Agatha All Along - Review, Staffel 1
© 2024 Marvel
"Deadpool & Wolverine" hat in diesem Jahr 2024 eine ziemliche Durststrecke von Marvel mit einem echten Erfolgserlebnis durchbrochen und dennoch ist man damit keinesfalls über dem Berg, auch wenn sicherlich die Rückkehr von Robert Downey Jr. ebenfalls als Zeichen interpretiert werden soll, dass man zur alten Stärke zurückkehren will. Aber das muss eben erst bewiesen werden. Dementsprechend kam "Agatha All Along" insofern vielleicht auch genau richtig, weil es ein Spin-Off zu "WandaVision" ist. Diese war die erste von Marvel eigenproduzierte Serie, die unmittelbar in die Phasen integriert war und sie hat sich durchaus als Kritikerliebling erwiesen. Und damals war die Marvel-Welt auch irgendwo noch in Ordnung. Kathryn Hahn als Agatha Harkness war dabei auch eine Scene Stealerin und hat mit ihrem Song "Agatha All Along" (nach dem das Spin-Off nun auch benannt wurde) für einen Ohrwurm gesorgt. Auch wenn es beinahe vier Jahre gedauert hat, Agatha nun wiederzuerleben, aber es war in jedem Fall ein cleverer Schachzug, diese magische Welt noch ein wenig mehr auszubauen. Erfahrt hier also, wie "Agatha All Along" bei mir angekommen ist.
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Der Einstieg in die Serie hat mir gut gefallen, weil wir ähnlich wie bei "WandaVision", das den verschiedenen Jahrzehnten von Sitcoms Tribut gezollt hat, hier einsteigen wie in einer guten alten Crime-Serie, in der Agnes (Hahn) die vom Leben gezeichnete Detective ist, die auf einen mysteriösen Fall stößt, den sie lösen will. Das hat für mich als Grundidee unterstrichen, dass die beiden Serien zusammengehören und hat aber auch den Faden weiter gesponnen, um zu erklären, warum Agatha als Agnes weiterhin jahrelang in Westview eine falsche Version ihres Lebens lebt. Wie für eine Crime-Serie notwendig, war die dargelegte Ermittlung dann auch sehr spannend und es war interessant, mit Agnes nach und nach auf Hinweise zu stoßen, die uns als Zuschauer*innen schnell verraten haben, dass es Fingerzeige auf ihr echtes Leben sind, die sie aus ihrer Illusion rausreißen sollen. Darüber hinaus war es aber auch sehr amüsant, einige der Nebenrollen aus "WandaVision" wiederzuentdecken, die nun natürlich in Westview auch ein anderes Leben führen, eben eins, was auf Agnes zugeschnitten ist. So geht es flott durch den Auftakt, der auch passend ergänzt ist durch Rio (Aubrey Plaza) und Teen (Joe Locke). Bei Agnes' Reaktion auf Rio wird schnell deutlich, dass diese in ihr etwas erweckt, denn auch wenn sie um Agatha Harkness zu dem Zeitpunkt noch nicht weiß, aber es ist eine intuitiv emotionale Reaktion, die mehr verrät. Teen ist da mehr der Joker, aber ich habe mich einfach unheimlich gefreut, Locke in der Rolle zu erleben. Ich war in der ersten Reihe dabei, als er aus Charlie in "Heartstopper" einem breiten Publikum bekannt wurde und daher ist da nun ein wenig Stolz dabei, ihn bei seinem nächsten großen Karriereschritt zu erleben.
© 2024 Marvel; Chuck Zlotnick
Teen ist zu Agatha dann auch die Figur, die am wichtigsten für diese erste Staffel ist. Deswegen war der Beginn ihrer Beziehung gleich in der ersten Folge auch so wichtig, auch weil Teen so live dabei ist, als bei Agnes der Fluch bricht und sie sich wieder an alles erinnern kann. Er ist es auch, der den Hexenweg anregt und damit die restliche Staffelhandlung auslöst. Das Reizvolle an dem ganzen Miteinander ist da schon, dass man von Agatha ohnehin schon weiß, dass sie niemals mit offenen Karten spielt und man ihr nicht so schnell hinter die Fassade blicken kann. Aber auch Teen selbst, der rebellisch und unbedarft gleichermaßen wirkt, scheint Geheimnisse zu haben, so dass für mich gleich der Umstand gegeben war, dass es über die insgesamt neun Episoden hinweg einiges zu entdecken geben wird. Das zieht sich als Botschaft auch durch die zweite Episode, die geschickt gleich mit dem Auftakt im Doppelpack gezeigt wurde. So haben wir die passende Mischung aus Hommage an "WandaVision" und dann Vorstellung, was nun "Agatha All Along" sein will. Da laden wir dann auch noch die anderen Hauptfiguren auf, Lilia (Patti LuPone), Alice (Ali Ahn) und Jennifer (Sasheer Zamata). Auch bei den dreien gelingt es gut, sie charakterlich und von ihrer Hexenzuordnung her unterschiedlich genug zu inszenieren, so dass man sie näher kennenlernen und auch ihre Geheimnisse ergründen will.
Danach die Episoden führen uns konkret auf den Hexenweg und es war das erste Mal, dass ich einen gewissen Bruch verspürte. Es ist für mich immer noch etwas schwierig, die Gedanken zu den einzelnen Prüfungen genau richtig auf den Punkt zu bringen, aber ich hatte zwischendurch zu stark die Empfindung, dass ich etwas 'Gespieltes' sehe. Natürlich ist es eine fiktionale Serie und natürlich wird auch geschauspielert, aber die Kunst dieses Berufs ist es eigentlich, dass es sich alles echt anfühlt und ich das Angebot bekomme, in ein anderes Leben hineinblicken zu dürfen. Aber durch diese Musterhaftigkeit, dass sie zunächst immer wie gescheuchte Hühner auf dem Hexenweg sind, dann ein Haus entdecken, das wiederum eine Prüfung auslöst und dann zurück auf den Hexenweg, da wurde zum einen eine Struktur sichtbar, aber zum anderen kam bei mir rüber, dass die involvierten Rollen das ebenfalls schon so verinnerlicht haben, dass sie das Ganze nur spielen. Besser bekomme ich es wirklich nicht formuliert, aber bei mir kam einfach nicht mehr so die Authentizität wie zu Beginn der Serie an. Mitten in den Prüfungen hatte ich auch das Gefühl, dass es regelrechte Leerstellen gab. Während sonst Dialoge und Actionszenen fliegen, gab es Momente, in denen ich dachte, jetzt muss aber doch was passieren oder mal wer was sagen und dann verzögerte es sich um Sekunden. Es hat mich auch ein wenig ans Theater erinnert, was viele vielleicht auch kennen. Wenn man nicht gerade die Premiere sieht, dann ist bereits der Effekt eingetreten, dass das Ensemble weiß, worauf das Publikum reagiert und so werden manchmal so kleine Pausen geboten, um den Reaktionen des Publikums Raum zu geben und nicht sofort weiterzumachen und so möglicherweise dafür zu sorgen, dass man in die Unruhe hinein nicht verstanden wird.
So ein ähnliches Gefühl wurde bei mir erzeugt, nur dass ich eben nicht in einer Theateraufführung zugegen war. Umgekehrt muss man aber auch sagen, dass vor allem Hahn als Agatha, Zamata als Jennifer und mit Abstrichen auch LuPone als Lilia sehr dramatisch inszenierte Charaktere verkörpern. Da ist nicht nur Gestik/Mimik das Tor zur Seele, sondern vor allem auch viel Einsetzen des Körpers, besonders weiteräumiges Agieren mit den Armen. Vielleicht sollte dieser Ebene mehr Solo-Effekt gelassen werden, vielleicht auch weil dort mehr der Improvisation überlassen war, aber es war dann einfach etwas schade, weil Rollen wie Teen, Alice oder auch Rio so überhaupt nicht inszeniert waren. Dadurch entstanden Brüche oder eben Leerstellen. Unterm Strich trifft es wohl noch der Eindruck, dass nicht alles wie im Fluss war. Das wurde dann speziell noch einmal durch Episode #1.06 bewiesen, als wir Teens Hintergrundgeschichte erfahren. Diese fühlt sich organisch sehr passend zum Doppelpack zu Beginn an. Da hatte ich überhaupt keine Kritikpunkte, weil es spannend inszeniert, wendungsreich und voller Antworten war. Demnach habe ich an diesem Punkt schon deutlich gemerkt, dass ich eine solche Folge gebraucht habe, um wieder mehr Lust zu bekommen und vor allem einen Zusammenhang im großen Marvel-Universum zu sehen. Auch wenn danach noch einmal eine Episode kam, die die Prüfungs-Struktur hatte, aber hier habe ich meine Kritikpunkte dann auch nicht mehr so wahrgenommen, denn dort war viel deutlicher ein roter Faden zu erkennen. Dementsprechend war die zweite Staffelhälfte für mich insgesamt doch stärker, weil es nach dem Kipppunkt, der uns Teens wahre Identität enthüllt hat, genau den Zug hatte, den ich mir durchweg erhofft habe.
© 2024 Marvel; Chuck Zlotnick
In einem letzten Punkt möchte ich noch einmal auf die Charakterebene und dann auch die inhaltlichen Konsequenzen eingehen. Da der Hauptcast nun wirklich übersichtlich gehalten war, habe ich mir persönlich etwas mehr gewünscht für die Charaktere. Da wir einige der Figuren auch recht früh verloren haben, war auch unterschiedlich viel Zeit zur Verfügung da. Debra Jo Rupp als Mrs. Hart war natürlich in der Hauptsache für den Comic Relief zuständig, aber dennoch hätte man aus ihr in der Extremsituation mehr machen können. Überraschend war wiederum, dass die Geschichte von Alice mich insgesamt deutlich mehr berührt hat als die von Jennifer, obwohl Letztere uns länger erhalten geblieben ist. Das zeigt für mich doch ganz deutlich, dass diese Ebene nicht ideal funktioniert hat. Ich habe irgendwann auch eine gewisse Belanglosigkeit gemerkt, weil mit der Struktur auch klar war, dass die meisten Figuren keine Bewandtnis mehr für das Marvel-Universum haben werden. Es war kurz, aber leider nicht innig. Völlig anders gilt das natürlich für Agatha und Teen. Letzteren nenne ich aber jetzt auch Billy, weil wer es bis hierhin durchgehalten hat, wird höchstwahrscheinlich Spoilern schon längst begegnet sein. Bei ihm hatte ich im Vorfeld schon viele Spekulationen gelesen und die quantitativ am häufigsten genannte hat sich auch bewahrheitet. Auch wenn der pure Überraschungseffekt so weg war, aber die Szene hat mir dennoch Gänsehaut bereitet. In der letzten und aktuellen Phase wird doch sehr, sehr viel an den jungen Superhelden gearbeitet und so wie Billy auch ausgestaltet wurde, habe ich gemerkt, dass mit ihm wohl weiter zu rechnen ist und es wird sich vermutlich auch lohnen, denn hier war zu ihm alles sehr, sehr vielversprechend.
© 2024 Marvel; Chuck Zlotnick
Ob Agatha weiterhin eine große Rolle spielen wird, das finde ich schon wieder etwas fraglicher, könnte mir aber auch in Verbindung zu Rio/Tod vorstellen, dass auf dieses Duo noch etwas zukommt. Plazas Rolle ist im Marvel-Universum durchaus auch von Bedeutung, weswegen es schon vorher immer wieder mal Spekulationen gab, dass sie mal auftauchen könnte. Das zeigt auch, dass das Figurenprofil im Fanuniversum einen Stellenwert hat. Da Rio hier für mich nicht so dominant war, wären weitere Kapitel ihrer Geschichte also möglich und aufgrund der ambivalenten Beziehung zu Agatha, würden diese beiden sich gut ergänzen. Nach dieser ist die Serie benannt und diese dominiert sie auch in weiten Teilen. Hahn bleibt die ideale Besetzung und ich finde auch den Ausstrahlungsraum ideal gewählt, denn so kurz vor Halloween waren es schon die idealen Vibes. Es war sehr gruselig in einzelnen Prüfungen und Hahn hat dann jeweils immer noch die Kirsche auf der Sahnetorte dargestellt. Auch wenn ihre Entwicklung aufgrund der Prüfungsstruktur zunächst etwas stockte, weil sie da grundsätzlich die Böse war und nur kleinere Brocken Risse verursacht haben, so finde ich doch sehr deutlich, dass der Abschluss neue Seiten an ihr gezeigt haben. Sie ist damit im Grunde auch die ideale Antagonistin, denn du siehst das, was sie als Menschen ausmacht, aber wie das Leben mit ihr auch gespielt hat, so dass sich auch ganz gegensätzliche Seiten entwickelt haben. Ich fand es mutig, ausgerechnet im Staffelfinale dann mit so einem langen Rückblick zu kommen, aber er war auch genau auf den Punkt und hat gemeinsam mit Billys Einfluss eine gute Wendung bedeutet. Das hat die beiden Figuren auch einander so nähergebracht, dass ich auch gut verstehen könnte, wenn sie als Duo erhalten bleiben. Billys Geschichte fängt ohnehin erst jetzt richtig an, aber auch bei Agatha kennen wir aufgrund ihres Alters sicherlich nur einen Bruchteil.
Fazit
"Agatha All Along" hinterlässt mich zwiegespalten. Ich fand den Anfang, anschließend an "WandaVision", direkt ideal gewählt, ehe dann die Prüfungsstruktur für mich einen Bruch darstellte. Sie war von den Drehbüchern her und was für die Charaktere möglich gewesen wäre, nicht auf den Punkt. Das Ende hat mich aber wieder mitgerissen, weil es Agatha und Teen als zentrale Figuren bestätigt und deren Zukunft im Marvel-Universum weiter möglich macht. Und darauf kann man sich meiner Meinung nach auch freuen.
Die Serie "Agatha All Along" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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