Sie weiß von dir - Review Staffel 1
"Sie weiß von dir" (Original: "Behind Her Eyes") basiert auf einem Roman von Sarah Pinbourough, der nun für den Streamingdienst Netflix in Form einer sechsteiligen Miniserie adaptiert wurde. Ich habe die Vorlage nicht gelesen, aber immer wenn von dem Buch die Rede war, sprachen alle nur von DEM Ende. Selbst Netflix hat angefangen, die neue Serie so zu bewerben. Wer da nicht neugierig wird, bei dem weiß ich es auch nicht. Zuletzt habe ich so etwas bei "Gone Girl - Das perfekte Opfer" von Gillian Flynn erlebt, nur dass dort schon in der Mitte der große Twist kam. Aber je mehr man psychologische Thriller in Buch-, Film- und Serienform konsumiert, desto öfter kommt man an den Punkt, dass man eben nicht mehr überrascht wird. Was hält nun also DAS Ende her?
Das Anfangstempo der Serie wirkt auf der einen Seite recht langsam, denn immerhin wurde angekündigt, dass Hauptfigur Louise (Simona Brown) zunehmend Opfer von Psychospielchen wird, aber auf der anderen Seite haben die ersten beiden, und teilweise auch die dritte Episode noch, sehr geholfen, sich mit den drei zentralen Figuren vertraut zu machen. Louise ist von Anfang an die Sympathieträgerin, die zwar nicht immer ehrlich ist und damit letztlich ihr eigenes Schicksal besiegelt, aber die dennoch die ist, die bemerkt, wie traurig Adele (Eve Hewson) und David (Tom Bateman) eigentlich sind. Sie fühlt sich davon angezogen, denn auch sie selbst hat nach ihrer Scheidung und als alleinerziehende Mutter von Adam (Tyler Howitt) mit Einsamkeit zu kämpfen. Ihr Verhalten ist also sehr menschlich und davon fühlt man sich angezogen. Auf der anderen Seite rufen Adele und David sofort Skepsis hervor. Er mag zwar unheimlich charmant wirken, doch wenn man erlebt, wie er mit seiner Ehefrau umgeht, dann stellen sich einem die Nackenharre auf. Doch auch Adele ist kein reines Opfer. Selbst wenn man miterlebt, wie zurückweisend sich David ihr gegenüber verhält, so würde man sie am liebsten dafür schütteln, wie übertrieben sie nach seiner Liebe giert. Und Besessenheit ist bekanntlich keine hilfreiche Angewohnheit.
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Mit diesen höchst unterschiedlichen Figuren taucht man nun also in das Geschehen ein und nach und nach mehren sich die Ereignisse, die man als Zuschauer zu hinterfragen beginnt. Je näher es Richtung Ende geht, desto mehr weiß man, dass nun jeder kleine Hinweis zur Lösung des Rätsels wird beitragen können und dieses Schärfen der Sinneswahrnehmung ist immer wieder ein Erlebnis beim Konsumieren von dementsprechenden Büchern, Filmen oder Serien. Da der Effekt bei mir eingetreten ist, kann ich an dieser Stelle die Serie erstmal nur loben. Entscheidend dazu beigetragen haben natürlich die Erzählweise und die sehr überzeugenden schauspielerischen Leistungen. Vor allem Hewson ist wirklich ein Erlebnis, denn wenn man sie als Adele in der Therapie, als verunsicherte Ehefrau Adele und als munter manipulierende Adele erlebt, dann zeigt sich sehr schnell, welch eine Bandbreite sie darstellen musste und ich habe ihr alles abgekauft. Ich musste aufgrund ihres Aussehens oft an Schneewittchen denken, aber an ein Schneewittchen gone bad und das hat schon viel Spaß bereitet. Aber auch Brown war eine hervorragende Besetzung, da sie bis zum Schluss trotz all der Entscheidungen ihrer Figur den Zuschauer bei sich behält.
Nun kommt aber der Teil der Review, der mir ein wenig Bauchschmerzen bereitet, weil ich immer noch höchst unentschlossen bin, wie ich den ersten Twist der Serie bewerten soll. Denn ja, es gibt gleich zwei. Im Vorfeld hatte ich nicht gesehen, dass die Serie auch in die Genres 'Supernatural' und 'Mystery' eingestuft worden ist. Dann hätte mich die erste Entwicklung nämlich sicherlich nicht so sehr überrascht. Ich fand den Ansatz von der Grundidee her eher spirituell und da ich dies niemandem absprechen möchte, will ich die Auflösung hierfür nicht verurteilen, doch so etwas habe ich schlichtweg nicht erwartet, weswegen ich eine gewisse Enttäuschung nicht verbergen kann. Ich finde Psychothriller so faszinierend, weil sie tief in die Psyche des Menschen eintauchen und immer wieder offenbaren, dass 'gut' und 'böse' keine Kategorien sind, nach denen man sie der Einfachheit halber einsortieren kann. Deswegen fand ich es so toll zu sehen, wie Adele mit ihren Mitmenschen spielt und sie vor allem gegeneinander ausspielt. Für diese Fähigkeiten nun eine spirituelle Lösung anzubieten, hat mich eiskalt erwischt, denn in genug Produktionen kommt genau das auch ohne Seelenwanderung zustande. Auch wenn jetzt keine wissenschaftlichen Hintergründe erläutert werden, was auch nicht sein muss, so gab es wenigstens die Gemeinsamkeit mit dem Schlafwandeln. Aber restlose Begeisterung gibt es da von meiner Seite aus definitiv nicht.
© 2021 Netflix, Inc.; Mark Mainz/Netflix
Eng verbunden mit dem ersten Twist ist dann der zweite, der ohne den ersten gar nicht möglich wäre. Und hier muss ich sagen, dass ich hier wirklich von DEM Ende sprechen kann. Mit der ersten Entwicklung hatte ich schon nicht gerechnet, mit der zweiten aber mal gar nicht. Natürlich kann ich rückblickend die Hinweise auf diese Auflösung zusammensetzen, aber in all den Lösungswegen, die in meinem Kopf entstanden sind, war diese Variante definitiv nicht dabei. Und auch wenn das eine mit dem anderen eng zusammenhängt, so kann ich mit dem zweiten Twist definitiv besser leben, denn in der Konsequenz der Serie ist es der nötige Schritt für den Wow-Effekt. Wegen dieses Endes werden einige Leute über "Sie weiß von dir" reden und das heute im breiten Angebot an Serien zu schaffen, ist eine Kunst. Dennoch muss ich einschränken, dass ich die Entwicklung hin zu dieser Wendung gerne besser ausgearbeitet hätte. Mir ist bewusst, dass absichtlich verschleiert werden sollte, aber für einen Psychothriller fehlt mir am Ende bei der entscheidenden Figur der nachvollziehbare Blick in eben diese Psyche. Warum ist diese, wie sie ist? Einiges kann man sich denken, aber Lücken werden bleiben.
Fazit
"Sie weiß von dir" wird definitiv als die Miniserie in Erinnerung bleiben, die gleich zwei Wendungen beinhaltet, die wohl kaum jemand kommen sah. Außer natürlich die, welche die Buchvorlage schon kannten. Ich habe für mich nicht abschließend beurteilen können, wie begeistert oder enttäuscht ich davon sein soll, aber das wird wohl mehr als bei anderen Serien völlige Geschmacksache sein. Aber die Serie hat schauspielerisch das Maximum rausgeholt und ist in sich, in ihrer Logik, bis zum bitteren Ende sehr konsequent. Und es ist eben die Serie, die die Menschen nachhaltig beschäftigen wird. Ich werde jedenfalls einiges von dem Erlebten noch länger mit mir herumtragen.
Lena Donth – myFanbase
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