Bewertung

Review: #2.22 ... und dann immer geradeaus bis zur Morgendämmerung

Neverland, wir kommen! Die zweite Staffel von "Once Upon a Time" endet damit, dass die derzeit wohl skurrilste, märchenhafteste und komplizierteste TV-Familie gemeinsam gen Neverland segelt, um ihr jüngstes Mitglied Henry zu retten. Emma, Mary Margaret/Snow White, David/Prinz Charming, Regina/die Böse Königin, Mr. Gold/Rumpelstilzchen und Hook, der als Neals/Baelfires Quasi-Stiefvater ja auch irgendwie zur Familie gehört, bilden ein Rettungsteam der besonderen Art.

Der Moment, in dem Mr. Gold, Regina und Hook gemeinsam auf dem Deck des Schiffes stehen und sich anblicken, stellt ein bezeichnendes Bild dar. Diese drei Personen, die einander so lange Zeit gegenseitig zu töten oder zu übervorteilen versucht haben und die dabei viel Leid über andere Menschen gebracht haben, sitzen plötzlich im wahrsten Sinne des Wortes im selben Boot und müssen lernen, miteinander auszukommen. Das könnte wirklich die verrückteste, spannendste und faszinierendste Schiffsreise der Fernsehgeschichte werden, sollte es den Autoren gelingen, das Potential dieser neuen Ausgangslage voll auszunutzen. In der Episode #2.14 Manhattan hat David ironisch angemerkt, dass ein Thanksgiving-Dinner mit dieser Familie ein Graus wäre. Was soll man da erst über eine Familienreise sagen?

An Familienmomenten mangelt es in dieser Episode wirklich nicht. Ein besonderes Highlight ist der Augenblick, in dem Emma zum ersten Mal "Mom" und "Dad" zu Snow und David sagt, bevor sie die beiden umarmt. Noch bedeutender und berührender wird diese Szene, wenn man sie mit der Wiedervereinigung aus dem Staffelauftakt vergleicht, als die frisch vom Fluch befreiten Snow und David ihre Tochter zum ersten Mal in den Arm genommen haben. Damals ging die Umarmung nur von Snow und David aus, während Emma ziemlich irritiert und überfordert war. Nun ist sie es, die auf ihre Eltern zugeht, die Umarmung sucht und deutlich macht, dass sie die beiden als ihre Mutter und ihren Vater akzeptiert. Solche wunderschönen Momente darf es in der dritten Staffel ruhig öfter geben. Insgesamt haben Emma und ihre Eltern noch viel aufzuarbeiten und übereinander zu lernen. Wissen Snow und David überhaupt, woher Emma den Nachnamen Swan hat? Wir wissen es jedenfalls noch nicht.

Auch Henry und Regina haben innige Augenblicke. Es fällt mir aber noch sehr schwer, Regina als geläutert einzuschätzen, denn ihre Bereitschaft, sich für Henry aufzuopfern, ist ja nicht neu. Vielmehr stellt sich die Frage, ob sie nun den Punkt erreicht hat, an dem sie bereit ist, auch Emma, Snow und David in ihr Herz zu lassen und nicht mehr als Konkurrenten um Henrys Gunst zu betrachten. Wenn sich für Regina in Neverland die Gelegenheit ergibt, Henry zu retten, aber dabei Emma und die anderen zurückzulassen oder sogar zu töten, würde sie dies tun? Es hat ganz sicher viel Eindruck auf Regina gemacht, dass Emma, Snow und David sie in der Mine nicht ihrem Schicksal überlassen haben, sondern als ihre Familie zurückgekommen sind, um sie zu retten und ihr beizustehen, doch ob diese Geste letztlich groß genug ist, um Regina endlich aus ihrem feindseligen, nachtragenden und selbstbezogenen Denkmuster herauszuholen, werden wir noch sehen müssen. Den düsteren Eindrücken nach, die wir bisher von Neverland gewonnen haben, ist dieser Ort alles andere als ideal, um seine dunkle Seite zu überwinden.

Um Neverland ranken sich noch viele Fragen. Wir wissen nicht, was Greg und Tamara, die Henry dorthin entführen, mit dem Land zu tun haben und ob Peter Pan dort wirklich der Oberbösewicht ist, so wie es im Moment scheint. Wenn er es ist, welche Kräfte hat er? Ist er der Schatten, der die Kinder holt, oder befehligt er diesen nur? Das größte Rätsel aber bleibt, woher die Verlorenen Jungs ein Bild von Henry hatten, etwa 100 Jahre, bevor Henry überhaupt geboren wurde. Bei Henry laufen alle Schicksalsfäden zusammen, aber momentan sind diese noch sehr verknotet.

Eine wichtige Rolle in dieser Episode spielt auch Hook. Endlich lässt er seine Rachepläne fallen, oder legt sie zumindest auf Eis, um Henry zu retten. Er will damit wieder gut machen, dass es ihm nicht gelungen ist, sich um Baelfire, den Sohn seiner großen Liebe Milah, zu kümmern. Henry ist Milahs Enkel und Hooks Chance, dieser Familie, in die er hineingeplatzt ist und deren Schicksal er nicht unwesentlich mitbestimmt hat, etwas Gutes zu tun. Emmas Worte haben ihn erreicht. Für die Captain/Swan-Shipper ist die Aussicht, dass Emma und Hook nun auf engstem Raum zusammen sind, sicherlich sehr verlockend, allerdings könnte sich das Szenario vom Piraten, der die Heldin verführt, durch die ständige Anwesenheit der Eltern besagter Heldin etwas verkomplizieren.

Insgesamt war Hook für mich in dieser Staffel eine Enttäuschung. Sein Einstand gestaltete sich durchaus viel versprechend, doch mit der Zeit geriet er fast zu einer Karikatur. Wie Wile E. Coyote dem Road Runner, ist er immer nur stumpf seinem Wunsch nach Rache an Mr. Gold gefolgt und hat dabei pausenlos auf die Mütze bekommen. Dieses Staffelfinale ist seit langem die erste Folge, in der Hook wieder Tiefe bekommt. Die Abkehr von seinen Racheplänen ist ein wichtiger Schritt, um diesem Charakter eine neue Richtung zu geben.

Belle erhält derweil ihre Erinnerungen zurück. Das passiert leider mal wieder etwas aus dem Nichts, aber das Ergebnis ist dennoch erfreulich. Jetzt, da Mr. Gold, die Charmings und Regina auf unbestimmte Zeit weg sind, braucht Storybrooke neue Helden, die sich um die Probleme der Stadt kümmern. Belle ist dazu definitiv besser geeignet als ihr Alter Ego Lacey. Zwar ist Belle keine Kriegerin, aber wir haben schon in früheren Folgen, besonders in #2.11 The Outsider, gesehen, dass sie andere Stärken hat. Sie ist klug, wissbegierig, einfühlsam und zuverlässig. Normalerweise würde man in der Abwesenheit der Charmings auch erwarten, dass Ruby eine Führungsrolle übernimmt, doch im Moment wird ihre Existenz mehr oder weniger totgeschwiegen. Das ist alles andere als optimal und muss zukünftig besser gelöst werden.

In den letzten Minuten dieses Finales gibt es ein Wiedersehen mit drei alten Bekannten: Aurora, Mulan und Prinz Phillip, den die beiden Frauen offenbar retten konnten. Wie, erfahren wir vielleicht im Laufe der dritten Staffel. Die drei finden den schwer verletzten Neal, der somit unfreiwillig den Weg zurück nach Hause, in die Märchenwelt, gefunden hat, während seine ganze Familie nun in Neverland weilt.

Maret Hosemann - myFanbase

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