Interview mit Shemar Moores Synchronsprecher Michael Deffert Teil II
20. Mai 2020 von Lena Donth
Hier geht's zu Teil 1 und Teil 3 des Interviews mit Michael Deffert.
Heute startet auf NITRO die erste Staffel von "S.W.A.T.", in der Michael Deffert erneut als Synchronsprecher von Shemar Moore fungiert, den er bereits in der Crime-Serie "Criminal Minds" gesprochen hat. Er hat sich für uns die Zeit genommen, um ein dreiteiliges Interview mit uns zu führen, von dem wir euch heute den zweiten Teil präsentieren wollen. Darin hat uns Michael von seiner Synchronisation von Moore, von seinem Setbesuch bei "Criminal Minds" und seine Eindrücke zu Serienneustart "S.W.A.T." bei NITRO berichtet.
Michael, hättest du 2005, als du die Synchronisation von Shemar Moore bei "Criminal Minds" angefangen hast, gedacht, dass die Serie so langlebig sein würde?
Nein, das hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht. Es sind ja letztlich etwa 250 Episoden geworden. Ich kann mich sogar noch gut an das Casting erinnern, denn da musste ich auch zum Probesprechen, aber dass es so lange gehen würde, das hätte ich wirklich nicht gedacht. Eine normale Laufzeit sind vielleicht fünf, sechs Staffeln mit 60, 70 Folgen, aber das war überhaupt nicht abzusehen.
Deswegen konntest du vermutlich auch nicht die Entwicklung absehen, zur Stimme von Shemar Moore zu werden, oder?
Naja, das hat mit vielen Faktoren zu tun. Einerseits muss man das natürlich gut machen. Es muss auch so sein, dass Menschen, die das sehen, finden, dass es ein guter Voice Match ist, dass die Stimme wirklich gut auf das Bild passt. Manchmal kommt ein neuer Film oder kurzfristig geht eine neue Serie los, muss aber schon übernächste Woche losgehen, dann ist man in dem Moment nicht da. Oder wenn die Originalschauspieler noch nicht so bekannt sind, geht ein Film oder eine Serie vielleicht nach München und die sagen sich: "Oh, jetzt extra einen Herrn Deffert von Berlin einfliegen lassen, das wird teuer!" Sowas kann sich schnell wieder in Luft auflösen. Insofern war das alles nicht abzusehen, aber ich bin trotzdem sehr froh, dass es so gekommen ist und ich die Chance hatte, ihn in L.A. am Set zu treffen. Er ist so ein cooler Typ und ist sich der Sache sehr bewusst. Als ich ihn getroffen habe, war sein erster Satz: "Thank you, Michael, for making me famous in Germany!" Das macht ganz klar, dass ihm bewusst ist, welche Tragweite das hat. Das fand ich wahnsinnig charmant. Er war ein supercooler, lustiger, charmanter Typ. Bei ihm bin ich wirklich froh, dass es dabei geblieben ist.
Wann genau war der Setbesuch?
Das war 2016.
Also ziemlich genau vor seinem Ausstieg aus der Serie?
Das muss eine seiner letzten Folgen gewesen sein, was wiederum auch für seine Professionalität spricht, dass er das mit keiner Silbe hat durchscheinen lassen und er war völlig motiviert und hat cool seinen Job gemacht. Da gab es keine Ermüdungserscheinungen oder dass er wusste: "Naja, in drei Wochen bin ich eh weg." Das muss tatsächlich einer der letzten Folgen gewesen sein.
Kannst du uns sonst noch etwas von deinem Setbesuch erzählen?
Als ich mit den Teamleuten gesprochen habe, kam ganz oft von den Frauen die Frage, denn Shemar Moore hat ja das Ding mit dem Baby Girl mit Penelope laufen und hat auch eine eigene Charity Foundation, die heißt auch Baby Girl und die Frauen haben mich gefragt: "How do you say baby girl in German?" Und dann habe ich gesagt: "Baby girl", denn gerade das haben wir ja nicht geändert. Das war eben deren größtes Interesse, wie die das wohl auf Deutsch gemacht haben, ob es jetzt "Sauerkraut Girl" ist und ich nur: "Sorry, it’s just baby girl. It’s so good. We just took it and kept it you know." Ansonsten war es wahnsinnig nett. Joe Mantegna, der andere Kollege, super netter Typ, sammelt alte Oldtimer und hat einen alten VW und einen alten Opel. Er hat mir auch erzählt, dass er immer mal aufs Oktoberfest wollte und sagte: "Shemar, dann können wir ja mal zusammen aufs Oktoberfest gehen." Und er meinte: "Okay, wenn ich Zeit habe, vielleicht klappt es ja mal." Da gibt es immer noch eine offene Einladung zum Oktoberfest, mal sehen, ob das noch mal klappt.
Dieses Jahr auf jeden Fall nicht.
Dieses Jahres Jahr auf jeden Fall nicht, stimmt genau. Und der andere Kollege Matthew Gubler ist auch ein totaler Freak. Der hat Birkenstocks mit selbstgehäkelten Socken angehabt, die unterschiedlich farbig waren. Er ist genauso herumgeschlurft, als die Kameras nicht an waren. Die waren alle wahnsinnig nett und der Besuch war wirklich sehr schön.
Als der Ausstieg von Moore aus der Serie verkündet wurde, warst du auch persönlich betroffen, weil sich ein Kapitel erstmal geschlossen hat?
Wenn man einen Schauspieler so lange begleitet, dann verbringt man buchstäblich richtig viel Zeit mit dem. Es war etwa ein Zeitraum von zehn Jahren und in diesen zehn Jahren habe ich Wochen, wenn nicht sogar Monate mit dem zusammen im Studio verbracht. Du bist ihm immer sehr nah, da du ihm direkt ins Gesicht guckst. Wem guckst du im privaten Leben schon so genau in die Augen, wie wenn du einen Bildschirm auf zwei Meter Entfernung hast? Du kommst so einem sehr nahe und wenn der plötzlich nicht mehr da ist, ist es schon sehr schade. Da entwickelt sich auf jeden Fall eine Verbundenheit.
Da warst du wahrscheinlich froh, als klar wurde, dass du ihn auch bei "S.W.A.T" sprechen darfst.
Ja.
Von "S.W.A.T" sind bereits drei Staffeln produziert, eine vierte wurde gerade von CBS bestätigt, aber in Deutschland geht jetzt erst die erste Staffel bei NITRO los. Denkst du, dass die Serie allen Moore-Fans gefallen wird?
Ja, auf jeden Fall! Er ist auch Produzent dieser Serie, er kann sich dort noch sehr viel mehr einbringen, als er das bei "Criminal Minds" konnte. Ich denke, dass auch sehr viel mehr von seinen persönlichen Werten und Einstellungen damit einfließen. Es gibt von Anfang an Geschichten zu Rassendiskriminierung, zu Minderheiten. Er ist ein wirklich sehr engagierter Mann, der, wie ich denke, das Herz am rechten Fleck hat. Er ist jetzt Produzent des Ganzen, er ist die absolute Hauptrolle. Dadurch sieht man natürlich mehr von ihm. Es ist actiongeladen, aber das Schöne bei Shemar Moore ist immer, er hat eine wirklich gute Mischung aus hart und zart. Er ist einerseits wirklich tough guy, super Muckis und sprintet los, verhaftet irgendwelche Leute und schießt sich den Weg frei, um irgendjemanden zu retten. Gleichzeitig hat er die ganz gefühlvolle und sensible Seite. Wenn ich es richtig verstehe, ist es tatsächlich auch so, wenn man sich die Charakterisierung seines Verhältnisses zu seiner Filmmutter anguckt, das ist sehr viel Privates von dem drin, wie sein Verhältnis zu seiner eigenen Mutter ist. Ich glaube, er ist alleine nur mit der Mutter aufgewachsen, er hat ihr alles zu verdanken und liebt sie abgöttisch. Sie ist bedauerlicherweise vor einiger Zeit gestorben. Was man sieht, ist einfach sehr, sehr authentisch.
Derek und Hondo sind sich als Figuren recht ähnlich, sie haben beide ein großes Gerechtigkeitsbedürfnis, stellen sich dem Bösen, haben aber dennoch diese weiche Seite mit viel Mitgefühl. Hast du trotzdem etwas gefunden, wodurch du die Rollen anders angehen konntest?
Von Derek zu Hondo ist es eine natürliche Evolution: Derek ist ein sehr wichtiger Teamplayer gewesen, aber Hondo ist nun praktisch der Chef dieses Teams. Derek war nicht der Chef von "Criminal Minds", aber Hondo ist der Chef vom SWAT. Auch wenn sie noch einen über sich haben, aber er ist der Teamleader. Es ist noch ein Punkt, der ihm sehr wichtig ist, denn er nimmt die Verantwortung an und kümmert sich sehr um seine Leute. Er hat sehr ausgeprägte soziale Instinkte und soziale Intelligenz, was ich wirklich sehr schön finde.
Sind "Criminal Minds" und "S.W.A.T." Serien, die du auch privat schauen würdest? Und abhängig von deiner Antwort: erleichtert/erschwert das die Arbeit?
Ich würde wahrscheinlich eher "S.W.A.T." gucken, weil "Criminal Minds" mir teilweise ein bisschen zu unheimlich und zu brutal war. Es war mir manchmal so psychomäßig. Irgendwelche Leute die andere Leute einsperren in irgendwelchen Kellern. Da habe ich lieber Happy Ends und "S.W.A.T." mit quietschenden Reifen und sich trotzdem für das Gute einsetzen, das ist eher auf meiner Linie. Wenn es aber so ist, erleichtert es natürlich, aber wenn nicht und man denkt: "Oh man, der Typ schon wieder!", muss es auch gehen. Manche Leute sind schwieriger zu synchronisieren. Manche haben ein komisches Mundzucken oder nehmen komische Atmer. Es gibt Leute, die machen den Mund auf und sprechen, aber es gibt auch Leute, die machen einen Einatmer, dann sprechen sie, dann machen sie wieder eine Zäsur und dann haben sie noch eine Rhythmusverschiebung. Das ist wahnsinnig schwer zu sprechen, also hat man natürlich lieber die, die man so auf den Schirm bekommt, dass man weiß: "Okay, jetzt macht er wieder das und das." Aber generell ist es so, selbst wenn ich eine Rolle nicht so gut finde, will ich natürlich trotzdem professionell sein und alles geben, um die so gut wie möglich zu sprechen und zu spielen. Selbst wenn ich nicht hinter der Message stehen, was ich oft nicht tue, weil ich oft Bösewichte synchronisiere und spiele, muss ich es natürlich eins zu eins und 100% authentisch, realistisch und glaubhaft machen. Was ich nicht so gerne mache, ist jegliche Form von Schreierei, Tränen oder Heulerei, weil das kommt dann vor, wenn es Menschen schlecht geht. Ich rede nicht von Trauer und Verlust, sondern wenn Menschen von außen gequält werden oder unter Druck stehen. Das mag ich sowieso nicht, finde es aber auch bedauerlich, dass Menschen sowas widerfährt, insofern mag ich es auch nicht gerne spielen, weil ich generell auf einem anderen Trip bin und andere Sachen verfolge. Mir ist es immer wichtig, egal, was ich mache, dass da irgendwo Humor, Liebe und Hoffnung drin sind. Manchmal vielleicht nur andeutungsweise oder versteckt, aber im Zweifelsfall entscheide ich mich immer dafür, Hoffnung und Zuversicht zu verbreiten als für etwas Dystopisches oder etwas, wo Menschen deprimiert aus dem Kino gehen. Meine Aufgabe ist es, Menschen zu unterhalten und ihnen zu zeigen, dass es immer eine Lösung gibt, dass das Leben schön ist und wenn es mal schwierig ist, dass man die Schwierigkeiten bewältigen kann, um so dankbar zu sein, dass man dieses Leben hat.
Hat es bei der Synchronisation von Moore irgendwann Mal Terminkollisionen gegeben, weil du ansonsten viel unterwegs bist?
Zu Kollisionen kommt es ständig. Durch die Big Life Foundation bin ich bestimmt zwei-, dreimal im Jahr in Kenia zu Besuch, um meine Ranger zu unterstützen und da bin ich wirklich so im Busch, dass höchstens einmal am Tag ein kleiner Minipropeller vorbeikommt und dann lande ich in der Savanne, wo ich kein Telefon habe. Wenn ich meine E-Mails checken will, muss ich kilometerweit fahren zum nächsten Ort, wo ich das überhaupt machen kann. Solche Sachen passieren, aber meistens bekommt man es hin. Ich erinnere mich an eine Sache von vor zwei bis drei Jahren, da war ich in Litauen mit dem amerikanischen Regisseur und Emmy-Gewinner Christopher Cassel, wir haben ein Zweiter Weltkrieg-Drama gedreht, ein ganz toller Film, der hieß "Pope vs. Hitler" über Nazi-Widerstand, den Papst und alles mögliche. Dort erreichte mich der Anruf aus einem Berliner Studio: "Wir haben zwei Takes vergessen." Ich konnte nicht mal eben von Litauen nach Berlin, das wären sechs Stunden gewesen. Da haben sie gesagt: "Du musst das irgendwie so aufnehmen." - "Aber ich habe doch kein Studio hier!" - "Dann bau dir einen schalldichten Raum und dann musst du es mit dem Telefon aufnehmen." Ich habe tatsächlich im Hotel unter der Bettdecke mit meinem Smartphone diese zwei Takes aufgenommen und denen rübergemailt. So geht es zur Not auch, wenn es unbedingt sein muss. Es ist so bearbeitet worden, dass man es zumindest verwenden konnte und es hat keiner bemerkt.
Gibt es eine Rolle, in der du Moore gerne mal erleben würdest, um ihn dort sprechen zu können?
Erstmal verlasse ich mich sehr darauf, dass er ein mega guter Schauspieler und Produzent ist und sich jetzt schon, obwohl er noch die vierte Staffel von "S.W.A.T." dreht, überlegt, wo es danach mal hingehen könnte. Da verlasse ich mich auf sein Gespür und freue mich auf das, was noch kommen wird. Ich könnte mir aber vorstellen, auch weil ich es selber ganz unterhaltsam finden würde, dass er irgendwann vielleicht nicht mehr so körperbetont ist und auf Action setzt, sondern ein Anwalt für das Gute wird, was er im Grund ohnehin schon ist. Er ist ein Botschafter für das Gute, aber vielleicht wird er dann Anwalt, um sich noch intellektueller der Geschichte anzunehmen. Also weiterhin Leute vertritt, die seine Hilfe brauchen.
Vielleicht in einer Anwaltsserie wie "Suits"?
Ja, sowas könnte ich mir gut vorstellen.
Lest in Teil 3 unseres Interviews mit Michael Deffert, was er über seine Arbeit als Schauspieler, Produzent und Regisseur zu erzählen hat. Zudem berichtet er über zahlreiche Begegnungen innerhalb seines Einsatzes für den Tierschutz.
Weiter zu Teil 3 des Interviews mit Michael Deffert
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