Bewertung
Incubus

If Not Now, When?

"I have waited - We've been good, Even a blast, but don't you feel like something's missing here? Don't you dare. I've waited all my life, If Not Now, When will I? Stand up and face the bright light, don't hide your eyes: It's time - No umbrellas, No sunglasses." (Incubus - "If Not Now, When?")

Foto: Copyright: Sony Music International/Epic
© Sony Music International/Epic

Wenn nicht jetzt, wann sonst hätte das neue Album von Incubus erscheinen sollen? Nach zwei Dekaden Bandgeschichte, einer Best-of-Compilation und diversen Live-DVDs melden sich die fünf Kalifornier mit ihrem nunmehr siebten Studioalbum "If Not Now, When?" zurück. Auch wenn zwischen dem letzten veröffentlichten Album "Light Grenades" und dem neuen Werk knapp fünf Jahre liegen und Frontsänger Brandon Boyd zwischenzeitlich auf Solopfaden wandelt, sind die Erwartungen an Incubus dennoch ziemlich hoch.

Eröffnet wird die Platte vom Titelsong, der sich langsam mit einem dramatischen Streicher-Intro aufbaut, das schließlich von Gitarren und Boyds markantem Gesang durchbrochen wird. Jedoch bleibt der Track insgesamt ziemlich ruhig und legt den Fokus auf die Instrumentenvielfalt. Etwas schneller geht es mit "Promises, Promises" weiter. Eine nette Klaviermelodie unterlegt mit leicht nervösem Hi-Hat-Sound und sehr eingängigem Refrain. Aufgrund der hohen Radiotauglichkeit dieses leichten Popsongs ist es wenig verwunderlich, dass er zur zweiten Singleauskopplung wurde.

"Friends and Lovers" ist hingegen textlich gelungen, bleibt allerdings musikalisch nur im Mittelmaß und überzeugt letztlich nicht wirklich. Mit "Thieves" wird das Tempo wieder leicht gesteigert. Der Song ist von eingängigen E-Gitarren-Hooks, einem schleppenden Drumbeat und Boyds klarer Stimme, die die gesellschaftskritischen Lines à la "Why should the thieves have all of the fun? Selling us water by the river, they don't speak for everyone. When will I get mine? Or must I be a god-fearing, white american?" vorträgt, dominiert.

Einen auffallenden Gegensatz zu den bisherigen, eher durchschnittlichen Tracks, bildet der nachfolgende, schon nahezu epische Song "Isadore". Leider geht es mit dem verträumten, aber ziemlich unscheinbaren "The Original" weiter. "Defiance" ist wiederum ein reiner Akustiksong, der mit seinem leicht heuligen Gesang an Banalität kaum zu übertreffen ist.

Das atmosphärische, knapp achtminütige "In the Company of Wolves" ist hingegen ein echter Lichtblick. Da macht es auch nichts, wenn man doch einige Coldplay-Anleihen heraushören kann. Zunächst scheinbar eine weitere Ballade, kommt es zur Songmitte zu einem Umschwung ins elektronisch Verzerrte mit schweren Gitarrenriffs, verhallendem Gesang und einem langen, abschließenden Instrumentalpart. Außerdem lässt sich auch eine Anspielung auf die musikalischen Veränderungen von Incubus finden, denn "Something's wrong, when it all remains the same."

"Switchblade" bildet dann das absolute Highlight. Endlich wird es unglaublich druckvoll, temporeich und kantig. Der mit Abstand dynamischste und rauste Song des Albums besticht mit hymnischen Hooklines, wie "Light like a feather, bright like a dying star. Cut those together, girl that is what you are. Wild eyes forever, built to punish and persuade.", bevor er in einem Fade Out endet.

Die erste Single "Adolescents" klingt sehr nach alten Incubus-Tracks. Im Zentrum stehen kreischende Gitarren, eingängige Basslines und ein eindringlicher Refrain. Auffällig ist hier, dass Boyd stimmlich phasenweise an System-of-a-Down-Sänger Serj Tankian erinnert.

Leider folgt mit "Tomorrow's Food" ein enttäuschend behäbiger Ausklang - abermals mit Akustik-Gitarrenbegleitung, mehrstimmigem Gesang und ewigen, sich wiederholenden Streicher-Hooks.

"If Not Now, When?" hat seine Höhen und Tiefen. So liegt der Schwerpunkt auf ruhigen, balladesken Songs, die zuweilen einen ungemein ausgeprägten Hang zur Melodramatik erkennen lassen. Dagegen bieten Tracks wie "Switchblade" oder "Adolescents" einen angenehmen Ausgleich. Der rote Faden zwischen den einzelnen Songs wird durch Brandon Boyds unverkennbare, markante Stimme geschaffen.

Fazit

Insgesamt liegt mit "If Not Now, When?" ein Album vor, das zwar eine Weiterentwicklung von Incubus dokumentiert - allerdings hin zu ruhigeren, schwerfälligeren Songs. Gleichwohl könnte die Balance – oder besser: der bereits auf dem Plattencover porträtierte Drahtseilakt - zwischen Balladen und schnelleren, powervolleren Tracks durchaus ausgewogener ausfallen. Nichtsdestotrotz ist dem Quintett ein relativ abgerundetes und damit soweit stimmiges Gesamtwerk gelungen. Vielleicht hätte man jedoch ein bisschen mehr Vielfältigkeit von den sonst so experimentierfreudigen Musikern erwartet. Andererseits können Incubus wiederum mit gewohnt intelligenten Texten und einem dichten, komplexen Geflecht an Kompositionen überzeugen.

Anspieltipps

Switchblade

Isadore

In the Company of Wolves

Adolescents

Artistpage

EnjoyIncubus.com

Tracks

1.If Not Now, When?
2.Promises, Promises
3.Friends and Lovers
4.Thieves
5.Isadore
6.The Original
7.Defiance
8.In the Company of Wolves
9.Switchblade
10.Adolescents
11.Tomorrow's Food

Ira Bosse - myFanbase
10.07.2011

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