Immer für dich da - Review Staffel 1
Nachdem es eine Ära für Vampirserien und zuletzt vor allem eine für Superheldenserien gab, sind langsam aber sicher die Wohlfühlserien auf dem Vormarsch. Die hat es natürlich immer schon gegeben, aber oft wurden sie eben auch belächelt. Dass nun immer mehr Liebesromane und Gesellschaftsromane eine Adaption in Form von speziell Serien bekommen, ist eine Entwicklung, die ich zufrieden beobachte. Denn die aktuellen Zeiten verstärken den Drang, fiktionalen Produktionen beiwohnen zu können, wo die Figuren Leben wie du und ich führen. Nachdem ich bei Serien wie "Virgin River" oder "Süße Magnolien" die Vorlagen nicht kannte und somit völlig unbedarft herangehen konnte, ist es bei "Immer für dich da" anders und dementsprechend bin ich natürlich mit Erwartungen in das Seherlebnis gegangen. Für mich überraschend haben die vorgenommenen Änderungen aber weitestgehend gepasst. Nur auf Dauer könnten diese Stolperfallen darstellen. Erfahrt nachfolgend, was ich genau damit meine.
© 2020 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix
Wenn ein Buch eine TV-Adaption angekündigt bekommt und es ist nicht gleich von Miniserie die Rede, dann ist davon auszugehen, dass das Interesse darin legt, die Serie bei etwaigem Erfolg so lange wie möglich fortzuführen. Diese Taktik ist nun auch bei "Immer für dich da", das auf einem Roman von Kristin Hannah beruht, angewendet worden. Das wiederum hat zur Folge, dass die Umsetzung Änderungen braucht. Denn einige einschneidende Ereignisse müssen weiter nach hinten raus verzögert werden und dennoch müssen erzählerische Höhepunkt dargeboten werden, damit die Zuschauer nicht vorher vor Langeweile aussteigen. Dieser Herausforderung haben sich die Macher von "Immer für dich da" unter der Federführung von Maggie Friedman meiner Meinung nach erfolgreich gestellt. Zwar hat die Gegenwart massive Veränderungen aufzuweisen, aber nicht in dem Ausmaß, dass ich sagen müsste, dass die Botschaft des Buchs und die Darstellung der Figuren darunter leiden. Es werden also Geschichten dazu erfunden, die aber dennoch funktionieren und das ist für mich als Buchkennerin erleichternd.
© 2020 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix
Grundsätzlich möchte ich lobend erwähnen, dass es der TV-Umsetzung gelungen ist, die zentralen Hauptfiguren, die Atmosphäre über die verschiedenen Jahrzehnte hinweg und den im Fokus stehenden Zusammenhalt zweier höchst unterschiedlichen Figuren so einzufangen, wie es das Buch schon vermittelt hat. Das fängt mit der idealen Besetzung von Katherine Heigl und Sarah Chalke als die beiden Hauptfiguren an, das geht darüber, dass die zentralen Momente des Buchs umgesetzt werden und führt letztlich dazu, dass die Autorin Kristin Hannah sich wirklich geehrt fühlen darf, weil sie Produzenten erwischt hat, die ihren Roman verstanden haben. Hannah selbst war auch als Produzentin zugegen, hat also die vollzogenen Änderungen abgesegnet und das merkt man im Endergebnis.
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Eine wirklich gute Idee war es sicherlich, die Serie nicht chronologisch zu erzählen, wie es im Buch der Fall ist, sondern immer zwischen mindestens drei Zeitebenen hin und her zu wechseln. Das ist schon eine Strategie, die sich bei "This Is Us" von NBC sehr bewährt hat. Aber nicht nur das wurde übernommen, sondern auch die Bemühungen, bei den verschiedenen Ebenen eine thematische Verbindung entstehen zu lassen, sei es über Weihnachten, sei es über das Thema Schwangerschaft oder sei es Tullys Geburtstag. Diese Idee wird maßgeblich bewirkt haben, dass die Gegenwartsperspektive im Jahr 2003 recht wenig mit der aus dem Buch gemeinsam hat. Erst war ich über diesen Fakt sehr irritiert, aber gerade durch diese thematischen Verbindungen und die Erkenntnis, dass dennoch so viel Gutes von dem Buch erhalten bleibt, habe ich mich damit von Folge zu Folge besser abfinden können und spätestens im Finale habe ich mich nicht mehr gefragt, was hätte sein können. Denn die wichtigen Handlungsaspekte, die nach Staffel 1 noch nicht umgesetzt wurden, können immer noch problemlos in weiteren Staffeln umgesetzt werden, ohne dass es dann erzwungen wirken muss.
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Ich habe mich bei dem Schauen der Serie aber definitiv oft bei dem Gedanken erwischt, ob es nicht sinniger gewesen wäre, auch die 1980er mit einem anderen Cast zu besetzen. Zwar ist am Bildschirm etwas getrickst worden, um die Haut von Heigl und Chalke besonders rosig und glatt aussehen zu lassen und dennoch kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir es mit zwei gestandenen Frauen zu tun haben. Roan Curtis und Ali Skovbye als jugendliche Versionen von Kate und Tullly sind so hervorragend gecastet worden, dass das sicherlich auch für die 20er der beiden Figuren möglich gewesen wäre. Besonders deutlich ist mir das geworden, als Tully auf ihren Professor Chad Wiley (Patrick Sabongui) trifft. Für Kate war die Beziehung immer problematisch, weil ihre beste Freundin als Jugendliche vergewaltigt wurde, zudem ohne Vater aufgewachsen ist und sich dann ausgerechnet einen Mann sucht, der deutlich älter ist als sie. Dieser Umstand konnte in der Serie jedoch nicht überzeugend rübergebracht werden, weil auch eine auf jung getrimmte Heigl eher noch älter als der gecastete Sabongui aussieht. Natürlich kann ich verstehen, dass man TV-Größen wie Heigl und Chalke, wenn man sie für ein solches Projekt gewinnen kann, auch möglichst viel einbinden möchte und dennoch ist erzwungene Verjüngung oder Ältermachung nicht immer das ideale Mittel der Wahl.
© 2020 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix
Interessiert habe ich auch die Tully der Gegenwart beobachtet. In meiner Buchrezension habe ich deutlich gemacht, kein großer Fan ihrer Figur zu sein und dieser Eindruck wurde in der Serie deutlich abgeschwächt. Man merkt ihr zwar ihre Insensibilität gegenüber Kates Gefühlen an, aber dennoch hat sie in der Serie auch einige starke Freundschaftsmomente bekommen. Ich will nicht behaupten, dass es diese im Buch nicht gegeben hätte, aber dennoch überwogen dort die negativen und blieben dementsprechend intensiver hängen. Weiterhin kommt ins Spiel, dass Tully in der Gegenwart eine ganz neue Geschichte bekommt, die es so im Buch gar nicht gibt. Meine Vermutung ist, dass Heigl, die auch selbst als Produzentin mitgewirkt hat, an der Entwicklung dieses Handlungsbogens beteiligt war. Seien es ihr Erfahrungen als Person des öffentlichen Lebens oder eine späte Mutterschaft, da sind einige Aspekte, die an Heigl selbst erinnern, weswegen es naheliegend ist, dass sie die Hintergrundgeschichte von Tully so ausgestalten wollte. Bei Kate merkt man auch gewisse Veränderungen, jedoch ist der Unterschied nicht so drastisch, weil sie hier wie da die Sympathieträgerin ist. Aber gerade ihr Händchen für Fettnäpfchen ist eine sehr liebenswerte Ergänzung ihrer Persönlichkeit, die vor allem von Chalke grandios dargestellt wird. Insgesamt ist es so gelungen, zwei wirklich sehr unterschiedliche Frauenfiguren zu schaffen, ihre Freundschaft untereinander glaubhaft zu gestalten und sicherlich so der Zielgruppe genug Identifikationspotenzial zu liefern.
Auch wenn ich ein paar Abschnitte zuvor geäußert habe, dass die Inhalte aus dem Buch auch weiterhin gut umzusetzen scheinen, so kann ich gleichzeitig nicht meine Besorgnis verbergen, was die Zukunft der Serie angeht. Die erste Staffel ist rund, keine Frage, aber dennoch sehe ich "Immer für dich da" nach zwei Staffeln abgeschlossen. Denn es gibt ein festes Ende, eines, das meiner Meinung nach auch unbedingt umgesetzt werden muss. Das nun ewig hinauszuzögern, um die Serie so lange wie möglich fortsetzen zu können, wäre schlichtweg fatal. Auch die Kindheit und die Studienjahre plus erste berufliche Schritte geben nicht mehr so viel her, dass sich mindestens zwei weitere Staffeln rechtfertigen lassen. Sollte man den Weg trotzdem einschlagen, muss noch viel mehr dazu gedacht werden und damit steigt leider auch das Risiko, sich weiter von der Vorlage zu entfernen. Nach dieser guten ersten Staffel wäre das sehr enttäuschend.
Fazit
Mit "Immer für dich da" nach einem Roman von Kristin Hannah ist Netflix eine gute Serienadaption gelungen. Zwar musste gerade in der Gegenwart einiges angepasst werden, aber all das ist dennoch im Geiste des Buches erfolgt, so dass sich kein Buchkenner vor den Kopf gestoßen fühlen durfte. Insgesamt ist es eine schöne Ode an die enge Freundschaft zweier unterschiedlicher Frauenfiguren geworden, die mit Heigl und Chalke überzeugend besetzt worden sind, die durch die verschiedenen Zeitebenen auch stilistisch genau richtig unterstützt wurde. Am Ende bleibt nur die Hoffnung, dass die Vorlage für weitere Staffeln nicht völlig ausgeschlachtet wird, sondern dass es ein klar definiertes Ende gibt.
Die Serie "Immer für dich da" ansehen:
Lena Donth – myFanbase
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