Echophonic
Aus Österreich kommen Tina Böhsner, Ri Kromp und Christoph Dissmann, die drei Mitglieder Echophonics, die sich nach dem Ausstieg des Gründungsmitglieds Alexander Eggerth in diesem Jahr mit ihrem gleichnamigen dritten Album auch im Nachbarland Deutschland (noch mehr) Gehör verschaffen wollen, als noch mit den Vorgängern „Hotel Underwater“ und „Colours Going Blind“.
Die Chance für einen Musikfreund, nach einem CD-Kauf dankbar zu sein, steht zu jeder Zeit sehr gut. Die einen haben Glück und kaufen richtig gute Musik. Die anderen landen mit dem Griff ins CD-Regal gleichzeitig einen ins Klo. Dankbar sind diese erst dann, wenn die CD ohne Ohrenbluten überstanden wurde und, noch besser, an entfernt oder ungeliebten Bekannten abgetreten werden konnte, der es nicht besser wusste (und vor langer Zeit den so sorgsam gehegten und gepflegten, bedeutungsschwangeren Lieblingspulli verschludert hat) – womöglich auch noch gegen Bezahlung. Hier stehen die Chancen auf Dankbarkeit ebenfalls sehr gut: Option a) Die CD gefällt dem besagten entfernten Bekannten tatsächlich sehr gut und er ist der Ansicht, sein Geld gut angelegt zu haben. Option b) Der Pechvogel weiß, dass die Sache mit dem Pullover damals doch ganz schön daneben war. Und leistet von dem so eisern zusammengesparten Notgroschen hoch oben von der Bettkante Ersatz, um vermeintlich gut gemeinten musikalischen Kuckuckseiern in Zukunft vorzubeugen.
Echophonic existieren bereits seit acht Jahren. Tina Böhsners Gesang erinnert nicht selten an den Heidi Triskas, Front-Frau der Berliner Kombo Cat Sun Flower. Das dreieinhalb minütige "Okay" vermittelt kurzzeitig den Eindruck, sich auf dem Album "A Lie Called Summer" wiedergefunden zu haben und auch das ignorante "Heal Yourself" der Österreicher geht mit "Couldn’t Care Less" der deutschen Cat Sun Flower textlich Hand in Hand: "I don’t care, if you’re happy/ I don’t care, if you’re sad. Saw drops of sickness falling right into your head/ I don’t care/ Oh/ I don’t care. […] Heal Yourself." Sowohl stimmlich wie auch musikalisch lassen sich Parallelen der Bands nicht von der Hand weisen und auch die Machart der Songs gleicht einander und das in einem guten Sinne. Denn die Kompetenz hinter der Liedmacherei lässt sich nicht verleugnen: Hier sitzt, was zu sitzen hat. So bügelt das Klanggewand den Makel der zwar richtigen und wichtigen, aber zuweilen auch harmlosen und trivialen textlichen Erkenntnis in "Your Decision" mühelos wieder aus: "What you do/ what you don’t do/ is it what you believe? […] You don’t have to be them/ they don’t have to be you/ Oh yeah."
Raffinierter und kurzweiliger sind die Worte, die die Band für "She’s Got An Army" gefunden hat. Sie lassen dem (Zu-)Hörer damit ein gewisses Maß an Interpretationsfrei- und Spielraum: "She’s got an army/ Can’t anyone see? She’s gonna hurt me/ Can’t anyone see?" Und wirft gleichzeitig viele Fragen auf: Wer ist und was will sie? Ist sie bewaffnet? Wenn ja, wird sie schießen? Und wenn noch mal ja, auf wen? Wieso kann sie niemand sehen? Ist sie eine Illusion oder gar unsichtbar? Und, wo in aller Welt kriegt man als Frau denn bloß eine ganze Armee her? Fragen über Fragen, die sich der Musikfreund zwar stellt, ihm in dem Lied allerdings nicht beantwortet werden. Stattdessen wird das Thema mit einem simplen "I can’t/ I can’t/ I can’t/ I cannot help it." ad acta gelegt und der Zuhörer im Regen stehen gelassen. Vielleicht weiß man in den eigenen Reihen um Unsichtbarkeit und Gefährlichkeitsgrad der Frau ja selbst nicht genau. Der Song jedenfalls gehört zu den stärksten auf der Platte.
Mit "Echophonic" ist Echophonic ein nettes Popwerk gelungen, ein kurzweiliges Album, das mit zehn Songs in vollendeter Unfertigkeit besticht und dessen Charme eben genau hier zu suchen ist: Die Österreicher verzichteten auf einen externen Produzenten, machten auf "Echophonic" ihr eigenes Ding und drückten der Platte ihren studioeigenen Stempel auf. Ungewöhnlich: Der reduzierte Sound entspringt in die Jahre gekommenen Super-8-Filmen, deren Tonspuren durch minutiöses Tüfteln und Austesten arrangiert und zur optimalen Begleitakustik des Langspielers verpflastert wurden. Der einzige, aber eben auch nicht nebensächliche, Haken an der Sache ist: Die Songs gehen schnell ins Ohr! Finden allerdings leider auch in einem ähnlich raschem Tempo den Weg zurück nach draußen. Die klanglichen Grundrisse können im Gedächtnis nur schwer Wurzeln schlagen. Gott sei Dank und glücklicherweise sind Ohrwurmqualitäten auf Biegen und Brechen längst keine Voraussetzung für eine Platte, die was taugt – wenn auch sicher nicht hinderlich. Und Gott sei Dank gibt dieses Album keinen Anlass für nachlässige Bekannte, schonmal das ohnehin so dürftig genährte Porzellansparschweinchen zu schlachten. Es sei denn, zum Kaufen dieser CD. Und Scherben bringen ja bekanntlich Glück.
Anspieltipps:
Okay
Heart Like An Ocean
She’s Got An Army
Your Decision
Artistpage:
Tracks
1. | Out Of Control | |||
2. | Okay | |||
3. | Heart Like An Ocean | |||
4. | Romyesk Belief | |||
5. | In Me | |||
6. | She’s Got An Army | |||
7. | Près De Moi | |||
8. | Hardest Time To Lose | |||
9. | Heal Yourself | |||
10. | Your Decision |
Aljana Pellny - myFanbase
20.10.2006
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 25.11.2006Genre: Pop
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