Review: #1.07 Bühne frei
Die Rückbesinnung auf die ursprüngliche Serienprämisse lässt Rayna und Juliette aufeinandertreffen und zur Zusammenarbeit verpflichten. Coleman wandelt im Wahlkampf zunehmend auf Lamars Spuren und Scarlett macht dem Folgentitel alle Ehre und muss mit ihrer Trennung von Avery fertig werden.
"Come on, living legend? That’s just a fancy way of saying past her prime."
Es ist endlich einmal wieder soweit, Rayna und Juliette treffen anlässlich des Label-Jubiläums direkt aufeinander. Das dürfte seit der Pilotfolge das erste Mal sein und ich frage mich schon, warum die Autoren damit so lange gewartet haben. Schließlich las sich damals die Ankündigung zur Serie so, als wäre der Konkurrenzkampf von Rayna und Juliette Kern der Serie. Bislang liefen die Handlungsstränge der beiden aber eher nebeneinander her, als miteinander verbunden zu sein.
Auf jeden Fall ging es zwischen den beiden, wie zu erwarten, gleich wieder richtig zur Sache. Vor allem Juliette ist hier in ihrem Element und fährt direkt die Krallen aus. Schon ihr entsetzter Blick bei der Verkündigung des Duetts mit Rayna durch Marshall spricht Bände. Für mich sind solche Szenen immer kleine, auch durchaus humorige Highlights, in denen Hayden Panettiere schauspielerisch überzeugen kann. Dass Rayna von der Duett-Idee auch nicht begeistert ist, war zu erwarten. Häufig genug haben wir schon ihre Meinung über Juliette und deren Musik gehört. Dennoch muss ich es Rayna auch anrechnen, dass sie sich durchaus anerkennend über sie zu äußern weiß ("She knows how to play the game.“). Aber auch Rayna weiß, wie das Spiel zu spielen ist, dreht den Spieß um und versteht es, Marshall mit ihrem neuen Album unter Druck zu setzen. Hier zahlt sich ihre jahrelange Erfahrung in der Branche sichtbar aus.
Einmal mehr gefällt mir Deacons Rolle im Streit der beiden Diven. Ähnlich wie Rayna kann er auf einen großen Erfahrungsschatz im Musikbusiness zurückgreifen und mit einer gewissen Distanz dazu wertvolle Ratschläge erteilen. Hier überzeugte mich insbesondere die Szene mit Juliette und ihm auf der Bühne des noch leeren Ryman Auditoriums. Juliette steht hier ehrfurchtsvoll und mit ernstem Blick auf DER Country-Bühne schlechthin und weiß, sie hat es geschafft. Aber genauso gut kann es mit ihrem Erfolg auch schnell wieder vorbei sein. Das weiß auch Deacon und gibt ihr einen guten Gedanken in Bezug auf Rayna mit auf den Weg: "You know if you quit fighting there’s a lot you can learn from her." Daneben schafft es Deacon aber auch Rayna einen Denkanstoß zu geben. Zunächst einmal war es aber spannend, wie wohl das erste Aufeinandertreffen der beiden nach dem Ende ihrer Zusammenarbeit verlaufen würde. Beide zeigen jedoch höchste Professionalität und so bleibt es letztendlich nur bei einem höflichen Geplänkel. Im Streit über die Songauswahl führt Deacon dann bei Rayna das Demotape seines gemeinsamen Songs mit Juliette als Beweis für deren Fähigkeiten an. So sieht ein idealer Schlichter aus und Deacon ist geradezu prädestiniert für diese Rolle.
Während die Streiterei von Rayna und Juliette auch ihren Unterhaltungswert hat, ist es dennoch umso schöner, wie die beiden sich am Ende auch zusammenraufen können, um an einem gemeinsamen Song zu schreiben. Rayna macht als erfahrene Künstlerin und Vernünftige den ersten Schritt auf den Nachwuchsstar zu und Juliette nimmt sich wohl Deacons Worte zu Herzen. Die Arbeit am Duett führt zu einem fast schon vertrauten Gespräch, in dem beide der jeweils anderen einen kleinen Einblick in ihr Innenleben gewährt. So offenbart sich dann auch eine überraschende Gemeinsamkeit, denn im Text zu "Wrong Song" verarbeiten beide ihre Erfahrungen und Erlebnissen der Vergangenheit, von denen sie sich befreien wollen. Schlussendlich weiß gerade dadurch der gemeinsame Auftritt erst recht zu überzeugen. Sie singen sich ihre Probleme und ihren Schmerz vom Leib. Diese Intensität kommt dann nicht nur bei mir, sondern auch beim Publikum im Saal an.
"People don’t like their heroes dating Kryptonite."
Neben der Rückkehr zum Ausgangspunkt der Serie ist es aber auch schön zu sehen, wie die in #1.06 Im Wandel eingeführten neuen Charaktere in die Handlung eingebunden werden. Sean und Juliette scheinen sich immer besser zu verstehen. Dass Juliettes Einfluss auf ihn, seine Fans gegen sie aufbringt, lässt sie wütend werden. Interessant ist auch, dass sie im Zusammenhang mit Sean auch noch nicht von einer Beziehung sprechen will. Diese scheint ihr Angst zu machen. Eine lockere Affäre ist dagegen unverbindlich. In ihrem Ärger, in diesem Fall über Rayna, reagiert Juliette auch schon wie zuletzt mit der Kompensation durch körperliche Zuneigung. Beim eilig herbeigerufenen Sean beißt sie jedoch auf Granit. Denn einmal mehr wird in einer Serie das Thema "kein Sex vor der Ehe" angesprochen. Obwohl dieses durchaus schon etwas abgegriffen ist, könnte das gerade in Bezug auf den Charakter der Juliette noch eine spannende Angelegenheit werden. Normalerweise bekommt und nimmt sie sich, was sie haben will, aber in Sean und seiner Überzeugung trifft sie auf ihr unbekanntes Terrain. Als ruhender Gegenpol könnte er zukünftig noch positiv auf sie einwirken. Erste selbstkritische Töne zeigen sich bereits in ihren Worten "you wouldn’t like me very much", die den Eindruck erwecken, als hätte sie Sean gar nicht verdient.
Ein kurzer Satz auch noch zu Liam. Ich mag seine entspannte und unkonventionelle Art. Außerdem bin ich ein großer Freund des Sarkasmus und sein "do you think they are still alive" zu Deacon über Rayna und Juliette trifft genau meinen Humor. Auch hier gelingt es den Autoren, diese neue Figur harmonisch und unaufgeregt in die bestehenden Geschichten einzubinden.
"You changed my life that night at the Bluebird. And if I’m gonna lose someone I’m glad it’s not you."
Dass eine Trennung nicht so einfach weg zu stecken ist, müssen Avery und Scarlett erfahren. So offenbart der sonst so gefühlskalt und berechnende Avery tatsächlich Schwäche und fühlt sich allein, weil Scarlett nicht bei seinem Konzert dabei sein wird. Die Erkenntnis kommt natürlich reichlich spät. Als Scarlett die Aussprache mit ihm sucht und dabei Marilyn antrifft, ist Avery offenbar auch sehr betroffen. Sein Beteuerung in Sachen Marilyn ist da aber nur ein kläglicher Versuch, mit dem er es sich zu einfach macht. So wird er Scarlett keinesfalls zurück gewinnen können.
Bei Scarletts Trennungsbewältigung gefielen mir zwei Dinge sehr gut. Zum Einen einmal mehr der Onkel mit väterlicher Fürsorge in Gestalt von Deacon und Hailey, die Scarlett mit ihrem überfallartigen Clubbesuch aus ihrer Lethargie reißen will. Dabei ist es schön zu sehen, dass der Gedanke durchaus erfolgversprechend war, hätte Gunnar nicht seine Eifersuchtsnummer abgezogen. Da hätte ich mir auch gewünscht, dass man von Seiten der Autoren noch etwas gewartet hätte, bevor man Gunnar als Love-Interest wieder in Stellung bringt. Seine Liebelei mit Hailey ist da bislang nur ein halbherziger Lückenfüller, dem auch nicht viel Aufmerksamkeit zuteil wurde.
Trotzdem sorgen Gunnar und Scarlett noch für eine schöne Szene, als sie sich bei ihm dafür bedankt, ihr Leben verändert zu haben. Noch mehr zählen für Gunnar dürfte aber ihre Aussage, dass sie froh ist, nicht ihn verloren zu haben. So kann er sich ein schüchternes, aber geschmeicheltes Lächeln nicht verkneifen und kann die kurze Stille danach nur mit einem Verlegenheits-Kompliment zu ihren Schuhen entkrampfen.
Am Rande noch der Hinweis, dass es sich bei dem an Avery interessierten Producer Dominic "Domino“ Wells um keinen anderen als den Musiker, Produzenten, Gelegenheitsschauspieler und Ex-Präsidentschaftskanditadten Wyclef Jean handelt. Mal sehen, wie groß seine Rolle hier noch werden wird.
"I’m here to discuss a withdrawal. Yours."
Was sich in der letzten Folge #1.06 Im Wandel bereits andeutete, wird nun also Gewissheit. Im Kampf um das Amt des Bürgermeisters greift jetzt also auch Coleman zu schmutzigen Mitteln und setzt Teddy mit den Fotos von ihm und Peggy unter Druck. Das finde ich ihm Hinblick auf den sonst so besonnenen und ehrlichen Vertreter Coleman durchaus überraschend. Bei näherem Hinsehen ist es aber auch konsequent in der Charakterentwicklung. Er weiß sich im immer härter geführten Wahlkampf nicht weiter zu helfen. Das soll jetzt keine Entschuldigung für ihn sein, zeigt aber einmal mehr das harte Politikbusiness, das wir auch in den realen Nachrichten in der Vergangenheit in Bezug auf die USA immer wieder präsentiert bekommen haben. Persönliche Angriffe sind hier an der Tagesordnung.
Darin ist Lamar inzwischen bekannterweise ein absoluter Spezialist und so scheut er nach Teddys Offenbarung in Bezug auf die Fotos auch nicht davor zurück, im dreckigen Spiel die nächste Runde einzuläuten. Dabei muss ich einmal mehr anerkennen wie ideal die Rolle des Lamar mit Powers Boothe besetzt ist. Ein richtiger Widerling, den er da verkörpert. Teddy dagegen ist nun wirklich nur noch ein Spielball und Marionette in Lamars Ränkespiel. Ich bin gespannt, ob Teddy es immerhin noch schaffen wird, sich Rayna hinsichtlich der Fotos anzuvertrauen oder ob Rayna aus einer anderen Quelle unvorbereitet davon erfahren wird. Dass mit Teddy etwas nicht in Ordnung zu sein scheint, hat sie auf jeden Fall schon gespürt: "It seem a little like you got the weight of the world on your shoulders."
"The Mother Church of Country Music"
Als Country Music Fan will ich auch noch einmal auf das in dieser Folge angesprochene "Ryman Auditorium" als Veranstaltungsort für das Label-Jubiläum eingehen. Das ist in der Country Music-Szene eine, wenn nicht die wichtigste Bühne in Nashville und den USA überhaupt, auf der jeder Künstler einmal auftreten will. Die Szene mit Juliette allein im Saal verdeutlicht dies. Hier haben bereits alle Großen der Szene Auftritte gehabt. Dort wurden bekannte Live-Alben aufgenommen und die von ABC gezeigte "The Johnny Cash Show" produziert. Es gelingt "Nashville" damit erneut, ein authentisches Bild des Country zu zeichnen. Ein Lob an die Produzenten noch einmal dafür.
Fazit
Mit der Rückkehr zum Generationenkonflikt zwischen Rayna und Juliette besinnt sich diese Folge auf ihre ursprüngliche Prämisse und weiß damit sofort zu überzeugen. Die Begeisterung über den gemeinsamen Auftritt der Rivalinnen wird so hoffentlich auch in den kommenden Folgen thematisiert und genutzt. Besonders gefiel mir auch, dass, abgesehen von Lamar, sich die Wege aller wichtigen Serienfiguren einmal an einem Ort kreuzten und damit die doch häufig parallel verlaufenden Ereignisse verbunden wurden. Die drohende Veröffentlichung der Fotos durch Coleman verspricht Unheil für Rayna und ihr familiäres Umfeld, wusste mich in dieser Folge aber nicht vollends zu überzeugen.
Jan H. - myfanbase
Die Serie "Nashville" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
Du kannst hier mit anderen Fans von "Nashville" über die Folge #1.07 Bühne frei diskutieren.
Informationen zur Episode
Englischer Titel: Lovesick BluesErstausstrahlung (US): 28.11.2012
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Erstausstrahlung (Pay-TV): 09.04.2013
Regie: Mimi Leder
Drehbuch: Wendy Calhoun
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