Heartstopper - Review Staffel 1

Alice Oseman ist vor allem in ihrem Heimatland England inzwischen ein großer Name, denn dort ist 2019 nach und nach ihre vierteilige Graphic Novel-Reihe "Heartstopper" erschienen, die auf eine Art und Weise eine LGTBQ+-Liebesgeschichte erzählt, die viele angerührt hat. Inzwischen hat sich rund um diese Geschichte ein regelrechter Kosmos entwickelt, so gibt es spezielle thematische Yearbooks, Malbücher und auch andere bekommen ihre eigene Geschichte. In Deutschland schwappt der Hype nun ganz langsam herüber, so ist zumindest die erste Ausgabe (Buch bei Amazon bestellen) inzwischen vom Loewe-Verlag auf Deutsch veröffentlicht worden. Vermutlich wird der Serienstart von der gleichnamigen Serie "Heartstopper" bei Netflix das noch erheblich ändern, denn der Streamingriese hat das Potenzial der Vorlage erkannt und eine Adaption in Auftrag gegeben, die nun Premiere gefeiert hat.
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Ich habe selbst keine der Graphic Novels gelesen, aber wenn man sich nur alleine die kurzen frei verfügbaren Leseproben der unterschiedlichen Volumes anschaut und dann eben die erste achtteilige Staffel sieht, dann wird sofort augenscheinlich, dass es eine sehr originalgetreue Adaption geworden ist, was mich sogar freut, obwohl ich vorher eben kein Fan war. Aber ich weiß als fleißige Leserin, wie schwer und kompliziert es mit Verfilmungen sein kann, von daher ist es immer ein riesiges Kompliment an die Vorlage, wenn in der Umsetzung für den kleinen oder großen Bildschirm nicht alles umgeschmissen werden muss, um die Geschichte zu erzählen. Zudem ist es auch herzallerliebst, wie der Stil der Graphic-Novels, wo immer Herzen, Funken, Blätter etc. genommen werden, um die Emotionen der Figuren zu unterstreichen, ebenfalls adaptiert wurde. Zunächst war es verwirrend, auf einmal animierte Blätter um Charlie Spring (Joe Locke) und Nick Nelson (Kit Connor) kreisen zu sehen, aber wenn man sich eben die Zeichnungen aus den Graphic Novels ansieht, dann ist das ein Detail, das immer wieder auftaucht und das hier in die Serienversion übernommen eine kleine Hommage an die Wurzeln der Geschichte ist. Zunehmend habe ich die animierten Einblendungen auch echt lieb gewonnen, denn es ist immer wieder kreativ, was wie genutzt wird und es unterstreicht die magischen Momente auf eine spezielle Art und Weise.
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Ich bin wahrlich nicht die eigentliche Zielgruppe von "Heartstopper" und es ist beim Sehen auch zu bemerken, dass die Erzählweise insgesamt einfach gestrickt gehalten wird, denn Konflikte kochen so schnell hoch, wie sie auch wieder ausgestanden sind, aber das ist mir dennoch nicht negativ aufgefallen. Ich glaube aber schon, dass man für "Heartstopper" die entsprechende Einstellung braucht, um sie außerhalb der Zielgruppe genießen zu können. In meinem Text zu den vielversprechendsten Neustarts für das zweite Quartal im Jahr 2022 habe ich bereits angedeutet, dass Jugendserien inzwischen nicht mehr automatisch auf meiner Watchlist landen, weil ich schon merke, dass ich mich immer weiter gedanklich davon entferne, aber ich war eben vor allem daran interessiert, wie so eine LGTBQ+-Liebesgeschichte mich unterhalten kann, wenn ich nicht im Vorfeld schon genervt den Eindruck habe, dass eine Quote erfüllt werden soll, sondern dass einfach eine authentische Geschichte präsentiert werden soll. Und das ist meiner Meinung nach großartig gelungen, denn auch in der einfach gehaltenen Erzählweise sind wertvolle und wichtige Botschaften vermittelt worden und insgesamt ist alles so liebevoll und pointiert dargestellt worden, dass ich mir vorstellen kann, dass sich vieler meiner Generation und auch darüber hinaus, die eben in der Jugend mit ihrer Sexualität zu kämpfen hatten, sich genau eine solche Serie gewünscht hätten, um sich nicht alleine zu fühlen.
Was mich am meisten bei "Heartstopper" begeistert hat, das ist definitiv das ausgezeichnete Schauspiel, denn in dem jungen Cast sind sehr, sehr viele Newcomer und da ist eine solche Leistung wahrlich nicht selbstverständlich. Besonders Kit Connor als Nick möchte ich herausheben, denn er hat eben auch selbst herausgestochen mit seinem Schauspiel. Denn die Serie arbeitet auch viel mit Gestik und Mimik und diesen inneren Kampf, den er mit sich durchstehen musste, das ist in jeder einzelnen Szene so beeindruckend deutlich geworden, dass ich ihn vom Fleck weg für einen Stummfilm engagieren würde. Insgesamt zeigt diese Beschreibung aber auch auf, dass die Serie trotz simpler Struktur auch dahingeht, wo andere schon wieder zurückschrecken würden. Denn oft wird von einem emotionalen Nackenschlag einfach zum nächsten Thema übergeleitet, aber hier wird allen Figuren Raum gelassen, dass sie fühlen dürfen, was sie bewegt und das berührt unweigerlich. Deswegen war es sehr angenehm, dass das Schauspiel nicht gestelzt wirkte, sondern einfach echt.
Inhaltlich merkt man deutlich, dass die Serienversion breiter erzählt wird, so dass eben auch abseits von Nick und Charlie die Figuren ihre Entwicklung durchmachen dürfen. Dabei stechen vor allem Tara Jones (Corinna Brown) und Darcy Olsson (Kizzy Edgell) sowie Tao Xu (William Gao) und Elle Argent (Yasmin Finney) heraus. Bei ihnen ist sicherlich noch viel Luft nach oben, aber insgesamt sind sie sinnvolle passende Ergänzungen zur Handlung. Denn Tara ist beispielsweise Nick nicht unähnlich, da ihr das Coming-Out nicht so leicht wie Darcy gefallen ist und deswegen erst noch lernen muss, mit den Zurückweisungen umzugehen. Elle wiederum ist wegen ihrer Transsexualität ähnlich wie Charlie gemobbt wurden und hat nun einen Neuanfang an der Higgs. Doch auch sie sucht das private Glück und kommt dabei Tao näher, doch es war schwer genug für sie, sich einzugestehen, tatsächlich ein Mädchen zu sein, dass sie einfach überfordert ist, weitere Veränderungen zu suchen, weil sie auf Tao als guten Freund immer setzen kann. Gerade die letzten beiden haben sicherlich für eine mögliche zweite Staffel das größte Potenzial. Aber das gilt auch für die beiden Antagonisten Ben (Sebastian Croft) und Harry (Cormac Hyde-Corrin), die sicherlich auch nicht grundlos so boshaft agieren und auch das könnte man noch näher ergründen. Eine wunderbare Präsenz hat auch Isaac Henderson (Tobie Donovan), den man schnell übersehen könnte, aber damit strahlt er auch eine Botschaft aus, denn es gibt genug, die sich während ihrer Schulzeit unsichtbar fühlen, aber Isaac beweist, dass ein zweiter Blick sich immer lohnt, denn es werden immer wieder die Hinweise gestreut, was für ein guter Freund er ist.
Kommen wir abschließend noch einmal zu den großen Handlungsbögen rund um Charlie und Nick, denn bei den Nebenfiguren ist schon im vorangegangenen Abschnitt genug angedeutet worden und die beiden sind eben das Herzstück (zumindest) der ersten Staffel. Die beiden Protagonisten könnten nicht an unterschiedlicheren Positionen in ihrem Leben stehen. Charlie wirkt linkisch, naiv und unsicher, aber gleichzeitig hat er das mutigste überhaupt gewagt und sich als schwul geoutet. Auch ansonsten steht er selbstbewusst zu seinen Leidenschaften und hat in seiner Familie eine echte Unterstützung. Nick dagegen wirkt so, als könnte ihm niemand etwas anhaben, kämpferisch, in sich ruhend, aber doch von tiefer Unsicherheit getrieben, denn er traut sich lange nicht, seinen Gefühlen für Charlie nachzugehen und schreckt vor allem zurück, was ihn dazu zwingt. Die beiden haben also ganz unterschiedliche Reisen, die sie antreten müssen, um zueinander zu finden. Charlie entdeckt bei sich ein Muster, denn nach Ben hat er mit Nick gleich den nächsten Schwarm, der nicht öffentlich zu ihm stehen kann, was ihn wiederum denken lässt, dass es an ihm liegt. Nick wiederum ist innerlich so zerrissen, dass er nicht weiß, wofür er wann einstehen muss, obwohl er merkt, dass er die Menschen um sich herum damit auch verletzt. Beides sind nachvollziehbare Prozesse, die wunderbar auf den Bildschirm übertragen wurden und ich bin gespannt, was uns da noch erwarten kann, denn das Potenzial ist riesig.
Fazit
"Heartstopper" ist eine wunderbare LGBTQ+-Serie für die jugendliche Zielgruppe, weil die entsprechenden Geschichten einfühlsam und vor allem schauspielerisch grandios umgesetzt worden sind. Aber auch abseits der Zielgruppe kann man sich durchaus an der neuen Netflix-Serie erfreuen, denn trotz eher einfacher Erzählweise geht man gerne auf diese Reise mit Nick, Charlie und allen anderen, denn es fühlt sich echt und dadurch durchweg sympathisch an. Für alle Fans der Graphic-Novel-Reihe gibt es auch die gute Nachricht, dass es eine sehr getreue Adaption ist und dass optisch durch Animationen die Stilistik als Hommage aufgenommen wurde. Das macht ein wertvolles Gesamtpaket aus!
Die Serie "Heartstopper" ansehen:
Lena Donth – myFanbase
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