Fleishman is in Trouble - Review Miniserie
"Fleishman is in Trouble" hat wohl lange aufgrund seines Titels ausharren müssen, bevor ich eingeschaltet habe. Der Cast war mir dank Namen wie Jesse Eisenberg, Claire Danes, Lizzy Caplan und Adam Brody eigentlich reizvoll genug, aber irgendwie war der Titel so nichtssagend und da ich auch die Vorlage von Taffy Brodesser-Akner (im Deutschen unter dem Titel "Fleishman steckt in Schwierigkeiten" veröffentlicht) nicht kenne, hat sich da auch noch recht kein Bild in mir formen wollen. Bei dem Titel habe ich dann gedacht, jeder von uns steckt doch mal in Schwierigkeiten, was sagt das also? Dann las ich aber das Actors on Actors Interview zwischen Danes und Kieran Culkin, herausgegeben von Variety, und ich fand es spannend, was dort über ihre Rolle Rachel gesagt wurde. Also habe ich mich ermahnt, mich vom Titel nicht weiter irritieren zu lassen und mich einfach mal selbst zu überzeugen.
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Es fiel mir nicht unbedingt leicht, mich in "Fleishman is in Trouble" einzufinden. Dabei wurde schnell klar, dass die Miniserie, die auch von Brodesser-Akner selbst für FX adaptiert wurde, mitten aus dem Leben erzählt und das in der Hauptsache aus drei Perspektiven heraus, nämlich aus der von Rachel, von Libby (Caplan) und am meisten aus der von Toby (Eisenberg). Alle drei befinden sich in ihren 40ern und befinden sich in sehr unterschiedlichen Krisen ihres Lebens. Ich mag solche Geschichten, die greifbar und so herrlich 'normal' sind, eigentlich wirklich gerne, denn selbst wenn sie meiner eigenen Lebenssituation nicht 100% entsprechen, so werden sie doch so menschlich dargestellt, dass man sich gut genug vorstellen kann, ähnlich zu empfinden, wäre man in der Situation, oder aber man kann es zumindest nachvollziehen. Hier waren aber ein paar irritierende Faktoren, die mich erst was rausgebracht haben. Das war zum einen die Erzählerin, zu der ich abschließend noch einmal kommen möchte, das waren Einfindungsschwierigkeiten, was nun genau wie vorliegt, aber das war auch die Vorstellung von Eisenberg und Danes als Ehepaar bzw. dann geschiedenes Ehepaar. Die Chemie zwischen den beiden hat mich nicht überzeugt, was aber nur halbproblematisch ist, denn die glücklichen Momente sind in den acht Episoden rar gesät und die Streitgespräche kamen vielleicht sogar besser rüber, eben weil ich mir schnell dachte, hmm ja, ist vielleicht besser so. Wenn man diese Faktoren aber mal ausklammert, dann habe ich doch irgendwann eine Miniserie ganz nach meinem Geschmack bekommen, die mich durchaus auch in vielen Aspekten zum Nachregen angeregt hat.
© 2022, FX Networks. All Rights Reserved.; Linda Kallerus/FX
Anhand der Perspektiven können wir uns gut durch die Review hangeln. Toby ist wohl der Fleishman, der der Serie seinen Namen gegeben hat, obwohl Rachel den Namen natürlich ebenso trägt, aber er ist sechs Episoden lang im Fokus der Serie, so wirkt er einfach wahrscheinlicher. Während ich Eisenberg auf den Typus Toby gut besetzt fand, so war er auch eine Rolle zum Warmwerden, also fürs Publikum. Er ist ein Mann von Prinzipien. Das finde ich gar nicht schlecht, aber er war nicht wirklich konsequent in seiner Rolle. Während er in Familie und im engen Freundeskreis seine strikten Essensgewohnten und sonstigen Ansichten durchsetzt und kundtut, so ist er in anderen Kreisen so klein mit Hut. Das hat mir schnell den Eindruck vermittelt, dass er sich nur da groß aufspielt, wo er sich auch sicher und wohl fühlt, was automatisch einen gewissen unsympathischen Eindruck erweckt. Gleichzeitig ist Toby aber Arzt aus den richtigen Gründen und er ist ein sehr guter Vater, das sind zwei Faktoren, die für mich unumstößlich feststehen. Das war als Anker für mich persönlich sehr wichtig, weil es eben zwischendurch einige kritische Punkte gab, wo ich Toby gerne mal geschüttelt hätte. Seine Beziehung zu Nahid (Mozhan Marnò) fand ich beispielsweise sehr interessant. Sie hat ihm auf eine Weise gut getan. Jetzt mag man über ihr Arrangement mit ihrem Ehemann denken, was man will, aber sie hat sich entschieden, das Leben so zu führen und da war es unfair, wie Toby ihr das alles vorgeworfen hat, nur weil es nicht auf seine eigene Bedürfnisse passte. Zumal er es in einer ähnlichen Situation nicht genauso für sich gehandhabt hat. Er war sooft unglücklich, wenn er auf Snobs wie die Rothbergs (Josh Stamberg & Jenny Powers) getroffen ist, aber er hat das alles mit sich machen lassen, obwohl er da auch schon für sein persönliches Glück hätte kämpfen können. Auch zu Libby und Seth (Brody) war Toby stellenweise wirklich unfair (wobei sich die Freunde insgesamt nichts gegeben haben), weswegen es für mich dann so wichtig war, diese anderen Seiten von ihm zu erleben.
Ich war wirklich auch erstaunt, wie der Arztberuf in der Serie dargestellt wurde, denn es wirkte immer recht mitleidig, was Toby zu hören bekam, wenn er seine Profession enthüllte. In Deutschland ist der Beruf in meiner Wahrnehmung immer noch sehr respektiert und auch wenn die Arbeitszeiten und die psychische Belastung absolut unnormal sind (aber in welchem Job inzwischen eigentlich nicht?), so muss man als Arzt oder Ärztin in Deutschland eigentlich nicht am Hungertuch nagen. Toby wurde da die ganze Zeit eher müde belächelt und Geld wurde sowieso nie genug verdient. Auch wenn offensichtlich wurde, dass Toby angesichts seines Gehalts nicht zwangsweise auch den entsprechenden Lebensstandard haben muss, so wurde gleichzeitig nicht klar, wie es nun wirklich finanziell um ihn steht, aber es spielte aus ihm selbst heraus auch keine Rolle. Für ihn war wichtiger, dass er seine Assistenzärzte gut ausgebildet hat. Er hat immer gerne am Patienten selbst gearbeitet. Das wurde auch dadurch unterstrichen, dass er auch ungewöhnliche Diagnostiken erkennt, aber dennoch nicht einfach vorprescht, sondern seine Assistenten auf den Weg führt, das selbst zu erkennen. Deswegen hatte ich bei der Beförderung auch den Eindruck, dass er diese nur wollte, weil es eine Anerkennung für eine Leistung gewesen wäre, aber nicht so sehr, um mehr Geld auf dem Scheck zu haben oder weil er sich nach mehr Büroarbeit gesehnt hat. Eben diese Persönlichkeitsmerkmale zeichnen ihn auch als Vater aus. Es wurde deutlich, dass er mehr an der Aufteilung der Kinderbetreuung als an dem Beziehungsende zu Rachel zu knabbern hatte, weil er Hannah (Meara Mahoney Gross) und Solly (Maxim Swinton) gerne um sich hat und sie heranwachsen sieht. Selbst wenn er als Kind selbst ins Camp musste, er wollte das für seine Kinder nicht einfach durchsetzen, sondern sie selbst entscheiden lassen. Letztlich hat er beide doch reingedrängt, aber um sie vor dem Chaos zuhause zu schützen. Auch die Aufnahme des Hundes war in meinen Augen kein billiges Erkaufen von Kinderherzen, sondern Toby sieht immer ein größeres Ganze. Bei ihm bestand die Krise daher vor allem darin, dass er zwar immer schon starke Prinzipien hatte, aber gleichzeitig immer noch Rachel im Kopf hatte und ihre Vorwürfe gehört hat. In dem Sinne musste er zu dem zurückfinden, was er im Kern schon einmal gewesen ist.
Bei Rachel war ich erst erstaunt, wie ihre Präsenz über die Miniserie verteilt wurde, weil Danes bis auf Rückblenden zwischendurch völlig verschwunden ist. Das hat natürlich dafür gesorgt, dass wir bis einschließlich Episode 6 sehr von Tobys Perspektive vereinnahmt sind. Dann kommt aber der große Auftritt von Rachel. Vieles konnte man sich durch die Andeutungen schon denken, aber dann die unter Postnataler Depression leidende Rachel auch wirklich selbst zu erleben (was auch aufgrund von Danes Kunst ein Erlebnis ist), das war schon sehr erschütternd und einnehmend. Dennoch muss ich sagen, dass Rachels Perspektive mein Blick auf Toby nicht mehr geändert hat. Dass er nicht der perfekte Ehemann war, das habe ich vorher schon bemerkt, aber man kann eben auch nicht behaupten, dass er alles falsch gemacht hat. Er hat sie sanft in eine Selbsthilfegruppe geschickt (selbst wenn er letztlich nicht mitbekommen hat, zu welcher Gruppe sie tatsächlich gegangen ist) und derweil die Kinderbetreuung aufgefangen. Umgekehrt war Rachel auch nicht die perfekte Ehefrau und bei ihr ähnlich wie bei Toby selbst wahrscheinlich auch, liegen die Gründe dafür weit vor der Ehe. Man ist eben der- oder diejenige, wie einen das ganze Leben formt und Rachel hat durch ihre Mutter früh unter großen Verlustängsten gelitten. Es war dann deutlich mitzuerleben, worauf bezogen Rachel überall Verlustgefahr empfunden hat und dementsprechend ihr Leben modelliert hat. Hat sie sich damit persönlich glücklich gemacht? Nein, aber die Serie erzählt ohnehin davon, wie schwer sich der Mensch tut, einfach nur glücklich zu sein. Und bei Rachel ist über die Jahre viel eingerissen worden, bis dann eben hin zu der sehr traumatischen Geburt von Hannah. Da hatte sie dann auch erstmals eine sehr große Verlustangst um ihrer selbst willen, was dann eben in diesem Aufbauen von Sicherheiten für die Kinder mündete, egal, was der Preis dafür ist. Rachel ist so ganz anders als Toby und auch anfälliger für Rollenbilder und Erwartungen, aber dass ich am Ende beide Seiten sehr gut nachvollziehen konnte, das ist eben die erhoffte Stärke der Serie, die sich glücklicherweise im Verlauf immer deutlicher ergeben hat.
Zuletzt haben wir noch Libby, die Erzählerin, aber gleichzeitig auch sehr gute Freundin von Toby, aber nicht unbedingt Sympathisantin von Rachel. Das ist zumindest ihre Ausgangslage. Auch sie ist keine Figur, die mich sofort um den Finger wickeln konnte. Was ich aber definitiv sofort mochte, das war eindeutig ihre Art, den Finger in die Wunde zu legen. Das ist in meinen Augen immer ein schmaler Grat, denn man darf es nicht tun, um andere zu verletzen, um sich selbst besser zu fühlen, aber man darf es tun, um seine eigenen Grenzen abzustecken und sich selbst zu schützen. So war es schon herrlich, wie sie Toby hat auflaufen lassen, wo er sich nach all den Jahren Kontaktlosigkeit dann mal wieder meldete, weil sie plötzlich wieder gut genug war. Aber so selbstbewusst wie Libby auch nach außen wirkt, so ist auch sie an einem unglücklichen Punkt in ihrem Leben. Aber sie stellt eben wieder einen ganz eigenen Typus da. Libby sehnt sich nämlich nach einem ganz bestimmten Punkt in ihrem Leben, an ein damit verbundenes Gefühl. Das vermisst sie in ihrem Familienleben mit Adam (Josh Radnor), macht dabei aber den Fehler genau das nicht zu sehen, was sie hat und was genauso etwas wert ist, sondern sich auf eine Art zu isolieren, weil sie nur noch alte Vertraute wiederaufstehen lassen will. Hier war es etwas schwerer, immer am Ball zu bleiben, weil ihre Geschichte so zerstückelt präsentiert wurde. Mal war sie nur die Erzählerin, mal war sie auch wieder Teil des Geschehens, bevor das Finale eigentlich dann ganz ihr gehört. Im Endeffekt war sie aber sicherlich diejenige, mit der man sich am meisten verbunden fühlen konnte, auch weil sie dann in das Ende einleitet, was für die Art von Serie vielleicht etwas zu rosarot ist, aber ich hatte auch den Eindruck, dass eben so alle Figuren erkannt haben, dass das Leben noch nicht vorbei ist, sondern dass es weitere Lebensabschnitte gibt, die die Chance geben, sie zu den eigenen zu machen.
Abschließend will ich noch ein paar Worte zu Libby als Erzählerin verlieren. Es hat mich am Anfang schon sehr irritiert, denn man erfährt nicht sofort, wer Tobys Leben kommentiert, natürlich ist die Stimme der Hinweis, aber es wird inhaltlich nicht sofort aufgelöst. Als Libby dann selbst auftaucht, dann wurde es aber eigentlich nur noch verwirrender, weil sie zu sich selbst dann genauso Aussagen getroffen hat, aber am meisten zu Tobys Leben und das in einer Form, wo sie gar nicht alles gewusst haben kann. Dennoch war die Erzählstimme irgendwo auch Gewöhnungssache. Libby ist eben als Journalistin und dann mit Berufswunsch Autorin gut mit Worten, dementsprechend tiefsinnig, humorvoll, voll von Spitzen sind die Momente dann. Es hat letztlich dann doch zum Vergnügen beigetragen. Dennoch blieb für mich die Frage, warum? Ich habe Libby als Erzählerin am Ende als Lehre auf die Perspektive verstanden. Sie ist durch ihre Freundschaft näher an Toby dran, aber dennoch ist das, was wir zu ihm sehen, natürlich mehr als das, was sie uns über ihn erzählt. Zu Rachel hat sie zunächst keine Verbindung, die also in den Hintergrund rückt, nur um dann irgendwann ihre Seite erzählen zu dürfen. Parallel sagt sie aber über sich selbst auch aus, dass sie sich mit anderen Menschen statt mit sich selbst beschäftigt. Insgesamt hinterlässt das den Eindruck, dass die Serie vermittelt, dass wir alle selbst hinschauen müssen. Wir müssen bei anderen hinschauen, wirklich hinschauen, weil wir sonst vielleicht nur das mitbekommen, was uns unsere Vorurteile weismachen wollen oder was der Gegenüber nur preisgeben will, aber wir müssen auch bei uns selbst ganz genau hinschauen.
Fazit
"Fleishman is in Trouble" ist eine Miniserie, mit der man erstmal warm werden muss. Schauspielerisch ist sie durchweg gut besetzt, aber der Inhalt entwickelt seine Botschaften und Zusammenhänge erst nach und nach und wird dadurch erst im Verlauf immer interessanter. Insgesamt sind es Geschichten mitten aus dem Leben, Lebenskrisen, auf ganz unterschiedliche Art. Da wird sich jeder irgendwo wiedererkennen können.
Die Serie "Fleishman is in Trouble" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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