Mozart in the Jungle - Review, Staffel 1

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Denkt man an klassische Musik, so denkt man zunächst wahrscheinlich an gediegene Abende, pompöse Konzertveranstaltungen und adrett gekleidete Damen und Herren. Doch dass sich hinter den Kulissen tatsächlich noch einiges mehr abspielt und die klassische Musikwelt keinesfalls nur fein und lieblich, sondern tatsächlich auch wild und knallhart sein kann, versuchen Roman Coppola, Jason Schwartzman und Alex Timbers mit ihrem neuen Dramedyprojekt "Mozart in the Jungle" gemäß dem Motto Sex, Drugs, and Classical Music des Vorlageromans von Blair Tindall unter Beweis zu stellen. Nun ist "Mozart in the Jungle" beileibe keine Serie über hemmungslose Parties, Drogenorgien und Saufabende mit gezücktem Geigenbogen, doch bieder und brav sind definitiv auch keine Adjektive, die man zur Beschreibung benutzen sollte. "Mozart in the Jungle" ist vielmehr eine kleine, aber feine Dramedy, die einen erfrischenden, nicht immer ganz ernst gemeinten Blick in die Welt der klassischen Musik wirft mit ihren um Erfolg kämpfenden Jungkünstlern, den etablierten Orchestermitgliedern und den egomanischen Genies in Form zweier Maestros, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

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Lole Kirke, Mozart in the Jungle
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Prinzipiell erzählt "Mozart in the Jungle" zwei Geschichten, die im Verlauf der zehn halbstündigen Episoden von Staffel 1 immer mehr miteinander konvergieren. Den Einstieg in die klassische Künstlerszene von New York wird dem Zuschauer ermöglicht durch Protagonistin Hailey (Lola Kirke, die jüngere Schwester von "Girls"-Star Jemima Kirke), eine junge, naive wie ehrgeizige, doch insgesamt sympathische Oboistin, die es unbedingt ins New York Symphony Orchestra schaffen will. Hier treffen wir auf den neuen Dirigenten des Orchesters, Rodrigo (Gael García Bernal), der sich nicht nur den Respekt seines eingebildeten und sich ausrangiert fühlenden Vorgängers Thomas (Malcolm McDowell) verdienen muss, sondern auch eine Art künstlerische Krise durchlebt in der Suche nach einem geeigneten Stück für das seiner Meinung nach noch unausgereifte Orchester.

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Mozart in the Jungle
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Wirklich originell ist die Prämisse von "Mozart in the Jungle" also nicht, hat man solche Szenarien um eine/n junge/n Künstler/in auf der Suche nach Erfolg doch schon in vielerlei verschiedener Ausführung gesehen. Auch die Intrigen und Probleme hinter den Kulissen des Orchesters, die Managerin Gloria (Bernadette Peters) mit mäßigem Erfolg einzudämmen versucht, sind nicht unbedingt innovativ – geheime Affären, finanzielle Probleme, bittere Rivalitäten, all das ist bekannt. Gleichzeitig darf man der Serie aber nicht jegliche Originalität absprechen: Wenn Hailey und ihre Musikerfreunde beim Flaschendrehen so lange Schnaps trinken, bis sie mit ihrem Instrument eine falsche Note spielen (und somit verlieren), Rodrigo bei einer Benefizveranstaltung ein spontanes Gläserkonzert veranstaltet oder er das gesamte Orchester in einem abgeschiedenen Hof irgendwo in New York spielen lässt, dann gelingen der Serie Momente, in denen man sich überrascht amüsieren oder staunen darf, und dann gelingt es, aus dem typischen Schema auszubrechen.

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Gael García Bernal, Mozart in the Jungle
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Doch da, wo das Drehbuch in der Regel recht einfach gestrickt ist, kommt zum Glück der größtenteils stark aufspielende Cast zur Rettung, allen voran Gael García Bernal, der als exzentrischer wie liebenswürdiger Rodrigo eine Wucht ist. Bernal schafft es, dem selbstzentrierten und künstlerisch in völlig abgehobenen Sphären sinnierenden Maestro einen Charme und eine Großherzigkeit zu verleihen, dass man im Handumdrehen all die Bewunderung und Begeisterung, die ihm von allen Seiten entgegenströmt, sofort nachvollziehen kann. Dank Bernal ist Rodrigo mehr als nur ein verrückter musischer Genius, er wird zu einem Mann mit seinen eigenen Zweifeln und Ängsten, der besonders in Interaktion mit Thomas und Ana Maria, aber auch mit Gloria und Hailey ("Heilei!") wunderbare Momente liefert. Dagegen wirken Charaktere wie die verführerische Cellistin Cynthia oder auch Protagonistin Hailey selbst manchmal noch etwas blass.

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Malcolm McDowell, Bernadette Peters & Gael García Bernal, Mozart in the Jungle
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Einen weiteren großen Trumpf im Ärmel hat "Mozart in the Jungle" schließlich noch durch sein Setting: Die klassische Musiker- bzw. Künstlerszene von New York bietet vielfältige Möglichkeiten, um deren unterschiedliche Facetten zu zeigen. Neben dem Hauptstandort der Oper führt uns die Serie in die Orchestergräben des Broadway, in Aufnahmestudios für Filmmusik, in prunkvolle Villen für Benefizveranstaltungen, aber auch in die bescheidenen Künstler-WGs von Hailey und ihren Freunden. Und dabei wird einem klar, dass es noch einen weiteren Protagonisten gibt, der all diese Orte und die dortigen Menschen zusammenbringt: die (klassische) Musik in all ihren Formen. Denn schließlich ist es die Musik, um die es geht, die die Leute antreibt, alles von ihnen verlangt und alles aus ihnen herausholt.

Mit "Mozart in the Jungle" beweist Amazon, dass es auch auf dem Comedy-/Dramedysektor im Kommen ist. Nach dem hervorragenden "Transparent" liefert der Onlineanbieter mit "Mozart in the Jungle" eine lockere, unaufgeregte, liebenswerte und überaus humorvolle kleine Dramedy, die storytechnisch zwar nicht hochoriginell ist und noch einiges an Potential ausschöpfen könnte, allerdings definitiv ihre Glanzmomente hat, und zudem mit einem wunderbaren Gael García Bernal aufzutrumpfen vermag. Die halbstündigen Episoden vergehen wie im Fluge und lassen den Zuschauer mit einem wohligen Gefühl und der Lust auf eine zweite Staffel zurück.

Maria Gruber - myFanbase

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