Die besten Momente 2010/2011
#5.09 One, Maybe Two, Ways Out (Psych)
Manchmal passiert es, dass Serien über sich selbst hinaus wachsen und beginnen, zu glänzen. In solchen Momenten setzt man sich gebannt auf und nickt oder man schüttelt den Kopf, man lacht, weint wie ein kleines Kind oder schreit wie am Spieß, weil man voll und ganz von der Geschichte gefesselt wird. Am allerschönsten sind solche Momente, wenn man sie eigentlich nicht erwartet. Und weil man bei "Psych" generell nicht auf emotionsgeladene Dramen wartet, konnte uns die Serie mit dem bittersüßen Abschied von Shawn und Jules in #5.09 One, Maybe Two, Ways Out positiv überraschen und einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
"Take pictures of moments..."
Die Ausgangslage könnte für Shawn kaum verzwickter sein. Er selbst hat seine Chance bei Juliet vor einiger Zeit bereits vertan, indem er sich relativ eindeutig für Abigail entschieden hatte. Allerdings konnte er seine Gefühle für Juliet nie wirklich abstellen und aus diesem Grund wird es für ihn auch besonders bitter, als seine Herzensdame beginnt, mit Declan auszugehen, welcher der jungen Polizistin offenbar alles zu geben scheint, was sie von Shawn nie bekommen konnte. Der selbsternannte Hellseher tröstet sich allerdings mit der Vorstellung, dass es sich bei der Beziehung von Jules und Declan um eine kleine Romanze handelt, die keinesfalls für die Ewigkeit gemacht ist, und genau hier setzt die Szene an, um die es hier eigentlich geht. Denn Juliet bedankt sich bei Shawn dafür, dass er ihr eine gute Reise wünscht, klärt ihn jedoch darüber auf, dass es sich nicht um einen Kurzurlaub handelt, sondern um einen zweiwöchigen Urlaub an der Amalfi-Küste.
Und dann passiert etwas ganz Erstaunliches – Shawns Gesicht schläft förmlich ein und für den Bruchteil einer Sekunde wirkt er doch tatsächlich sprachlos, was bei dem jungen Ermittler normalerweise schlichtweg ausgeschlossen scheint. Man sieht, dass ihm klar wird, dass der Zug für ihn endgültig abgefahren ist, weil er weiß, wie fest eine Beziehung sein muss, bevor man sich für einen so langen gemeinsamen Urlaub entscheidet. Und Shawns Blick spricht Bände – in seinen Augen ist er der Verlierer des Jahres. Man könnte jetzt allzu typischen Weltschmerz erwarten, ein bitteres Lächeln und einen zynischen Spruch, aber "Psych" wäre nicht "Psych" und Shawn nicht Shawn, wenn der charmante Hochstapler nicht in jeder Situation mit rhetorischer Brillanz zu glänzen wüsste. So rettet er sich auch dieses Mal mit einer Bilderbuch-Ansprache. Und wenn wir ganz ehrlich sind – wer würde angesichts dieser Rede nicht dahin schmelzen?
Shawn sieht der Frau seiner Träume tapfer lächelnd in die Augen und wünscht ihr mit geknickter Miene eine wunderschöne Reise mit seinem Konkurrenten. Er rät ihr vollkommen aufrichtig, Bilder zu machen, nicht von Gebäuden, sondern von Augenblicken, und sie im Kopf und im Herzen zu bewahren. Man kann nicht bestreiten, dass das alles furchtbar schnulzig ist, aber gerade weil Shawn so authentisch bleibt und man nicht eine Sekunde an der Ernsthaftigkeit seiner Worte zweifelt, kann man es Juliet nicht verübeln, dass sie ihn bei einem abschließenden Scherz unterbricht und küsst. Shawn zieht die Stirn in Falten, man sieht, dass er nicht loslassen möchte und Juliet scheint ähnlich zu empfinden, besinnt sich dann jedoch und lässt los. Und als wäre dieser Augenblick nicht schon perfekt genug, schwenkt an diesem Punkt die Kamera, und direkt zwischen Shawn und Juliet hängt ein Portrait Declans an der Wand. Eindeutig und unmissverständlich wird hier wortlos eine Situation gezeigt, die einem als Zuschauer fast das Herz bricht.
Zwar zeigt die Serie durch ihre spritzige und schnelle Art Geschichten zu erzählen, dass die Serienmacher durchaus raffiniert sind, doch man kommt äußerst selten dazu, auch ihr Fingerspitzengefühl bewundern zu dürfen. In diesem Fall werten sie eine absolut ernste Szene durch eine Leichtigkeit auf, die Ihresgleichen sucht und die einen unkompliziert und unbeschwert vollkommen in seinen Bann zieht. Besser kann man im Grunde einen Kuss, auf den die Zuschauer seit fünf Jahren warten, nicht mehr in Szene setzen. Überzeugt haben also technische Spitzfindigkeiten und Glaubhaftigkeit und genau das macht die Szene zu einem Highlight der diesjährigen Staffel.
Eva Kügerl – myFanbase
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