Bewertung
Interpol

Interpol - Hamburg Docks

Es muss am Samstagabend so gegen 21 Uhr gewesen sein, als der allerletzte Besucher in den Hamburger Club Docks hinein schlüpfte. Danach ging wirklich nichts mehr. Das Docks war komplett ausverkauft und jede weitere Möglichkeit, einen Blick auf die Bühne zu erhaschen, ausgereizt. Der Grund für dieses lemmingartige Verhalten der Hamburger war die New Yorker Band Interpol, die für wenige Konzerte in Deutschland zu Gast war.

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Interpol sind die wohl exponiertesten Vertreter des Post-Punk. Ihre Auftritte, das Erscheinungsbild und natürlich die Musik wirken mittlerweile stilbildend. Ihre drei Alben haben dabei seit 2002 ihren Ruf als musikalische Perfektionisten gefestigt, die mit ausgeklügelten Arrangements und tiefsinnig anmutenden Texten melodischen Gitarrenrock fabrizieren. Alle drei Alben haben hervorragende Kritiken bekommen, aber aufgrund des Perfektionismus und der eher zurückhaltenden Art der Band durfte man doch sehr gespannt sein, wie Interpol live wirkt. Das Konzert im Docks war eine der wenigen Möglichkeiten, die Band in Deutschland live zu sehen.

Als Vorband traten Blonde Redhead, ebenfalls aus New York kommend, auf, der Abend war damit fest in Indie-Hand. Doch auch wenn Blonde Redhead eine durchaus reizvolle Kombination von melodischem Rock und Elektrosounds bietet, so macht es Sängerin Kazu Makino einem nicht leicht, ihre betörende Stimme zu lieben. Zu oft driftete die Band in der knappen Stunde ihres Auftrittes in Richtung Fantasy und Elektrokitsch ab. Das Publikum erwies sich jedoch als geduldig und offen für die teils surrealen Klangwelten von Blonde Redhead und verabschiedete die Band mit angemessenem Applaus.

Dass die eigentlichen Stars des Abends jedoch erst nach Blonde Redhead auftraten, merkte man daran, dass es in der halben Stunde bis zum Auftritt Interpols nochmals voller wurde und man seinen sicheren Stand in der Masse sicher hatte. Entsprechend aufgeheizt war die Stimmung, als um halb zehn die New Yorker Jungs auf die Bühne traten und "Pioneer to the Falls" anstimmten. Auch wenn es beim ersten Lied offenbar noch Probleme mit der Mischtechnik gab und die Stimme von Sänger Paul Banks etwas übersteuert war, stimmte das Publikum sofort begeistert ein.

Es folgten anderthalb Stunden bester Gitarren-Rock vor einem Publikum, das nahezu jeden Song mitsingen konnte und das Anstimmen der Hits jeweils begeistert begrüßte. Dabei präsentierte die Band eine abwechslungsreiche Mischung von Liedern des aktuellen Albums "Our Love to Admire" und Klassikern der beiden vorherigen Alben. Insgesamt kam das Publikum so in den Genuss aller großen Hits, wie "Exit", "Obstacle", "Slow Hands" und vieler mehr.

Der berühmt-berüchtigte Perfektionismus der Band kam auch zum Tragen: Praktisch alle Songs, mit Ausnahme des schlecht gemischten Starters "Pioneer to the Falls", waren absolut perfekt gespielt, Unterschiede zwischen Studio und Live-Konzert nur selten zu erkennen. Dies mag bedauern, wer die Atmosphäre von Live-Konzerten schätzt, aber es zeigt das hohe Niveau, auf dem die Band spielt. Auch szenisch wurde das Image verstärkt, die Bühne war lediglich spärlich beleuchtet und es dominierten, hier wie bei der dezenten Videoanimation im Hintergrund, Blautöne. Die Band selber präsentierte sich wie immer in strenger schwarzer Kleidung mit Schlips und Kragen, lediglich Sänger Paul Banks wich wie üblich davon ab.

Auch im Live-Konzert ist Interpol zurückhaltend. Sehr viel Kommunikation zwischen der Band und dem Publikum gab es nicht. Aber wen stört das schon, wenn die Musik umso mehr überzeugt. Und das wussten die Jungs wohl auch, spielten sie doch eine ausführliche Zugabe, bei der auch endlich das vom Publikum bejubelte "Stella was a driver and she was always down" kam.

Insgesamt kann ein Interpol-Konzert wohl nicht besser sein und der rege Zuspruch des Publikums zeigte, dass es auch keinen Änderungsbedarf gibt. Im Gegenteil, die Band gab am nächsten Tag noch ein Zusatzkonzert in der Hansestadt, um die Nachfrage der Norddeutschen Musik-Fans zu befriedigen.

Setlist

Pioneer to the falls / Obstacle 1 / C'mere / Narc / Pace is the trick / A time to be small / Say hello to the angels / Mammoth / No I in threesome / Rest My Chemistry / The Lighthouse / Evil / Heinrich Maneuver / Not even jail

Zugabe: Leif Erikson / Stella was a driver and she was always down / PDA

Sandra G. - myFanbase
26.11.2007

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