Hacks - Review, Staffel 3
Am 16. September 2024 ging durch die Serienwelt doch ein lauterer Überraschungsruf. Es war der Abend der Emmy-Verleihung und der Preis für die beste Comedyserie ging an "Hacks", dabei hätten wohl die meisten eher auf "The Bear: King of the Kitchen" von FX gewettet. Zu dem Zeitpunkt hatte ich die ausgezeichnete dritte Staffel noch nicht gesehen, aber ich kannte die ersten beiden Staffeln und ich habe es sofort verstanden. Denn "Hacks" und "The Bear" sind ideal für einen Vergleich, um festzuhalten, was eine ideale Comedyserie ausmacht und wer dann auch den Preis tatsächlich mehr verdient hat. Und "The Bear" ist eine großartige Serie, die ich auch in jeder Staffel mit begeisterten Reviews begleitet habe, die aber in meinen Augen viel, viel stärker in den Drama-Elementen ist. "Hacks" wiederum ist im Bereich Comedy raffiniert und intelligent auf den Punkt und hält dennoch die Waage mit dem Ernst des Lebens und das beweist Staffel 3 mehr denn je.
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Die Wartezeit auf Staffel 3 ist relativ lange ausgefallen, weil neben dem Doppelstreik von WGA und SAG-AFTRA Hauptdarstellerin Jean Smart sich auch einer Herz-OP unterziehen musste, so dass die Dreharbeiten zu ihrer Erholung aufgeschoben wurden. Das hat sich in jedem Fall gelohnt, denn sie wirkt vitaler denn je. Das Geschehen setzt etwa ein Jahr nach den Ereignissen aus Staffel 2 an. Deborah Vance (Smart) und Ava Daniels (Hannah Einbinder) sind getrennte Wege gegangen, aber nicht im Streit, sondern vor allem in Deborahs Ansinnen, dass der jüngere Schützling auf die eigene Weise die Flügel auszubereiten lernt. Das hat sie auch getan, indem sie bei einem TV-Projekt festes Mitglied im Writers Room ist. Deborah hat derweil noch einmal eine zweite Höhenluft erreicht, denn alle sind wieder heiß auf sie, so dass sie Stammgast auf Billboards und in diversen Talkshows ist. Es ist zu Beginn der Staffel schön zu sehen, dass beide beruflich gesehen sehr zufrieden mit sich sind und dementsprechend kein Stimmungsgefälle vorliegt. Dennoch sind beide nicht 100% glücklich und die Staffel zeigt schnell, dass es auch daran liegt, dass beide nicht Teil des Lebens des anderen sind. Während es von Ava nicht gewollt war, hat Deborah das bewusst entschieden, indem sie irgendwann nicht mehr geantwortet hat. Etwas, was sie nun bitter bereut, als sie Ava in einem beruflichen Kontext zwangsweise begegnet. Es ist schon charmant, dass viele Episoden in dieser Staffel den Eindruck erwecken, dass die beiden eigentlich ein Liebespaar sind. Ich finde es passend, dass es als Metapher genutzt wird, weil es zeigt, dass es Beziehungen jeglicher Art gibt, die einen ausfüllen und es ist einfach lustig, die verschiedenen Stadien der Obsession füreinander zu erleben. Besonders sticht da die Montage heraus, als die beiden ständig am Handy hängen und sich nonstop austauschen zu scheinen. Es ist der finale Punkt, damit die beiden wieder eng zusammenarbeiten.
Da wären wir dann auch schon bei einem ersten Kritikpunkt angekommen, denn Deborahs Charakterentwicklung ist ein zweischneidiges Schwert. Die Serie lebt im hohen Maß davon, dass sich Smart so richtig in der Diven-Rolle auslebt, von daher wäre es wahrscheinlich unbefriedigend, sie als völlig geläuterte Frau zu zeigen. Dennoch ergibt das die komplizierte Herausforderung, dass Deborah oft Schritte nach vorne macht, nur um sie dann wieder zurückzumachen. Ich fand das in dieser Staffel noch gut genug aufgefangen, weil Smart dahinter steht und sowieso alles auf ein anderes Level hebt, aber auch weil bei Deborah extrem spannende Analysen ihrer selbst angesprochen werden. Als Diva blickt man gerne auf andere runter und es ist im Cast schon echt schwierig, eine Rolle rauszufiltern, in der das nicht eine der ersten Assoziationen ist. Ironischerweise ist es eigentlich Haushälterin Josefina (Rose Abdoo), die schon von ihrem Berufsbild sich regelrecht anbieten würde, dass Deborah auf sie herabsieht und ständig herumkommandiert. Die beiden wirken aber oft wie eingespieltes Duo, das sich auf eine Art und Weise auch noch gegenseitig angestachelt. Schaue ich dann auf Ava, DJ (Kaitlin Olson) und auch Schwester Nina (Jane Adams), dann ergibt sich schnell ein anderes Bild. Es war dann regelrecht befriedigend, wie Deborah ausgerechnet von den dreien so unfassbar viel Kontra bekommen hat und jedes Mal war es auf den Punkt verdient. Aber umgekehrt sind die drei aber Symboliken dafür, wo Deborah hinter ihrem eigenen Wachstum zurückbleibt.
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Die drei Beziehungen jeweils sind aber sehr geeignet, um die Stärken dieser Staffel zu beleuchten. Die Mutter-Tochter-Beziehung von Deborah und DJ ist uns nun schon regelmäßig als extrem komplex vorgestellt worden. Auch wenn DJ mit ihrer großen Portion Naivität und wie laut sie in alles reinstolpert, eindeutig nervenstrapazierend ist, aber ich habe oft auch mit ihr gelitten, wenn wieder zu merken war, wie weit unten sie auf der Prioritätenliste ihrer Mutter steht. Deswegen habe ich mit ihr gefiebert, als sie zunächst ihren Fünf-Jahres-Chip von den AA bekommen hat, um dann auch einen Auftritt beim Roast für ihre Mutter zu erhalten. Da Ava zuvor schon zurecht skeptisch auf den sich anbahnenden Humor reagierte hatte, war es richtig genial, wie DJ immer selbstbewusster wurde und sich regelrecht in den Roast auf ihre Mutter reingesteigert hat. Da Deborah an diese Veranstaltung mit der richtigen Einstellung herangegangen ist, konnte man einen gewissen Stolz auch nicht verhehlen, umso überraschender waren dann die Seitenhiebe, die DJ ihr unter vier Augen mitgegeben hat, aber ich fand sie so auf den Punkt. Ja, DJ war süchtig nach Alkohol, aber Deborah ist süchtig danach, dass alles und jeder um sie herum immer alles lustig findet, was aus ihrem Mund kommt. Eigentlich erinnert das Ganze auch ein wenig an Timm Thaler, falls dieser jemandem noch etwas sagt. Für Deborahs Lebenselixier braucht sie das Lachen anderer und der Preis dafür ist ein am Boden liegendes Privatleben. Man hat richtig gemerkt, wie es Deborah getroffen hat, eine solche präzise Analyse von sich selbst angeboten zu bekommen, auch weil es das Machtverhältnis gewandelt hat, denn auf einmal war es DJ, die zuletzt gelacht hat.
Sehr ähnlich verhält es sich auch zwischen Deborah und Nina. Jahrelang hat sie immer wieder auszupacken gewusst, dass ihre Schwester ja mit ihrem Ehemann was hatte, aber sie hat sich so daran aufgehangen, dass sie alles, was sie selbst zuvor an der Beziehung zerstört hat, völlig ausgeblendet hat. Auch wenn Deborah in dieser Staffel auf Versöhnungskurs war, aber es war in der Konsequenz zu halbherzig, denn diese eigenmächtige Entscheidung zur letzten Ruhestätte der Eltern sowie der Umstand, wie sehr sie über die gemeinsame Zeit bestimmen wollte, die haben belegt, wie viel zwischen den Schwestern noch aufzuarbeiten ist. Der Kontrast zwischen beruflichen Höheflügen und privaten Rückschlägen ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal von Staffel 3, weil Deborah all ihre Lacher kassiert, wieder und wieder und doch ist eine gewisse Einsamkeit über alle neun Episoden hinweg präsent. Da ist Ava tatsächlich die treueste Seele und auf eine Art auch das Gewissen. Für mich ist es ganz klar auch die Staffel von dieser Rolle, denn achja, Ava war in ihrer Verzweiflung, akzeptiert und angesehen zu werden, oft doch sehr anstrengend, aber man merkt deutlich, dass das vergangene Jahr, was wir nicht live miterlebt haben, ihr sehr gut getan hat. Sie ist selbstbewusster in dem, was sie fachlich drauf hat. Auch wenn sie in ihrem Liebesleben immer noch Scherbenhaufen hinterlässt (ui war das mit Ruby, gespielt von Lorenza Izzo, alles peinlich), aber sie kennt in ihrem Schreiben ihren Wert. Deswegen hat auch #3.05 so geholfen, als Ava und Deborah zusammen wandern gehen. Dort hat man die Balance zwischen ihnen deutlich gemerkt, auch weil zum Thema Klimawandel (was sich durch den Aufenthalt in der Natur bestens anbot) schon eine erste sanfte Aufklärung durch Ava stattfand, die dann letztlich in #3.08 mündet, als Deborah sich Cancel Culture stellen muss, weil ihre früheren Programme mit rassistischen Witzen viral gehen. Es war ja nicht so, als hätte Ava nicht gewarnt, aber das sind dann auch die Momente, die deutlich zeigen, wie sehr Ava auch diejenige ist, die Deborah fit für die Zukunft macht.
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Von hier aus kommen wir noch einmal zu einem Kritikpunkt. Es ist in der Hauptsache die Serie von Deborah und Ava und einem Duo, auf das ich gleich noch komme, aber ich denke auch schon mal bedauernd an Marcus (Carl Clemons-Hopkins), Damien (Mark Indelicato), aber auch Kiki (Poppy Liu), die diese Staffel was komplett verschwunden war. Gerade weil "Hacks" zu den intelligent erzählten Comedyserien gehört, würde ich mir eigentlich wünschen, dass man gewisse Rollen nicht einfach nur als Beiwerk sehen würde. Marcus hatte zwar in den Staffeln zuvor seine Momente, aber dafür, dass er für sein Ansehen bei Deborah doch hart kämpfen musste, war von dem neuen Privileg im Job nicht viel zu sehen. Da konnte man stellenweise echt vergessen, dass es ihn doch auch noch gab. Das ist einfach etwas schade, denn der Cast ist wirklich nicht riesig und es wäre also möglich, etwas mehr das Gewicht zu verteilen oder dann eben Ava und Deborah mal aufzuteilen. Jimmy (Paul W. Downs) und Kayla (Megan Stalker) sind ein ebenso eingespieltes Duo und die beiden funktionieren auch auf einer Ebene, die man nicht einfach kopieren kann. Die beiden sind für mich auch für den einfacheren Humor der Serie zuständig, was nicht negativ gemeint ist, denn ich lache auch gerne einfach mal spontan, weil es so urkomisch ist. Da muss man Kayla tatsächlich nur in einer Szene platzieren und es geht schon los. Aber ich fand es auch löblich, wie die beiden sich selbstständig als Agenten weiterentwickelt haben. Zumal gerade am Ende der Staffel auch wieder bewiesen wurde, warum die Serie die Waage zwischen Ernst und Humor so genial trifft, denn wie Jimmy für Kayla eingetreten ist und dann aber wiederum die Szene im Flugzeug, diese Dichotomie trifft diese spezielle Beziehung einfach auf den Punkt.
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Trotz der kleinen Kritikpunkte hier und dort, so ist doch vor allem entscheidend, dass diese mehr in einer Gesamtbetrachtung auffallen, aber weniger im Moment selbst. Denn dort zählt vor allem die Schauspielkunst und die wirklich sehr oft sehr raffinierten Drehbücher. Diese belegen für mich mehr denn je, dass durch die Figuren belegt wird, wie man generell auf die Welt blicken kann. Alle erleben Höheflüge und große Rückschläge, aber es ist immer der Schalk im Nacken, wie man auf alles blicken kann und deswegen strahlt es für mich Optimismus aus und deswegen wirkt es auch natürlich, was alles passiert. Deswegen habe ich beim Cliffhanger auch regelrecht einen Schrei ausgestoßen, weil Avas Manöver gegen Deborah die Staffel auf den Punkt beendet und gleichzeitig so viel Raum für die Zukunft offen lässt. Da bleibe ich gerne mittendrin.
Fazit
Auch wenn Staffel 2 von "Hacks" auf einem Punkt endete, mit dem man die Comedyserie gut sich selbst hätte überlassen können, so bin ich froh, dass Max eine dritte Staffel bestellt hat. Denn die inhaltlichen Schwerpunkte haben die Serienwelt noch einmal erweitert. Natürlich gibt es auch Stolperstellen, was mal wieder beweist, dass es nicht die perfekte Serie gibt, aber es ist so voller Charme, dass diese schnell vergessen sind. Die Preise sowie die vierte Staffel sind also vollkommen verdient, denn es hat sich gezeigt, dass die Welt der Serie bislang immer noch neu inszeniert werden kann.
Die Serie "Hacks" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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