3 Body Problem - Review Staffel 1
Dass "3 Body Problem" für mich ein vielversprechender Neustart sein würde, das war klar, fußte aber auf dem relativ dünnen Argument, unbedingt die neue Serie der "Game of Thrones"-Schöpfer D.B. Weiss und David Benioff sehen zu wollen. Wirklich intensiv hatte ich mich mit der gleichnamigen Vorlage nach Liu Cixin nicht beschäftigt, obwohl das Genre Sci-Fi mich durchaus etwas skeptisch gemacht hat. Weder Fantasy noch Sci-Fi sind unbedingt die Genres, wo ich mich einfach fallen lassen kann. Ich verbinde das oft auch mit sehr komplexen Geschichten, wo sofort ein Funke für mich überspringen muss, um dabei bleiben zu können. Damit waren die Voraussetzungen für den Neustart wahrlich nicht übermächtig reizvoll, aber ich habe Benioff und Weiss als sehr gute Erzähler kennengelernt und wenn mich wer von Anfang an abholen kann, dann die beide.
Am Anfang möchte ich gerne mal ein paar allgemeine Aspekte loswerden, die mir über die acht Episoden hinweg aufgefallen sind. Das ist zum einen die Beobachtung, dass die Serie nicht so komplex erzählt war, wie ich anfangs noch gedacht hatte. Zum nebenbei Schauen ist sie eindeutig nichts, aber sie ist dennoch sehr stringent erzählt und ich hatte auch den Eindruck, dass sie pro Episode sich lieber mit so wenig Baustellen wie möglich beschäftigt hat als zig Schauplätze zu bedienen. Das hat dann im nächsten Schritt dafür gesorgt, dass ich die Episoden inhaltlich und qualitativ auch höchst unterschiedlich wahrgenommen habe. Auf inhaltlicher Ebene bedeutete das, dass einige Episoden reine Vorbereitung auf etwas Großes waren, während andere wiederum fast ein kleiner Spielfilm in sich waren. Da möchte ich beispielhaft auf die fünfte Episode verweisen, die wohl in sich für mich die stärkste war, denn sie hat für mich am meisten symbolisiert, was wohl auch der Kern der ganzen Serie ist. Dazu war der Spannungsbogen extrem gut konstruiert und dazu auch dann das Ende, es war ein unterhaltsames, schauerliches und mitreißendes Ping Pong-Spiel. Für das qualitative Argument bedeutet das, dass es eine Achterbahnfahrt ist. Dennoch würde ich eindeutig sagen, dass gewisse Längen mich nicht so gestört haben, dass mich die Serie mal verloren hätte. Ich war stetig gut engagiert in das Geschehen, aber weil eindeutig eine zweite Staffel beabsichtigt ist, ist das etwas zum Ansetzen, denn Potenzial nach oben ist da. Zuletzt wäre zu erwähnen, dass das Erzähltempo überraschend hoch ist. Das würde ich insofern als bemerkenswert erachten, dass Benioff und Weiss ihr Profil bei "Game of Thrones" durch eine detaillierte und langsame Erzählweise geschärft haben.
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Der Einstieg in die Serie war insgesamt dennoch herausfordernd. Zwar war es recht clever, mit einer jungen Wenjie Ye (Zine Tseng) anzufangen, weil die Rückblenden zu ihr gleich emotional sehr einnehmend sind. Man bindet sich schnell an sie, ohne aber recht einschätzen zu können, wie ihre Erlebnisse in Peking in den 60ern zum Rest des Geschehens passen. Kaum sind wir dann im Jahr 2024 in London zeigt sich dann nach und nach, dass wir eine Weltanordnung haben, wo wir nach und nach Puzzleteile zusammensetzen müssen. Da gab es aber zum Glück auch die emotionale Orientierung an den fünf Freunden aus Oxford. Die Gruppe bestehend aus Saul (Jovan Adepo), Auggie (Eiza González), Jin (Jess Hong), Will (Alex Sharp) und Jack (John Bradley) ist im Vorfeld von Netflix schon ein wenig beworben worden, sicherlich nicht umsonst, weil sie alle fünf von großer Bedeutung sind, aber untereinander auch Beziehungen haben, an denen man sich orientieren kann. Dennoch würde ich insgesamt auch sagen, dass diese Fünf deutlich das generelle Problem der Staffel unterstreichen. Es ist sehr schwierig, die fünf charakterlich klar zu sortieren und ihre Hintergründe und Motivationen genau zu verstehen. Immerhin acht Episoden stehen zur Verfügung, also rein von der Anzahl her hätte es also möglich sein müssen, die Charaktere auszugestalten. Aber es wird sich relativ einfach gemacht. Auggie mag angewandte Physik, Jin ist die Theoretikerin, Saul ist einfach der Versager, Will ist der Bodenständige, der die Physikliebhaber von morgen ausbildet und Jack ist der Clown in der Gruppe, der einfach alles anders sieht und anders ist. Das ist insgesamt doch etwas wenig. Natürlich kommt nach und nach mehr, aber nicht genug für eine ganze erste Staffel. Vielleicht ist das beispielhaft auch an der Beziehung von Jin zu Raj (Saamer Usmani) zu verdeutlichen. Wenn nicht gesagt worden wäre, das ist hier der Lebenspartner, ich wäre nicht von selbst drauf gekommen, weil das zwischen sehr mechanisch wirkt. Da auch nicht klar ist, wann und wie sie sich kennengelernt haben, erleben wir eigentlich nur eine Beziehung, die egaler nicht sein könnte.
Manche Charaktere können auch nicht ausgearbeitet werden, weil wir sind eben bei zwei Serienmachern, die angesichts von Charaktertoden nicht zimperlich sind. Die müssen wir natürlich rausnehmen, weil sie mehr funktional als persönlich wichtig sind. Aber gerade bei den fünf Freunden hätte mehr kommen müssen. Wir haben auch noch die andere Seite über die Behörden und da muss ich sagen, so schwer es mir bei den Fünf gefallen ist, den interessantesten Charakter zu benennen, so simpel ist es dort. Da Shi, der von dem genialen Benedict Wong gespielt wird, ist mir am meisten ins Auge gesprungen und bei ihm habe ich so viel an Infos bekommen, dass ich sage, es war ausreichend, aber es ist auch noch genug für die Zukunft drin. Ihn begleiten wir bei einem sehr persönlichen Friedhofsbesuch, ihn erleben wir mit seinem Sohn Reg (Aidan Cheng) in einem privaten Kontext, aber wir erleben Da Shi eben auch im Beruf und da hat mir seine harte Schale, unter der viel Witz und auch Empathie steckt, unfassbar gut gefallen. Ansonsten tut sich die Serie auch schwer, klare Antagonisten zu erarbeiten und das hat mir auch ein wenig gefehlt. Ich bin zwar gegen Schwarz-Weiß-Einteilungen und will daher auch bei Antagonisten mehr ergründen und sie nachvollziehen, aber dennoch dürfte es in so einem Format gerne sehr unnachgiebig zugehen. Liam Cunningham als Thomas Wade ist beispielsweise eine so Figur aus dem Schatten, bei er man den Eindruck hat, sie agiert für ein größeres Ganzes ohne Rücksicht auf Verluste. Aber seine Spielchen mit Raj und Jin fand ich tatsächlich auch einfach unterhaltsam und nicht beängstigend und manchmal blitzte die weiche Seite mehr als durch.
Auch die Aliens und ihre Anhänger sind für mich keine klassischen Anhänger. Ich musste da mehrfach auch an die deutsche Miniserie "Das Signal" denken, wo es auch um die große Skepsis dem Fremden gegenüber ging und das fließt thematisch hier in "3 Body Problem" auch ein. Es fällt mir per se schwer, die Aliens und ihre Taten zu verurteilen, denn sie kämpfen ums Überleben und reagieren nur auf das, was sie vorfinden. Da musste ich dann auch ein wenig an die Skrull aus dem MCU denken und speziell die Darstellung in "Secret Invasion". Sie sind nicht auf die Erde gekommen, um hier alles zu übernehmen, aber willkommen haben sie sich auch nie fühlen können und dann muss man sich über manche Dinge auch nicht wundern. Das ist hier nicht anders. Bei den Anhängern wiederum, die wirken natürlich fanatisch, aber der Eindruck entsteht immer schnell, wenn es Menschen gibt, die wirklich an etwas glauben. Dennoch sind ihre Überzeugungen in etwas gegründet, was ich nachvollziehen kann, denn man kann an der Menschheit sehr oft völlig verzweifeln und nichts anderes passiert hier. Die Serie agiert also mit vielen Perspektiven, vielen Sichtweisen und für alle hat man irgendwo Verständnis. Das hat durchaus seinen Reiz, aber dennoch habe ich mir klare Kante gewünscht, zumindest von einer Seite aus, denn so stehe ich nach der ersten Staffel etwas zwischen den Stühlen, denn ich bin es eigentlich nicht so gewöhnt, mich in einer Serie klar positionieren zu können.
Auf einer rein inhaltlichen Ebene ist die Serie wohl am stärksten. Denn auch wenn ich bei den Physik-Überlegungen geistig schon mal ausgestiegen bin, so ist es doch die Wissenschaft, die so viel erklärt, auch jenseits unseres Sonnensystems. Um da bei Jin und ihrer Leidenschaft für theoretische Physik mit den unendlichen Möglichkeiten zu bleiben, "3 Body Problem" baut etwas sehr Breites auf, was zum einen viele Staffeln möglich machen könnte und was zum anderen auch die einzelnen Episoden nicht vorhersehbar macht. Das ist dann der Ausgleich für die schwächelnde Charakterausarbeitung. Die Dimension des Erzählens und wie viel es immer neu zu entdecken gibt, das zieht und das unterhält gut. Wir haben schließlich die echte Welt, wir haben vage Vorstellungen von Aliens da draußen, die auf dem Weg zum Planeten Erde sind und wir haben Interfaces, die an einen Helm erinnern und die in eine Spielwelt entführen, wo sich alles so echt anfühlt, was verrät, wie weit fortgeschritten die Technik woanders ist. Es ist die Vermittlungsebene zwischen Mensch und anderer Spezies, nur dass der Mensch nicht richtig erkennt, was er dabei alles über sich selbst verrät, was vielleicht abschreckend ist. Natürlich verrät die andere Spezies auch etwas über sich, aber das ist weniger entscheidend, weil sie gerade technisch den Vorsprung hat. Ich fand die Welten, die da über den Helm erzeugt wurde, jedenfalls sehr spannend und finde auch, dass die zu lösenden Aufgaben eine gute Bandbreite abgedeckt haben. Es war auf jeden Fall clever, wie alles ineinander ging und wie sich ein Gesamtbild nach und nach ergeben hat, das aber dennoch Raum für etwas noch Größeres lässt. Dementsprechend überraschend ist es eigentlich, dass das Ende fast schon friedlich ist. Es ist offen, aber es ist auch nicht, dass man jetzt unbedingt weitergucken muss, weil eine Art Zwischenstopp erreicht wurde. Ob das so clever war, ich weiß es nicht, aber diese eine Staffel alleine wäre auf jeden Fall Verschwendung.
Fazit
"3 Body Problem" ist sicher nicht das neue "Game of Thrones", auch weil durch das Genre und doch auch sehr unterschiedliche Erzählweisen nicht sofort eine Verbindung entsteht. Aber hauptsächlich ist diese erste Staffel zwar auch voller Potenzial und sollte unbedingt weitergehen, aber macht es sich mit mangelhafter Figurendarstellung selbst sehr schwer. Der Inhalt fasziniert und bietet durch die zig Ebenen Spannung, Wendungspunkte und interessante Überlegungen, aber es ist keine erste Staffel, die den großen Wow-Effekt hat. Es wird spannend sein, wie "3 Body Problem" ankommt. Für mich war es kein absolutes Highlight, aber doch acht Stunden voller guter Unterhaltung, aus denen ich gerne mehr mitgenommen hätte.
Die Serie "3 Body Problem" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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