Review: #1.06 Im Wandel
Neue Bekanntschaften für Juliette und Rayna bringen frischen Wind nach Nashville und sorgen für willkommene Abwechslung. Auch Avery knüpft neue Kontakte, erhält ein recht unmoralisches Angebot und riskiert dafür seine ohnehin gerade kriselnde Beziehung mit Scarlett. Außerdem wird der Wahlkampf um das Bürgermeisteramt zunehmend schmutzig geführt und stellt damit Coleman vor eine schwere Entscheidung in Bezug auf seine Prinzipien.
"You’re moms and SUVs. That’s a language I don’t speak."
Zugegebenermaßen war ich vor allem in der letzten Folge etwas angeödet, was die Story rund um Rayna anbelangte. Die Geschichte mit Deacon trat einfach zu sehr auf der Stelle, Teddys Eifersucht langweilte und die Geldprobleme waren zu wenig greif- und sichtbar. Mit der Konzentration auf ihr neues Album und der Suche nach einem neuen Producer hat Rayna endlich wieder frisches Material. Und mit der Rolle des Liam McGuinnis wird dem Ganzen noch ein äußerst interessanter und spannender Charakter hinzugefügt.
Schon sein Einstand wusste mich bestens zu unterhalten. Der verdutzte Blick von Rayna auf seine Abkanzelung bei ihrer Vorstellung brachte mich direkt zum Schmunzeln. Natürlich ist seine Meinung hinsichtlich Rayna zunächst einmal völlig klischeebeladen. Aber wer will es ihm beim Anblick von Rayna auch verübeln. Als unkonventionelle und alternative Künstlerin, am besten noch aus der Rockszene, tritt sie nun wirklich nicht auf. Aber genauso erfrischend weiß Rayna dann auch im zweiten Anlauf Liams “moms and SUVs” charamant zu kontern. Das zollt nicht nur ihm den nötigen Respekt ab, sondern kann auch bei mir in Sachen Sympathien für Rayna punkten. Sie war mir zuletzt einfach zu weinerlich und zu sehr tragische Figur. Jetzt versprüht sie wieder Freude an der Musik. Auch Liam scheint in ihr die leidenschaftliche und ehrliche Künstlerin zu erkennen, nicht die bloße Marketing-Figur des Plattenlabels. Ich bin wirklich überrascht, wie Liams ungewöhnlicher Arbeitsstil, inklusive Whiskey dazu führt, dass mit der Aufnahme ein "magischer" Moment entsteht, der nicht nur Rayna, sondern auch mich begeistern kann. Sie klingt intensiv und verärgert zugleich. Und sie kann es auch sein. Sie musste Deacon gehen lassen, ihr Vater hängt sich in ihre Familienangelegenheiten und ihre Karriere steht an einem zukunftsentscheidenden Wendepunkt. Auch wenn die Studiosituation für Rayna untypisch erscheinen mag, so ist immer noch genügend von der "alten" Rayna zu erkennen. Und während Deacon früher über ihre gemeinsame Zeit schrieb, so steht nun sie selbst im Zentrum ihres ersten, selbstgeschriebenen Songs. Von dieser Rayna möchte ich in Zukunft wieder mehr sehen. Und von Liam sowieso. Schon bei seinem ersten Auftritt eine absolute Bereicherung und durchaus ein Sympathieträger, der es versteht, Rayna aus ihren eingefahrenen Wegen zu lenken.
"As you know it’s the pictures that will kill a career."
Und wo wir gerade bei Neuzugängen sind, auch der zweite neue Charakter Sean Butler kann bei seinem ersten Auftritt punkten. Nun gut, eigentlich ist es eher Juliette die im Zusammenspiel mit ihm überzeugen kann. Zunächst einmal war auf jeden Fall Juliettes Auftritt bei der Zoo-Charity und ihr Foto mit dem Affen zum Schießen komisch. Es gefällt mir gut, dass Juliettes Diebstahl weiterhin ein Thema ist und noch immer gute Publicity nötig ist, statt wieder direkt zum business as usual über zu gehen. Während Sean in seinen ersten Szenen als absoluter Saubermann und Schwiegermutters Liebling gezeigt wird, ist es einfach schön zu sehen, wie Juliette zunächst ganz im Zickenmodus schließlich in Sean eine neue persönliche Herausforderung gefunden hat. Sie hat Spaß daran, ihn zu fordern, zu locken und zu reizen. Was für Sie (zunächst) ein Spiel zu sein scheint, ist für ihn von Beginn an ehrliches Interesse, das zunehmend zur Bewunderung wird. Mit seinem Gesang, Gitarrenspiel und der Kenntnis ihrer Songs gelingt es ihm tatsächlich, Juliette zu überraschen. Sie wird plötzlich wesentlich zugänglicher, blüht auf und hat Spaß.
Beim beziehungsweise durch den Paparazzi-Zwischenfall beim Club-Besuch in Miami können beide Charaktere glänzen und ihre positiven Eigenschaften zum Einsatz bringen. So entpuppt sich Sean beim verbalen Angriff des Fotografen als echter Gentleman und Beschützer und kann dadurch Juliette beeindrucken. Dass die Aufnahmen durch die Erpressung für Sean schlechte Presse zur Folge haben und damit seine Karriere gefährden könnten, wird Juliette erst durch Makena und deren Hinweis auf Juliettes eigene Erfahrungen mit verhängnisvollen Bildern richtig klar. Das zeigt sich auch sofort an ihrem betroffenen Blick. Es ist Juliette daher auch hoch anzurechnen, dass sie für die Fotos des Paparazzo bezahlt. Mit dieser edlen Geste, die sie garantiert nicht für jeden getan hätte, offenbart sie neben Lernfähigkeit auch ihre Zuneigung für Sean. Auch auf seine Einladung zum Date reagiert sie geschmeichelt und lächelt wie ein verliebter Teenager.
Die erpressten 25'000 Dollar finde ich übrigens verhältnismäßig wenig Geld für die durchaus pikanten Fotos. Da hätte der Fotograf beim direkten Gang zur Presse doch bestimmt mehr herausholen können. Aber das nur als kleine Kritik am Rande, die diesem insgesamt sehr stimmigen Handlungsbogen keinen Abbruch tut. Ich bin schon gespannt, wie sich das Verhältnis der beiden weiter entwickeln wird.
"You know when you’re telling the truth I get two words out of you. When you’re lying you can’t shut up."
Nachdem sich Avery in seiner Beziehung zu Scarlett zuletzt nicht gerade mit Ruhm bekleckerte, schaut das zu Beginn der Episode bei den beiden doch wieder recht entspannt aus. Scarlett freut sich riesig für die Chance seiner Band und tanzt beim Auftritt freudig zu seiner Musik. Doch mit dem Auftauchen der Managerin Marilyn Rhodes gerät das Verhältnis erneut ins Wanken. Im Gegensatz zu Sean Butler und Liam McGuinnis kann Marilyns Auftritt bei mir keine Sympathien erwecken. Mit der durch Deacon aufgedeckten Masche, sich mit ihren jungen und männlichen Klienten auch privat vergnügen zu wollen, ist sie aber dennoch ein ambivalenter und interessanter Charakter. Averys Enttäuschung über die Absage des Talentscouts weiß sie auf jeden Fall mit ihrer Flirterei zu nutzen. Da rechne ich es Avery sogar noch an, dass er ihrem Werben noch zu widerstehen weiß. Dass Scarlett aufgrund Gunnars Bericht über das mitgehörte Gespräch von Deacon mit Marilyn an Averys Treue zweifelt und verunsichert ist, kann allerdings nach den Ereignissen der letzten Folgen nicht wirklich verwundern. Ihre aufschlussreichen und entlarvenden Worte an Avery haben auf jeden Fall gesessen.
Die Beziehung steckt in einer tiefen Vertrauenskrise. Scarletts durchaus naives und blindes Vertrauen in Avery ist deutlich erschüttert. Averys erstaunte Reaktion ("Why are you punishing me for doing the right thing?“) ist aus seiner Sicht in dieser Situation durchaus nachvollziehbar, hat er letztendlich bei Marilyn doch richtig reagiert. Aber durch seine Vorgeschichte hätte ich es Avery auch zugetraut, etwas Unüberlegtes und Blödes zu tun, das er erst im Anschluss bereut hätte. Bei Scarlett scheint aber der letzte Glaube an ihn verloren zu sein. Das Fass ist übergelaufen und ihre Flucht zu Deacon ist die Konsequenz daraus. Dass Avery daraufhin zu Marilyn geht verwundert mich dann auch nicht weiter. Denn soweit glaube ich ihn inzwischen auch zu kennen, um in der Analogie zu Scarletts Aussage bezüglich Lügen und Wahrheit zu bleiben. Das ist einfach typisch Avery.
"I had nothing to do with the drugs and I’m offended by the accusation."
Auch wenn sich Lamar als Unschuldslamm präsentieren will, der "Kollateralschaden" durch die in Colemans Auto gefundenen Pillen von Jolene, spielt ihm natürlich sehr willkommen in die Hände. Auf jeden Fall zeigt Lamar einmal mehr sein wahres und intrigantes Gesicht durch die von ihm initiierte Verkehrskontrolle. Noch viel schlimmer finde ich aber Teddys Verhalten in der Sache. Er war von Anfang an in die Sache eingebunden, da darf er am Ende dann nun wirklich nicht so empört tun. Verübeln kann man ihm seinen Verdacht gegenüber Lamar aber auch nicht. Ich hätte es Lamar auch ohne mit der Wimper zu zucken zugetraut. Das rechtfertigt aber natürlich nicht, dass Teddy als Mitwisser inzwischen auf den Spuren seines Schwiegervaters wandelt.
Ich war zunächst auch überrascht, wie groß Lamars Einfluss auf die Polizei zu sein scheint. Doch der in der Nachrichtenmeldung genannte Ort der Verkehrskontrolle und Raynas direkter Rückschluss auf eine Mitwirkung ihres Vaters (“What is Daddy doing now?”), weil dieser dort ebenfalls wohnt, ließ mich einmal kurz im Netz recherchieren. Bei “Belle Meade“ handelt es sich nämlich um einen Stadtteil von Nashville mit eigener Polizei-Einheit und eigenem Bürgermeister. Dort hat Lamar unter Seinesgleichen sicherlich genug Einfluss, um einen Gefallen gewährt zu bekommen.
Leid kann es einem in jedem Fall um Coleman tun. Er ist nicht nur Opfer einer Intrige geworden, sondern durch unglückliche Umstände auch noch Leidtragender seiner bemerkenswerten Arbeit als Sponsor suchtkranker Menschen. Selbst bei Deacons Entschuldigung und seinem Angebot, die Sache klar stellen zu wollen, bleibt er ein ehrenwerter Mann, der niemanden bloß stellen will, nur um selbst wieder rein da zu stehen. Doch im zunehmend schmutzig geführten Wahlkampf steht inzwischen auch Coleman vor einer schwierigen Entscheidung. Soll er weiterhin der ehrliche Kandidat sein, der mit sauberen Mitteln und Argumenten überzeugen will oder soll er sich mit persönlichen Angriffen in Form der verräterischen Fotos von Teddy und Peggy auf das Niveau von Lamar herablassen? Ich befürchte, Coleman wird auf die Worte seiner Frau hören. Wozu hätte es sonst der Einführung der Handlung um diese Fotos bedarft? Andererseits frage ich mich, ob er diesen Weg nicht schon längst eingeschlagen hat, schließlich scheint er es ja gewesen zu sein, der den Fotografen auf Teddy angesetzt hat. Das hätte ich ihm bislang eigentlich nicht zugetraut.
Fazit
Die Einführung gleich drei neuer Figuren mischt vor allem die Karten in den zuletzt etwas eingefahrenen Handlungssträngen um Rayna und Juliette neu. Dabei überzeugt vor allem Connie Britton im Zusammenspiel mit Michiel Huisman. Von dieser Kombination sehen wir in Zukunft hoffentlich noch mehr. Die Geschichte von Juliette und Sean weiß neben einer guten Portion Humor auch mit einer ernsthaften Seite zu glänzen. Auch wenn ich von Marilyn als Charakter nicht überzeugt bin, ist sie mir als Grund für den Bruch der Beziehung von Scarlett und Avery wesentlich lieber als eine Beteiligung von Gunnar. Der Politikteil kann mich zwar immer noch nicht wirklich fesseln, aber Colemans Gewissenskonflikt tut dieser Storyline gut und ist mit ihm auch wesentlich glaubwürdiger inszeniert als bei Teddy. Insgesamt lassen mich die neuen Entwicklungen auf jeden Fall erwartungsfroh auf die nächste Folge blicken.
Jan H. - myfanbase
Die Serie "Nashville" ansehen:
Vorherige Review: #1.05 Anfang und Ende | Alle Reviews | Nächste Review: #1.07 Bühne frei |
Diskussion zu dieser Episode
Du kannst hier mit anderen Fans von "Nashville" über die Folge #1.06 Im Wandel diskutieren.
Informationen zur Episode
Englischer Titel: You’re Gonna Change (Or I’m Gonna Leave)Erstausstrahlung (US): 14.11.2012
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Erstausstrahlung (Pay-TV): 02.04.2013
Regie: David Pertrarca
Drehbuch: Meredith Lavender
Links
Meistgelesen
Aktuelle Kommentare

08.04.2025 12:32 von Daniela
Episode: #10.17 The Book of Archer (Chicago Med)
Mir geht es genauso. Dafür, dass Med immer mein... mehr

05.04.2025 02:39 von Daniela
Pulse: Pulse
Ich habe angefangen und starte die Tage mit der zweiten... mehr