The Bear: King of the Kitchen - Review Staffel 3
Drei Sommer – Drei Staffeln "The Bear: King of the Kitchen". Es ist schon beeindruckend, mit welcher Konstanz hier jeweils eine neue Staffel angeboten wird, vor allem für den Umstand, dass die schon vielfach ausgezeichnete Serie eine Kunstform aus einer gewissen Perspektive ist und trotzdem offenbar die kreativen Ideen drum herum nur so sprudeln. In "The Bear" habe ich schon einiges angeboten bekommen, was ich sonst so noch nicht im Fernsehen erlebt habe. Aber auch das lutscht sich möglicherweise irgendwann aus, weswegen ich nach zwei ausgezeichneten Staffeln doch immer im Hinterkopf habe: Wie lange kann man das fortfahren? Ob die dritte Staffel darauf konkretere Antworten gibt?
Es geht gleich mit einer Episode los, anhand derer ich das Thema Comedyserie mal wieder nicht ausklammern kann. "The Flight Attendant" war eine ganz ähnliche Produktion. Auch wenn ich Comedyserien keinesfalls plump als Sitcoms betrachte, denn beispielsweise "Hacks" und "Only Murders in the Building" sind hervorragende Beispiele für intelligenten Humor, der nicht auf Schenkelklopfer abzielt, so gibt es für mich dennoch gewisse Grenzen, was man unterm Strich als Comedy/Satire verkaufen kann. "The Bear" gehört definitiv nicht dazu, was diese Auftaktepisode beweist. Sie kommt sehr ruhig daher, weil sie anhand von Rückblenden Carmys (Jeremy Allen White) Weg hin zum Chefkoch begleitet und dabei aufbaut, warum er der ist, der er ist und quasi gerade erst um sich herum sein Privat- und Berufsleben hat explodieren lassen. Es schwingen Themen wie Missbrauch und PTBS mit und wer dort ein Lachen aufsteigen spürt, dem würde ich es gleich am liebsten im Keim ersticken. All die Nominierungen, vor allem für die Schauspieler*innen, rühren in meinen Augen auch nicht von den lustigen (klar gibt es die) Momenten her, sondern von den tiefgründigen, die ihren Wert in den ersten Themen finden. Dementsprechend muss hier für die Zukunft im Bereich der Awards eine Lösung gefunden werden, denn wenn die Comedykategorien von dramatisch hervorragenden Leistungen dominiert werden, dann geht in meinen Augen unter, dass komödiantisches Schauspiel eine ganz eigene Kunst ist, die ebenfalls eine Ehrung verdient. Humor bei "The Bear" wird eher durch Charakterzüge und die Echtzeit-Episoden erzeugt, denn es entsteht eine ungeheure Spannung, der Alltag IST lustig und oft bricht es aus, weil es auch Entladung braucht. Aber das finde ich in jeder anderen Dramaepisode auch, siehe Amanda Seyfried in "The Dropout", deren Tanzmoves als Elizabeth Holmes viral gegangen sind. Und das war auch keine Comedy.
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Über der Staffel liegt ohnehin ein trauriger Schleier. Die drei Hauptfiguren, zumindest nehme ich sie immer zentraler als den Rest wahr, haben alle ein großes Päckchen zu tragen, was schwer auf ihrer Seele legt. Bei Carmy haben wir den Einfluss der Vergangenheit schon angesprochen, die ihn nun antreibt, endlich seinen ersten Michelin-Stern zu bekommen und das mit der Perfektion, die ihm jahrelang eingetrichtert worden ist, die aber die Menschen um ihn herum verjagt. Auch wenn Carmy über den Staffelverlauf hinweg wirklich tolle Gespräche führt, in denen er seine weiche und nachdenkliche Seite ausleben darf, aber er verliert sich spätestens mit den nahenden Öffnungszeiten des Restaurants immer wieder in das Ich, von dem man lieber Abstand sucht. Dazu hängt über der gesamten Staffel auch ein klärendes Gespräch mit Claire (Molly Gordon), zu dem es aber nicht kommt. Sydney (Ayo Edebiri) wiederum wird durch Carmys Art und trotz des vorliegenden Partnerschaftsvertrags daran erinnert, dass sie wohl immer zurückstehen wird. Es war eindeutig nicht die Staffel für Sydney und ich empfand sie auch als isolierter, obwohl sie nun wirklich niemandem etwas angetan hat. Aber es war schon etwas schade, dass alle um sie herum sie immer wieder zur Unterschrift gedrängt haben, aber niemand hat mal wirklich das Gespräch mit ihr gesucht, um zu verstehen, warum sie den Kringel auf dem Papier noch nicht machen konnte. Auch wenn Edebiri viel dazu beiträgt, dass auch ohne große Worte Sydneys innerer Kampf sichtbar ist, so war es etwas schade, dass es so nach innen gekehrt war, gerade weil Sydney ein sehr soziales Wesen ist.
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Richie (Ebon Moss-Bachrach) wiederum liegt natürlich mit Carmy im neuen Klinsch und empfindet von ihm eine zu große Einmischung in seinem Bereich, dem Service. Aber auch privat ist er an einem Wendepunkt, denn Tiffany (Gillian Jacobs) und Frank (Josh Hartnett) werden heiraten, was ihn daran erinnert, dass sein Kapitel mit der Mutter seiner Tochter Eva (Annabelle Toomey) endgültig geschlossen ist. Dazu konfrontiert ihn seine Tochter mit der Einschätzung, dass er einsam ist, was ihm zusätzlich eine Bürde aufgibt, weil er sich fragen muss, ob das wohl stimmt, obwohl tagtäglich Dutzende Menschen um ihn herum sind. Auch wenn alle drei auf ihre Art etwas durchzumachen haben, so fühlt es sich im Vergleich zu den anderen beiden Staffeln als zu wenig an. Bei zehn Episoden, die auch einige Monate Zeit überbrücken, fällt schnell auf, dass sich eigentlich wenig tut. Sowohl innerlich bei den Figuren und ihren Konflikten, aber auch äußerlich mit größeren Themenblöcken. Wir haben natürlich das Streben nach dem Michelin-Stern, mit dem Carmy alle in den Wahnsinn treibt. Wir haben Jimmy (Oliver Platt), der immer der Mahner im Hintergrund ist, auch weil er Carmy verheimlicht, warum sich alsbald großer Erfolg einstellen muss und wir haben die Erkenntnis, dass ein Restaurantkritiker da war und nun auf die große Rezension gewartet wird. Aber insgesamt ist all das im Vergleich zu dem, was wir bislang von der Serie her kennen, deutlich weniger.
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Positives gibt es dennoch mehr als genug zu vermelden. Der angesprochene Jimmy hat für mich die bislang stärkste Staffel. Er ist immer der, der den Finger in die Wunde legt, aber gleichzeitig bleibt hinter der harten Schale immer zu erkennen, dass er den Erfolg ihnen allen zusammen wirklich wünscht. Speziell aber der Einblick in die eigenen Schuldgefühle fand ich auch sehr authentisch. Alle schleppen diese aus den unterschiedlichen Gründen miteinander rum, weswegen es nie schadet, sie auch mal auszusprechen, denn der Gegenüber kann einem eine ganz andere Perspektive darauf eröffnen. Daran anschließt auch das Thema der Entschuldigung, das sich wie ein roter Faden durchzieht. Ich fand die Sequenz aus Carmys Hilfsgruppe dazu sehr stark, weil gut aufgezeigt wurde, welche Macht eine Entschuldigung auch hat. Und es stand eben nicht nur zwischen Carmy und Claire, sondern auch extrem zwischen Carmy und Richie. Deswegen war es dann so ehrlich bei Marcus (Lionel Boyce), bei dem alle dachten, dass er Schuldgefühle haben würde, zum Todeszeitpunkt seiner Mutter nicht im Krankenhaus gewesen zu sein, aber stattdessen hatte er die Perspektive, dass sie es geliebt hätte, ihn in der Küche zu wissen. Das belegt, dass Schuld einem auch oft aufgebürdet wird und nicht unbedingt aus einem selbst heraus entsteht.
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Weiterhin gibt es wieder sehr, sehr starke Episoden. Ich fand #3.02 Next sehr typisch für die Serie, denn es ist das erste Mal, als alle wichtigen Figuren wieder aufeinandertreffen. Dabei steht im Fokus des Meetings Carmys neuer Standard, der nicht verhandelbar ist. Es war wieder so eine aufbauende Stimmung, wie zuerst Carmy und Sydney zusammenstanden, dann kommt auch noch Richie hinzu und mit jeder neuen Figur wird diese Liste neu ausdiskutiert. Es fliegen 'Fucks', 'Chefs' und 'nicht-verhandelbar' nur so um die Ohren, aber es ist immer wieder beeindruckend, wie so eine Inszenierung dafür sorgt, dass man sich mittendrin fühlt. Sehr eindrücklich war natürlich auch #3.06 Napkins, eine Standalone-Episode von Tina (Liza Colón-Zayas), die auf ihr Leben vor The Bear blickt. Nicht nur war es Edebiris Regie-Debüt, sondern Colón-Zayas hat auch mit ihrem Ehemann David Zayas als Serien-Ehemann David an ihrer Seite spielen dürfen. Es war nicht nur das Miteinander der Ehe, was hier berühren konnte, sondern auch ihr erster, völlig zufälliger Besuch in Michaels (Jon Bernthal) Sandwich-Laden und dann dieses Gespräch zwischen diesen beiden Figuren. In der einen Minute noch völlige Fremde und im nächsten Moment ehrlich genug für ein tiefgründiges Gespräch. Es hat auch viel erklärt, warum Carmy es später so schwer hatte, denn für Tina war Michael tatsächlich lebensverändernd. Genauso darf aber nicht #3.08 Ice Chips vergessen werden. Nachdem klar war, dass Sugar (Abby Elliott) in den Wehen liegt und niemanden erreicht, um mit ihr die Wartezeit auf Petes (Chris Witaske) Ankunft im Krankenhaus zu überbrücken, bleibt nur noch Mutter Donna (Jamie Lee Curtis). Wir haben sie in Staffel 2 schon selbst erlebt und wir haben ihr Leiden gesehen, aber auch wie sehr sie ihren Kindern etwas aufgebürdet hat. Deswegen war Sugars Sorge über ausgerechnet diese Person an ihrer Seite verständlich. Gleichzeitig war es deswegen auch so berührend, denn wir erleben zwei Figuren, zwischen denen viel steht, was beide auch wissen. Keine von beiden macht sich etwas vor, aber beide erkennen, dass dieser konkrete Moment sie zusammengebracht hat. Es ist wieder eine Echtzeit-Episode, die die großen Highlights der Serie bleiben. Wir sind so bei den Peinlichkeiten, bei der unangenehmen Stille, bei den emotionalen Momente, bei den schmerzvollen Momenten und allem anderen dabei. Es bleibt hängen, weil es so echt ist und es ist hoffnungsvoll, weil es vielleicht genau das ist, was bei Donna und ihren verbliebenen Kindern noch etwas für die Zukunft zur Umkehr bewegen kann.
Die Staffel endet dann für mich eher etwas belanglos. Mit der Schließung des 'Ever' hat man zwar innerhalb der Logik der Serie noch einen guten Aufhänger, der auch Olivia Colman, Will Poulter, Joel McHale und andere wieder einbindet, aber gerade weil die Staffel in einigen Aspekten nicht so fokussiert wirkte, fühlte es sich eher wie Füllmaterial an. Speziell natürlich auch, weil noch einiges in der Schwebe hängt, wie die Familiensituation der Berzattos nach Sugars Entbindung, die Rezension, Jimmys Geheimnis und Sydneys Entscheidung. Aber da Staffel 4 mit der dritten bestätigt wurde, wurde natürlich auch langfristig geplant, aber bei den anderen Staffeln war das auch nicht bekannt und dennoch endete es auf einem Höhepunkt mit offen Fragen. Langfristig planen können verführt leider manchmal zum Aufschieben…
Fazit
"The Bear" bietet die bislang schwächste Staffel an, aber deswegen stellt sich für mich keinesfalls eine herbe Enttäuschung dar. Es ist im Vergleich zu zuvor weniger Tempo und Charakterentwicklung drin und vieles wirkt vorbereitend auf die vierte (und vielleicht finale?) Staffel. Aber es gibt weiter herausragende Episoden, die ihresgleichen suchen. Zudem bleibt die Schauspielleistung leidenschaftlich übersprudelnd. Aber es ist klar: der Zenit ist ganz bald erreicht.
Die Serie "The Bear: King of the Kitchen" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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