Bewertung

Review: #2.12 Tag der Abrechnung

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Das zentrale Ereignis in #2.12 Tag der Abrechnung ist Helens Tod und die darauf folgende Jagd Arlos und Raylans auf Dickie. Dabei wird ein Raylan gezeigt, der von Trauer, Wut und Rache getrieben wird. Boyd und Ava hingegen fühlen sich irgendwo tatsächlich schuldig an Helens Tod, doch gerade Ava macht Boyd gegenüber eine erste ernsthafte Liebeserklärung.

Raylan und Arlo

Die angespannte Beziehung zwischen Vater und Sohn eskaliert. Raylans Emotionen kochen in dem Moment über, in dem alle Schuld an Helens Tod von seinen Schultern fällt, die Arlo dort platziert hatte. Für den Zuschauer war dieser Wutausbruch auch absolut fällig, denn all das Schießen auf Arlo hat Raylans angestaute Gefühle gegenüber seinem Vater sicherlich nicht wirklich in Luft auflösen lassen. Fäuste fliegen und Raylan vergisst über all seine Wut und seine Erleichterung, wo er ist und wer er ist. Er ist einfach nur zu tiefst verletzt, dass Arlo ihm verschwiegen hat, wie Arlo selbst in den Mord an seiner Tante und Ziehmutter verwickelt ist. So ungestüm wie in diesem Moment war Raylan bisher noch nie. Die gesamte Spannung zwischen den beiden, die seit Raylans Rückkehr nach Harlan-County aufgestaut und in dieser Episode noch einmal so richtig aufgeladen wurde, findet ein Ventil.

Ich kann Raylans Reaktion auf diesen absoluten Betrug seines Vaters vollkommen verstehen. Und ich glaubte an der ein oder anderen Stelle sogar, dass er Dickie, der ja direkt für Helens Tod verantwortlich ist, umbringen will. Besonders bis zu diesem Moment, in dem er über die wirklichen Hintergründe aufgeklärt wird. Zum Schluss hat er die Möglichkeit und entscheidet sich dagegen. Ich weiß nicht, ob ich es wirklich erwartet hatte, dass Raylan Dickie tötet. Aber die Szene im Wald ließ mich schon die Luft anhalten. Die gesamte Episode hatte ihre spannungsfördernden Momente, da man nie wusste, worauf alles hinaus laufen wird. In meinen Augen haben die Autoren den perfekten Zwischenweg gefunden, indem sie eben Raylan noch nicht von Anfang an über Arlos Teilschuld aufklären und ihn zunächst in dem Glauben lassen, dass er selbst für Helens Tod verantwortlich ist, da er Coover erschossen hat, so dass er keinerlei falsches Spiel, sondern nur eine Racheaktion der Bennetts dahinter vermuten konnte.

Boyd und Ava

Auf Helens Beerdigung kommt es gewissermaßen zur Liebeserklärung von Ava gegenüber Boyd. Während Ava zunächst sehr schockiert ist, von Helens Tod zu hören, sucht sie gleich in Boyds Armen Trost. Schlussendlich gesteht Ava ihm, dass sie bei ihm bleiben wird. Denn vor Arlo sagt sie, dass Helen immer wusste, worauf sie sich mit Arlo einließ und trotzdem bei ihm blieb. Dabei schaut sie Boyd vielsagend an und der Zuschauer erkennt, wie ernst es den beiden miteinander ist. So früh hätte ich persönlich nicht mit einem solch weitreichenden Geständnis gerechnet. Es bekräftigt aber auch meine in der Review zu #2.10 Blutsverwandtschaft ausgeführte Vermutung, dass sich Boyd durch Ava angreifbar macht.

Dickie

Der tragische Held der Episode ist in meinen Augen Dickie. Wie vermutet kommt es zum Kleinkrieg zwischen ihm und Boyd, in welchem er offensichtlich zunächst den Kürzeren zieht. Später aber bekommt er von seiner Mama den Rücken gestärkt und kann sich bei ihr ausweinen. Interessant finde ich hier, dass Mags anscheinend wieder die Geschäfte in die Hand nimmt. Dass sie aus dem Geschäft zurücktrat, war wohl nur eine Kurzschlusshandlung, vom Tod ihres Sohnes ausgelöst. Mags liebt ihre Kinder, alle. Und darum nimmt sie Dickie zurück; vielleicht glaubt sie, er habe genug für Coovers Tod gebüßt mit all dem, was nun auf ihn zukommt. Vielleicht will sie ihr Imperium auch nicht implodieren sehen. Die Beweggründe sind weniger wichtig, als viel mehr, dass Dickie nun jemanden hat, zu dem er kommen kann. Mags regelt schlussendlich, dass Dickie nicht für den Mord an Helen in den Knast muss. Trotzdem ist der Kleinkrieg nicht vorüber, denn gerade durch Raylans Anteil wird es eine Gratwanderung zwischen gedehntem Gesetz und Ordnung und der völligen Anarchie. Der gesetzlose Pfad liegt nah, und ich kann nur hoffen, dass Raylan ihn nicht betritt. Seine krummen Geschäfte bisher waren immer irgendwo zweckmäßig und so gerade eben legal, jedenfalls irgendwie.

Nichts desto trotz habe ich das Gefühl, dass Dickie die tragische Figur bleibt. Zwar konnte er sich bei seiner Mama wieder einen warmen Platz suchen, doch Dickie ist und bleibt nicht gerade der hellste Stern am Himmel, vor allem was seine Voraussicht betrifft. Dickie ist zu impulsiv und emotional, um ein funktionierendes, komplexes Netz aufzubauen und zu erhalten. Das ist alles eine überaus explosive Mischung, die nur darauf wartet, in die Luft zu gehen.

Fazit

#2.12 Tag der Anrechnung ist eine rasante Jagd auf Dickie, die am Ende durch Mags' Handeln scheitert. Dabei wird vor allem Raylans Gefühlswelt offenbart, den der Tod seiner Tante sehr mitnimmt. Es mangelt nicht an Aktion und Spannung. Konstant wird der Zuschauer elektrisiert und überrascht.

Die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen, was im Kontext zu den eher wenig zum Staffelgeschehen beitragenden ersten Episoden der Season einen krassen Kontrast bildet. In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz Loretta erwähnen. Ich kann nur loben, dass die Autoren das Mädchen nicht vergessen. Ich weiß nicht, ob und wie sie noch eine Rolle spielen wird. Alles ist in der Schwebe und die Spannung ist am Ende der Episode gewaltig. Doch gerade die so aufgebaute Erwartungshaltung muss nun im Finale erfüllt werden. Wie eine Serie auf den letzten Metern zum Staffelfinale noch einmal kräftig zulegt, wird hier bei "Justified" besonders deutlich. Ich hoffe, dass das alles nicht implodiert und im Nichts aufgeht.

Jamie Lisa Hebisch - myFanbase

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