf, wie undurchschaubar und komplex die Situation mal wieder ist, weil es so viele Teilhandlungen gibt, die alle irgendwie miteinander zusammen hängen (werden).

"I never forget a pretty face."

Da wäre zunächst mal John Redmond, der Carrie zu Beginn der Episode beim Identifizieren des Mannes aus dem YouTube-Video hilft, dann aber doch einen sehr mysteriösen Eindruck macht und Carrie überwacht. Es sind nur zwei kurze Szenen, aber in Kombination mit den Ereignissen der letzten Episode, entwickelt sich John Redmond eventuell doch zu einem wichtigeren Baustein in der Geschichte. Immerhin wollte er ja eigentlich den Job haben, den Carrie nun bekommen hat. Es scheint, dass dies auch ganz besondere Gründe und spezielle Absichten hatte, die dadurch durchkreuzt wurden. Vielleicht ist es auch nur reines Misstrauen Carrie gegenüber, aber es könnte auch mehr dahinter stecken. Er wird definitiv noch für Probleme sorgen.

"Usually the simplest explanation is the correct one."

Da Carrie nun weiß, dass ein ISI-Agent wohl der Drahtzieher des Mordes an Sandy Bachmann war, braucht sie von offizieller Seite Hilfe. Saul soll seine Kontakte nutzen, um so vielleicht herauszufinden, was es mit dem Mord auf sich hat, doch es scheint wirklich sehr viel dahinter zu stecken, denn Saul bekommt ganz schön Gegenwind. Man ahnt, dass er auf der richtigen Spur ist, aber er bekommt natürlich keinerlei Antworten auf seine wichtigen Fragen. Man kommt hier also kaum vorwärts, aber die Geschütze werden sicherlich vorsorglich schon mal aufgefahren und verstärkt. Zudem ist Saul jetzt also auch wieder richtig in die Handlung involviert und seine Frau quasi abgeschrieben. Sein Egoismus diesbezüglich ist sehr ärgerlich, weil Mira das einfach nicht verdient hat, aber dass Saul sich nicht mehr für sie ändern wird, hat man schon zum Staffelauftakt erkennen müssen. Es bleibt also hier eher die Frage, ob man Mira noch einen würdigen Abschluss gibt oder aber einfach nicht mehr erwähnt.

"We need his cellphone."

Quinn ist mal wieder im Einsatz, weil er Carrie zuliebe doch nach Islamabad gekommen ist. Und es ist auf jeden Fall sehr nötig, denn die Situation ist auch hier sehr verworren. Sie können den ISI-Mann erst mal überwachen, doch der bekommt recht schnell eine Warnung und Carries Plan scheint zu scheitern. Sie will natürlich alles dagegen tun, doch hier kommt Quinn nun die eigentlich wichtige Rolle im Moment zu. Er leistet Widerstand und bringt Carrie zur Raison, weil diese viel zu risikobehaftet arbeitet. Das ist unglaublich wichtig für die Dynamik der Serie, weil Carrie ganz dringend eine moralische Instanz benötigt, die sie ernst nimmt. Fara ist dafür nicht geeignet, weil sie noch zu grün hinter den Ohren ist, obwohl sie menschlich noch geeigneter wäre, um Carrie ein schlechtes Gewissen zu machen. Da könnte aber auch noch kommen.

"Who else would be providing Sandy with classified documents straight from the ambassador's desk?"

Dennis Boyd, der Ehemann von Martha, taucht in dieser Episode erstmals auf und wird gleich intensiv in die Storyline verwickelt. Offenbar hat er Dokumente seiner Frau entwendet, Sandy zukommen lassen, der wiederum wichtige Informationen im Tausch an eine Frau weitergegeben hat, die nach Sandys Tod nun nicht auf die Quelle verzichten will. Boyd will quasi flüchten und bricht einen Streit mit seiner Frau vom Zaun, wobei deren Ehe wohl kaum als funktionierend zu bezeichnen ist. Er will das Land verlassen, wird dann aber doch vom Gegenteil überzeugt, weil er als Quelle fungieren soll. So eine Drohung lässt kaum etwas anderes zu, als sich zu fügen. Dennis ist definitiv in der Bredouille, aber es bleibt noch unklar, ob er in erster Linie Opfer ist oder doch mehr dahinter steckt, als man bisher glaubt. Auf jeden Fall eröffnet das in der Geschichte eine weitere Ebene, die es spannender und verworrener macht und neue Fragen aufwirft. Wollte er sich nur gegen seine Frau wenden? Wollte er Sandy einen Gefallen tun? Welche anderen Vorteile hatte er vielleicht dabei? Finanzielle? Aussichten auf einen bestimmten Job? Man darf gespannt sein, was da noch kommt.

"You're wrong. You'll see."

Für Aayan verkompliziert sich die Lage enorm. Seine bei Kiran versteckte Tasche wurde vom Vater gefunden und der Inhalt vernichtet. Für Aayan ist das aus unbekannten Gründen der Worst Case. Hinzu kommt die Meldung bei der Uni, sodass er auch noch seinen Platz dort verliert. Letzte Hoffnung ist nun also doch das Angebot von Carrie, ihm zu helfen. Er braucht Geld und will dann in Sicherheit ins Ausland, will aber als Gegenleistung nicht wirklich sagen, was er tun muss. Natürlich wird Aayan nun auf Tritt und Schritt verfolgt, wodurch sich Fara ein dickes Fleißbienchen verdient. Als zunächst nur für Bankfragen zum Team gestoßene Expertin kommt ihr in dieser Staffel ein noch viel wichtigere Rolle zu, weil sie im Außeneinsatz aktiv ist. Das war bei Erstkontakt mit Aayan aus verschiedenen Gründen misslungen, in dieser Episode hat sich aber schon wieder einen großen, eigentlich zu großen Sprung nach vorne gemacht und entpuppt sich als wahre Künstlerin im Außeneinsatz. Furchtlos, kalkulierend und wohl auch mit Glück kann sie Aayan auf der Spur bleiben und entdeckt die wohl wichtigste Tatsache der bisherigen Staffel. Haqqani ist gar nicht tot. Er war gar nicht am Ort des Bombenangriffs. Das ist eine Entwicklung, die alle überrascht, natürlich auch den Zuschauer. Allerdings muss man hier auch Quinn zustimmen. Diese Neuigkeit sorgt dafür, dass nun der ganze Rest irgendwie Sinn ergibt. Wirklich wichtige Fragen werden dadurch zwar nicht beantwortet, aber man kann schon sagen, dass man spätestens jetzt in der vierten Staffel angekommen ist und die nächsten Folgen kaum abwarten kann. Aayans Rolle bleibt auch weiter im Dunkeln. Wieso braucht er die Medizin? Welchen Bezug hat er zu seinem Onkel? Was soll er tun? Wo kommt die Angst her? Soll er ein Selbstmordattentat begehen? Irgendwie ist noch alles denkbar, weil Aayan ja eher sympathisch gezeichnet wird, er selbst viel Angst hat und dadurch wie ein Opfer wirkt, das keine Wahl zu haben scheint.

Für mich ist in diesem Zusammenhang noch die Rolle von Fara unglaublich wichtig, weil es auch sehr gut umgesetzt wurde. Neben ihrem erfolgreichen Einsatz, der ihr selbst sicherlich sehr an die Nieren ging, ist sie als naiver, menschlicher Part eine Art Gegenfigur zu Carrie. Sie hat das gleiche Ziel, möchte aber nicht mit dem Zweck die Mittel heiligen, sondern ehrlich arbeiten, ohne Lügen und Tricksereien. Dass Carrie dies bei Aayan nun ganz anders vor hat, gefällt ihr nicht. Trotzdem akzeptiert sie dies erst mal. In der letzten Staffel hatte sie auch schon mal einen Konflikt mit sich selbst austragen müssen, der für meinen Geschmack dann nicht intensiv ausgearbeitet und recht plump aufgelöst wurde. Nun hat man die Grundlagen für eine Wiederholung gelegt und ich hoffe doch sehr, dass die Autoren fest entschlossen sind, die moralischen Konflikt noch konsequenter und intensiver auszuarbeiten. Andernfalls macht die Wiederholung auch keinen Sinn.

"Try not to worry so much."

Die letzten Minuten waren dann doch noch mal ein kleiner Schocker, auch wenn es nüchtern betrachtet nicht unsinnig ist. Carrie lässt Aayan in das Safe House bringen und kümmert sich um ihn. Sie will ihm die Angst nehmen und Vertrauen wecken, damit sie seine Rolle im gesamten Spiel versteht und ihn für ihre Zwecke gewinnen kann. Das ist natürlich nachvollziehbar und derzeit ja auch die einzige Chance, in ihrer Arbeit voran zu kommen. Dass sie dies allerdings durch ein Verführen des Jungen erreichen will, ist mir eigentlich zuwider. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum sich Aayan nicht denken können sollte, dass dies nur eine Masche von Carrie ist. Warum sollte sie sich zu ihm hingezogen fühlen? Sie überrumpelt ihn und bringt ihn wahrscheinlich sogar noch in eine Lage, sich selbst zu verabscheuen, weil er seinen Glauben verraten hat. Soll ihn das dazu bringen, sich von seinen Verpflichtungen abzuwenden und Carrie alles zu sagen, was er weiß? Ich will das nicht glauben und hoffe sehr, dass Carries Plan missglückt und sie dadurch den Anlass bekommt, sich selbst zu hinterfragen.

Fazit

Die Story wird immer komplexer, undurchsichtiger und somit spannender. Außerdem werden auch wieder einige moralische Aspekte angesprochen, sodass die Episode eine gesunde Balance in der Erzählweise hat. Das macht Hoffnung auf eine spannende und vielfältige Staffel, in der man jetzt richtig angekommen ist. Nur Carries Aktion mit Aayan hinterlässt erst mal noch einen faden Beigeschmack, der eine volle Punktzahl verhindert.

Emil Groth - myFanbase

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