Deutschland sucht den Superstar, Staffel 3 (2005/2006)
Ausstrahlung: 16.11.2005 bis 18.03.2006
Jury: Dieter Bohlen, Sylvia Kollek, Heinz Henn
Sieger: Tobias Regner
Die dritte Staffel der RTL-Castingshow DSDS lieferte die erste richtige Enttäuschung, denn der Trash erwies sich, biblisch gesprochen, leider als Goliath, während das Talent sich mit der Rolle des Davids begnügen musste. Anders als im Alten Testament trug David allerdings leider nicht den Sieg davon. Gleichzeitig machten sich zwei Veränderungen bemerkbar, die die Sendung auch heute noch prägen: Der Trip der DSDS-Frauen in die Bedeutungslosigkeit und Dieter Bohlens Aufstieg als großer Zampano.
Weder Anna-Maria Zimmermann, Carolina Escolano, Lena Hanenberg, Dascha Semcov noch Vanessa Jean Dedmon konnten an die Qualität ihrer Vorgängerinnen anknüpfen. Gerade Vanessa Jean Dedmon wurde als die Kirsche auf der Sahne angepriesen, aber egal wie oft ein Bohlen sie zur deutschen Antwort auf Whitney Houston hochpreisen wollte – hier war eher der Wunsch der Vater des Gedankens. Weder Gesangstechnik, interpretatorische Leistung noch Wiedererkennungswert gaben Anlass für diesen Vergleich. Böse Zungen könnten an dieser Stelle anmerken, dass Whitney selbst in ihrem miserablem Post-Koks-Zustand eine Vanessa Jean Dedmon auch nachts um Drei mühelos an die Wand singen würde.
Dass in unserer Kolumne zur dritten DSDS-Staffel die Juroren Sylvia Kollek und Heinz Henn kaum eine Rolle spielen, ist kein Zufall. In Staffel 3 kam es zum ersten Mal zu einer größeren Umstrukturierung in der Jury, der alle Juroren bis auf Bohlen zum Opfer fielen. Als erfolgreicher Musikproduzent, Ex-Modern-Talking-Mann und Boulevard-Darling – Stichwort Verona Feldbusch, Naddel und Teppichluder – hatte Bohlen schon immer eine gewisse Prominenz in der Jury. In der dritten Staffel war er aber erstmals dienstältester Juror und lies die anderen seine Überlegenheit oft spüren – besonders Heinz Henn konnte davon sicherlich ein Lied singen.
Eine komplette Zeitverschwendung war die Staffel allerdings glücklicherweise nicht, der Italiener Nevio Passaro mit seiner musikalischen Kreativität und der Halb-Koreaner Mike Leon Grosch mit seiner riesigen Neo-Soul-Röhre erwiesen sich als eine gesangliche und künstlerische Oase in der vedorrten DSDS-Wüste der dritten Staffel. Samstag für Samstag setzten sie Highlights, gerade Groschs souliges Organ setzte Maßstäbe. Finalbesetzung und Gewinner hätten klar sein müssen, aber es kam anders. Grosch verliebte sich in seine Kollegin Vanessa Jean Dedmon und gab auch sein bestes, die Romanze ausgiebig vor dem RTL-Publikum auszukosten, inklusiver tiefschmalziger Liebegeständnisse während der Mottoshows, bei denen man als Zuschauer am liebsten sofort vor lauter Fremdscham im Erdboden versunken wäre.
Ob die öffentlich ausgetragene Liebschaft der beiden Turteltäubchen auf echten Gefühle beruhte oder nur eine Inszenierung für die Medien darstellte, kann man im Nachhinein nicht mehr mit Sicherheit sagen. Fakt ist, dass die Romanze viel negative Resonanz nach sich zog und Grosch am Ende wohl auch das Finale kostete. Die DSDS-Krone ging schlussendlich an den Underdog Tobias Regner, seines Zeichens weichgespülter Rocker und heute nur noch bekannt als Interpet des nervigen Ohrwurms "I Still Burn". Nevio Passaro musste sogar bereits nach der Top-4-Show seinen Abgang hinlegen - auch hier dürfte vor allem die Antipathie der Zuschauer gegen den als arrogant verschrienen Nevio eine Rolle gespielt haben, weniger seine Leistung als solche.
Überhaupt wurden Emotionen in jener Staffel großgeschrieben. Wer hat Stephan Darnstaedt vergessen, der Song nach Song verhunzte, erdolchte und zertrampelte, um dann regelmäßig vor dem Nervenzusammenbruch zu stehen? Man wollte dem Jungen einen Keks gegeben, ihn von der Bühne holen und ihn anflehen, nie wieder seine Stimme zum Gesang anzusetzen. Die Qual hatte mit seinem freiwilligen Ausstieg dann glücklicherweise ein Ende, davor flossen aber genug Tränen – von den hitzigen Diskussionen, ob so jemand wie Stephan Darnstaedt etwas auf der Bühne zu suchen hat (natürlich nicht!) oder eben nicht, ganz zu schweigen.
Liebesgesülze, Empörung, Arroganzarien, Nervenzusammenbrüche, Tränen – aus Sicht von RTL eine hocherfolgreiche Staffel, aus Sicht der Musik hingegen eher ein halbes Fiasko. Dass der Gewinner der Staffel im wortwörtlichen Sinne gerade mal fünf Minuten im Rampenlicht verbrachte, nur um dann sofort in der Versenkung zu verschwinden, kann als krönender und passender Abschluss dieser insgesamt doch recht bescheidenen Staffel gelten.
Bester Moment:
Die Auftritte von Mike Leon Grosch mit "Still Got The Blues", Nevio Passaro mit "Se Bastasse Una Canzone" und Tobias Regner mit "Purple Rain".
Bizarrster Moment:
Stephan Darnstaedts Darbietungen, Zusammenbrüche und Ausstieg. Mike Leon Groschs sülziges Liebesgeständnis an Vanessa Jean Dedmon - wo ist die Tüte, die man sich über den Kopf stülpen kann, weil man es vor lauter Fremdscham nicht mehr aushält?
Was aus dem Sieger wurde:
2009 erschien sein letztes Album "Kurz Unsterblich", das floppte. Tobias Regner moderiert heute die wöchentliche Metal-Rundfunkshow "Bobs harte Saite" beim hessischen Pop-/Rocksender Radio Bob und gibt mit seiner Band Regner zudem regelmäßig Konzerte.
Eva T. - myFanbase
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