Verschwiegen - Review

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Was macht es mit einer Familie, wenn der 14-jährige Sohn beschuldigt wird, einen Mitschüler ermordet zu haben? Mit dieser zentralen Frage befasst sich die Dramaserie "Verschwiegen" (Originaltitel: "Defending Jacob") von Apple TV+, die auf dem gleichnamigen Roman von William Landay basiert.

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Die Ausgangslage

Ein scheinbar ganz normaler Tag in Newton, einem Vorort von Boston, beginnt und wir lernen die Familie Barber kennen. Vater Andy (Chris Evans) arbeitet als Staatsanwalt in der Gemeinde und ist ein sehr angesehener Mann, der Recht und Gesetz vertritt. Mutter Laurie (Michelle Dockery) arbeitet in einem Kinderheim und bereitet gerade eine Spendengala vor. Sohn Jacob (Jaeden Martell) besucht die örtliche Schule und albert mit seinen Freunden herum. Doch dieses scheinbar so perfekte Leben erfährt einen Bruch, als im nahegelegenen Park die Leiche von Jacobs Mitschüler Ben Rifkin (Liam Kilbreth) gefunden wird. Der 14-Jährige wurde mit mehreren Messerstichen ermordet und Andy Barber soll nun gemeinsam mit der Polizei herausfinden, wie es dazu kommen konnte. Während anfangs alles seinen normalen Weg zu gehen scheint, führen die Ermittlungen nicht nur zu den Mitschüler*innen von Ben, sondern auch zu einem verurteilten Sexualstraftäter namens Leonard Patz (Daniel Henshall), der in der Nähe des Tatortes lebt. Doch die Dinge überschlagen sich, als eine Spur gefunden wird, die Jacob Barber in den Fokus der Ermittlungen rückt, wodurch Andy von dem Fall abgezogen wird und fortan zum schärfsten Verteidiger seines Sohnes wird.

Die Spurensuche

"Verschwiegen" ist eine sehr ruhig erzählte Dramaserie, die keine Thriller-Effekte benötigt, um die bedrückende und schockierende Situation deutlich zu machen. Man bekommt zwar durch verschiedene Schnittsequenzen die blutverschmierte Leiche des Jungen gezeigt, aber vieles bleibt durch die Erzählungen der Umstände auch der Fantasie der Zuschauer*innen überlassen. Das Geschehen an sich zieht in den Bann und die Vermutung, dass der anfangs als so ruhig und lustig präsentierte Jacob damit etwas zu tun haben soll, vielleicht sogar der Mörder ist, fesselt einen an die Bildschirme. In jeder Episode kommen neue Details und Beweise ans Licht und man beginnt sich das Puzzle immer mehr zusammen zu setzen. Da wir hier sehr intime Einblicke in das Familienleben erhalten, kann man sich anfangs nicht vorstellen, dass Jacob wirklich etwas mit der Tat zu tun haben soll und folgt der Argumentation, dass er zur falschen Zeit am falschen Ort war. Gleichzeitig führen aber Verhaltensweisen von Jacob wieder dazu, dass man beginnt an seiner Geschichte zu zweifeln. Das Ganze erinnert in der Erzählweise dabei sehr an die britische Serie "Broadchurch", in der man auch in eine eingeschworene Gemeinde blickt, von Episode zu Episode mehr Details erfährt und versucht, dem Täter auf die Spur zu kommen.

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Als Zuschauer*in befindet man sich tatsächlich in einem Zwiespalt. Genau wie die Ermittler*innen von Polizei und Staatsanwaltschaft versucht man eine Erklärung für das Geschehen zu finden. Zur gleichen Zeit kann man absolut nachvollziehen, dass Jacobs Eltern ihren Sohn mit allem verteidigen, was sie haben. Schließlich lieben sie ihren Sohn und wer könnte sich schon vorstellen, dass dieser zu so einer Tat fähig wäre. Doch da immer wieder neue Informationen auftauchen und Geheimnisse gelüftet werden, ist es insbesondere Laurie, die irgendwann beginnt, Zweifel zu bekommen. Wie gut kennt man sein Kind wirklich? Hat es vielleicht Anzeichen gegeben, die man übersehen hat? Gleichzeitig geht Andy bis an die Grenzen des Erlaubten, um einen anderen Täter ausfindig zu machen. Er nutzt all seine Verbindungen und seine Erfahrungen als Staatsanwalt, um zu beweisen, dass es sein Sohn nicht gewesen sein kann. Und dann ist es wieder Laurie, die alles gibt, um die Unschuld ihres Sohnes zu untermauern, während Andy Anzeichen dafür sieht, dass er ihnen nicht die komplette Wahrheit sagt. Schon anhand dieser beiden Perspektiven der Eltern merkt man die Zerrissenheit innerhalb der Familie aber auch innerhalb der Zuschauer*innen. Es ist wirklich packend und erschütternd zugleich, dabei zuzusehen, wie diese Familie zusammenhält und gleichzeitig zerbricht. Der Druck durch die Nachbarschaft, die Medien, die Ermittlungen; die Zweifel an ihrem Kind, an sich selbst, am Rechtsstaat... all das hat seine Wirkung.

Die Verhandlung

Es ist wirklich schwer zu ertragen, dabei zuzusehen, was Jacob durchstehen muss. Nicht nur die Ausgrenzung seiner Mitschüler, die öffentliche Vorverurteilung, sondern auch die psychologischen Gutachten und das angespannte Verhältnis zu seinen Eltern, die nur das Beste für ihn möchten, damit aber auch seinen kompletten Alltag auf den Kopf stellen. Wenn es sich hier um einen unschuldigen Jungen handelt, ist dieser fürs Leben gezeichnet. Und dann ist da wieder dieser Zweifel – was, wenn er nicht unschuldig ist? Was ist noch normales Teenager-Verhalten, was grenzt bereits an die Züge eines Soziopathen? Sind wir durch die starke Perspektive auf die Familie einfach zu nah dran, um sein Verhalten objektiv zu beurteilen? Wie würde man sich selbst als Geschworene*r in einem solchen Verfahren verhalten? Und dennoch es ist wirklich schlimm und teilweise auch abartig, welches Fehlverhalten Staatsanwalt Neal Logiudice (Pablo Schreiber) an den Tag legt. Dass sowas in einem Verfahren gegen einen 14-Jährigen zugelassen ist und vom Richter nicht schärfer sanktioniert wird, scheint unfassbar. Gerade in so einem emotionalen Fall, in dem die Beweislage nicht eindeutig ist, wünscht man sich einfach mehr Fingerspitzengefühl – egal ob Jacob schuldig oder unschuldig ist.

Die Auflösung

Das Verfahren wird letztendlich eingestellt und Jacob für unschuldig erklärt, da der oben angesprochene Sexualstraftäter Leonard Patz ein schriftliches Geständnis ablegt und sich selbst das Leben nimmt. Damit ist der Fall in der Öffentlichkeit geklärt und Jacob sollte eigentlich wieder ein normales Leben führen können. Dass das nach so einem Fall aber nicht möglich ist, wird schnell klar. Gleichzeitig haben wir Zuschauer*innen noch tiefere Einblicke und wissen, dass Patzs Geständnis nicht freiwillig entstanden ist und damit bleiben die Zweifel, wer nun der tatsächliche Mörder war. Könnte es also vielleicht doch Jacob sein, der nun fälschlicherweise davon gekommen ist? Diese Zweifel muss nicht nur das Publikum ertragen, sondern auch Andy und schließlich - nach einem unglücklichen Vorfall in Mexiko - auch Laurie. Diese Zweifel und dieses Misstrauen der eigenen Gefühle machen die Familie schließlich endgültig kaputt. Laurie kann sich selbst, nach den vielen Geheimnissen auch ihrem Mann und am allermeisten ihrem Kind nicht mehr vertrauen. Was das letztendlich mit ihr macht, wird in der erschütternden Finalfolge von "Verschwiegen" deutlich. Die Geschichte bekommt ihren Abschluss, die verschiedenen Erzählperspektiven werden miteinander verknüpft und doch bleibt am Ende einfach nur die Frage nach dem "Was wäre, wenn...". Werden wir je die Wahrheit erfahren?

Fazit

"Verschwiegen" ist ein packendes Drama, das keine Effekthascherei benötigt, um die Zuschauer*innen in seinen Bann zu ziehen. Die Ausgangssituation ist bedrückend, die Erzählweise immer sehr ruhig und dennoch bleibt man wie gebannt vorm Bildschirm, da man versucht, das Puzzle zu lösen und die Zweifel auszuräumen. Doch kann es bei sowas überhaupt ein "Happy End" geben?

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Catherine Bühnsack - myFanbase

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