Fast wie Familie - Review des Piloten

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In den letzten Jahren ist es sehr schwer geworden, dem US-Sender Fox ein Profil zuzuordnen, da man nach Serienhits wie "Dr. House" oder "Glee" baden gegangen ist und viel herumexperimentieren musste, um nach dem nächsten Quotenerfolg zu suchen. Nachdem nun auch die Quoten von "Empire" abgestürzt sind und die Serie dementsprechend in seine finale Staffel gegangen ist, hat man nur noch "9-1-1 Notruf L.A." als Zugpferd und setzt all die Hoffnungen auf die neuen Serien. "Prodigal Son" ist zumindest schon einmal vielversprechend an den Start gegangen, nun folgt also noch "Almost Family", das mit der absurden Prämisse aufwartet, dass der Besitzer einer Fertilitätsklinik sein eigenes Sperma für die Zeugung von Kindern genutzt hat, so dass es nun eine große Gruppe von Halbgeschwistern gibt. Ob diese Konzept punkten kann?

Der Pilot startet von der Erzählung her recht clever, da die drei zentralen Protagonistinnen zunächst grob charakterisiert werden, bevor ihre zentrale Verbindung aufgeworfen wird. So haben wir Julia Bechley (Brittany Snow, "Pitch Perfect"), die als die Tochter von Leon Bechley (Timothy Hutton, "How to Get Away with Murder") großgezogen wurde und die nun für die Öffentlichkeitsarbeit der Klinik zuständig ist. Sie ist sehr tollpatschig und sucht nach permanenter Bestätigung, weswegen sie ein One-Night-Stand nach dem anderen hat. Edie Palmer (Megalyn Echikunwoke, "The Following") wiederum ist mit Julia groß geworden, weil ihre Mütter miteinander befreundet waren, doch da sie deren Sandkastenliebe Tim Moore (Mo McRae, "Pitch") geheiratet hat, ist ihre Freundschaft zerbrochen. Edie ist eine erfolgreiche Strafverteidigerin, die sich in ihrer Ehe zunehmend unglücklich fühlt und sich deswegen Amanda (Victoria Cartagena, "Manifest") zuwendet, die als Staatsanwältin arbeitet. Roxy Doyle (Emily Osment, "Young & Hungry") schließlich war eine Olympionikin im Turnen, sie ist aber zurückgetreten und wird seitdem von ihren Eltern mit Werbedeals ausgemolken. Diese drei jungen Frauen erfahren schließlich, dass sie Halbgeschwister sind, weil sie mit Leon alle denselben Vater haben.

Ich habe es schon erwähnt, aber die Grundprämisse der Serie ist wirklich etwas absurd ist, da es neben den drei erwähnten Figuren auch noch um mindestens 100 weitere Menschen geht, die durch Leons Sperma gezeugt wurden. Ohne nun den weiteren Verlauf der Serie zu kennen, finde ich intuitiv, dass da auch eine wesentlich kleinere Anzahl an Personen vollends ausgereicht hätte, um den Kern der Serie aufzugreifen. Alleine der Serientitel, "Almost Family", zeigt ja schon, dass es um Familie gehen soll und dabei nicht um eine Bilderbuchfamilie, sondern um eine zusammengewürfelte unterschiedlichster Charaktere, wie es sie in der heutigen Gesellschaft zuhauf gibt. Durch diese übertrieben hohe Anzahl an Halbgeschwistern wirkt die ganze Grundidee aber vor allem lächerlich. Vielleicht will man sich die Türe für zahlreiche Geschichten aufhalten, wenn nach und nach die Geschwister eintrudeln, aber für mich entsteht so erstmal der Eindruck: Was zur Hölle will diese Serie eigentlich?

Dieser Eindruck von Lächerlichkeit zeigt sich aber nicht nur in der Grundidee, sondern auch in der Erzählart. Es ist vollkommen klar, dass "Almost Family" eine Dramedy darstellt, bei der die komödiantischen Anteile ganz klar überwiegen. Dabei setzt man aber vor allem auf plumpe Situationskomik, die oftmals etwas billig wirkt. Im letzten Drittel wiederum besinnt man sich plötzlich darauf, dass man auch eine Dramaserie ist und bringt alle drei Hauptfiguren an den Rand ihrer emotionalen Kräfte. Dadurch entstehen zwar nette, gemeinsame Momente, aber diese Szenen stehen im krassen Kontrast zum restlichen Erzählstil. Hier muss man definitiv eine bessere Mischung finden, wo die lustigen und die ernsteren Momente sich clever die Hand geben, so dass man die Achterbahnfahrt der Gefühle auch als authentisch empfindet und nicht aufgezwungen.

Schade ist auch, dass die drei Protagonistinnen alle in dieselbe Schublade gesteckt werden. Gerade Snow und Osment haben in ihrer TV-Karriere schon zu genüge das naive Blondchen gespielt. Auch wenn Snow nun mit roten Haaren auftritt, damit man vermutlich drei verschiedene Haarfarben präsent hat, ist ihre Julie dennoch wieder von Naivität und Überforderung gezeichnet, für Osments Roxy gilt definitiv dasselbe. Echikunwokes Edie wirkt alleine durch ihren Job als Strafverteidigerin und durch ihre Ehe souveräner, aber auch bei ihr blitzt der absolute Bauchmensch durch, wenn sie aus absurden eifersüchtigen Gründen ihren Ehemann stehen lässt, um dann gleich über eine Staatsanwältin herzufallen, die ihr zuvor schöne Augen gemacht hat. Die Frauenpersönlichkeiten sind mir nicht unterschiedlich genug und da sie zum Auftakt auch noch in Klischees gebadet werden, ist es auch schwer Charaktereigenschaften bei ihnen zu finden, an denen man sich festhalten kann. Warum muss Julia mit einem Mann schlafen, der sich hinterher als ihr Halbbruder herausstellt? Warum muss Tim sofort wieder mit Julia Funken sprühen haben, nur weil Edie ihn nicht heranlässt. Natürlich sollen so einige künftige Handlungen angedeutet werden, aber warum müssen sie ausschließlich auf Stereotypen basieren? Denn so wirkt "Almost Family" trotz der absurden Grundidee nicht besonders, sondern nur durchschnittlich.

Fazit

"Almost Family" übertreibt es in seiner Grundidee von über 100 Halbgeschwistern gleich zu Beginn, so dass die Dramedy von Fox es schwer haben wird, sich von einem gewissen Gefühl der Lächerlichkeit zu lösen. Zudem werden zu viele Klischees aufgeboten und auch die drei Hauptfiguren sind zu naiv und hilflos inszeniert, so dass man sich für die weiteren Episoden der ersten Staffel definitiv eine andere Erzählweise überlegen sollte. Denn eigentlich will die Serie zum Lachen und zum Weinen bringen, aber dafür muss man es nicht übertreiben.

Lena Donth - myFanbase

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