Euphoria - Review des Piloten

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Die neue HBO-Serie "Euphoria" hat bereits vor seinem Serienstart ein großes Medienecho hervorgerufen. Nach einem Bericht, laut dem ein Schauspieler sich geweigert hat, bestimmte Szenen aus dem Piloten zu drehen, wurde ein ganz genauer Blick auf die erste einstündige Episode geworfen. Neben zahlreichen Sequenzen mit Drogenmissbrauch zählten die Beobachter auch nahezu 30 Genitalien und Szenen sexuellen Missbrauchs. Da die Serie als Teen-Drama beworben wird, war die Aufregung natürlich groß, da bereits die sehr erfolgreiche Netflix-Serie "Tote Mädchen lügen nicht" mit ähnlichen Themenschwerpunkten eine Kontroverse ausgelöst hatte. Hier stand im Fokus der Kritiker die Verherrlichung von Selbstmord und es tauchen immer wieder Statistiken auf, die eine erhöhte Selbstmordrate mit der Serie in Verbindung bringen wollen. Nun heißt es, dass "Tote Mädchen lügen nicht" im Gegensatz zu "Euphoria" total harmlos sei, Grund genug, um einmal in die neue Produktion reinzuschauen.

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Der Zuschauer wird durch den Piloten über das Voice-over der Hauptfigur Rue begleitet, die von Zendaya dargestellt wird. Insgesamt liegt der Fokus eindeutig bei ihrem Charakter, da wir schon einen intensiven Einblick in ihre Kindheit und Jugend bekommen und auch aus ihrer Sicht erklärt bekommen, warum sie stets Zuflucht bei Drogen sucht. Zendaya gilt als Disney-Darstellerin, da sie in ihrer Jugend mehrere Jahre in der Serie "Shake It Up" mitgespielt hat. Im Gegensatz zu vieler ihrer anderen Kolleginnen ist sie aber absolut skandalfrei geblieben und hat sich inzwischen als ernstzunehmende Schauspielerin etabliert, die für Filme wie "The Greatest Showman" oder "Spider-Man: Homecoming" gebucht wurde. In ihrer Darstellung von Rue merkt man sofort, dass sie schauspielerisch absolut etwas auf dem Kasten hat, da sie diese innere Zerrissenheit und äußere Coolness sehr authentisch rüberbringt. Es fiel mir daher unheimlich leicht, sofort eine Verbindung zu ihr aufzubauen und mich von ihrer Geschichte gefangen nehmen zu lassen. Etwas störend war jedoch, mit welcher Eintönigkeit das Voice-over eingesprochen wurde. Es passt natürlich zu Rue, die sich durch den Drogenkonsum frei von Emotionen machen will, aber es wirkt leider auch sehr leiernd und dadurch einschläfernd.

Dem Voice-over muss ich aber auch zu Gute halten, dass er inhaltlich prall gefüllt ist. Man muss unweigerlich zuhören, da man viele Zusammenhänge sonst gar nicht verstehen würde. Es wird mehr erzählt, als tatsächlich auf dem Bildschirm gezeigt wird. Zudem spricht Rue auch aus der Zukunft, sie weiß also offensichtlich, wie all die Geschehnisse zusammenhängen, was ihren Berichten etwas sehr Reflektierendes gibt. Rue reflektiert aber nicht nur die Handlungen, sondern auch sich selbst und ihre gesamte Generation. Manchmal hat mich diese ungewöhnliche Erzählweise etwas überfordert, inhaltlich fand ich sie aber höchst spannend, denn man hat überdeutlich gemerkt, dass die Serie mit Sam Levinson von jemandem entwickelt wurde, der selbst Erfahrungen mit Drogenmissbrauch gemacht hat. Damit ergibt sich ein sehr authentisches Bild und wenn ich Levinson richtig verstanden habe, war das auch sein primäres Ziel.

Neben Rue sticht noch Jules (Hunter Schafer) heraus, die transsexuell ist und die im Piloten von einem Familienvater, gespielt von Eric Dane ("Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte"), vergewaltigt wird. Sie bekommt recht viel Screentime, was es ermöglicht, auch in ihr Wesen etwas besser einzufinden. Insgesamt muss ich jedoch enttäuscht feststellen, dass der restliche jugendliche Cast wie in einem Rausch an mir vorbeigegangen ist. Da musste ich schon in die Darstellerliste schauen, um einzelne Charaktere herauszufiltern. Beim Sehprozess selbst war es mir aber gar nicht möglich, da sie in der Heftigkeit der Themen einfach nur Hintergrundgeräusche waren. Denn eine Sache ist definitiv nicht zu leugnen, "Euphoria" ist keine Jugendserie, die durch eine rosarote Brille die Jugendjahre mehrere Figuren begleitet, sondern es ist eine knallharte Darstellung von dem, was alles sein kann. Bereits Rues Überdosis-Szene war heftig, auch die angesprochene Vergewaltigung von Jules war abstoßend, hinzu kommen noch zahlreiche weitere notgeile Teenager, die über Rachesex und Strangulierung währenddessen diskutieren. Vor allem die männlichen Figuren kommen in meinen Augen dabei allesamt schlecht weg, da niemand Respekt vor dem weiblichen Geschlecht zu haben scheint.

In der ersten Stunde dieser neuen Serie finden sich wirklich viele abstoßende Szenen. Bereits das kann man durchaus kritisieren, man kann aber auch kritisieren, ob diese Häufung der Themen auch noch die Realität trifft. Jedes Thema für sich gibt es, das ist keine Frage, aber gibt es all diese Themen wirklich in einem Freundeskreis? Vielleicht stamme ich selbst aus einem zu bravem Umfeld, um das wirklich beurteilen zu können, aber unabhängig davon kann ich für mich persönlich festhalten, dass mich die Thematik erdrückt und fast schon entsetzt hat, denn wie kann man hiernach noch an das Gute im Menschen glauben? Des Weiteren erkenne ich leider auch gar nicht, wohin "Euphoria" auf lange Sicht will. Geht es nur darum, eine schockierende Szene an die nächste zu reihen oder soll die Serie auch von einem erzählerischen roten Faden durchzogen sein? Bei Letzterem zweifle ich doch sehr, da einzig angedeutet wird, dass der Vergewaltiger von Jules der Vater von einem Mitschüler von ihr ist. Dies wird sicherlich noch für gehörig Drama sorgen, aber was für die übrigen Figuren angestrebt wird, steht in meinen Augen vollkommen in den Sternen.

Fazit

Die bereits im Vorfeld lautstark geäußerte Kritik an "Euphoria" kann ich nach der Sichtung des Piloten nun sehr gut nachvollziehen. Zendaya spielt Rue zwar sehr einnehmend und für den Zuschauer nahbar, aber die Serie besteht weiterhin aus vollkommen blassen Cast, für den auch noch keine sinnvollen Storylines auf der Hand liegen, und da ist Zendaya als einziges Argument leider zu wenig. Zudem merkt man deutlich, dass im Fokus definitiv das Schockieren mit harten Themen liegt. Mir persönlich war das zu viel, zumal ich die Häufung als unrealistisch empfand, aber jeder sollte für sich herausfinden, wo seine persönliche Grenze bei dieser Serie liegt. Ich bin jedenfalls nach Folge 1 schon raus.

Lena Donth - myFanbase

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