Bewertung
Stiefvater, Maggie

Ballade. Der Tanz der Feen

"Ich träumte von Musik. Ich wusste, dass dies Nualas Lied war – so schön, dass es weh tat."

Foto: "Ballade" von Maggie Stiefvater
"Ballade" von Maggie Stiefvater

Inhalt

Nach außen hin wirkt James wie ein stets cooler Typ, der von allen umgarnt wird, doch in seinem Inneren ist er ganz anders. Auch er träumt davon, jemanden zu finden, für den es sich zu leben lohnt – er sehnt sich nach der großen Liebe. Vor allem, nachdem sich Deirdre für Luke und nicht für ihn entschieden hat. Dann trifft er die wunderschöne Nuala, in die er sich auf den ersten Blick verliebt. Sie trachtet aber nur nach James' Leben. Ihr Angebot lautet: er wird zu einem erfolgreichen Musiker, wenn er ihr dafür ein paar Jahre seines Lebens gibt. James lehnt das Angebot dankend ab, aber Nuala lässt sich so leicht nicht abwimmeln und entwickelt langsam aber sicher verbotene Gefühle ihn.

Kritik

Man kann "Ballade" auch lesen, ohne den Vorgänger zu kennen, da es sich bei dem Roman nicht um eine direkte Fortsetzung von "Lamento" handelt. Zwar treten die gleichen Charaktere wie im ersten Teil auf, doch die Erzählperspektive hat sich geändert. Wir erfahren alles über das Gefühlschaos von James, Deirdres bestem Freund.

Vermutlich haben die meisten Maggie Stiefvaters "Nach dem Sommer" zuerst gelesen, da ihre beide Feenromane nicht denselben Bekanntheitsgrad erreicht haben. Auch in "Ballade" findet man die abwechselnde Erzählperspektive wieder. Doch gegen alle Erwartungen ist die zweite Protagonistin nicht Deirdre, sondern Nuala. Mit James als ersten Protagonisten hat Stiefvater ins Schwarze getroffen. Durch ihn wirkt die Geschichte noch realistischer, da er nicht alles einfach hinnimmt, sondern die Dinge hinterfragt und zu allem seine eigene Meinung hat. Er ist ein Junge mit zwei Fassaden, was in seiner Situation nachvollziehbar ist. Schließlich geben sich Jungen nach außen hin gerne als die "coolen Checker", um einen bleibenden Eindruck bei anderen zu hinterlassen. Doch eigentlich beschäftigen ihn seine sensible Seite und die Suche nach der großen Liebe, die sein Leben für immer verändern soll.

Schlagartig wird James' Leben komplett auf den Kopf gestellt, als die wunderschöne Nuala vor ihm steht. Zunächst ist er misstrauisch und weiß von Anfang an, dass ihre Absichten niemals gut sein können, doch nach und nach ändert sich die Einstellung zueinander. James merkt, dass seine Liebe zu Deirdre immer mehr in seinen Hinterkopf rückt, je mehr Zeit er mit Nuala verbringt. Irgendwann scheint seine beste Freundin sogar ganz vergessen. Es ist schade, dass Deirdre ganz in den Hintergrund rückt. Außer die SMS und andere elektronische Nachrichten, die sie an James schreibt, jedoch nie abschickt, erfahren wir eigentlich nichts weiter über sie. Ab und an hat sie einen kurzen Auftritt, verschwindet dann jedoch gleich wieder von der Bildfläche. Das ist wirklich sehr bedauerlich, denn "Lamento" konnte durch die Nebencharaktere glänzen, die der Geschichte die richtige Portion Charme verliehen haben.

Zwar gibt es auch in "Ballade" wunderbare Nebencharaktere wie Paul und Sullivan, die die Handlung vorantreiben, doch leider werden diese viel zu schnell abgehandelt. Ebenso wenig konnte ich mich mit James' Wahl eines Musikinstruments anfreunden. Deirdre ist eine ehrgeizige Harfespielerin. Ein wunderschönes Instrument, das wahrhaftig nicht jeder eben so spielen kann. James jedoch soll der beste Dudelsackspieler der Welt sein? Tut mir Leid, aber mit dem Gedanken kann und will ich mich nicht anfreunden. Es ist zwar auch ein ungewöhnliches Instrument, aber ein ebenso grausames. Klar, Geschmäcker sind halt verschieden, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwer ensthaft danach strebt, als Bester auf diesem "wunderschön klingenden" Instrument spielen zu können. Kaum zu glauben, dass trotzdem alle James so cool finden.

Als zweite Protagonistin ist Nuala mehr als überflüssig. Am Anfang ist sie eine arrogante Zicke und kann im Laufe der Kapitel immer mehr von sich überzeugen und an Sympathie gewinnen, dennoch hätte man sich die Kapitel aus ihrer Sicht schenken können. Es wirkt einfach unpassend und gekünstelt (Deirdre wäre eine bessere Wahl gewesen, trotz ihres tiefen Absturzes, der sie ihr Selbstbewusstsein aus "Lamento" gekostet hat). Wäre Stiefvater durchgehend in James' Erzählperspektive geblieben, dann wäre die Geschichte vermutlich gelungener, als sie nun ist, auch wenn James im Laufe der Handlung bloß noch gestellt und nicht mehr so authentisch wie zu Beginn wirkt. Seine Sprüche werden lahm und man hätte sich ein wenig mehr Ernsthaftigkeit von ihm gewünscht.

Auch die Story kann leider nicht so sehr überzeugen wie die von "Lamento". Zwar hat man eigentlich oft ein Déjà-vu-Erlebnis und denkt, dass man das alles schon mal gelesen hat (ja es sind sehr viele deutliche Parallelen zum Vorgänger zu erkennen), doch in "Ballade" ist der Erzählstil eher schwach und die Charaktere bleiben farblos und oberflächlich. Oftmals hält die Autorin sich mit Kleinigkeiten auf, die überhaupt nichts zur Sache tun, während an anderen Stellen Gespräche merkwürdige Wendungen nehmen. Es gibt viele Logik - und Denkfehler, die das Lesen kompliziert nachen, auch wenn das Buch ein eigentlich kurzes Lesevergnügen darstellt.

Fazit

Leider kann "Ballade" nicht an seinen Vorgänger anknüpfen, bietet jedoch bedingt nette Unterhaltung für eine kurze Lesereise ins Reich der Feen. Wer unbedingt wissen will, wie es mit Deirdre und James nach "Lamento" weitergeht, der sollte sich die Fortsetzung zulegen und sich mit nicht allzu großen Erwartungen zurücklehnen.

Sanny Binder - myFanbase
11.01.2011

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