Heels - Review Staffel 1
Ich habe mir einige Reviews zu "Heels", dem Neuling von Starz (in Deutschland zu streamen bei Starzplay), durchgelesen, weil ich absolut unerfahren in Bezug auf Wrestling bin und es mich daher mal wirklich interessiert hat, wie die Serie bei anderen Kritiker*innen ankommt, die mit Wrestling deutlich mehr am Hut haben. Während ich dort sehr viele positive Stimmen entdeckt habe, soll das aber gar nicht im Fokus stehen, denn stattdessen fand ich es sehr faszinierend, dass sich die Vergleiche mit "Friday Night Lights", was von 2006 bis 2011 auf NBC lief und sich der Welt des Kleinstadt-Footballs widmete, regelrecht gehäuft haben. Da ich die Serie selbst gesehen und heiß und innig geliebt habe, kann ich tatsächlich diesen Vergleich auch ziehen und damit auch zustimmen. Es ist jeweils eine Ode an den Sport, was sich besonders authentisch in einer vibrierenden Kleinstadt abbilden lässt, die ausschließlich dafür lebt. Zudem zeichnet sich die Erzählart durch unheimlich viel Ruhe aus, durch Sequenzen, die man in hektischen und schnelllebigen Produktionen niemals zu Gesicht bekommen würde, und es wird nicht mit musikalischer Untermalung beeinflusst, stattdessen entstehen die transportierten Emotionen ausschließlich über die darstellerische Leistung selbst. Ja, die Gemeinsamkeiten sind also tatsächlich nicht zu leugnen. Dennoch muss sich "Heels" meiner Meinung nach noch ganz schön strecken, um auf Dauer wirklich immer wieder aufs Neue den Vergleich mit "Friday Night Lights" nicht scheuen zu müssen.
Meine Review zum Auftakt von "Heels" ist sehr positiv ausgefallen. Auch für die gesamte Staffel würde ich definitiv festhalten wollen, dass ich positiv überrascht wurde, weil ich im Lebtag nicht gedacht hätte, dass mich eine Serie über Wrestling so bei der Stange halten würde. Dennoch haben sich über die acht Episoden hinweg doch einige Längen aufgetan, die ich vor allem mit Nebenschauplätzen verbunden sehe, die mir auch inhaltlich nicht zugesagt haben. Ein großer Störfaktor waren für mich Charaktere wie Wild Bill (Chris Bauer) und Charlie Gully (Mike O'Malley), die beide mit einem Männerbild einhergehen, was mir wirklich zuwider ist. Gerade Bill ist immer wie ein Bulldozer über die Geschichte hinweggefegt und hat alles zerstört, was zuvor mühsam wiederaufgebaut worden war. Dadurch war er im Handlungsgeschehen so dominant, dass man ihm auch nicht wirklich entgehen konnte. Mit seiner gemeinsamen Vergangenheit mit Willie (Mary McCormack) gab es Versuche, eine etwas andere Seite von ihm zu zeigen, doch insgesamt ist er mir als ekelhafter Typ in Erinnerung geblieben, wo ich definitiv nicht denke "Ich liebe es, ihn zu hassen." Vor allem ist das Hofieren dieses Charakters auch so schade, weil dafür andere Figuren des Hauptcasts wie Rooster (Allen Maldonado) oder Apocalypse (James Harrison) völlig zu kurz kamen. Insgesamt habe ich das Gefühl, dass der Entscheidung, wer zum Haupt- und wer zum Nebencast gehört, nicht immer Folge geleistet wurde, da wiederum eine Nebenfigur wie Bobby (Trey Tucker) sehr dominant erschien. Hier wiederum kam es mir aber gerade recht, weil er mit seiner Art ein echt warmherziger Teddybär war, den man sofort ins Herz geschlossen hat. Er war der bitter benötigte Ausgleich zu Bill.
So zuwider mir das Männerbild an einigen Stellen war, so war es doch eine Erleichterung, dass die Frauen nicht in das typische gegenteilige Klischee gedrängt wurden. Ja, es sind die Südstaaten, eine gewisse Hörigkeit wird dort vielleicht nie gänzlich abstreifen zu sein, doch ich habe es so empfunden, dass die in der Serie dargestellten Frauen alle ihren Platz im Leben gefunden, weil auch erkämpft haben. Meine größte Hoffnung in der Pilotreview war bereits Crystal (Kelli Berglund) und das hat sich auch bestätigt. Ihre Gefühle für Ace (Alexander Ludwig) mögen sie stellenweise etwas naiv agieren lassen, aber wer kann ihr das schon vorwerfen? Denn zum einen zeigt sich im Umgang mit ihm ihre ungeheure Loyalität und zum anderen lässt es sie auch nicht davon abhalten, trotz diverser Zurückweisungen – auch durch seinen älteren Bruder Jack (Stephen Amell) – sich stets für die Duffy Wrestling League (DWL) reinzuhängen. Im Verlauf der ersten Staffel gibt es wirklich großartige Szenen mit ihr. Sei es wenn sie Jack und Ace bei einer Barschlägerei verteidigt und dabei erstmals ihre kämpferischen Fähigkeiten unter Beweis stellt. Oder sei es später, wenn sie sich nach und nach ihren Platz auf der Wrestling-Bühne erkämpft. Im Staffelfinale gibt es dann ihren großen Moment, den man ihr wirklich von Herzen gönnt, zumal auch Willie ihr dabei stolz zur Seite steht. Diese ist nämlich auch ein Beispiel für eine stolze Frauenfigur. Wir haben sie zunächst desillusioniert vom Leben kennengelernt, aufgrund ihrer ganzen Erfahrungen auch kein Wunder. Denn sie stand immer schon zwischen starken Männerfiguren, die sich kaum was bis gar nichts sagen lassen. Und obwohl sie viel Harsches erlebt hat, ist sie immer widerständig geblieben. Irgendwann merkt man bei ihr dann auch den Punkt, wo sie auch wieder Lust an der DWL entwickelt. Bei Willie und Crystal war schließlich auch besonders interessant, dass sie den Nachwuchs zunächst auch eher belächelt und in ihre Schranken als Valet verweist. Aber Willie ist eben auch der Talentscout der DWL und sie kann irgendwann nicht mehr die Augen verschließen. Mit der Umkehr ihrer Sichtweise ist sie dann auch das Zünglein an der Waage, dass Crystal beim Erreichen ihres Traums fest zupackt.
Zuletzt haben wir noch Staci (Alison Luff) als Jacks Ehefrau. Man merkt definitiv, dass zwischen den beiden als Ehepaar viel Liebe herrscht, viel gegenseitiger Respekt und dennoch ist es definitiv Staci, die immer zurückzustecken hat. Sie hat nach der Geburt des Sohnes Thomas (Roxton Garcia) erstmal ihre Berufstätigkeit aufgegeben und ist in der Rolle der Mutter auch aufgegangen. Doch scheinbar geht mehr Geld in die Investitionen bei der DWL als in die Grundbedürfnisse der Familie. Staci sieht das Budget kleiner und kleiner werden und merkt, dass es Zeit ist, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen. Das sorgt zunehmend für Spannungen zwischen den beiden, bei denen mir die Darstellung von Staci unwahrscheinlich gut gefallen hat. Trotz diverser Enttäuschungen, die Jack ihr in der Zeit beschert hat, sie ist nie ausgeflippt; sie hat immer noch die Ruhe und Geduld gefunden, sich auf klärende Gespräche mit ihrem Ehemann einzulassen, bis es eben nicht mehr ging. Und das macht sie in meinen Augen nicht zu einem Feigling, sondern zu einer starken Person, die erkennt, wann erstmal eine Grenze erreicht ist, nach der es nur noch schlimmer, nicht aber besser werden kann. Deswegen war es auch ein schönes Sinnbild, dass ihr Gesangtalent auffällt und sie im größeren Rahmen eine einmalige Gelegenheit bekommt. Fernab der DWL findet sie ihr Glück, was zeigt, dass Wrestling nicht alles sein muss. Es wird die Ehe der Spades für eine mögliche zweite Staffel wahrlich nicht einfach machen, aber das sorgt auch für einen spannenden Aspekt.
Der Hauptfokus von "Heels" sind aber definitiv die Brüderbeziehung sowie die damit schwelenden Konflikte durch das Wrestling. Ace ist der, dem alles zufällt und der gar nicht merkt, wie viele im Hintergrund für ihn arbeiten, wie viele ihm den Rücken freihalten, damit er trotz seiner oft schroffen und arroganten Art nicht völlig auf die Schnauze fällt. Er ist der, der vom Vater Tom (David James Elliott) angesichts seines Talents beim Football stets gefördert wurde, während Jack zurückstecken musste und nichts richtig machen konnte. Wahrscheinlich genau deswegen sucht er nun im erwachsenen Alter nach der Anerkennung seines Vaters, die er aber nie mehr kriegen wird, weil er eben schon längst unter der Erde liegt, aber das hält Jack dennoch nicht ab, auch wenn das die Unvernunft herrschen lässt. Zudem ist Ace durch die schützende Hand nie richtig erwachsen geworden, weswegen Jack wie selbständig den Schutz für ihn aufrechterhält; aber nur bis zum Punkt, wo es um sein eigenes Ego geht. Deswegen liegen die beiden Brüder wirklich oft im Streit über die acht Episoden hinweg, denn entweder Ace empfindet Jack als zu bevormundend oder Jack hat den Eindruck, Ace hat völlig abgehoben. Im Rahmen dieser Konflikte war stets interessant, dass diese im Spannungsfeld von Wrestling und realem Leben ausgetragen wurden. Deswegen hat es inhaltlich auch gut gepasst, dass einige Episoden vor allem vom Wrestling handelten und andere von völlig alltäglichen Themen wie Kirchgang, Taufe, Feiern etc. Das hat eine gute Balance im Geschehen aufgezeigt, aber ebenso, dass es zwischen diesen beiden Bereichen eigentlich keine Grenzen gibt. Alle Konflikte wurden stets mit in den Ring genommen oder umgekehrt mit in die eigenen vier Wände.
Auch wenn Ace und Jack so beide keine Saubermänner sind und vom Charakter her sicherlich auch nicht Welten von Typen wie Wild Bill entfernt sind, so sind sie doch viel greifbarer, weil in ihren Figuren richtig eingetaucht wird. Dabei gefällt mir die schauspielerische Leistung von Ludwig definitiv besser als die von Amell, denn ihm merkt man richtig an, dass er gespielt und dabei alles aus sich herausgeholt hat. Ace ist oft einfach drüber in seinem Handeln, das erfordert ein Schauspiel, das nicht an den Zügeln gehalten wird. Bei Amell bin ich mir manchmal aber auch nicht sicher, ob er es könnte, wenn es seine Rolle erfordert. Den coolen und leidenschaftlichen Jack kann er definitiv, aber könnte er auch Ace spielen? Gerade in den Konflikten mit Staci ist mir oft aufgefallen, dass er schrecklich emotionslos reagiert. Stört ihn aber was beim Wrestling, da platzt alles an Wut ruckzuck aus ihm heraus. Aber das Sanfte, das Verzweifelte, das fehlt mir in seinem Spiel und das im Grunde schon seit Arrow". Dennoch ist es noch im Rahmen seiner Rolle als Jack, so dass sich damit leben kann. Zudem hat es auch seinen Reiz, dass die Brüder wirklich völlig unterschiedlich sind. Das macht es gleichzeitig auch schwer, sich auf eine Seite der beiden zu schlagen, weil sie alle beide massenhaft Fehler im Gepäck haben, aber das Hin und Her, mit wem man gerade mehr mitfühlt, das hat auch seinen Reiz.
Den letzten Absatz der Review möchte ich nun noch einmal dem Wrestling widmen. Ich bin nach einer Staffel "Heels" nun wahrlich keine Expertin und verspüre immer noch keinen Reiz, einen Schaukampf mal real aufzusuchen, aber ich fand die Entwicklung der erzählten Geschichten sehr, sehr mitreißend. Die Geschichten, die im Ring erzählt werden, sollen schließlich die Fans zum Weiterkommen animieren, was einiges an Planung und Gefühl für die Zuschauermenge erfordert. Auch wenn Jack sich für diese Aufgabe hauptverantwortlich sieht, merkt man, dass er irgendwann an einem Punkt ist, wo er droht, sich selbst festzufahren. Dennoch fällt es ihm nicht leicht, die Ideen von anderen zuzulassen. Das ergibt natürlich auch viel Konfliktpotenzial. Und wenn die Geschichten dann doch stehen, dann passiert im Ring doch wieder etwas ganz anderes. Das ist dann auch nötig, um den Überraschungseffekt stets hochzuhalten, denn dort gibt es nichts, was es nicht gibt. Zudem ist die eingefangene Stimmung vom Publikum auch definitiv auf mich als Zuschauerin vor einem Bildschirm übertragen worden. Man merkt die Leidenschaft, auch wenn alle wahrscheinlich wissen, dass es nicht real ist, aber das hält niemanden davon ab, nicht mit realen Gefühlen mitzufiebern. Wirklich sehr faszinierend!
Fazit
Mir hat die erste Staffel von "Heels" insgesamt gut gefallen, weil ich auf mitreißende Art und Weise mit einem Metier vertraut gemacht worden bin, dem ich mich im echten Leben wahrscheinlich nie freiwillig angenähert hätte. Aber hier ist Wrestling in nostalgischer "Friday Night Lights"-Atmosphäre inszeniert worden und dem konnte ich mich einfach nicht entziehen. Es ist natürlich nur die Bühne für viel zwischenmenschliches Drama, das auch wirklich mitreißend ist. Besonders die Frauenfiguren der Serie haben es mit sehr angetan, weil sie auch definitiv die Underdogs sind, die sich dennoch ihren Platz in der Welt erkämpfen. Andere eher unsympathische Charaktere und einige Längen sind nicht zu leugnen, aber sie sind kein Argument, bei Staffel 2 wieder am Start zu sein!
Die Serie "Heels" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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