Berlin - Review Staffel 1
Assane Diop aus "Lupin" bekommt in Paris Konkurrenz als Meisterdieb, denn nun schlagen in der Prequelserie "Berlin" zu "Haus des Geldes" die Titelfigur und ihre erste Diebesbande ebenfalls in Frankreichs Hauptstadt zu. Auch wenn Andrés de Fonollosa alias Berlin (Pedro Alonso) nie meine Lieblingsfigur aus der spanischen Hitserie war, so hat mich hier einfach gereizt, dass Álex Pina wieder das Heft in der Hand hat. "Haus des Geldes" war aus so vielen Gründen eine geniale Serienidee, die letztlich irgendwann nur ausgereizt war. Bei "Berlin" hat mich daher gereizt, die Erzählkünste von Pina mit einem größtenteils anderen Cast wieder neu ausgespielt zu sehen.
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Was auf jeden Fall sehr positiv an "Berlin" ins Auge fällt, dass das Prequel viel mit der Mutterserie teilt, aber gleichzeitig kein Abklatsch ist. Auch wenn ich die Befürchtung im Vorfeld so nicht hatte, ist es dann doch sehr schön es auch wirklich bestätigt zu sehen, dass "Berlin" ein ganz eigenes Profil entwickeln darf. Was an positiven Eigenschaften mitgenommen wurde, das ist eindeutig die Weitsicht des Plans, wo hier Damián (Tristán Ulloa) verantwortlich ist, weil das einige Wendungen ermöglicht, gerade dann, wenn die Situation völlig ausweglos erscheint. Dazu sind es auf jeden Fall die schnell liebenswert werdenden Figuren. Hier kommt auch noch hinzu, dass der Cast nicht groß ist, was es noch leichter macht, sich mit dem chaotischen Haufen zu identifizieren und seine Lieblinge zu finden. Was weniger gut gelungen ist, dass es der Serie an einem starken Gegner fehlt. Diese erste Staffel von "Berlin" arbeitet daher eher mit wechselnden Steinen, die in den Weg rollen. Seien es die beiden Ex-Knackis, die den Priester (Enric Benavent) aus der Kirche beschützen oder die Gruppe in der Autovermietung, die Keila (Michelle Jenner) und Bruce (Joel Sánchez) das Leben schwer machen. Kommissarin Lavalle (Rachel Lascar) tritt erst relativ spät auf und ist für mich völlig austauschbar. Klar, es tauchen Raquel Murillo (Itziar Ituño) und Alicia Sierra (Najwa Nimri) auf, aber ich hatte den Eindruck, dass sie nur sehr stiefmütterlich eingesetzt wurden. Es ist aber auch zugegeben schwierig, die beiden so dominant einzusetzen, weil sonst die Gefahr besteht, dass die Ereignisse mit dem später spielenden "Haus des Geldes" nicht mehr zusammenpassen, aber so fehlen echte Charakterköpfe, die gegenüber der Diebesbande positioniert sind.
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Dafür müssen sich Berlin und die anderen einem ganz anderen Gegner stellen: der Liebe. Das hat sich wie ein roter Faden durch die Staffel gezogen und wurde mir zugegebenermaßen an der einen oder anderen Stelle dann auch zu viel, aber dieses sehr impulsive Verhalten angesichts der persönlichen Verwicklungen ist wohl genau das spezifische Profil, was ich für "Berlin" formulieren würde. In "Haus des Geldes" war es so, dass die ganzen Pläne vom Professor (Álvaro More) entworfen waren, der natürlich auch Gefühle hat, der mit diesen aber viel rationaler umgehen kann. Deswegen auch wenn Berlin und die anderen aus der Truppe dort emotionalisiert gehandelt haben, so hatte man immer das Gefühl, dass es Absicherungsmechanismen gab, die impulsive Entscheidungen sofort abgefedert haben. Das ist für "Berlin" so nicht zu konstatieren. Ich fand, dass die Serie viel chaotischer und auch freier war. Mit chaotisch meine ich vor allem, dass es durch Damián zwar einen genialen Plan gab, der letztlich aber nur aufgegangen ist, weil die Truppe mehr Glück als Verstand hatte. Alle haben auf ihre Art und Weise mal eine Gefahr für den Plan dargestellt und im Grunde haben sie ihn auch mehrfach eingerissen, aber es gab auch eindeutig immer wieder neue Anpassungen, die nötig waren und die vorher so nicht abzuschätzen waren. Freier wiederum war die Geschichte, weil das Geschehen nicht nur in einer Notendruckerei stattfindet, sondern weil sich alle frei bewegen können und weil so aus ganz anderen Situationen spannende, nervenaufreibende und emotionale Momente geschaffen werden können. Beispiel des Autorennens oder der Schlangenbiss in der Wildnis.
Auch wenn es mich manches Mal wahnsinnig gemacht hat, wie sich alle von ihren Gefühlen haben leiten lassen, so habe ich zwischendurch oft gedacht, es passt auf eine Diebestruppe, wo Berlin die Fäden in der Hand hat. Denn wo er so impulsiv ist, wie sollen die anderen denn da nicht mitgerissen werden? Wer sollte die vernünftige Stimme sein? Es hat wirklich ein stimmiges Bild ergeben. Speziell natürlich bei Berlin, weil wir ihn durch "Haus des Geldes" genug kennengelernt haben. Er ist jemand, der intensiv liebt, aber auch hasst und das ist in dieser Staffel gut dargelegt worden. Als er Camille (Samantha Siqueiros) begegnet, ist gleich alles über den Plan vergessen und er hat nur noch eins im Kopf: sie. Wäre er alleine gewesen, Berlin hätte nicht einen Diamanten am Ende in der Hand gehabt, weil er den Plan völlig aus den Augen verloren hat und er für ihn erst wieder interessant wurde, als Camilles Ehemann Polignac (Julien Paschal) als Gegner auszuschalten war. Tatsächlich habe ich auch die ganze Zeit so ein unterschwelliges Gefühl gehabt, dass hinter Camille mehr steckt und sie diese etwas leicht naive Art und Weise nur spielt. Das bestätigt diese erste Staffel nicht, aber ich will die Theorie auch noch nicht völlig begraben. Denn in der ganzen Art war sie dann einfach auch zu lang gezogen erzählt, zumal es mir ohnehin schwer gefallen ist, Berlin da jetzt die Romanze schlechthin zu gönnen, denn Berlin ist eben Berlin. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass Camille am Ende eine Art zweite Raquel (wobei ja eigentlich die Erste, da die Serie ja vorher spielt) würde und eben in Staffel 2 sich der Bande anschließt. Eine nächste Staffel wurde nämlich ohne Frage vorbereitet, eine Miniserie soll das hier nicht werden.
Auch die anderen sind in Liebesgeschichten verwickelt. Damián bleibt so als Einzelperson etwas unbeholfen übrig, aber seine zerbrechende Ehe zu Carmen (Ruth Llopis) hat die Staffel enorm geprägt. Dennoch ist er neben Bruce für mich die Figur, die dringend in Staffel 2 noch mehr Spielwiese bekommen müssen. Bei Bruce ist das eigentlich insofern schade, weil seine gemeinsame Geschichte mit Keila eigentlich genug Raum für Gleichberechtigung gelassen hätte, aber die Serie liebt vor allem sie und deswegen war es in den meisten Fällen so, dass die Handlung mehr aus ihrer Perspektive erzählt wurde. Aber ich will mich nicht groß beschweren, denn Keila ist als mein Liebling aus der Staffel gegangen. Sie spielt nicht nur schüchtern, sie ist es und da ist ihre Badass-Attitüde, was sie so auf dem Kasten hat, wirklich beeindruckend. Ich mochte auch Roi (Julio Peña) und Cameron (Begoña Vargas), deren Liebesgeschichte wohl insgesamt für mich am besten erzählt wurden, auch weil man über sie – abseits von Berlin – am meisten auf einer persönlichen Ebene erfahren hat. Das ist bei den anderen noch etwas außen vorgeblieben. Auch das unterstreicht aber nur, wie viel für Staffel 2 noch im Köcher wäre. Aber dann so drei Liebesgeschichten erzählt zu bekommen und das in nur acht Episoden, das ist schon viel, aber bestätigt auch nur wieder, "Berlin" ist mehr klassische Dramaserie als das Heist-Genre zu bedienen.
Fazit
"Berlin" ist eine Prequelserie zu "Haus des Geldes", die man wirklich gut und zügig wegschauen kann. Einige Stärken der Mutterserie sind auch zu erkennen, aber Álex Pina war ganz offensichtlich bemüht, "Berlin" ein eigenes Profil zu geben. Dementsprechend ist das Prequel viel chaotischer und kann dank der Handlungsfreiheit an zig Orten mit spannenden Entwicklungen erzählt werden. "Berlin" ist für mich Liebesgeschichten mit impulsiven Entscheidungsträgern und damit wahrlich nicht so intelligent erzählt wie die Mutterserie. Aber ich konnte mich mit diesem Profil gut anfreunden und würde auch eine zweite Staffel eindeutig unterstützen.
Die Serie "Berlin" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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