Ein neuer Sommer - Review, Miniserie
Elin Hilderbrand ist auch deutschen Buchfans keine Unbekannte, so sind von ihr doch schon einige Romane übersetzt worden. Die Autorin lässt ihre Geschichten dabei oft auf Nantucket spielen und da es eine Insel ist, in der im Sommer die Bewohnerzahl dramatisch ansteigt, spielen dementsprechend die Romane auch in der heißen Jahreszeit. "Ein neuer Sommer" (Original: "The Perfect Couple") wurde dabei jetzt von Netflix zur Miniserie adaptiert und hat dabei einen Cast mit einigen sehr großen Namen bekommen. Da die Serie auch gleich als Murder Mystery beworben wurde, war mir klar, da schaue ich auf jeden Fall mal rein.
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Fangen wir mit einem Fun Fact an. Die Tanzsequenz, die in jeder Episode als Intro genutzt wird, wurde vom Cast in der Breite zunächst abgelehnt, ehe Regisseurin Susanne Bier, die alle sechs Episoden inszeniert hat, offenbar ihre Überredungskünste eingesetzt hat, so dass wir die Tanzsequenz bekommen haben. Tatsächlich habe ich in den letzten Jahren in einigen Produktionen solche Szenen gesehen, häufig als alternativer Abspann von RomComs. "Ein neuer Sommer" ist nun als Thrillerserie angekündigt worden, was als Genre dann schon das komplette Gegenteil darstellt. Aber eigentlich ist diese vermeintliche Diskrepanz ein Aspekt, der für mich die Serie relativ gut auf den Punkt bringt. Aufgrund der Prämisse, dass es ein Mord gibt und wir den Täter suchen, ist Thriller als Genre schon naheliegend, aber ich empfand die ganze Inszenierung überhaupt nicht als Thriller. Stattdessen erschien es mir vor allem als Satire, denn der Tod von Merritt (Meghann Fahy) hat eigentlich nur Amelia (Eve Hewson) erschüttert. Bei den restlichen Figuren hat man entweder gar keine Reaktion bemerkt, außer, dass es ihnen vielleicht für Amelia leid tat, oder aber man hat gleich gemerkt, dass die Figuren nun mit der ermittelnden Polizei unter Druck standen, ihre Leichen im Keller noch tiefer zu begraben als ohnehin schon. Deswegen passte das Intro für mich wieder, denn wir haben mit den Winburys und ihren nächsten Vertrauten ein Figurenrepertoire, das nur auf den eigenen äußeren Schein fokussiert ist. Es geht um das Strahlende nach außen, aber nicht die innerlichen Scherben, die ganz offensichtlich bei allen Figuren vorliegen.
© 2024 Netflix, Inc.; Liam Daniel/Netflix
Diese Beobachtung führt schon deutlich zu meiner Gesamtbeobachtung hin, denn ich fand die Serie nicht so überzeugend, wie ich es mir gewünscht hätte. Denn der Murder-Mystery-Anteil, der war eindeutig das schwächste an der Miniserie. Auch wenn sich die Produktion zwischendurch bemüht hat, falsche Fährten zu legen, wie die vermeintliche Affäre von Benji (Billy Howle) mit Merritt, so waren viele Details der Verwicklungen leider viel zu durchsichtig. Der oder die Täter*in war im Grunde schon mit dem ersten Auftreten zu erkennen und angesichts der ganzen Geschehnisse, die sich um die Ermittlungen herum noch ergeben haben, so war es auch einfach ein Aufbauschen. Der Fall selbst hat nicht so viele Schichten gehabt, wie es sechs Episoden suggerieren, deswegen war das hier ziemlich zäh. Gleichzeitig muss ich aber dennoch eine Lanze für Nikki (Donna Lynne Champlin) und Carter (Michael Beach) brechen, denn sie wurden keinesfalls als Dilettanten dargestellt. Sie waren eher Opfer des Drehbuchs, denn ansonsten hat man ihnen angemerkt, dass sie trotz verschiedener Hintergründe beide daran interessiert waren, den Fall angemessen aufzulösen. Auch wenn es zwischen Nikki und Carter echt holprig losging, so haben die beiden letztlich auch über Carters Tochter Chloe (Mia Isaac) einen Umgang miteinander gefunden, der mit gut gefallen hat. Carter hätte man leicht als korrupten Cop darstellen können, weil Nantucket seine Heimat ist, aber darauf wurde verzichtet und so wirkte es eher so, als habe Nikki als externe Polizisten ihn motiviert, auch das Beste aus sich herauszuholen. Dazu möchte ich noch speziell für Champlin lobende Worte verlieren, denn nach "Crazy Ex-Girlfriend" habe ich mich extrem gefreut, sie mal wieder in einer Rolle zu sehen. Trotz einer der ernsteren Rollen der Serie hat sie dennoch Charme mit reingebracht.
© 2024 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix
Trotz des größeren Kritikpunktes gerade muss ich schon sagen, dass der Cast mit den großen Namen sich in dem Sinne gelohnt hat, weil die Figuren alle so überzeichnet waren. Da wirkte das mit sehr erfahrenen und talentierten Darsteller*innen dementsprechend auch natürlich, obwohl es im Grunde eine Parodie ist. Auch wenn ich "The White Lotus" bislang nicht gesehen habe, aber ich habe selbstverständlich viel über die Serie mitbekommen und ich musste mehrfach bei "Ein neuer Sommer" daran denken, dass es wahrscheinlich von "The White Lotus" nicht weit entfernt ist. An der Figur, an der man den Eindruck der Zeichnung am besten festmachen kann, ist in meinen Augen Tag (Liev Schreiber), der wirkte für mich wie ein Kleinkind im Körper eines attraktiven Mannes, eines Silberfuchses, der sich von Affäre zu Affäre hangelt. Er betet seine Frau Greer (Nicole Kidman) offensichtlich an, aber er hat weder für ihre Gefühle, noch für die von seinen Kindern oder Affären ein Gespür und vielleicht auch einfach kein Interesse. Wenn er nicht gerade mit seinen Golfbällen die Enten auf dem Wasser abzuschießen versucht, dann überbrückt er peinliche Situationen damit, in Gesang auszubrechen. Das mag manche erst recht verzaubern, aber für mich war es dann nur die Krone eines in sich sehr peinlichen Charakters, um den ich im echten Leben einen riesigen Bogen machen würde.
© 2024 Netflix, Inc.; Hilary Bronwyn Gayle/Netflix
Doch der Abstand von ihm zu den anderen Figuren ist nicht gravierend, denn auch Tom (Jack Reynor) als ältester Sohn mit seiner Frau Abby (Dakota Fanning), die waren in einigen Szenen kaum zu ertragen. Großartig gespielt war es dennoch, wobei ich Fanning da im Vergleich nochmal hervorheben möchte, weil sie das vermeintliche Landei, was von allen aber den hochnäsigsten Umgang mit allen um sich herum, vor allem Gosia (Irina Dubova), echt unerträglich gespielt hat. Greer würde ich eher in der Mitte einordnen, weil sie zwar Amelia und anderen gegenüber kein Geheimnis daraus macht, was sie von ihnen denkt, aber dennoch hat sie deutlich mehr Tiefe als die bisher bekannten Figuren. Mein Leitstern durch die Serie war aber eindeutig Amelia, weil sie die normalste war und weil ihre ganzen Gefühle für mich am nachvollziehbarsten war. Sie war die Figur, die in alle Aspekte dieser Miniserie am besten hineinpasste. Zum einen war sie die klare Außenseiterin bei den Winburys, obwohl Benji eigentlich auch ein netter Kerl zu sein scheint, aber zugegeben schon sehr blass, so dass sie die Karikatur gnadenlos aufgedeckt hat, aber sie war auch durch den Tod ihrer besten Freundin die, die am meisten daran interessiert war, den Täter zu finden. Dementsprechend hat sie selbst Hinweise geliefert, während sie aber dennoch ein eigenes Geheimnis hatte. Aber auch ihr Miteinander mit ihren Eltern Karen (Dendrie Taylor) und Bruce (Michael McGrady) waren die echtesten Szenen der Serie.
Bei den anderen Figuren bleibt insgesamt zu viel Oberflächlichkeit. Auch wenn ich diesen Augenzwinker-Blick auf die Winburys durchaus an genug Stellen sehr unterhaltsam fand (beispielsweise das große Familienessen), so hatte ich doch auch immer Gedanken daran, wie viel besser die Serie hätte werden können, wenn man sich mehr auf das dramatische Potenzial konzentriert hätte und dabei geht es mir wahrlich nicht nur um die Ermittlungen. Denn die Ehedynamik zwischen Greer und Tag hätte ebenso mehr verdient gehabt, wie warum sich Tom überhaupt für Abby als Frau entschieden hat. Gleichzeitig ist Merritt als Mordopfer dennoch ein großer Faktor gewesen, aber wer war sie als Mensch wirklich? Da ich die Vorlage nicht kenne, habe ich ein paar vergleichende Artikel mal gelesen und schon resultieren können, dass einiges verändert wurde. Es hat mir aber keine Hinweise darauf gegeben, wie Hilderbrands Stil als Autorin ist und ob sie in ihrem Buch vielleicht eher nach meinem Geschmack erzählt hat. Aber weil sich so viele Freiheiten (hauptverantwortlich durch Jenna Lamia) genommen wurden, wäre dieses Potenzial so oder so auf dem Silbertablett bereit gewesen.
Fazit
"Ein neuer Sommer" ist nicht das kleine Serien-Highlight, was ich mir angesichts des Casts und des Genres Miniserie erhofft hätte. Es war eine sehr überzeichnete Erzählung einer reichen Familie, die auch unterhalten konnte, die aber für mich doch zu viel Potenzial hat liegen lassen. Schauspielerisch war auch alles aufgefahren worden, mit dem eine inhaltlich reichere Dramaserie drin gewesen wäre. Dazu war auch der Murder-Mystery-Teil etwas blass, da habe ich schon in diesem Jahr alleine viel bessere Rätsel gesehen. Insgesamt also flott durchzusehen und durchaus auch mit Highlights versehen, aber zu durchschnittlich.
Die Serie "Ein neuer Sommer" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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