Bewertung

Review: #5.01 Die Schwachstelle

Foto: Claire Danes, Homeland - Copyright: Stephan Rabold/SHOWTIME
Claire Danes, Homeland
© Stephan Rabold/SHOWTIME

"Homeland" goes to Berlin und macht das auch gleich richtig. Man drehte vor Ort - als in Berlin Wohnender war das gleich ein heimisches Gefühl, Bahnhöfe, Straßen, ja sogar Hausflure wieder zu erkennen. Man holte auch mehrere deutsche Schauspieler an Bord, sodass die Szenen auf deutsch endlich auch mal authentisch wirkten. Einziger Wehrmutstrophen ist, dass man wohl nicht die ganze Zeit in Berlin sein wird.

"What's wrong with these new Germans."

Nach der Episode musste man erst mal sortieren, was jetzt eigentlich alles passiert ist, um sich auszumachen, was die Staffel nun vor hat. Carrie arbeitet jetzt für eine deutsche Stiftung, die sich im Ausland für wohltätige Zwecke einsetzt. Otto Düring will sich nun in einem syrischen Flüchtlingslager an der Grenze zum Libanon engagieren und dort hinfliegen, benötigt dafür aber Carries Hilfe, um seine Sicherheit zu gewährleisten. Nebenbei wird die deutsche Außenstelle der CIA gehackt und es werden zig Dateien gestohlen, die belegen, dass die Amerikaner die Überwachung Deutscher organisierten, weil die deutsche Polizei selbst durch die Gesetzgebung zum Datenschutz keine Handlungsmöglichkeit hatte. Das erscheint beides erst mal nicht spektakulär, überzeugt aber durch die Nähe zur Realität sowie durch das Potenzial dieser Grundlagen. Mal sehen, wie die Veröffentlichung durch Laura Sutton die nächste Episode dominieren wird. Politisch kriselt es ja jetzt schon zwischen den USA und Deutschland, weil die Deutschen den Fehler der Amerikaner nicht verzeihen wollen. Und der Besuch durch Düring und Anhang dürfte auch sehr gefährlich sein, auch wenn es durch die Hisbollah genehmigt ist. Carries Entführung war zumindest gleich mal wieder ein Zeichen, welche Möglichkeiten es gibt und dass man auch vor nichts zurück schrecken werde. Allerdings war die Situation auch nicht wirklich gefährlich oder spannend, weil man sofort damit rechnete, dass die Entführung nur die rigorose Umsetzung von Carries Wunsch ist. Mein erster Gedanke als Vater einer dreijährigen Tochter war daher, wer denn jetzt Carries Tochter aus der Kita abholen würde, aber scheinbar war ihr Freund Jonas sowieso an der Reihe. Carrie erreicht jedenfalls ihre Ziele, bekommt aber auch zu spüren, dass es da noch Verletzungen aus der Vergangenheit gibt, die ihr Probleme machen könnten.

"My old life came back."

Was in diesem Zusammenhang sehr gut dargestellt wurde, ist, wie Carrie eigentlich ein ganz normales Leben in Berlin zu führen versucht, mit Kindergeburtstag, Fahrt zur Kita und anderen alltäglichen Aktivitäten, sie aber doch keine Chance hat und innerhalb kürzester Zeit aus der heilen Welt herausgerissen werden kann. Auch das sorgt nicht für große Dynamik in der Episode, bietet aber einen guten Einblick in Carries Entwicklung, was zusätzlich noch durch ein paar persönliche Ebenen ergänzt wird. Carries Freund Jonas wirkt erst mal recht sympathisch, aber irgendwie auch fast zu perfekt. Mich würde es ja fast nicht wundern, wenn er bewusst Carrie kennen gelernt hat, um seinen Chef immer im Bilde zu halten, wir hier also Parallelen zu "The Blacklist" erleben könnten, aber das ist natürlich erst mal reine Spekulation, weil man über Jonas noch nicht so viel erfahren hat.

"You're being naive and stupid, something you never were before."

Zwei weitere starke Momente der Episode liegen bei zwei Dialogen von Carrie. Das ist zunächst ihr Treffen mit Allison Carr. Die beiden haben eine gemeinsame Vergangenheit und könnten als so etwas wie Freunde bezeichnet werden. Doch in ihren Positionen ist ein Freundschaftsdienst erst mal ausgeschlossen. Es war interessant, wie die beiden hier verhandelten und jeder nicht die Kontrolle im Gespräch verlieren wollte. Hier standen sich zwei strake Frauen gegenüber und ich hoffe sehr, dass dies nicht das letzte Mal war in dieser Episode. Das Gespräch mit Saul direkt danach war noch stärker, weil Saul sich die Gelegenheit nicht nehmen ließ, um Klartext zu reden und Carrie regelrecht zu beleidigen. Carrie ist jetzt also auch in ihrem Berufsleben plötzlich mit einer Art Bipolarität konfrontiert. Ist sie nun bei den Guten oder den Bösen? Jeder wirft ihr etwas anderes vor. Dabei versucht Carrie nur aufrichtig zu sein und das zu tun, was Vielen hilft und Wenigen den Tod bringt. Ich bin sehr gespannt, inwieweit man diese Diskrepanz noch darstellen wird. Besonders in Bezug auf Saul erwarte ich mir da noch einige starke Szenen im Laufe der Staffel.

"What the hell is actually going on over there?"

Neben Carrie erfährt der Zuschauer auch viel über Peter Quinn, der nach zwei Jahren in Syrien nun wieder zurück ist und gar keine Emotionen mehr zu haben scheint, sondern kalt eine Art Auftragskiller geworden ist. Quinn ist eigentlich nicht mehr zurechnungsfähig, aber das macht seine Geschichte um so spannender. Schon bei dem Meeting ist es ungemein erfrischend, wie er frei heraus seine Meinung sagt und aufzeigt, was zu tun wäre, wenn man wirklich was in der Region erreichen wolle. Damit beruhigt er aber offenbar auch sein Gewissen. Frei nach dem Motto: Ich habe meine Meinung gesagt, jetzt mache ich alles , was der Chef will. Dieser ist Saul und er will Quinn in Berlin haben, um ein paar Morde an potenzielle Kriegerinnen und Krieger für den IS zu begehen. Die Kaltblütigkeit, mit der er die Bombe hochjagt, ist schon bedenklich. Immerhin gibt es ja auch anliegende Wohnungen. Und so wirklich Informationen hat er sich offenbar auch nicht geholt. Er tut, was man ihm befiehlt, wie ein Roboter. Das ist besorgniserregend, weil ihm weder die eigene Sicherheit noch moralische Bedenken etwas wert zu sein scheinen. Ich hoffe, dass man sich noch viel Zeit für Quinn nimmt, um seine Entwicklung befriedigend darzustellen, denn Potenzial gibt es hier auch noch zu Genüge.

Fazit

Diese erste Episode lässt es insgesamt noch recht ruhig angehen. Sie führt ins neue Setting ein, muss erst mal zwei Jahre der Charaktere aufarbeiten und gleichzeitig einige neue Charaktere einführen. Da kann noch keine große Dynamik entstehen. So überzeugt die Episode in erster Linie durch ihre Realitätsnähe und den Aufbau einer hohen Erwartungshaltung an die neue Staffel, weil sich gleich viele kleine Potenziale aufzeigen.

Emil Groth - myFanbase

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