Atlanta Medical (The Resident) - Review
© 2017 Fox Broadcasting Co.; Justin Stephens/FOX
Keine einzige TV-Season lässt uns im Stich und schwemmt immer mindestens eine neue Arztserie auf den Markt. Neben "The Good Doctor" bei ABC war das in 2017/18 bei Fox "The Resident", das nun als "Atlanta Medical" nach Deutschland kommt. "The Resident" startete zwar erst zur Midseason und damit nicht in direkter Konkurrenz, trotzdem war es im Vergleich zu "The Good Doctor" aber auch die Serie, die mich deutlich weniger interessiert hat. "The Good Doctor" konnte mit der spannenden Frage aufwarten, wie ein autistischer Arzt mit dem Krankenhausalltag umgeht, wo er Patienten berühren und sich mit ihren Emotionen auseinandersetzen muss. Der Trailer von "The Resident" wirkte dagegen eher x-beliebig, so dass mich zum Einschalten eher die mitwirkenden SchauspielerInnen bewogen haben. Emily VanCamp meldet sich nach dem Ende von "Revenge" mit ihrer ersten TV-Rolle zurück und Matt Czuchry ist mir wohlbekannt aus Serien wie "Gilmore Girls" und "Good Wife". Und auch Manish Dayal, u. a. bekannt aus "Switched at Birth", Merrin Dungey ("Alias - Die Agentin") und Malcolm-Jamal Warner ("American Horror Story"), sind wahrlich keine unbekannten Namen für eingefleischte Serienfans.
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© 2017 Fox Broadcasting Co.; David Johnson/FOX
Der Pilot ist mir dann vor allem in Erinnerung geblieben, weil der Krankenhausalltag, ähnlich wie in "Emergency Room - Die Notaufnahme" knallhart abgebildet wird. Devon Pravesh (Manish Dayal) beginnt den ersten Tag seiner Facharztausbildung und startet mit tollkühnen Vorstellungen, die brutal ausgebremst werden. In diesem Zusammenhang kann man "The Resident" gut und gerne als einen Kritiker des amerikanischen Gesundheitssystems bezeichnen. So tauchen Themen wie die Verweigerung von Behandlungen bei Patienten, die keine Krankenversicherung haben, auf oder aber die Betonung, dass ein Krankenhaus mehr Wirtschaftsunternehmen als Heilanstalt ist. Denn teure Untersuchungen werden aus Kostengründen verweigert und der Starchirurg Randolph Bell (Bruce Greenwood), bei dem sich vermehrt Behandlungsfehler häufen, wird gedeckt, weil er sich wunderbar für die PR eignet, die die Geschäfte weiterhin ankurbeln soll. Damit verbunden sind dann auch viele gesellschaftskritische Themen. Bell wird eben auch gedeckt, weil er durch Manipulation und Erpressung sein überwiegend weibliches Personal bei der Stange halten kann. Mina Okafor (Shaunette Renée Wilson), die Bell immer häufiger als seinen Ersatz anfordert, hat er in der Tasche, weil sie es als schwarze Chirurgin nur schaffen kann, weil sie von einem weißen Mann ausgebildet wird.
Diese scharfe Kritik hat die Serie in meinen Augen in den ersten zwei Folgen auf jeden Fall zentral ausgemacht. Mit der Zeit wendet sich das Bild jedoch etwas. Natürlich wird der kritische Blick auf das Gesundheitssystem stets beibehalten, aber da alle interagierenden Figuren inzwischen zur Genüge eingeführt wurden, können sich die Drehbuchautoren auch mehr und mehr auf einzelne Charakterentwicklungen und Beziehungen den Figuren untereinander konzentrieren. Dadurch wurde ich definitiv erst richtig an diese Serie gebunden, weil ich mich mehr heimisch in der Serie fühlen konnte. Als besonderes Highlight erweist sich die Entwicklung von Mina, die anfangs die kühle Chirurgin mimt, weil sie glaubt, dass sie es nur schaffen kann, wenn sie möglichst wenig Emotionen an sich heranlässt. Im Kontakt mit ihren Kollegen, mit einer späteren Affäre und schließlich mit dem neuen Chirurgen AJ Austin (Malcolm-Jamal Warner), der sie stets vor Herausforderungen stellt, entwickelt sie sich zu einer sehr ambivalenten Persönlichkeit, die man sehr gerne begleitet.
Aber auch das Trio, bestehend aus Conrad Hawkins (Matt Czuchry), Nic Nevin (Emily VanCamp) und Devon Pravesh hat eine sehr unterhaltsame Entwicklung, da sie die erste Anlaufstelle im Krankenhaus sind und von da aus im übertragenen Sinne eine Widerstandgruppe formen, die viel hintenherum agiert, da sie stets das Wohl des Patienten in den Vordergrund stellen. Zwischen Conrad und Nic besteht dabei ein kleines Katz-und-Maus-Spiel, was ihre romantischen Gefühle füreinander angeht, und ergänzt werden sie durch Devon, der nach und nach seine Illusionen ablegt und Conrad und Nic bei allem unterstützt. Hinzunehmen müsste man auch noch Irving Feldman (Tasso Feldman), der nur eine Nebenrolle hat, aber als Notfallmediziner definitiv für die lustigen Momente in der Serie sorgt.
Neben der harten Realität und dem Humor dürfen aber die tiefen Emotionen nicht fehlen, die überwiegend durch die medizinischen Fälle transportiert werden. Natürlich gibt es auch die klassischen Fälle der Woche, "The Resident" besticht in meinen Augen aber eher durch die längerfristig angelegten Patientenfälle. Da ist zum einen der Fall von Lily Kendall (großartig gespielt von Violett Beane), der Conrad, Nic und Devon begegnen, weil sie mit einer Krebserkrankung eingeliefert und als Chemotherapiepatientin von Lane Hunter (Melina Kanakaredes) behandelt wird. Nach und nach entsteht bei Nic der Verdacht, dass Hunter ihre Patienten fälschlich diagnostiziert, um die teuren Behandlungsmethoden aufrechterhalten zu können. Dabei ergibt sich ein Wettlauf um das Leben von Lily, an die sich die drei anderen schon längst emotional gebunden haben. Zudem haben wir noch Micah Stevens (Patrick R. Walker), der nach einer gemeinsamen Nacht mit Mina, mit Herzproblemen ins Krankenhaus eingeliefert wird. Durch seine Aufnahme als Patient ergeben sich einige lustige, traurige, aber allesamt starke Momente, weil Micah sich in Minas Leben nicht als Mann für eine Nacht sieht und sie daher durchweg umgarnt und weil Mina dadurch begreift, dass sie schon längst mehr für den jungen Mann empfindet.
Fazit
Es gibt auch noch weitere größere Storylines, die ich hier nicht erwähnen möchte, um nicht zu viel vom Sehvergnügen vorweg zu nehmen. Insgesamt möchte ich aber das Resümee ziehen, dass diese Serie von Episode zu Episode immer stärker wird. Während in den ersten Folgen eher der brutale Blick auf den Krankenhausalltag Faszination und Respekt auslöst, sind es später vor allem die Figuren und ihre Handlungen, die einen an die Serie binden. Ich hatte "The Resident" als absoluten Underdog eingeschätzt und war dann sehr überrascht, wie begeistert ich letztlich doch war. Daher spreche ich eine absolute Sehempfehlung aus!
Lena Donth - myFanbase
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