Painkiller - Review Miniserie

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Schon in meinen Betrachtungen für die vielversprechendsten Neustarts habe ich Netflix-Neuling "Painkiller" nicht ohne eine Parallele zu "Dopesick" nennen können. Da aber nicht einmal zwei Jahre zwischen der Veröffentlichung vergangen sind, wäre es aber wohl umgekehrt seltsam gewesen, keine Vergleichsmomente zu suchen, gerade weil ich "Dopesick" von Hulu (hierzulande auf Disney+ zu streamen) auch tatsächlich gesehen habe und sehr beeindruckt war. In Bezug auf "Painkiller" habe mich daher sehr konkret die Frage gestellt: warum nach dieser so erfolgreichen Produktion ein so ähnliches Thema wählen? Wie unterschiedlich sind die beiden Miniserien nun also?

Foto: Jamaal Grant & Uzo Aduba, Painkiller - Copyright: 2023 Netflix, Inc.; Keri Anderson/Netflix
Jamaal Grant & Uzo Aduba, Painkiller
© 2023 Netflix, Inc.; Keri Anderson/Netflix

Mein größter und fast auch schon einziger Kritikpunkt bei "Dopesick" war wohl, dass ich die Erzählweise manches Mal herausfordernd fand, da oft hin- und hergesprungen wurde und ich so mit der Orientierung zu kämpfen hätte. "Painkiller" ist an dieser Stelle die einfachere Erzählung, weil es eigentlich zwei Zeitebenen gibt. Wir haben die Ermittlerin der Staatsanwaltschaft, Edie Flowers (Uzo Aduba), die in der Gegenwart ihre Zeugenaussage tätigt und dabei die ganze Geschichte von Familie Sackler und Pharma Purdue durchgeht. Sie fungiert also als Erzählerin. Das ist durchaus eine clevere Idee, weil Aduba als Schauspielerin eine magnetische Wirkung hat und in ihren Erzählungen eine Bandbreite an Gefühlen abbildet. Dazu hilft es durch ihre stetigen Kommentierungen, das Geschehen noch einmal besser einzuordnen. Die Kommentierungen gehen aber nicht immer konsequent auf. Denn wenn die Vergangenheit chronologisch erzählt wird, dann kommentiert Edie manchmal etwas sprunghaft und aus dem Zusammenhang gerissen. Das sind aber nur kleinere Stellen, die mich auch nicht arg gestört haben. Die Vorteile der Erzählweise überwiegen für mich. An anderer Stelle kann man die erzählerische Stilistik wieder kritisieren, da wären für mich beispielsweise Sequenzen zu nennen, wenn das Geschehen auf emotionale Höhepunkte zusteuert und wo dann wilde Zusammenschnitte einen hektischen Eindruck erwecken, so dass sich die Emotionalität gar nicht richtig entfalten kann.

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Blicke ich in einem nächsten Schritt auf den Inhalt, dann muss ich eingestehen, wie überrascht ich darüber war, dass die Parallelen wirklich gravierend sind. Dass echte Figuren wie Richard Sackler (Matthew Broderick), Howard Udell (Brian Markinson) oder auch Dr. Curtis Wright (Noah Harpster) in beiden Serien auftauchen, damit war zu rechnen, denn sie sind Schlüsselfiguren, die eben auch vor Gericht unter die Lupe genommen wurden, so dass die Geschichte von der Opioid-Epidemie nicht ohne diese zu erzählen ist. Aber dass sonst alle Ebenen absolut gleich gewählt wurden? Hätte nicht sein müssen. Hier haben wir genauso die Sichtweise der Sacklers und des Unternehmens und dabei eben speziell Richard im Fokus. Dann haben wir die Sichtweise der Pharmavertreter, wir haben eine Opfergeschichte und wir haben zuletzt eben die Bemühungen der Ermittlungsseite. In den Details gibt es dann wieder mehr Unterschiede, dazu später mehr, aber es gibt wirklich genug Szenen, die mir so vertraut waren, weil sie in der Grundprämisse haargenau so auch schon in "Dopesick" abgebildet wurden. Das verrät vermutlich auch, dass für mich der zeitliche Abstand zwischen den beiden Serien nicht lange genug war. Diese Vertrautheit, dieses sich Wiederholende, das hat mir manchmal die Konzentration geraubt.

Foto: Painkiller - Copyright: 2023 Netflix, Inc.; Keri Anderson/Netflix
Painkiller
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Die Perspektive der Sacklers ist für mich in "Painkiller" der Teilaspekt, mit dem ich noch am meisten hadere. Denn die Familie wird hier fast schon wie eine Parodie gezeichnet, was in "Dopesick" nicht der Fall war. Fakt ist jedenfalls, Sympathien mit den Sacklers wollte diese Produktion nicht erwecken. Dafür wirkt die ganze Familie einfach zu lächerlich, vor allem, wenn sie sich wie die Irren anschreien. Richard wirkt in all dem noch wie der mit dem kühnsten Weitblick und dennoch wird er wie ein kleiner Junge gezeichnet, der schon im Kindesalter von seinem visionären Onkel Arthur (Clark Gregg) eingetrichtert bekommt, dass sein Vater ein Versager ist und er sich lieber an seine Parolen halten sollte und demnach wäre das große Geld in der Pharmaindustrie zu machen, um den Namen Sackler in neue Himmelssphären zu heben. Richard hat sich immer schon in dieser Tradition gesehen, doch er konnte nie aus dem Schatten seines Onkels treten und sein eigener Mann werden, kein Wunder also, dass nahezu immer der gute Onkel als Geisteserscheinung an seiner Seite dabei ist. Dieser ist nur am Kritisieren, am Lamentieren, also versucht Richard den dicken Macker nach außen abzugeben. Wenn er dann immer mit seinem Kampfhund seinen Aufritt hat und die Kamera schön die schaukelnden Geschlechtsteile des Rüden einfängt, dann ist eigentlich schon alles gesagt. Richard ist so klein mit Hut und muss daher verzweifelt etwas nach außen darstellen, was er wohl wahrlich nicht ist. Daher gibt es über die sechs Episoden hinweg nicht einen Moment, wo ich diesen Mann einmal ernst nehmen konnte. Er ist die Spitze eines Eisberges, der der Haufen der Sacklers ist. Dass eine Familie, die sich schön ihre Milliarden auf Kosten von Hundertausenden Leben angehäuft haben, nicht ernstzunehmen ist, das ist richtig, aber sie sind ihrer Abscheulichkeit doch bitterer Ernst. Deswegen hatte diese parodistische Ausrichtung ihre Unterhaltungsmomente, aber mir war es eigentlich fast schon zu lächerlich für das, war diese Menschen angerichtet haben. Zumal sie kein Einzelfall sind, sondern das repräsentieren, was diese Welt so krank macht. Es ist keine Fiktion, es ist Realität und dem wurde hier etwas die Schärfe genommen.

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Bei den anderen Erzählperspektiven habe ich eine solche Kritik nicht anzubringen, aber weil sie sich in ihren Schwerpunkten schon so vertraut anfühlten, war es natürlich sehr vorhersehbar. Dennoch ist es schauspielerisch schon sehr überzeugend gemacht werden, auch ein Broderick hat mich mit seiner übertriebenen Darstellung von Richard Sackler gepackt bekommen. Das ist also insgesamt das Glück von "Painkiller", dass es durch packende schauspielerische Leistung nicht belanglos geworden ist. Taylor Kitsch hat den medikamentensüchtigen Glen sehr überzeugend dargestellt. Ein hart arbeitender Automechaniker, bei dem ein Arbeitsunfall das Leben für immer verändert, weil er ihm statt Vicodin irgendwann OxyContin verschrieben wird. Der, der sonst alles für seine kleine Mitarbeiterschar zusammengehalten wird, krabbelt irgendwann wie besessen durch die Küche, um eine hinter den Schrank gefallene blaue Glückspille zu kriegen und macht seiner ganzen Familie Angst. Ich fand Greg besonders spannend im Zusammenspiel mit seinem Stiefsohn Tyler (Jack Mulhern), denn Letzterer hat durch sein kindisches Verhalten am Arbeitsgerät den Unfall überhaupt provoziert. Er sieht also hilflos mit, wie Greg sich immer mehr verändert, er hat Schuldgefühle, doch die dürfen ihn eben nicht dahintreiben, schuldbewusst auch noch die Sucht zu fördern. Deswegen war diese innere Zerrissenheit wirklich großartig dargestellt und generell konnte einem diese Familie einfach nur leid tun.

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Aduba als Schauspielmacht habe ich bereits angesprochen, aber das kann sie eben nicht nur als Erzählerin, sondern auch in der Geschichte selbst, wenn sie als hartnäckige Ermittlerin überall dorthin geht, wo Nachfragen wehtut. Ihr ist es wahrlich nicht leicht gemacht worden, nachdem sie einmal Purdue Pharma ins Visier genommen hat, aber aufgegeben hat sie eben nie und die Energie ist übergesprungen. Bei ihr fand ich auch interessant, dass sie mit dem Thema privat eine Verbindung hat. Jahrelang hat sie ihren Bruder Shawn (Jamaal Grant), der als Drogendealer auch die gemeinsame Mutter in die Sucht getrieben hat, als den Bösen in der Geschichte gesehen, weswegen die seltenen Gefängnisbesuche von bitteren Vorwürfen begleitet waren. Doch Edies Kampf gegen die Sacklers und alle anderen hohen Tiere zeigt ihr deutlich, dass das Übel wo ganz anders gedeiht und das war eine interessante Betrachtung auf Sucht als Krankheit und wo fängt gesellschaftliche Verantwortung an. Zuletzt haben wir dann noch die guten Pharmavertreter. Während in "Dopesick" in meinen Augen ein Gesellschaftsquerschnitt für diesen Job angeheuert wurde, finden wir hier einen Schwerpunkt auf das weibliche Geschlecht vor. Frauen werden schon als Studentinnen angeworben und von ihren Mentorinnen solange herangezogen, bis sie selbst wiederum neuen Nachwuchs heranziehen können. Auch wenn "Painkiller" hier noch stärker eine Strategie abbildet, insgesamt sind die Themen doch sehr ähnlich, denn es geht um Geldgier, Gewissenslosigkeit, Verführung, Sexismus, toxische Manipulation und durch die Augen von Shannon Schaeffer (West Duchovny) erleben wir dann mit, wie der anfängliche Reiz, chic ausgestattet zu werden und sich irgendwann endlich den eigenen Sportwagen und die eigene Wohnung leisten zu können, ganz langsam verblasst, je mehr sie mit der Realität konfrontiert wird und dass sie durch ihr Vorgehen ein Teil einer Kausalkette ist, die Furchtbares anrichtet.

Insgesamt bleibt mir für den direkten Vergleich zu sagen, dass ich mit "Dopesick" die in meinen Augen bessere Umsetzung glücklicherweise zuerst gesehen habe. Sie war noch einmal umfänglicher und sie war vor allem viel emotionaler erzählt. Dennoch rate ich hiermit keinesfalls von "Painkiller" ab, denn die wichtigsten Infos sind auch hier inhaltlich verpackt und das sogar kompakter und vielleicht dadurch auch leichter verständlich. Geschmäcker und Erwartungen sind bekanntlich verschieden, weswegen die Netflix-Version sicherlich für sehr viele genau passend sein wird. Unterm Strich bleibt für mich sowieso, eine der beiden sollte man eigentlich gesehen haben, denn es geht eben nicht nur um Purdue Pharma, sondern dass die Welt voll von Purdue Pharmas und Familien wie den Sacklers ist und eine Sensibilisierung für Themen dieser Art einfach wichtig ist.

Fazit

Ob "Painkiller" mit diesen großen inhaltlichen Parallelen wirklich so schnell nach "Dopesick" von Hulu veröffentlicht werden musste, das ist wohl eine kritische Frage, die man stellen darf. Denn Vergleiche sind so nicht zu vermeiden. Möglichst losgelöst von diesem Zusammenhang bewerte ich "Painkiller" aber als gut gemacht, weil mit einer kompakten Erzählweise und schauspielerischerer Exzellenz überzeugt wird. Vielleicht ist die lächerliche Darstellung der Sacklers nicht ideal, aber insgesamt betreibt "Painkiller" wichtige Aufklärungsarbeit.

Die Serie "Painkiller" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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