Bewertung
Hill, Reginald

Das Dorf der verschwundenen Kinder

"Benny ist wieder da!"

Foto: "Das Dorf der verschwundenen Kinder" von Reginald Hill
"Das Dorf der verschwundenen Kinder" von Reginald Hill

Inhalt

Kurz bevor die englische Ortschaft Dendale für immer dem Erdboden gleichgemacht wird, um einem Stausee zu weichen, verschwinden dort drei kleine Mädchen spurlos. Als Hauptverdächtiger gilt der neunzehnjährige Außenseiter Benny Lightfood, der jedoch aus Mangel an Beweisen freigelassen werden muss und abtaucht. 15 Jahren später leben die ehemaligen Einwohner von Dendale im nahe gelegenen Ort Danby und glauben, die Vergangenheit hinter sich gelassen zu haben, als plötzlich wieder ein kleines Mädchen spurlos verschwindet und an mehreren Stellen des Ortes der aufgesprühte Spruch "Benny ist wieder da" auftaucht. Detective Superintendent Andy Dalziel und seinem Team gelingt es nicht, das Verschwinden des kleinen Mädchens als eigenständigen Fall anzugehen, zu schwer wiegen die Ereignisse aus der Vergangenheit, zu viele Fragen sind noch offen und zu groß ist die Angst vor Benny Lightfood, den seit 15 Jahren niemand mehr gesehen hat.

Kritik

Der britische Autor Reginald Hill ist kein Vertreter der simplen, schnörkellosen Thrillerliteratur. Ganz im Gegenteil. Wie alle seine Werke ist auch "Das Dorf der verschwundenen Kinder" ein hochgradig komplexer Roman, der aus der Perspektive mehrerer verschiedener Personen erzählt wird und eine reichhaltige Fülle an Metaphern, Details und Geschichten in der Handlung besitzt. So spielen ein Kindergruselmärchen und ein Songtext eine wichtige Rolle und werden beide komplett mit Titelbild in die Handlung des Romans eingeschoben.

Die meisten der Hauptfiguren kamen schon in früheren Romanen von Reginald Hill vor, allen voran die polizeiliche "Dreifaltigkeit", die Kommissare Andy Dalziel, Peter Pascoe und Edgar Wield. Der "Vater" Dalziel ist ein schwergewichtiger, angsteinflössender Superbulle, Pascoe, der "Sohn", ist ein gebildeter, sensibler Ermittler, und der "Heilige Geist" Wield ist ein homosexueller Polizist, der sich in jeder Krise als meisterhafter Organisator und Ruhepol erweist. Amen. Um diese drei dominanten Figuren herum positionieren sich viele weitere Charaktere, die aus dem Umfeld der Ermittler stammen oder in den Fall verwickelt sind.

Man kann "Das Dorf der verschwundenen Kinder" nicht mal eben im Vorbeigehen lesen, dazu erfordert der Roman zuviel Konzentration und Geduld. Die Geschichte baut sich durch die zahlreichen Bestandteile sehr langsam auf, man muss auf viele Kleinigkeiten achten und sich viele Namen merken, sowohl von Personen als auch von Orten, um am Ball zu bleiben. Die Faszination ist dabei von der ersten bis zur letzten Seite gegeben, doch ein echter Pageturner, den man nicht mehr aus der Hand legen kann, ist der Roman nicht, eben weil er einige Ansprüche an den Leser stellt und sich schwierigen Themen, darunter dem vielleicht schwersten Thema überhaupt, dem Verlust von Kindern, widmet. Die prägenden Schlagwörter der Handlung sind Verlust, Trauer und Schuld.

Letztlich nötigt dieser Roman dem Leser viel Respekt vor Reginald Hills sprachlichen Fähigkeiten und vor seinen komplexen Verknüpfungen von Schicksalen, von Vergangenheit und Gegenwart und von Songs und Märchen mit der Realität, ab, doch die Spannung und der Unterhaltungswert gehen dabei ein wenig verloren. Es werden ein paar Umwege zu viel gegangen. Da konnte mich Hills "Das Fremdenhaus" schon deutlich mehr überzeugen.

Fazit

"Das Dorf der verschwundenen Kinder" ist ein komplexer, schwerer Roman, der Geduld und Aufmerksamkeit erfordert.

Maret Hosemann - myFanbase
17.03.2009

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