Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast - Review Pilot
Bei Amazon Prime Video sind in den letzten Jahren einige Jugendserien erschienen, was mal mehr, mal weniger funktioniert hat. "The Wilds" ist sicher ein positives Beispiel, während "Panic" schon nach einer Staffel abgesetzt wurde. Für den neusten Streich, "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast", wurde sich bei dem "gleichnamigen Horrorfilm" aus dem Jahr 1997 als Vorlage bedient. Dieser ist damals mit nun wahrlich nicht unbekannten Namen wie Jennifer Love Hewitt, Sarah Michelle Prinze (Gellar), Ryan Phillippe und Freddie Prinze, Jr. verfilmt worden und hat sich seitdem einen gewissen Kultstatus erarbeitet. Kein Wunder also, dass man hieran inhaltlich anschließt, auch wenn es nun wahrlich keine originaltreue Nachstellung in Serienform ist, wie ich nachfolgend darstellen werde, aber hat sich das auch gelohnt?
© Amazon.com, Inc. or its affiliates; Michael Desmond/Amazon Prime Video
So kurz vor Halloween mit "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" um die Ecke zu kommen, ist sicherlich keine schlechte Idee, denn die Serie bemüht sich definitiv um eine düstere Atmosphäre, da gerade die Pilot-Episode viel im Dunkeln spielt. Zudem liegt trotz Partystimmung etwas Schweres über der Atmosphäre, was sicherlich vor allem an den Zwillingsschwestern Allison und Lennon (Madison Iseman in einer Doppelrolle) liegt, die uns als sehr kaputte Charaktere präsentiert werden. Sie sind auf den ersten Blick auch gleich schon der größte Unterschied zum Film, denn wenn auf eineiige Zwillinge gesetzt wird, dann ist schnell klar, dass dieser Umstand auch genutzt wird. Ansonsten ist um sie herum eine durchschnittliche Freundesclique herum aufgebaut worden, wo zunächst niemand sonderlich heraussticht, auch wenn schnell klar wird, dass alle ihre Geheimnisse haben. Nun war es auch beim Film schon so, dass ausschließlich Hewitts Figur Julie wirklich intensiver im Fokus war, während die anderen bis zu ihrem persönlichen Ende sehr austauschbar geblieben sind. In Serienform ist aber sehr viel mehr Zeit für Charakterarbeit, weswegen ich es für den Auftakt doch sehr enttäuscht fand, dass abseits der Zwillinge alles in Klischees verharrte. Margot (Brianne Tju) als verwöhntes Mädchen aus reichem Hause, Dylan (Ezekiel Goodman) als schüchterner Jugendlicher, der sich ohne viel Gegenwehr von dem 'bösen' Zwilling verführen lässt, obwohl er die andere liebt. Riley (Ashley Moore), die Drogendealerin und Johnny (Sebastian Amoruso), der schwule beste Freund von allen, der heimlich mit Allison verkehrt. Auch wenn mir bewusst ist, dass schnell alles zum Moment führen soll, wo sich der Autounfall ereignet, so finde ich doch, dass sich auch die Party zum Schulabschluss geeignet hätte, um bei den anderen schon etwas tiefer zu graben.
Der Pilot erzählt vor allem von den Zwillingen und tja, Zwillinge, was ist da wohl der Plot Twist? Die Serie war kaum auf meinem Bildschirm gestartet, da sieht man die vermeintliche Lennon, wie sie in einem Jahr sehnsüchtig ein Bild von ihrer Zwillingsschwester anschaut und spätestens da hat sich die Geschichte eigentlich von selbst erzählt und das ist definitiv die herbste Enttäuschung nach diesem Auftakt. Zwar war zu dem Zeitpunkt für mich noch nicht klar, dass eine der beiden letztlich vom Wagen erfasst wird, aber es war klar, dass es zur Verwechslung der beiden kommen würde. Auf der Party geht es zunächst noch mit deutlichen optischen Unterschieden los, so erscheint Allison widerwillig im Hoodie auf der Party und Lennon wiederum hat rund um ihren Augenpartien Sterne und ähnliches geklebt. Aber je mehr die Handlung fortschreitet, desto mehr verschwinden diese sichtbaren Unterschiede. Gerade die Deko im Gesicht, warum diese auf einmal verschwunden war, das hat sich mir nicht erklärt. Aber als dann die Clique ins Auto steigt, war klar wie Kloßbrühe, dass tatsächlich Allison und nicht Lennon am Steuer sitzt. Da war es völlig unnötig anschließend noch einmal zurück zu blenden, um die Szene zu zeigen, wo Allison ihre Kette (der letzte optische Unterschied) wütend an ihre Schwester gibt. Denn es war doch eh schon klar. Und tja, für diese völlig vorhersehbare Wandlung wurde dann Zeit geopfert statt sie der Charakterbildung zu widmen.
Externer Inhalt
An dieser Stelle ist Inhalt von einer anderen Website (z. B. YouTube, X...) eingebunden. Beim Anzeigen werden deine Daten zu der entsprechenden Website übertragen.
© Amazon.com, Inc. or its affiliates; Michael Desmond/Amazon Prime Video
Nun war für Allison und Lennon deutlich mehr Zeit, damit zumindest diese beide etwas Profil gewinnen können, aber richtig etwas anfangen konnte ich damit auch nicht. Zumal alles um die beiden herum extrem merkwürdig und fragwürdig ist. Ihr Vater Bruce (Bill Heck) hat ganz seltsame Vibes und man weiß, dass ihre Mutter Selbstmord begangen hat. So heißt es zumindest, ich habe ihre Leiche jedenfalls noch nicht zu sehen bekommen, weswegen ich erstmal skeptisch bleibe. Aber egal wie, es ist natürlich ein Schicksalsschlag, aber dennoch nichts, was erklärt, warum die Geschwister sozial so unterschiedlich integriert sind. Zudem wird schnell offensichtlich, dass Lennon, die beliebtere der beiden, dass sie eigentlich viel verlorener ist. Allison mag die Außenseiterin sein, aber sie kennt wenigstens ihren Platz im Leben. Aber dennoch war es auch heftig, was die Schwestern zwischendurch ausgetauscht haben und wie. Lennon hat Allison im Grunde die ganze Zeit Liebeserklärungen gemacht, um eine Sekunde später Dolchstöße zu verteilen, indem sie mit Dylan schläft oder offenbart, dass ihre Mutter sie nicht gemocht hat (äh ja, was soll das denn?). Im Grunde arbeitet dies natürlich daraufhin, dass man Allison eigentlich sympathischer findet und dann ist sie aber die, die den Mund hält und die Dinge ihren Lauf nehmen lässt. Ich unterstelle ihr zwar keine bösen Hintergedanken, aber gleichzeitig ist es auch schwierig nachzuvollziehen, was sie so hat handeln lassen. Die Serie wirft also offensichtlich viele Fragen auf, was sicherlich nicht schlecht ist, aber gleichzeitig ist vieles auch einfach nur absurd, wenig sympathisch und eben so durchschnittlich.
Der Pilot wird auf zwei Zeitebenen erzählt, wobei das meiste in der Vergangenheit passiert und das habe ich nun schon ausführlich beleuchtet. In der Gegenwart wiederum, die sich ein Jahr später zuträgt, erleben wir nur Allison als Lennon und ihr Vater nennt sie beim falschen Namen, was definitiv sehr viele Fragen aufwirft, denn er ist seit achtzehn Jahren ihr Vater und soll das nicht bemerkt haben? Zudem ist der Kerl eben auch hier null sympathisch, wie er sie begrüßt, wie er sie kommandiert und so vieles anderes. Gleichzeitig ist es auch die Gegenwart, wo die Horrorelemente am deutlichsten zur Geltung kommen. Die Vergangenheit war schon fast brav. Alleine der Moment des Unfalls kam auch eher sanft daher und alles danach war auch eher von Bedacht statt nackter Panik geprägt. In der Gegenwart aber passieren deutlich mehr seltsame Sachen, wie die erste Warnung, die Allison erhält. Und dann Courtney (Cassie Beck), die offensichtlich bei der Familie putzt, aber so etwas von seltsam ist, dass ich nicht weiß, ob ich lachen oder weinen über sie soll. Aber auch sie ist letztlich nur wieder ein Beweis dafür, dass der Pilot mich leider nicht überzeugen kann, weil wenig angeboten wird, wo ich einen emotionalen Packan finde. Und ja, das brauche ich auch in 'Horror'-Serien. Dennoch gibt es natürlich noch genug spannende Aspekte: Wird die Erzählweise beibehalten? Wie geht es den anderen in der Gegenwart? Wer ist die mysteriöse Frau am Wasser? Und klar: wer hinterlässt die Botschaften? Aber: wenn die Auflösung der letzten Frage so offensichtlich wie der Zwillings-Wendung ist, dann prost Mahlzeit…
Die Serie "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" ansehen:
Fazit
"Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" erweist sich mit seinem Pilot als extrem durchschnittliche Unterhaltung. Gerade der Plot Twist war schon fast unterirdisch, weil er Dreh- und Angelpunkt des Auftakts ist, aber dann doch so offensichtlich gestaltet wurde. Die entsprechende gruslige Stimmung kommt auch eher nur in der Gegenwart rüber, wenn auch die gesamte erste Folge nur wenige Glücksgefühle verbreitet. Zudem ist die Charakterarbeit bislang mangelhaft. Es gibt noch genug Offenes, für das man weiterschauen kann, aber hohe Erwartungen habe ich nach diesem Auftakt sicher nicht mehr.
Lena Donth – myFanbase
Kommentare
Meistgelesen
Aktuelle Kommentare
20.11.2024 15:18 von Catherine
Liebeskolumnen: Rory & Dean, Teil 3
Ich glaube, es wurde während des "Gilmore... mehr
22.11.2024 21:56 von Chili_vanilli
Cruel Intentions: Cruel Intentions
Hat schon jemand reingeschaut? Bin akutell bei Folge 1... mehr