Heartstopper - Review, Staffel 3

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Heartstopper
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"Heartstopper" ist mit Staffel 3 zurück und meine Vorfreude war echt riesig. Einmal in die literarische Welt von Alice Oseman eingeladen, kann ich nur wirklich immer wieder betonen, was für eine wichtige Stimme sie für die queere Gemeinschaft ist und dass sie mit ihren Geschichten es den jüngeren Generationen eröffnet, nicht so einen Kampf wie die davor austragen zu müssen. Für mich hat sich die Serienadaption bislang auch gesteigert, wobei ich im Nachgang einen Kritikpunkt durchaus nachvollziehen konnte. Denn Staffel 2 hat schon deutlich offensiv für nahezu jede Figur im Zentrum eine queere Handlung entworfen, was schnell zu sehr gewollt wirken kann. Das ist generell immer ein Streitthema, weil sich viele Produktionen Vorwürfen stellen müssen, sie seien nicht divers (egal auf welches Merkmal bezogen) genug. Aber muss es daher umgekehrt ein Vorwurf sein, zu divers sein? Ich gehe bei der Thematik genau dann mit, wenn es Authentizität opfert und wie das Abhaken einer To-Do-Liste wirkt. Staffel 3 beweist für mich aber einmal mehr, dass es keinesfalls um Haken setzen geht.

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Angesichts der angesprochenen Thematik kommt ein Aspekt der dritten Staffel sehr entgegen. Man merkt deutlich, dass der Hauptcast in seiner Zusammenstellung nun das feste Konstrukt ist. Es geht nicht mehr darum, immer neue Figuren einzuladen. Deswegen ist das Gespräch rund um Staffel 3 auch von den Gastrollen geprägt. Die einzige Ausnahme ist vielleicht noch Michael Holden (Darragh Hand), auf den ich später noch komme, aber ansonsten bleiben wir bei den Figuren, die wir schon kennen und bei denen werden nicht noch neue Enthüllungen aus dem Boden gestampft, tatsächlich geht es darum, die Ansätze weiter auszubauen und geschickt zu entwickeln, damit sie jeweils auf die Figur passen. Das sehen wir an Darcy Olsson (Kizzy Edgell), eine Figur, die sich nun als nicht-binär identifiziert. Kam das jetzt überraschend? Nicht wirklich. Schon zuvor war ihr Kleidungsstil deutlich weniger feminin als der von Tara Jones (Corinna Brown), weswegen es gepaart mit der sexuellen Orientierung noch die letzte logische Konsequenz war. Genauso würde ich für Isaac Henderson (Tobie Donovan) argumentieren, dessen Asexualität in Staffel 2 schon überdeutlich war, der aber noch einige Folgen Zeit bekommen hat, sich darüber selbst noch klarer zu werden und es dann gegenüber seinen Freunden aussprechen zu können. Auch an Toris (Jenny Walser) Darstellung ist noch einmal gefeilt worden, indem sie weiterhin immer dabei, aber doch außen vor ist, aber das aus eigener Entscheidung heraus. Dieser innere Kampf, zu glauben, dass sie nichts fühlt, obwohl sie für ihren Verstand zu viel fühlt, das wurde in meinen Augen diesmal brillant ausgearbeitet, auch eng verknüpft mit Charlie Spring (Joe Locke). Auch bei Elle Argent (Yasmin Finney) wird ihre Transsexualität konsequent weiter ausgestaltet, indem sie zum einen mit den Debatten darum konfrontiert wird, aber zum anderen auch angesichts ihres ersten Mal mit Tao Xu (William Gao) mental herausgefordert wird, diesen großen nächsten Schritt zu gehen.

Foto: Kit Connor & Joe Locke, Heartstopper - Copyright: 2023, Netflix Inc.; Samuel Dore/Netflix
Kit Connor & Joe Locke, Heartstopper
© 2023, Netflix Inc.; Samuel Dore/Netflix

Vorab war bekannt geworden, dass die vielbeschäftigte Olivia Colman leider nicht als Sarah Nelson würde mitwirken können. Das ist schon extrem bedauerlich, wenn man zum einen generell ihre Präsenz bedenkt, aber wenn man zum anderen sich auch vor Augen führt, welche thematisch herausfordernde Staffel es ist, wo diese bislang so feinfühlige Mutterfigur dringend gebraucht wurde. Ich fand vor allem den Kontrast zu Jane Spring (Georgina Rich) auch immer sehr spannend. Kontrast meint hier keineswegs, dass ich Jane als schlechtere Mutter empfinde, denn das steht gar nicht zur Debatte, aber sie interpretieren ihre Mutterrolle sehr unterschiedlich. Sarah lässt Nick Nelson (Kit Connor) Fehler machen, während Jane Charlie krampfhaft davor bewahren will, weil sie weiß, dass er auf äußerliche Einflüsse sensibler reagiert. Dementsprechend hätte man hier in Staffel 3 eine Sarah und eine Olivia Colman sehr, sehr gut gebrauchen können. Da ich auch die Vorlagen kenne, gab es tatsächlich einige Momente, in denen ich dachte, gleich kommt sie doch noch um die Ecke. Dem war leider nicht so, weswegen ich schon jetzt heftig die Daumen drücke, dass es bei Staffel 4 wieder von der Verfügbarkeit her passt. Aber es ist auf emotionaler Ebene in Hayley Atwell ein guter Ersatz gefunden worden. Ihre Rolle der Tante Diane wurde auch nicht extra als Ersatz erfunden, aber sie wurde vermutlich in der Konsequenz einfach größer ausgearbeitet. Indem man ihr dann auch den Beruf einer Psychologin verpasst hat, passte es tatsächlich sehr gut, wie sie wiederholt für Nick da war.

Als Kennerin der Graphic Novels wusste ich natürlich, was uns diesmal erwarten wird. Charlies Essstörung steht diesmal sehr im Fokus, aber es ist der Staffel genauso wie der Vorlage hervorragend gelungen, es nicht zu einer einseitigen Staffel zu machen. Es war schon immer die gemeinsame Geschichte von Charlie UND Nick, dementsprechend ist es immer eine Herausforderung, einer Figur von zweien einen regelrechten Rucksack aufzubürden, so dass sich vielleicht nur noch alles um sie dreht. Aber das wurde gut gemacht, was besonders an der Episode aufgezeigt wurde, als sich Charlie in der Klinik befindet. Denn die Folge ist zweigeteilt, indem wir zunächst Nicks Perspektive erleben und dann ergänzend die von seinem Freund. Das macht klar, beide haben unter der Situation zu leiden, das auch völlig unterschiedlich, aber sie sind zwei Seiten einer Medaille. Meiner Einschätzung nach ist es der Serie auch nochmal ein bisschen besser gelungen, diesen inneren Kampf der Verantwortung bei Nick aufzuzeigen, was einfach an mehr kreativen Freiheiten liegt. Aber er weiß für sein junges Alter, was seine emotionale Bindung an Charlie für ihn und seine Genesung bedeutet und er will die Verantwortung tragen, weil er ihn liebt, aber gleichzeitig zwingt es ihn auch in die Knie, besonders als er eigentlich seine Zukunft planen muss. Umgekehrt war es bei Charlie gut, dass wir die einzelnen Schritte hin zum Tiefpunkt und dann wieder hoch in Schnipseln bekommen. Für die bisherige Atmosphäre der Serie wäre es wohl sehr unpassend gewesen, es zu düster und so langanhaltend zu machen. Aber es wurde sich nicht gescheut, alle Gedanken von Charlie anzusprechen und einiges prägnant zu zeigen. Episode 4 ist tatsächlich ein kleines Meisterwerk.

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Um die Essstörung herum haben wir weitere größere Handlungsschwerpunkte und auf einer emotionalen Skala gesehen, wurde es ideal aufgebaut. Wir haben zunächst die süße Entwicklung hin zum ersten Liebesgeständnis, was unweigerlich das Herz berührt. Dann haben wir noch Nicks Geburtstag sowie nach dem Klinikaufenthalt das Hinfiebern auf das erste Mal. Es ist ein guter Rahmen, so dass man in positiver Hinsicht voll auf seine Kosten kommt. Die Essstörung ist zwar die gesamte Staffel über präsent, aber das war auch nötig, weil sie schon in Staffel 2 deutlich aufgebaut wurde und nach dem Aufenthalt ist dann das Anliegen, nicht sofort eine Wunderheilung zu präsentieren, so dass Charlie an Weihnachten große Schwierigkeiten hat und sich ebenso Gedanken wegen seines Körpers macht, als er mit Nick intimer werden will. Connor und Locke sind beide weiterhin wahre Entdeckungen, weswegen es auch wenig verwundert, dass die beiden seitdem in der Karriere steil gehen, aber Connor bleibt einfach besonders in meinem Herzen. Das mag auch darin liegen, dass ich viel von mir selbst in Nick erkenne und es mich berührt, durch ihn und seine Gedanken mich so verstanden zu fühlen. Aber er strahlt auch was Reifes aus, ohne aber deswegen auf seine Rolle unpassend zu wirken.

Foto: Heartstopper - Copyright: 2023, Netflix Inc.; Samuel Dore/Netflix
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Zuletzt möchte ich angesichts dieser Handlungsentwicklungen auch noch erwähnen, dass mir mehr denn je die Darstellung der Freundesgruppe, aber auch der Familie von Charlie gefallen hat. Die Springs sind keine perfekte Familie, auch weil sie viel zu wenig miteinander reden, aber auch über die Streitereien hinweg ist da ein Zusammenhalt zu merken, der für Charlies Genesung ebenso entscheidend ist. Die Geschwisterbeziehung von Charlie und Tori ist auch mehr denn je zum Herzstück geworden. Sie weiß, dass sie nicht das Verhältnis haben, dass sie Charlie über die Klippe drücken kann, aber eigentlich hat sie doch die Fäden in der Hand, indem sie Nick einbindet. Aber man merkt deutlich, was es auch mit Tori macht, weswegen die Einführung von Michael so wichtig war. Er wird auch in der Graphic Novel in dieser Phase eingeführt, aber durch "Solitaire" (Buch bestellen) kenne ich ihn noch viel intensiver und es war fürs Herz, ihn nun endlich auch in Person zu erleben. Die Freundesgruppe wiederum hat auch ihre Querelen, indem Tao und Elle sich zu sehr in Pärchenaktivitäten verlieren, so dass sich Isaac alleine fühlt und Charlie ist auch mehrfach nicht ehrlich, als besorgt nachgefragt wird, aber man hat über die verschiedenen Herausforderungen hinweg deutlich gemerkt, wie eng sie schon zusammengewachsen sind. Streitereien können schneller beiseite geschafft werden und es braucht nur kleine Gesten, um sich der Liebe füreinander zu versichern. Sogar Tao wirkte in diesem ganzen Chaos auf einmal viel geerdeter. Anfangs war sein Getue rund um Elle wieder so typisch, aber danach wurde das Ruder echt umgerissen. Seine Versöhnung mit Isaac, aber auch die Sorgen um Charlie und dann das Video für ihn und später für Elle, jeweils tolle Momente für ihn. Aber speziell war für Charlie so wichtig, dass er auch die Gruppen um sich herum zu schätzen lernt. Man hatte davor so oft das Gefühl, dass er nur in Nick den Rettungsanker sieht, aber durch die Therapie öffnet er sich auch mehr den Dingen um ihn herum, so dass er umgekehrt auch leichter für die Menschen in seinem Leben da sein kann, wie beispielsweise Tori. Genauso wichtig fand ich aber auch, dass herausgearbeitet wird, dass er selbstbewusst ist. Charlie ist so leicht als verschüchtert abzustempeln, aber wenn man alleine bedenkt, wann und unter welchen Bedingungen er sich geoutet hat, das hat schon früh bewiesen, wie er doch zu sich selbst steht und wie er liebt.

Fazit

Als großer Alice Oseman-Fan ist die dritte Staffel ein wahres Fest. Abseits der Graphic Novels sind auch weitere Elemente ihrer Romane eingearbeitet worden und das völlig authentisch, so dass weiterhin genug Raum für alle Geschichten bleibt. Dabei ist Staffel 3 die bislang thematisch anspruchsvollste, indem sie Charlies Entwicklung und die Konsequenzen daraus für Nick echt, intensiv und sehr berührend erzählt. Dabei bleibt es weiterhin erfreulich im Rahmen eine Teenie-Serie, aber dadurch verliert sie dennoch nicht ihre Bewandtnis für alle Altersgruppen. Hach, das waren wieder alle Gefühle auf einmal fürs Herz!

Die Serie "Heartstopper" ansehen:

Lena Donth – myFanbase

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