Heels - Review des Piloten

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WWE? Face und Heel? Pinfall? Diesen Begrifflichkeiten bin ich bislang höchstens in Schlagzeilen begegnet, aber mein Interesse haben sie nie geweckt. Denn ich bin generell keine Anhängerin vom Kampfsport, weswegen auch professionelles Wrestling für mich nie ein Thema war. Natürlich ist die Thematik in den letzten Jahrzehnten immer mehr aufgekommen, zumal auch große Wrestlingstars wie Dwayne 'The Rock' Johnson oder John Cena den Sprung von erzählten Kämpfen zum tatsächlichen Schauspiel geschafft haben und dennoch hat mich gerade die Idee, dass die gesehenen Kämpfe bereits vorher auf Papier konzipiert wurden, den Kopf schütteln lassen. Aber gerade in den USA, Japan und Mexiko sind diese Schaukämpfe schon längst Kult. Kein Wunder also, dass bei Premium-Kabelsender Starz (in Deutschland via STARZPLAY zu streamen) mit "Heels" nun eine Dramaserie an den Start gegangen ist, die tief in die Welt des Wrestlings eintaucht. Doch logischerweise ist es nicht die Sportart selbst, die mich hier zum Einschalten bewogen hat. Stattdessen sind es die beiden zentralen Hauptdarsteller Stephen Amell und Alexander Ludwig, die ihre jeweiligen Serien "Arrow" und "Vikings" entscheidend geprägt haben und die ich einfach mal gerne in einem neuen Serienprojekt und dann auch noch zusammen vor der Kamera beobachten wollte. Aber reicht das aus, um mich von "Heels" zu begeistern?

Foto: Stephen Amell & Alexander Ludwig, Heels - Copyright: Lionsgate+
Stephen Amell & Alexander Ludwig, Heels
© Lionsgate+

So eine spekulative Frage kann auch gleich mal zu Anfang meiner eigentlichen Kritik beantwortet werden, denn es ist ein eindeutiges 'Ja'. Und es sind tatsächlich nicht nur Amell und Ludwig, die hier zum Auftakt Eindruck hinterlassen, sondern die ganze Darstellung. Ich hatte definitiv Bauchgrummeln bei der Überlegung, wie sich die Wrestling-Welt abbilden lässt, aber die Macher von "Heels" waren offenbar nicht daran interessiert, eine Serienwelt für Insider zu schaffen, denn es gelingt wirklich gut, jeden Zuschauer und jede Zuschauerin gleich von Anfang an abzuholen. Es geht gleich mit einem exemplarischen Schaukampf los, was erst einmal wie mitten hineingeworfen wirkt, aber letztlich wird dadurch sehr effektiv dargelegt, worum es hier geht, was also die Ausgangssituation ist. Wobei es vielleicht sogar schwierig ist, hier von Ausgangssituation zu sprechen, denn im Grunde gibt es gleich zwei von dieser Sorte. Denn dort im Ring der Duffy Wrestling League (DWL) werden Geschichten erzählt und abseits davon gibt es aber noch ein echtes Leben, wo wieder andere Gesetze herrschen. Dennoch ist völlig klar, dass die Grenzen zwischen diesen beiden Welten keinesfalls scharf sind und das ist ohne Frage ein zentraler Reiz dieser Serie. Dies kann schon an einem kleinen Beispiel festgemacht werden, denn im Ring ist der jüngere Bruder Ace (Ludwig) der Face, der 'Gute' also, während Jack (Amell) der Heel, der 'Böse,' ist, der dort sogar von seinem eigenen Sohn Thomas (Roxton Garcia) ausgebuht wird. Abseits des Rings ist Jack aber eigentlich der vorbildliche Familienvater an der Seite seiner Frau Staci (Alison Luff), während Ace in keinem Aspekt seines Lebens etwas anbrennen lässt. Diese offensichtlichen Gegensätze bilden den Zündstoff von "Heels".

Kommen wir noch einmal zur Darstellung vom Wrestling. Es geht zwar direkt los und es ist erstmal schwer, alles für sich zu sortieren, aber nach dem Schaukampf zum Auftakt gelingt es meiner Meinung nach gut, nach und nach auf eine unaufdringliche Art und Weise Begrifflichkeiten dazu erklärend fallen zu lassen. Seien es die bereits erwähnten Face oder Heel oder auch Valet, womit eine Person gemeint ist, die den Wrestler zum Ring begleitet, hier verkörpert durch Crystal (Kelli Berglund). Was natürlich auch entscheidend hilft, ist die Tatsache, dass Wrestling voll von Emotionen aller Art ist, so dass auch die Darstellung eines jeden Kampfes ein einziges Spektakel ist. Mit geschickter Kameraführung und weiteren Effekten wie Zeitlupe etc. wird die Besonderheit mit allen Hilfsmitteln unterstrichen. Dem kann man sich auch als absoluter Neuling nur schwer entziehen. Dennoch ist es für mich abseits des Rings deutlich spannender, denn hier geht es um die Hintergründe des Wrestling-Sports. Besonders interessant hat sich dabei für mich erwiesen, wie die Geschichte der Kämpfe entstehen. Verantwortlich ist hier Jack, der neben einem frustrierenden Alltagsjob immer wieder Zeit finden muss, um für die Kämpfe am Wochenende die passenden Geschichten parat zu haben. Die Gedankengänge, denen wir vor allem in Gesprächen mit seiner Geschäftspartnerin und Managerin Willie (Mary McCormack) beiwohnen, erinnern daher stellenweise schon deutlich an eine Soap. Es sind ganz einfache Prozesse, die angewendet werden, um das Publikum in Aufruhr zu versetzen. Zwar wissen alle, dass die dargestellten Auseinandersetzungen nur der Fantasie entspringen und doch lebt der Sport davon, dass es so echt wie möglich wirkt. Deswegen findet sich Jack auch immer in dem inneren Kampf wieder, dass er auch abseits des Rings eine harte Fassade bewahren möchte, um seiner Rolle auch unter der Woche möglichst gerecht zu werden. Das aber wiederum ist natürlich ein möglicher Streitpunkt in seiner Ehe, denn wegen seiner zwei Jobs ist die Zeit für die Familie eh knapp, aber so ist unbeschwerte Familienzeit auch keine Selbstverständlichkeit.

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Familie und komplexe Strukturen sind nun das zweite große Themenfeld, das "Heels" zum Auftakt in den Fokus nimmt. Die DWL ist von Tom Spade (David James Elliott), dem Vater von Jack und Ace, gegründet worden. Auch wenn er wahrlich nicht Vater Nummer Eins war, so hat Jack aber doch keinerlei Zweifel, dass er die Familientradition aufrecht erhalten wird. Aces Weg führte eigentlich eher davon weg, da es gerade er war, der es mit dem Vater nicht einfach hatte. Doch sein großer Bruder hat ihn zum Wrestling gebracht und da ist er nun der neue Star am Himmel, der die Vorzüge davon in alle Facetten auskostet. Damit eröffnen sich aber auch Angebote, um für großes Geld in die entsprechenden Ligen des Landes zu wechseln. Geld ist ohnehin ein Thema, das man bei den Spades nicht unterschätzen darf, denn es ist stets zu knapp. Nach zahlreichen Dürrejahren bei den Zuschauerzahlen hat erst Ace die Zuschauer*innen zurückgebracht und ausgerechnet er soll nun verschwinden? Spätestens jetzt dürfte in Kombination mit den ganzen zuvor genannten Aspekten klar sein, dass die Brüderbeziehung schwer belastet ist. Eigentlich hat Jack immer auf Ace aufgepasst, aber nun sind sie beide erwachsene Männer, beide ganz unterschiedlich entwickelt und deswegen mehr Gegner als ein Team. Dementsprechend hat ein Streit nach dem anderem die Stimmung langsam hochgeschaukelt und es war klar, dass es ganz zur Ende der ersten Episode zum großen Knall kommen würde. Es ist stark, gleich zu Beginn der Staffel so ein Ausrufezeichen zu setzen, denn das verspricht, dass wohl auch die weitere Staffelhälfte nicht zimperlich mit drastischen Entwicklungen sein wird. Wenn ich schon einmal bei den Brüdern bin, so merkt man vor allem Ludwig an, dass ihm die Darstellung von Ace einen riesigen Spaß bereitet. Amell ist mit der grüblerischen Art von Jack sicherlich nicht weit von Oliver Queen entfernt, aber der Unterschied ist eben doch, dass er nicht der Held sein muss und es wahrscheinlich auch gar nicht sein will. Insgesamt haben beide Schauspieler bei ihren Rollen zuvor ihre Körperlichkeit schon unter Beweis gestellt, hier sind sie jetzt natürlich erst recht wunderbar aufgehoben.

Für die weiteren Hauptfiguren ist im Pilot noch nicht so viel Platz, was aber meiner Meinung nach in Ordnung geht, denn die Erzählweise ist durchaus intim, da wird noch genug Zeit für übrig sein. Aber gerade bei den Frauenfiguren merkt man schon, dass sie möglicherweise den Männern noch den Rang ablaufen werden. Ganz besonders habe ich für diesen Part Crystal im Auge, die sich zwar hingebungsvoll als Aces Valet darstellt, die aber in der Welt des Wrestlings eigentlich selbst in den Ring gehört. Man merkt schnell, dass sie ein unheimliches Fachwissen hat. Man merkt auch, dass sie definitiv eine toughe Art hat, aber noch fehlt ihr das Quäntchen Mut. Das wird sicherlich nur eine Frage der Zeit sein, bis sie das dann findet. Willie wiederum ist dem Laden völlig verschrieben und doch wirkt sie oft desillusioniert vom Geschehen. Auch hier sehe ich noch eine mögliche Bombe hochgehen… Staci wiederum ist erstmal die perfekte Mixtur aus Familienmutter und Frau eines Wrestlers. Sie fühlt sich ebenfalls in beiden Welten zuhause. Dennoch ist sie keine Ja-Sagerin. Sie mag Jack nicht alles aufzwingen können, aber sie lässt auch nichts unversucht, weswegen sie in der dringendsten Not sicherlich die härtesten Grenzen wird setzen können. Ich bin wirklich schon sehr gespannt, wie bei diesen drei Damen weiterverfahren wird.

Fazit

Auch wenn ich mich nach diesem Pilot nicht voller Freude in das Abenteuer Wrestling stürzen werde, weil ich schon lieber die Geschichten hinter den Geschichten erzählt bekomme, so muss ich doch den Hut ziehen, dass es gleich zum Auftakt überzeugend gelungen ist, in die Welt des Schaukampfs einzuführen. Jeder Fan des Wrestlings kann "Heels" nur als Hommage an diesen Sport verstehen. Es wird dabei auch nichts beschönigt, sondern es wird die komplexe Welt mit all ihren (auch dunklen) Facetten dargestellt. Das ergibt eine wirklich vielschichtige Unterhaltung und das eben nach nur einer Folge schon. Das macht Hoffnung für die gesamte Staffel!

Die Serie "Heels" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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