Review: #4.06 Das Faksimile der Liebe
Die perfekte Familie - was ist das eigentlich? Das offizielle Bild der perfekten Familie, das von den Medien, ganz besonders von der Werbung, geprägt wurde, zeigt zumeist Vater, Mutter, zwei bis drei Kinder und einen Hund. Selbstverständlich sprechen wir dabei von einem berufstätigen Vater, der seine Freizeit mit Frau und Kindern verbringt, von einer nicht-berufstätigen Mutter, die allein aus einer Tüte Mehl und einer Schüssel alter Pflaumen einen perfekten Kuchen zaubern kann, von braven und zuckersüßen Kindern und von einem wohlerzogenen Hund, der sich notfalls selbst Gassi führt. An dieses Bild kommen in der Realität äußerst wenige Familien heran und viele Menschen haben sogar eine ganz andere Vorstellung von der perfekten Familie. Ingrid, die Schneekönigin, beispielsweise. Ihre perfekte Familie besteht aus ihr und ihren zwei Schwestern, die ihr ähneln und sie bedingungslos lieben. Unglücklicherweise sind ihre leiblichen Schwestern tot/verschollen und waren ihr nicht so ähnlich, wie sie es sich gewünscht hätte. Also braucht sie neue Schwestern - und das sollen Emma und Elsa sein.
Ingrids Plan sieht vor, die Bewohner Storybrooks durch die Macht eines verfluchten Spiegels gegeneinander aufzuhetzen, damit sie sich gegenseitig vernichten, bis nur noch die Schneekönigin, Emma und Elsa übrigbleiben. Dann hätten die drei definitiv sehr viel Platz. Der Plan macht deutlich, wie verdreht Ingrid ist. Sie betrachtet die meisten Menschen, vor allem die ohne magische Fähigkeiten, als zu eliminierende Bedrohung. Sie vertraut Menschen nicht, fühlt sich von ihnen missverstanden. Die Ursachen dafür scheinen in ihrer Kindheit/Jugend zu liegen, in der sie aufgrund ihrer Fähigkeiten wohl einige negativen Reaktionen, vor allem Angst, geerntet hat. So wie Elsa. Irgendetwas ist damals auch zwischen Ingrid und ihrer Schwester Helga (die durch Emma ersetzt werden soll) geschehen. Ich vermute, dass Ingrid Helga versehentlich oder in Wut getötet hat und daraufhin in die Urne verbannt wurde, vielleicht sogar von der dritten Schwester Gerda, der Mutter von Elsa und Anna.
In der Zeit, als Ingrid Emmas Pflegemutter war, hat sich zwischen den beiden tatsächlich eine familiäre Bande entwickelt, wie aus Papieren hervorgeht, die Emma findet. Dass Ingrid Emma trotzdem gehen ließ und ihre Erinnerungen gelöscht hat, könnte damit zusammenhängen, dass Emma ja erst noch ihre Magie entdecken musste, indem sie den Fluch bricht. Wenn dem so ist, hat Ingrid im Prinzip das getan, was Neal auch getan hat: Emma freigeben, damit sie ihre Bestimmung erfüllen kann. Freilich waren Ingrids Motive dabei dann viel selbstsüchtiger.
Die zentrale Figur dieser Folge ist, nach langer Zeit mal wieder, Belle, die zuletzt meist nur Auftritte von wenigen Sekunden hatte. Man kann allerdings nicht behaupten, dass diese Episode eine gelungene Werbung für weitere Belle-zentrierte Episoden darstellt. Die Flashbacks, die uns Belles Reise nach Arendelle zeigen, fallen für mich wenig überzeugend aus. In der zweiten Staffel war Belles Abenteuer, bei dem Mulan und Prinz Phillip ihren Weg gekreuzt haben, sehr sehenswert, es wurde dabei aber auch als Belles erstes großes Abenteuer dargestellt. Nun erfahren wir jedoch, dass sie zuvor schon alleine in ein fremdes Land gereist ist, Steintrolle getroffen hat und es mit der Schneekönigin zu tun bekam. Für mich fällt das durchaus unter die Kategorie Abenteuer. Ein Abenteuer, bei dem sich Belle freilich nicht mit Ruhm bekleckert hat. Statt Anna sofort zu helfen, war es Belle wichtiger, den Stein mit den Erinnerungen an den Tod ihrer Mutter nicht zu verlieren. Nachdem Anna dann abgestürzt ist und von der Schneekönigin mitgenommen wurde, hat Belle genau gar nichts unternommen. Sie ist nach Hause zurückgekehrt und hat nie wieder über die Ereignisse in Arendelle gesprochen, bis jetzt. Warum hat sie nicht, als sie noch in Arendelle war, direkt Elsa aufgesucht? Oder warum hat sie nicht später Rumpelstilzchen, nachdem sie ihm näher gekommen ist, mal nach der Schneekönigin gefragt? So richtig will dies nicht zu der gutherzigen, belesenen Belle passen, wenngleich sie zu dem Zeitpunkt natürlich noch traumatisiert durch den Tod ihrer Mutter war. Trotzdem empfinde ich es nicht als stimmig, dass sie nicht schon sehr viel eher etwas unternommen hat. Sie hätte ja sogar, statt mit Mulan auf Monsterjagd zu gehen, wieder nach Arendelle reisen können, um Annas Schicksal zu ergründen.
Man hat dem Charakter Belle mit diesen Rückblenden sicherlich nicht den größten Gefallen getan, wobei man dies andererseits auch als wichtiges Statement interpretieren kann: jeder Mensch hat schon einmal versagt und Schuld auf sich geladen. Genau daran rüttelt der verfluchte Spiegel. Er zeigt den Leuten, was sie nicht sehen wollen, was sie tief in sich verborgen halten, und bringt sie damit völlig aus der Fassung.
Bei der Suche nach der Schneekönigin bzw. ihrem Eiswagen finden Regina und Robin noch kurz Gelegenheit für eine unangenehme Unterhaltung über ihre noch unangenehmere Gefühlslage. Dabei rät Regina ihm, sich doch bitte wieder in seine Frau zu verlieben, damit er sie wachküssen kann. Hat eigentlich schon mal jemand daran gedacht, dass der kleine Roland seine Mutter wachküssen könnte? Dass der Kuss der wahre Liebe in gewissen Fällen auch elterliche Gefühle einschließt, wissen wir seit dem Finale der ersten Staffel, als Emma ihren Sohn Henry geküsst und damit den Fluch gebrochen hat. Dann kann es umgekehrt durch die Liebe eines Kindes zur Mutter auch klappen, oder nicht? Wenn es Wesen auf dieser Erde gibt, die bedingungslos lieben, dann sind das Kinder. Gut, anders als Emma oder Regina, die den zweiten Fluch durch ihre Liebe zu Henry gebrochen hat, besitzt Roland keine Magie, trotzdem kann man es ja mal versuchen.
Apropos Eltern und ihre Kinder: es ist zwar nur ein sehr kleiner, aber dennoch rührender und besonderer Moment, als Mary Margaret das Video mit der jungen Emma sieht. Es ist das erste Mal, dass Mary Margaret ihre Tochter als Kind bzw. Jugendliche erblickt.
Maret Hosemann - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Family BusinessErstausstrahlung (US): 02.11.2014
Erstausstrahlung (DE): 21.10.2017
Regie: Mario Van Peebles
Drehbuch: Kalinda Vazquez & Andrew Chambliss
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