Die enttäuschendsten Beziehungen 2010/2011
Lori, Rick & Shane (The Walking Dead)
Mit "The Walking Dead" ist AMC in der vergangenen Season ein Geniestreich gelungen. Eine Serie, die sich mit dem Übernatürlichen beschäftigt, aber dabei nicht einen Vampir, Geist oder Werwolf zeigt, sondern das Ende der Welt, wenn Zombies die Menschheit überrollen und sich von ihr ernähren. Die erste Staffel dieser Serie besitzt nur sechs Episoden, doch diese haben es storytechnisch und vor allem visuell in sich. Untote säumen bis zum letzten Grad der Verwesung den Weg von Rick, dem Dorfpolizisten, der nichts weiter will, als seine Frau und seinen Sohn zu retten. Diese hielten ihn aber in den ersten drei Episoden für tot.
"Maybe we got a second chance. Not many people get that." (Rick zu Lori)
Was war passiert? Rick wurde angeschossen und lag im Koma, als die Zombies angriffen und das Krankenhaus überrollten. Rick blieb zurück, doch sein bester Freund und Kollege Shane glaubte gesehen zu haben, wie sich die Zombies über Rick hermachten. Es ist also durchaus verständlich, dass Shane davon ausgeht, dass Rick tot ist. Auf der Flucht beginnen Shane und Lori, Ricks Ehefrau, eine Affäre. Während Lori so ihre Gewissensbisse hat, mit Shane zu schlafen, hat Shane offenbar keine Skrupel, die Frau seines besten Freundes zu begehren. Letztlich scheint sich Lori auch mit dem Gedanken angefreundet zu haben, Shane zu lieben, denn immerhin braucht sie jemanden, der auf sie und ihren Sohn aufpasst. Klingt ein wenig nach zweiter Wahl und das ist es auch, denn wie es kommen muss, kommt es.
Rick taucht auf und schon geht das Beziehungsdreieck los, oder zumindest das, was der Zuschauer für ein solches halten soll. Im Grunde stürzt die Beziehungskiste in ein schwarzes Loch von Klischees, aus dem sie sich nicht befreien kann. Lori lässt Shane wie eine heiße Kartoffel fallen und fällt Rick in die Arme. Sie küssen sich und Rick platzt fast vor Freude, seine Familie zurück zu haben. Doch Shane kann es nicht überwinden, dass Lori ihn für Rick verlassen hat. Er liebt sie anscheinend wirklich. Zumindest bekommt man den Eindruck, dass er sie begehrt und auf seinen besten Freund mehr als nur eifersüchtig ist. Rick stiehlt Shane aber nicht nur die Frau, sondern auch den Ruf als Anführer der Gruppe. Niemand bemerkt, wie wütend Shane ist (vor allem nicht der Zuschauer), bis er irgendwann die Kontrolle verliert und einen aus der Gruppe zusammenschlägt. Um Shanes Enttäuschung oder was auch immer, denn das wird im Grunde nicht deutlich, klarer zu gestalten, tritt er nun als Kritiker seines Freundes auf und stellt alle Entscheidungen von Rick in Frage, nur um gleich überstimmt zu werden. Wirkliches Drama kommt zwischen den Charakteren nicht auf, es wirkt eher störend, dass Shane die ganze Zeit über meckert.
Um die Klischees vollends zu erfüllen, weiß Rick nichts davon, dass Lori mit Shane geschlafen hat. Es scheint auch nicht so, dass in näherer Zukunft etwas darüber an sein Ohr dringt, denn anscheinend waren alle Mitglieder der kleinen Gemeinschaft blind für die Beziehung, die sich zwischen Shane und Lori entwickelt hat. Schwer zu glauben, lebt man seit Wochen auf engstem Raum.
Leider wissen die Autoren wohl nicht, wie man das Potential dieses Beziehungsdreiecks ausspielt, vielleicht geht die Geschichte auch in der Panik unter, als das Camp von Zombies überfallen wird und alle fliehen müssen. Es ist enttäuschend zu sehen, dass Rick einfach so an sein altes Familienleben anknüpft und Lori die Sache mit Shane anscheinend mal eben so klären kann. Man kann für die Zukunft nur hoffen, dass das Drama nicht schon nach drei Folgen abgeschlossen ist oder einfach im Überlebenskampf untergeht. Denn eigentlich lebt "The Walking Dead" von den kleinen Geschichten hinter der Angst und dem Überlebenskampf.
Jamie Lisa Hebisch - myFanbase
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