Death and other Details - Review Staffel 1
Bei der Ankündigung von "Death and other Details" (einst mit dem noch sperrigeren Titel "Career Opportunities in Murder and Mayhem" entwickelt) musste ich aufgrund der ganzen Ästhetik sofort an "Tod auf dem Nil", die dritte Verfilmung, die auf einem der Romane nach Agatha Christie beruht, denken. Aber auch charakterlich haben sich sofort Parallelen aufgetan. Im Film Kenneth Branagh als Meisterdetektiv Hercule Poirot, in der Serie Mandy Patinkin als Rufus Cotesworth, der immer wieder als bester Detektiv der Welt ausgerufen wird, dazu im Film zahlreiche Charaktere, die sich pseudomäßig an der Lösung des Falls beteiligt haben, und in der Serie Violett Beane als Imogene, die von Rufus einst als großes Talent erkannt wurde und die unter seiner Führung ihre erste große Ermittlung durchführt. Aber diese Parallelen verwundern nur wenig, denn Trend hin zum Whodunit ist nun seit einigen Jahren wieder ungebrochen und vor allem die Streamingdienste schwemmen viele Produktionen dazu auf den Markt. Also vom Papier her wie "Tod auf dem Nil", aber vielleicht doch ganz anders?
© Michael Desmond/Hulu
Meine Kollegin Dani schrieb zuletzt schon zur Auftaktfolge von "Based on a True Story - Sprich oder stirb!", dass sie sich sehr an "Only Murders in the Building" erinnert fühlte und das Format von Hulu war sicherlich auch das Erste dieser Art, was Whodunit ideal mit dem Faible für True Crime verbunden hat. Klar, dass nun jeder Sender sein eigenes "Only Murders in the Building" haben wollte. Nun ist "Death and other Details" aber auch von Hulu und deswegen war ich speziell in der ersten Staffelhälfte doch lange irritiert, warum man sich bei derselben Sendeheimat so nah am 'Original' entlanghangelt. Auch wenn durch das Schiff "Tod auf dem Nil" stets präsent geblieben ist, aber "Only Murders in the Building" war doch der Teil, den ich in den Parallelen stellenweise frappierend fand. Mit einem Podcast haben wir es zwar nicht zu tun, aber Rufus fungiert als Erzähler der Geschichte, der aufgrund seiner regelmäßigen Kommentierungen dann durchaus den Eindruck erweckt, als würde er gerade einen Podcast einsprechen (auch wenn er das eher für seine Bücher nutzt). Teilweise wirkt das auch wenig sortiert. Auch wenn man Podcasts natürlich auch vom Skript ablesen kann, aber viele Formate leben da oft von spontanen Einfällen, von einer gewissen Flexibilität und so wirkte Rufus teilweise auch, weil er das Geschehen nicht geschönt hat, sondern auch schon mal Sachen eingestand. Die nächste Parallele war dann ganz eindeutig, das Hin- und Herspringen in der Zeit. "Death and other Details" springt gerne nochmal zurück, um gemäß dem Serientitels darauf aufmerksam zu machen, ach hier das Detail, das haben wir übersehen oder das müssen wir nochmal aus einer anderen Perspektive betrachten. "Only Murders in the Building" hat damit auch häufig gearbeitet, zwar weniger selbstreflexiv, aber eindeutig, um Cliffhanger bzw. neue Möglichkeiten zu erzeugen.
© Michael Desmond/Hulu
Der Altersunterschied zwischen Rufus und Imogene ist der nächste Aspekt, denn auch wenn eine Mentorrolle sehr entscheidend ist, aber Imogene hat eigene Wege und Ideen, weswegen auch hier ein Generationenkonflikt, der auch schon mal für humorvolle Momente sorgt, deutlich wird. Zuletzt ist es dann auch der ganze Stil. "Only Murders in the Building", das in einem prestigeträchtigen Gebäude in New York City spielt und "Death and other Details" auf einem luxuriösen Schiff, wo die Gäste ausgewählt geladen sind, aber Voraussetzung ist Kohle auf dem Konto. Dazu dann auch noch die Beschränktheit, dass man genau weiß, hier im Gebäude oder auf dem Schiff ist der oder die Täter*in. Nach den Aufzählungen dürfte klar sein, warum mir die erste Hälfte wirklich nicht gut gefallen hat. Sie war mir tatsächlich zu nachgemacht und ich habe nach frischen Ideen gesucht, die sich aber erstmal nicht anbieten wollten. Dazu ist anfangs auch etwas schwer gewesen, den riesigen Cast zu sortieren. Obwohl es bei Whodunit prinzipiell ratsam ist, allen zu misstrauen, aber dennoch wünscht man sich natürlich Figuren, wo ein schneller Draht zu möglich ist. Das war auch nicht wirklich gegeben und selbst Rufus und Imogene als die zentralen Figuren haben mir so ihre Probleme bereitet. Rufus war für die Geschichte in meinen Augen gar nicht so entscheidend. Auch wenn an seinem Image als weltbester Detektiv bewusst gekratzt werden sollte, aber stellenweise hatte ich auch das Gefühl, bald müssen wir ihn im Seniorenheim unterbringen (obwohl das jetzt bewusst übertrieben ist). Imogene dagegen war mir etwas zu sehr sexualisiert. Beane sah fantastisch aus, keine Frage, aber sie hatte vom Rollenprofil auch eine Aura, die ich manchmal etwas seltsam fand. Dazu dann das exzessive Flirten mit Sunil (Rahul Kohli) und Jules (Hugo Diego Garcia), es hat ein wenig ein Bild geformt, was ich eher unpassend fand.
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Nach weniger als die Hälfte der Staffel ist eine Zwischenstation geschaffen, denn der Mord an Keith Trubitsky aka Danny Turner (Michael Gladis) hat eine geständige Person und der Spuk scheint vorbei. Ist es natürlich nicht, denn wir haben noch sechs Episoden vor uns und es ist schon deutlich geworden, dass es ein großes Rätsel sein wird, wer Imogenes Mutter Kira getötet hat. Dennoch war die Episode auch insofern wichtig, als dass sie doch eine Art Wendepunkt darstellt, weil danach alles nochmal neu aufgerollt wird. So gesehen wurde die Serie in ihrer Staffel immer stärker. Experimentell wertvoll fand ich beispielsweise die siebte Episode. Rufus gewährt Imogene genaue Einblick darin, wie es genau vor 18 Jahren abgelaufen ist, als er erstmals beauftragt wurde, Kiras Mörder zu finden. Die Serie hatte vorher schon damit gearbeitet, dass geteilte Erinnerungen so dargestellt werden, dass die Erzählung quasi zum Leben erweckt. Die siebte Episode treibt das nochmal auf die Spitze, denn Imogene ist quasi nun körperlich Rufus und sie ist an seine Erinnerungen gebunden, aber dennoch versucht sie immer wieder aufzubrechen, um die Aspekte zu finden, die er einst übersehen hat. Es war ein lustiges Spiel stellenweise, aber es war vor allem als Idee und dann konkret in der Ästhetik umgesetzt sehr löblich. Das war dann ein ganz deutlicher Moment, durch den ich gemerkt habe, die Serie kann doch etwas eigenes.
© James Dittiger/Hulu
Danach geht es dann wirklich in den Showdown und auch wenn das Whodunit mit weiteren Todesfällen geblieben ist, aber die Serie hat sich thematisch doch nochmal breiter aufgestellt. Mit der Enthüllung, dass das Schiff quasi dem ominösen Victor Sams gehört, wird ein moralisches Spielchen in Gang gesetzt, das noch einmal sehr effektiv war, um die bisherigen Figurenzeichnungen zu überdenken oder bestätigt zu sehen. Bis dato war es wirklich nicht einfach mit den Figuren, aber an dieser Stelle war es genial, in die teilweise schaurigen menschlichen Tiefen zu blicken oder unerwartete Helden zu entdecken. Dazu werden in dieser Zeit unheimlich viele Rätsel gelöst und wieder neue aufgestellt. Auch im großen Finale hat sich das Blatt noch einmal ordentlich gewendet. Irgendwann musste ich innerlich auch lachen, weil ich dachte, vielleicht war der Einstieg in die Serie auch so zäh, damit man manche offensichtlichen Aspekte gar nicht entdeckt. Aber ich gebe zu, ich bin von genug Sachen richtig überrascht worden und das hat am Ende eine unerwartete Stärke ausgestrahlt. Oft besteht bei solchen Showdowns auch die Gefahr, dass es so viele Enthüllungen auf einmal sind, dass es wieder unrealistisch wird. Das war hier aber nicht. Die Rädchen passten letztlich doch sehr genau ineinander.
Auch wenn Rufus und damit Patinkin nicht der Träger der Serie ist, wie ich es eingangs vermutet hätte, so ist es aber auch nicht nur die Imogene-Show gewesen. Ich fand es gut, dass sich letztlich eine kleine Gruppe gebildet hat, die neben Jules und Sunil auch aus Teddy (Angela Zhou) und Leila (Pardis Saremi) bestand. Das war eine gute Gruppendynamik. Das Ende verrät zudem, dass eine zweite Staffel ganz eindeutig gewünscht ist. Da wäre es sicherlich auch nicht schlecht, wenn man diese Gruppe beibehält und dann vor allem auf Figurenebene noch eine große Schippe drauflegen kann. Gleichzeitig muss man aber auch nicht komplett neu anfangen, denn die ganze entwickelte Geschichte hat noch genug Nebenstränge, mit denen etwas möglich wäre. Die Gruppe, eventuell mitsamt Rufus, wäre aber auch in einem ganz neuen Kontext nicht verkehrt aufgehoben. Da die Serie sich in der zweiten Hälfte so stark gesteigert hat, wäre ich dann sehr wahrscheinlich auch wieder mit an Bord.
Fazit
"Death and other Details" hat mir ein sehr widersprüchliches Erlebnis beschert. Die erste Hälfte war mir zu sehr eine Kopie von den ganzen Whodunit-Formaten, die wir in den letzten zwei, drei Jahren angeboten bekommen haben, vor allem aber zu parallel zu "Only Murders in the Building". Die zweite Hälfte hat sich immer mehr emanzipiert und eine ganz eigene Nische mit spannenden Erzählweisen und moralischem Überlebenskampf gefunden. Die Charakterarbeit bleibt durchgängig ausbaubedürftig, aber dennoch bin ich froh über diese Wende in Qualität.
Die Serie "Death and other Details" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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