Bosch: Legacy - Review Staffel 3

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Auch wenn ich auf den "Bosch"-Zug erst relativ spät aufgesprungen bin, so sind es nun doch schon über fünf Jahre, die ich diese von Titus Welliver gespielte Figur begleite. Dementsprechend ist das Abschied nehmen nach Staffel 3 des Spin-Offs "Bosch: Legacy" nun nicht einfach. Prime Video hat ein Händchen für clever erzählte Crime-Geschichten und das wird auch mit der finalen Runde noch einmal bewiesen.

Foto: Titus Welliver, Stephen A. Chang & Orla Brady, Bosch: Legacy - Copyright: Amazon Content Services LLC; Tyler Golden/Prime
Titus Welliver, Stephen A. Chang & Orla Brady, Bosch: Legacy
© Amazon Content Services LLC; Tyler Golden/Prime

Wir sind aus Staffel 2 mit einem Cliffhanger entlassen worden. Maddie (Madison Lintz) hat einen Anruf aus dem Gefängnis von Preston Borders (Chris Browning) bekommen, der klar hat durchscheinen lassen, er hätte für ihren Vater Kurt Dockweiler (David Denman) umgebracht. Cut. Staffel zu Ende. Nun geht in Staffel 3 alles wieder neu los und es fühlte sich tatsächlich nach einem größeren Bruch an, denn wir machen einen deutlichen Sprung nach vorne. Das war erstmal etwas irritierend, denn so ein Cliffhanger lässt eigentliche sofortige Antworten ersehnen. Aber je länger die erste Episode dann läuft, desto schneller wird deutlich, dass es schon richtig war, diesen Zeitsprung zu machen. Honey Chandler (Mimi Rogers) hatte gerade erst ihre Kandidatur für die Bundesstaatsanwältin angekündigt und so war es schon deutlich sinnvoll, dass wir Zeit gewinnen und sie nun im Endspurt des Wahlkampfs erleben. Denn das erhöht umgekehrt auch die Brisanz rund um den Anruf von Borders. Denn da Bosch und Chandler weiterhin eine berufliche Beziehung pflegen, könnte er genau die Patrone im Lauf sein, die ihre Wahl zur Bundesstaatsanwältin am meisten gefährdet. Dementsprechend gehen die Ermittlungen nach all der Zeit erst richtig los, denn Maddie hat nach dem Anruf geschwiegen und das Gefängnis kann aufgrund von Personalmangel und Überforderung nicht jeden Anruf sofort prüfen. Logisch hat also alles gepasst. Zumal dann natürlich Gegenkandidat Emmett Archer (Jim Holmes) ebenfalls ein Interesse hat, alles in Gang zu bringen.

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Foto: Bosch: Legacy - Copyright: Amazon MGM Studios
Bosch: Legacy
© Amazon MGM Studios

Von dort aus erleben wir erneut, wie clever die Autoren von "Bosch: Legacy" agieren. Wir haben wieder die goldene Episodenanzahl von 10, denn es ist bislang immer genial aufgegangen. Somit ist Zeit da und dementsprechend wird eine in sich verwobene Geschichte mit enorm vielen Schichten gesponnen. Auch wenn der Hauptcast wirklich nicht groß ist und es sich die Serie somit erlauben könnte, alles brav zu separieren, nur um die Figuren dann ab und zu den gegenseitigen Weg kreuzen zu lassen, ist das noch nie die Lösung gewesen. Die privaten Verwicklungen, speziell die von Vater und Tochter, sowie die verschiedenen Fälle der Privatdetektei, die offiziellen über die Polizei, aber auch die Fragezeichen für Chandler im Wahlkampf, die werden alle zusammengefügt und es ergibt sich ein Bild, das passt. Zwischendurch werden Faden gekappt, weil wir dann Antworten gefunden haben, dafür kommen aber neue Fragen auf. So bleibt über zehn Episoden hinweg immer ein guter Zug. Prime Video hat zum Glück zum Start gleich vier Episoden angeboten und anschließend immer Doppelfolgen gezeigt. Das war eine gute Wahl, denn die Handlung hat durch die verschiedenen Schichten eine unleugbare Komplexität, aber sie sind auch so schnell immer wieder rum, dass man froh ist, genug Material pro Woche an die Hand bekommen zu haben. So setzt sich das Gesehene besser und dennoch bleibt jeweils Zeit, sich eigene Gedanken zu machen und Theorien aufzustellen.

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Auf der persönlichen Ebene hat mir gefallen, dass wir noch einmal neue Seiten erlebt haben. Reina Vasquez (Denise G. Sanchez) war als Maddies Ausbilderin und fortdauernde Mentorin immer schon ein wichtiger Teil des Casts, aber die Ermittlung rund um die Räuberbände, die dann zu ihrem Neffen Albert (Tommy Martinez) geführt hat, das hat der Rolle und deren Familiendynamik eine andere Brisanz gegeben. Chandler wiederum hat durch den Wahlkampf für mich die Storyline bekommen, die mich am meisten an das aktuelle Weltgeschehen erinnert hat. Erst letztens war bei "Zero Day" bei Netflix ebenfalls schon zu merken, dass die Hollywoodproduktionen die politische Weltlage umtreibt. Wenn es nicht gerade die sind, die eingeschüchtert kuschen, dann sind es andere, die immer wieder mahnen, aufrütteln und einfach etwas zu sagen zu haben, was nicht jeder hören will. Auch wenn das Gerangel um den Posten eines Bundesstaatsanwaltes nicht mit dem Wahlkampf rund die höchste Führungsrolle in einem Land zu vergleichen ist, so war aber doch deutlich zu merken, dass um Themen wie Wahlmanipulation, Beeinflussung, Schmutzkampagnen, üble Nachrede etc. geht. Dabei war es auch positiv, dass für uns als Zuschauer*innen ohnehin klar ist, dass auch Chandler keine Sauberfrau ist. Wir erinnern uns einfach zurück, dass sie in "Bosch" die Antagonistin war, ehe es dann zur fruchtbaren Zusammenarbeit kam. Chandler kennt viele Grauzonen, dementsprechend ist sie nicht der weibliche Jesus, der den Posten zu bekommen versucht. Auch sie hat ihre Leichen im Keller. Es geht um eine ehrliche Botschaft und wie wichtig es ist, sich selbst und die Wählerschaft nicht zu belügen. Auch wenn Chandler letztlich triumphiert, aber danach hat die Staffel weiter sinnvoll daran gearbeitet, die Hürden aufzuzeigen, auch weil sich das LAPD deutlich gegen sie verschworen hat. Es war schon echt, was dort rüber kam. Außerdem wurde mit dem Ausbau der Rolle ihrer Tochter Michelle (Aisha Kabia) ebenfalls eine persönliche Note eingebaut.

Foto: Mimi Rodgers & Titus Welliver, Bosch: Legacy - Copyright: Amazon Content Services LLC; Tyler Golden/Prime
Mimi Rodgers & Titus Welliver, Bosch: Legacy
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Bei Maddie haben wir immer noch einiges an Nachwirkungen, was sich für mich vor allem im Vertrauensverlust gezeigt hat. Auch wenn ihr Vater ihr zunächst versichert hat, den Auftrag zum Mord an Dockweiler nicht erteilt zu haben, aber restlos waren die Zweifel nie weg, weswegen sie sich für sich wissen musste, zu was er moralisch fähig ist. Auch wenn sich Maddie dann beruflich wieder eingefunden hat, aber sie hat für mich vor allem von dem Fall profitiert, der Reina so belastet hat. Denn so musste Maddie stark sein und hat dadurch wohl auch wieder gelernt, sich selbst zu vertrauen. Bei Bosch wiederum hat mir am besten gefallen, dass die alte Fehde mit Jimmy Robertson (Paul Calderon) so konsequent ausgespielt wurde. Dieser bekommt mit seinem Partner Perry Lopez (Miles Gaston Villanueva) den Auftrag, gegen Bosch zu ermitteln. Da auch Maddie zunächst unwissend eingebunden wird, ist schnell eine Brisanz da, weil scheinbar mehr Gefühle als tatsächliche Beweise eine Rolle zu spielen scheinen. Als dann aber klar ist, was wirklich vorgefallen ist, wurde es schon echt emotional, dass es zu einer Wendung kam, die ich nicht habe kommen sehen. Das war aber genau so ein Kniff, was dieser Serie immer wieder gut tut. Es ist alles immer sehr nüchtern, sehr beherrscht, aber es brodelt immer unter der Oberfläche und dementsprechend war es regelrecht mitreißend, wie Bosch gemeinsam mit Lopez für Jimmy Gerechtigkeit geschaffen hat. Das zeigt insgesamt für mich auch, wie clever es alle drei Staffeln war, immer wieder alte Gesichter zurückzuholen. Wie immer seien daher auch Mankiewicz (Scott Klace) und die beiden Scene Stealer Barrel (Troy Evans) und Crate (Gregory Scott Cummins) erwähnt. In einer solchen Serie sowas wie Heimatgefühle zu entwickeln, das sagt schon viel aus.

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Madison Lintz, Bosch: Legacy
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Etwas zu meckern hätte ich vielleicht an der finalen Episode, aber gleichzeitig kann ich auch die Strategie dahinter respektieren. Bosch bekommt es nämlich mit Renée Ballard (Maggie Q) zu tun. Wer die Seriennews zuletzt intensiver verfolgt hat, weiß, dass die Rolle ebenfalls von Michael Connelly erschaffen wurde und eine eigene Buchreihe hat. Dementsprechend hat Prime Video angesichts des Erfolgs des Franchises ein weiteres Spin-Off in Auftrag gegeben, das sich um die Rolle drehen wird. Die Erzählzeit wird also genutzt, um Renée näher vorzustellen und dazu die Dynamik mit Bosch zu nutzen. Für mich hat es funktioniert; ich werde ganz sicher einschalten. Es wurde auch der Teppich ausgerollt, Welliver für Gastauftritte zu gewinnen. Während Maddie in die Ermittlung rund um einen Serientäter helfend eingegriffen hat, spielte Chandler aber nur noch eine untergeordnete Rolle. Deswegen fühlte es sich letztlich nicht nach einem richtigen bewussten Abschied an. Die lange Standaufnahme von Los Angeles hat zwar unterstrichen, dass es ein nostalgischer Blick zurück ist, aber ansonsten fühlt es sich etwas wie mittendrin zu Ende an. Aber das war sicherlich eine sehr bewusste Entscheidung und kein Fall von, zu spät gewusst, dass es das war. Somit bleibt eine Botschaft, die aber zur Grundatmosphäre passt. Es war immer schon düsteres Pflaster und eine Stadt, in der das Verbrechen niemals schlägt. Dementsprechend kann es gar kein Happy End geben, denn der nächste Fall wartet auf Bosch, Maddie und Chandler ohnehin.

Fazit

"Bosch: Legacy" erweist sich auch in Staffel 3 als würdiges Erbe der Mutterserie, denn die Komplexität der Erzählstruktur bietet eine spannende und mitreißende Staffel. Mit Themen am Zahn der Zeit, mit intensiven persönlichen Verwicklungen und mit ganz viel alter DNA wird ein ansprechendes Ende gefunden. Ich persönlich bin jetzt sehr gespannt, wie sich das Spin-Off zu Renée Ballard schlagen wird und welche bekannten Rollen wir dort wohl nochmal wiedersehen werden, um uns doch nicht endgültig verabschieden zu müssen.

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Lena Donth - myFanbase

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