Kein Lebenszeichen - Review Miniserie

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Harlan Coben + Netflix = Erfolgsrezept? Zu der Erkenntnis könnte man jedenfalls kommen, wenn man bedenkt, dass "Kein Lebenszeichen" (Original: "Disparu à jamais") nun bereits die fünfte Verfilmung eins der Werke des US-Autors ist. Nach "Safe", "Das Grab im Wald" aus polnischer Produktion, "Ich schweige für dich" aus britischer Feder und "Kein Friede den Toten" aus Spanien, war nun auch Frankreich am Zug. Ich muss gestehen, dass ich bis dato noch keine Adaption nach Coben gesehen habe, was aber eher Zufall ist. Denn als Autor ist er mir natürlich ein Begriff und auch Miniserien tun es mir mehr an, aber tatsächlich ist "Kein Lebenszeichen" nun mein erster Versuch, die Erfolgsformel auszuprobieren.

Foto: Kein Lebenszeichen (Gone for Good) - Copyright: 2021 Netflix, Inc.; Magali Bragard
Kein Lebenszeichen (Gone for Good)
© 2021 Netflix, Inc.; Magali Bragard

Das Geschehen der Serie dreht sich überwiegend um Guillaume (Finnegan Oldfield), der als junger Mann miterleben musste, wie seine Ex-Freundin Sonia (Garance Marillier) und sein Bruder Fred (Nicolas Duvauchelle) in einer Nacht ihr Leben verloren haben. Zehn Jahre später ist er glücklich in seine Freundin Judith (Nailia Harzoune) verliebt, mit der er gemeinsam als Sozialarbeiter*in tätig ist. Doch als auch sie verschwindet, zeigt sich, dass die Ereignisse von damals und heute enger miteinander verknüpft sind, als er sich jemals hätte vorstellen können. Diese Ausgangslage klingt erstmal nach einem spannenden Thriller, denn Geheimnisse und Zusammenhänge, die es aufzudecken gilt, reizen mich immer. Zudem spielt das Ganze in Nizza, eine Stadt, die ich selbst schon kennenlernen durfte. Zwar waren es mir insgesamt zu wenig Landschaftsaufnahmen, aber ich denke, dass man das Flair dieser Stadt dennoch transportiert bekommen hat. Zuletzt fand ich noch die Erzählweise interessant, denn jeder der fünf Episoden ist nach einer Hauptfigur benannt und macht es sich damit zur Aufgabe, jede Perspektive etwas näher ins Licht zu rücken. Klingt alles gut, oder?

Ja, auf dem Papier klang es noch gut, aber die tatsächliche Umsetzung ist leider ein ziemlicher Reinfall geworden und das Urteil hätte ich eigentlich schon nach der ersten längeren Sequenz fällen können. Denn als Guillaume Geschrei und Schüsse hört, rennt er zwar raus, bleibt dort aber wie eine Wachsfigur stehen und tut nichts. Wenn die Ex-Freundin im Wasser treibt und noch wahrlich nicht klar ist, ob sie tot ist, oder wenn jemand mit der Waffe hinter dem großen Bruder herrennt, macht man dann nichts? Wohl eher nicht. Ja, vielleicht hätte ich "Kein Lebenszeichen" hier schon abbrechen können, aber bei läppischen fünf Episoden sagt man sich dann doch eher "Jetzt zieh es auch durch!". Doch diese Problematik, die sich bereits an dieser einer Sequenz abgezeichnet hat, ist der gesamten Serie anzumerken. Dass in nur fünf Episoden keine Zeit für die Bimmelbahn ist, geschenkt, aber die einzelnen Szenen gleiten einfach so nichtssagend ineinander über, ohne dass je mal an einer Stelle wirklich Gefühl oder Verständnis für die Figuren hätte aufkommen können. Und in diesem See an Unwichtigkeit gelingt es dann leider auch nicht, den entscheidenden Aspekt einer Thrillerserie aufzubauen, dass ein Mysterium entsteht, dessen Lösung man wissen will. Zum einen wird eigentlich zwischendurch schon zu viel verraten und zum anderen sind die ganzen 'Wendungen' in der letzten Episode auch nicht mehr spektakulär. Es fügt sich sicherlich alles zusammen, aber da keine Bindung an die Handlung entstanden ist, ist es nur ein leises Plätschergeräusch im Hintergrund.

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Foto: Kein Lebenszeichen (Gone for Good) - Copyright: 2021 Netflix, Inc.; Magali Bragard
Kein Lebenszeichen (Gone for Good)
© 2021 Netflix, Inc.; Magali Bragard

Geht es nach diesem vernichtenden Abschnitt noch irgendwie schlimmer? Ja, leider schon. Auf die verschiedenen Perspektiven, auf die ich mich durchaus gefreut hatte, war auch kein Verlass. Während Guillaume und Fred für die erste und letzte Episode noch Sinn ergeben, bleiben bei Inès (ebenfalls Marillier) und gerade Draco/Jéremy (Guillaume Gouix) nur Fragezeichen. Inès ist die kleinere Schwester von Sonia, die in der Mordnacht mit dieser alleine zuhause war. Dass sie also einen entscheidenden Hinweis gibt, mit der Guillaume am Ende ein fehlendes Puzzlestück zusammensetzen kann, war sicherlich eine wichtige Szene, aber wie die Handlung in der Gegenwart an ihr geklebt hat, hat sich nur wenig erklärt. Man erlebt sie in der Therapie und da sie ihrer Schwester wie aus dem Gesicht geschnitten ist (daher auch dieselbe Schauspielerin), sieht sie diese mit anderer Haarfarbe immer im Spiegel. Dass hiermit angedeutet wird, dass Inès ein Trauma verarbeitet, ist ja auch okay, aber warum wird das erzählt, wenn es nach hinten heraus keinerlei Relevanz mehr spielt? Ich habe wirklich gedacht, dass möglicherweise Inès noch etwas zu verbergen hat, denn ihre möglicherweise ungesunden Gefühle für Guillaume haben mich die ganze Zeit glauben lassen, dass sie noch eine entscheidende Rolle spielen wird, aber nee, irgendwann war sie einfach verschwunden.

Gleiches Spiel gilt in etwa für Draco. Dieser ist zwar in allen fünf Episoden präsent, aber er ist dennoch kein entscheidender Faktor für die Erzählung. Man hätte ihn sogar komplett rausstreichen können, ohne dass es groß einen Unterschied gemacht hätte? Warum wird dann seine Vergangenheit als Neonazi so dominant präsentiert? Auch das hat nirgendwo hingeführt und in einer Handlung, die mich eh nicht begeistert, brauche ich dann nicht plötzlich den Versuch, wenigstens das Seelenleben einer Figur anzubieten. Denn das hätte definitiv eher bei Guillaume oder Fred passieren müssen. Judiths oder sagen wir lieber Noras Geschichte ist natürlich deutlich wichtiger für die Handlung, aber ich glaube, dass an dieser Stelle mein Frustlevel schon so gesprengt war, dass ich mich da auch nicht mehr wirklich auf das Gesehene mit positiven Gefühlen einlassen konnte. Alles in allem ist das doch ein trauriger Eindruck einer französischen Produktion, die ich sonst deutlich besser kenne, gerade im Krimi- und Thrillerbereich.

Fazit

Zwar lässt sich von "Kein Lebenszeichen" nicht automatisch auf alle Coben-Adaptionen bei Netflix Rückschlüsse ziehen, aber die französische Eigenproduktion ist definitiv kein gelungenes Beispiel, um das Erfolgsrezept zu bestätigen. Um es auf den Punkt zu bringen, hat "Kein Lebenszeichen" nämlich nichts Erinnerungswertes angeboten. Wenn diese plumpe Erzählweise und die völlig fehlende Spannung eines Thrillers würdig sein sollen, dann weiß ich es leider auch nicht.

Die Serie "Kein Lebenszeichen" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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