Ein Sturm zu Weihnachten - Review Miniserie
2019 habe ich die norwegische Dramedy "Weihnachten zu Hause" gar nicht richtig auf dem Schirm gehabt, weswegen sie erst im Folgejahr wirklich bei mir angekommen ist und sich als echt süße Unterhaltung – speziell rund um das Weihnachtsfest – herausgestellt hat. "Ein Sturm zu Weihnachten" ist nun der nächste Streich eines der Produzenten, der als Showrunner fungieren darf und diesmal habe ich die Miniserie pünktlich auf dem Schirm. Für die Serie, die unmittelbar 24 Stunden vor dem Weihnachtsfest spielt, sind aus der skandinavischen Szenen offenbar das Who is Who gewonnen worden. Mit Ida Elise Broch, Line Verndal, Ghita Nørby und Dennis Storhøi sind beispielsweise vier Stars aus "Weihnachten zu Hause" an Bord, aber auch Carmen Gloria Pérez aus "Young Royals", Thea Sofie Loch Næss aus "The Last Kingdom" oder Hanna Ardéhn aus "Quicksand". Also wirklich viele bekannte Serienstars, die zusammen mit der gesamten Produktion ein wirklich geschickt erzähltes Endergebnis auf die Beine gestellt haben, das für die Weihnachtszeit mit der Breite an Thematik gerade recht daherkommt.
Die erste Episode ist vor allem dazu gedacht, alle Figuren zumindest ein bisschen einzuführen. 'Ein bisschen' soll an dieser Stelle betont sein, denn als dann auch noch in der zweiten Episode immer neue Charaktere auftauchen, manche mehr, manche weniger wichtig für die Gesamthandlung, dann zeigt sich schnell, dass der Cast wirklich enorm groß ist. Vielleicht auch ein Ticken zu groß, wobei es eben auch seinen Reiz hatte, diese ganzen Figuren in unterschiedlichen Konstellationen aufeinandertreffen zu sehen und zu rätseln, wer wohl mit wem in Verbindung steht, wer am Ende eine Art inhaltliche Einheit darstellt, wer einfach nur wertvoller Wegbegleiter füreinander ist und was sich eben generell noch so alles ergibt. Manche Aspekte waren sicherlich von Anfang an ersichtlich, wie die Tatsache, nach welchem Vater Sara (Loch Næss) Ausschau hält, aber ich bezweifle auch, dass "Ein Sturm zu Weihnachten" sich wirklich die Aufgabe gestellt hat, wirklich detektivische Meisterleistungen abzuliefern. Zumal sich erfreulich viele in ihren Wegen gekreuzt haben, so dass ohnehin ständig neue Impulse da waren, die auch geholfen haben, die charakterlichen Eigenschaften besser sortieren zu können. Nur Stine (Sus Noreen Jondahl Wilkins) sowie Bobbie (Alexandra Rapaport) wirkten etwas losgelöst vom Geschehen, weil sie nach der Lahmlegung des Flugverkehrs den Flughafen verlassen und im Sturm ihr Glück versuchen, um über Fähre bzw. anderen Flughafen wegzukommen. Das hat mich tatsächlich etwas überrascht, weil ich aufgrund der Vorankündigung wirklich gedacht hatte, dass alles nur am Flughafen spielt, aber unnötig war es auf jeden Fall nicht.
Nachdem also nach und nach die einzelnen Figuren sortiert sind und sich langsam, aber sicher die groben Handlungsbögen abzeichnen, desto mehr kann man sich als Zuschauer*innen auch auf den Wert der einzelnen Geschichten einlassen. Es ist schön, dass eine so breite Mischung gefunden wurde, die viele Themen unserer Gesellschaft auffängt, ohne jetzt aber angesichts der nahenden Weihnachten auf übertriebene Romantik und Klischees zu setzen, wofür wir ohnehin lieber bei den klassischen Weihnachtsfilmen bleiben. Hier geht es doch mehr um Realitätscheck, um so viele Themen, die an einem Flughafen wie unter dem Brennglas seziert werden können. Vielleicht kann man das einigen konkreten Beispielen etwas besser verdeutlichen. So haben wir beispielsweise den bekannten Pianisten Arthur Berg (Storhøi), der angesichts von Popsternchen Ida (Broch) dennoch nur eine kleine Nummer ist. Während mit ihren Plakaten alles am Flughafen zugepflastert ist, wird Arthur mit dem Ende seines Ruhmes konfrontiert. Für die Erste Klasse reicht es nicht mehr, die Lounge muss er zum gemütlichen Ausharren auch vergessen und gefangen auf dem Gelände kann er seiner Nikotinsucht nicht nachkommen. Dieser Mann, der kaum noch Leute zu seinen Konzerten locken kann, wirkt verbittert, zu arrogant für einen realen Blick auf die Umstände. Aber ist Ida deswegen gleich glücklicher, nur weil sie so viel mehr erfolgreicher ist? Wahrlich nicht. Denn sie hatte ihr Coming-Out und seitdem scheint vor allem privat alles in Trümmern zu liegen. Das zeigt deutlich, dass Ruhm nicht alles ist und dass die betriebene Musik vor allem ein Ausdruck von Leidenschaft sein muss, um innerlich auch wirklich wirken zu können. Während Ida mit Assistentin Ingvild (Evelyn Rasmussen Osazuwa) schließlich eine gute Partnerin findet und auch in Liebesdingen vielleicht eine neue Zukunft findet, findet Arthur in einem ganz besonderen Partner am Piano ein neues inneres Licht. Während Maria (Ariadna Cabrol) nämlich um das Augenlicht ihres Sohnes Lukas (Iker Pedraza Proskauer) bangt, erkennt dieser, wie sehr sich in der Zwischenzeit sein Gehör geschärft hat, weswegen er am Piano eine neue Leidenschaft entdeckt hat. Diese simple Liebe zur Musik brauchte wiederum wohl Arthur, um wieder ein Feuer entbrennen zu lassen.
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Dennoch ist es nicht so, dass "Ein Sturm zu Weihnachten" erzwungen überall für ein Happy End sorgen will. Manchmal ist es nur ein kleiner Schritt hin zu einem neuen Etappenziel, was zählt, weil die Realität mit all ihren Folgen einfach gewaltig genug ist. Aber das habe ich von der Atmosphäre her auch sehr genossen. Denn während es für Olav (Ravdeep Singh Bajwa) und Diana (Ardéhn) ziemlich romantisch zu Ende gehen durfte, so hat Black Santa Alex (Ibrahim Faal), der so genervt angesichts der oberflächlichen Geschenkwünsche der Kinder ist, in Kaja (Talia Lorentzen) eine sensible Jugendliche kennenlernen dürfen, die in ihm ein offenes Ohr findet, was sie so dringend braucht, während er in ihr die Hoffnung sieht, dass es für die Menschheit noch nicht völlig vorbei ist. Kaias Eltern wiederum, Trine (Verndal) und Sindre (Oscar Jean), diese beiden werden wohl niemals mit dem Streiten aufhören, erkennen aber dennoch in alldem die Liebe füreinander. Mit dem Senior Abba (Gard Øyen) und Hündchen Lasso haben wir auch zwei Beispiele für den Rand der Gesellschaft, die aber aufgrund genug Empathievermögen im Figurenrepertoire aufgefangen werden. Schließlich haben wir eben noch Sara, die erfahren muss, dass der endlich wiedergefundene Vater sterbenskrank ist. Es ist tragisch, wie wenig Zeit ihnen damit noch bleiben wird, auch weil man gleich gemerkt hat, dass es menschlich zwischen ihnen passte, aber gleichzeitig ist es ein Geschenk, dass sie noch das wenige miteinander haben werden. Genial fand ich auch die Verwendung von zwei Weihnachtsklassikern. Als sie in den ersten Episoden eingespielt werden, wirken sie fast noch höhnisch, denn wirklich weihnachtlich wirkt von der Atmosphäre her gar nichts. Zum Serienfinale aber wiederum werden sie wieder eingespielt und da realisiert man: sie sind endlich alle für das Fest der Liebe bereit.
Die Serie "Ein Sturm zu Weihnachten" ansehen:
Fazit
"Ein Sturm zu Weihnachten" ist eine wirklich feine nordische Produktion, die als flott erzählte Miniserie für die anstehenden Feiertage wunderbar geeignet ist. Das Rezept ist hier weniger Kitsch, sondern vielmehr breite Themenwahl, die unterschiedliche Gefühle erwecken und somit die Bandbreite des Weihnachtsfestes für die Gesamtgesellschaft schön einfängt.
Lena Donth - myFanbase
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