Troppo - Review Staffel 1
Die australische Serie "Troppo", die 2022 bei ABC Australia ausgestrahlt wurde, hat es nach Deutschland über Freevee, Amazons kostenlosen Streamingdienst mit Werbung, geschafft. Für mich war es sofort ein Muss, in diese Serie mal reinzusehen, beruht sie doch auf einer Krimireihe nach Candice Fox, eine australische Autorin, die sowohl mit ihrer "Hades"-Trilogie als auch mit ihrer "Crimson Lake"-Reihe (auf der die Serie nun auch beruht) deutschen Buchfans schon beweisen konnte, dass sie einen Hang für düstere Geschichte mit außergewöhnlichem Faktor durch ihre Figuren hat. Daher war ich doch sehr gespannt, wie sich diese recht individuelle Stilistik nun in einer Serienadaption wiederkennen lässt.
© Troppo Productions; Bradley Patrick
"Crimson Lake" ist schon wieder ein paar Jährchen zurückliegend, weswegen ich noch einmal nach dem Kriminalroman gegriffen und ein bisschen drin geblättert habe, denn an den Fall konnte ich mich tatsächlich kaum noch erinnern. Doch die einzelnen Satzfetzen haben mir schnell bewiesen, das muss ich auch gar nicht. Der im Buch dargestellte Fall ist in einer allergröbsten Form adaptiert worden, so dass man lediglich noch Intentionen wiedererkennen kann, ansonsten ist der Fall, oder zählen wir es in Bezug auf die Serie lieber als drei Fälle, die am Ende geschickt zusammenlaufen, eigentlich frei erfunden ist. Das ist aber wirklich nicht schlimm, denn ich habe die Reihe von Fox eben nicht wegen ihrer genialen Kriminalfälle im Kopf, sondern weil Ted Conkaffey und Amanda Pharrell, in der Serie dargestellt durch Thomas Jane und Nicole Chamoun, zwei höchst ungewöhnliche Protagonisten für eine solche Reihe waren und weil ich vor allem bei ihnen sehen wollte, ob sie getreu dargestellt wurden, um das Ikonische zu erkennen. Und dieser Aufgabe hat sich das Produktionsteam definitiv gestellt, denn ich war wirklich sehr, sehr angetan.
Auch wenn ich mir Conkaffey tatsächlich optisch etwas anders vorgestellt hätte, vor allem etwas jünger, so war es in Bezug auf ihn für mich schon okay, als er gleich in der ersten Episode die Gans rettet und fortan sie und ihre Küken bei sich aufzieht. Ich fand das in der Buchreihe schon so eine geniale Idee, weil es die beste Metapher war, die man sich einfallen lassen konnte, um den guten Kern von Ted darzustellen. Denn der ehemalige Polizist ist der Kindesentführung und des –missbrauchs angeklagt worden, nur um schließlich wegen Mangel an Beweisen wieder auf freien Fuß gelassen zu werden. Ende gut, alles gut? Bei Weitem nicht, denn ein eingestelltes Verfahren ist eben kein Freispruch, weswegen Ted immer noch als Kinderschänder gebrandmarkt ist und in einem abgelegenen Teil von Australien Abstand sucht. Auch wenn er unheimlich verlottert aussieht und über den Verlauf der ersten Staffel aus unterschiedlichen Gründen gleich mehrfach über Selbstmord nachdenkt, so zeigt eben schon die Fürsorge für die Gans und ihren Nachwuchs, dass er ein Kümmerer ist, dem ein blöder Zufall sein ganzes Leben geraubt hat. In Amanda bekommt er vom Schicksal aber ein Gegenstück zugespielt, das zusätzlich beweist, wer Ted als Mensch ist. Denn auch Amanda ist wie er gebrandmarkt, es gebe also genug Gründe, dass er sich besser von ihr fernhält, um seine Situation nicht schlimmer zu machen. Er behält eine gewisse Skepsis auch, aber jeder Tag mehr an Amandas Seite beweist ihm eben auch, dass auch sie nicht die zu sein scheint, die die Öffentlichkeit in ihr sehen will.
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Amanda ist im Vergleich mit Ted sicherlich der faszinierendere Charakter, wobei ich das eigentlich gar nicht als Wettbewerb sehen möchte, denn zusammen sind sie über den Serienverlauf hinweg am besten. Dennoch hat sie so viele Nuancen mehr, die es zu entdecken gilt. Sie hat wegen Mordes gesessen und sie ist dorthin zurückgekehrt, wo alles begonnen hat und setzt sich damit den übelsten Beschimpfungen aus. Mutig, könnte man sagen, aber die Staffel zeigt behutsam auf, dass es vor allem eine schwer traumatisierte junge Frau ist, die nichts anderes kennt als den Ort, wo sie aufgewachsen ist und wo ihre Jugend abrupt eingebremst wurde. Sie hat zwar echt krasse Schutzmauern, aber letztlich ist sie auch zu feige, um woanders den Neuanfang zu wagen. Amandas Geschichte zu begreifen, ist sicherlich der stärkste Aspekt der Serie, auch weil Teds Recherchen dazu, sie schwer erschüttern und immer wieder neu herausfordern. Aber sie findet in ihm eine Art Vater, der mehr Vertrauen in sie hat als sie selbst.
© Troppo Productions; Bradley Patrick
Auftritt Damford (David Lyons). Dieser ist im Buch als Solist gar nicht so in Szene gesetzt, sondern eher Teil eines Duos, aber hier bekommt er eine ganz eigene Geschichte. Ich fand das geschickt gewählt, weil er zwar eher isoliert agiert, aber gleichzeitig doch überall drinsteckt und eben eine extrem ausgelebte Fehde gegenüber Amanda hat und dann auch vor Ted nicht Halt macht. Hier hat mich besonders fasziniert, dass Amanda und Ted eigentlich die sind, gegen die man sich in einer schwarz-weiß Welt richten würde und Damford als Polizist für Recht und Ordnung steht. Doch das wird alles auf den Kopf gestellt, denn Ted und Amanda machen sofort etwas mit einem, während Damford in all seinen Szenen, sei es auch mit seiner Frau und seiner Ziehtochter Georgie (Miranda Frangou), dennoch die Alarmglocken schrillen lässt. Zwar kann man am Ende der Staffel nicht unbedingt behaupten, dass er der schlechteste Kerl auf Erden ist, weil seiner Geschichte auch auf die Spur gekommen wird, aber dennoch ist am Ende ein Unterschied besonders klar: Ted und Amanda konfrontieren das, was sie sind und das, wofür sie gehalten werden, während Damford sich selbst am meisten belügt und sich daher die Welt moralisch so biegt, dass alles in seinen Kram passt.
Zwar fand ich insgesamt, dass die acht Episoden nach einer wirklich guten Staffellänge klingen, aber man hätte die Folgen auch gut und gerne um jeweils zehn Minuten beschneiden können. Tatsächlich waren die Szenen, die mir zu lange erschienen sind, oft auch nicht mit den Kriminalfällen verbunden, sondern da ging es eher um die Innenperspektive der Figuren. Das hätte ich tatsächlich besser über Dialoge aufgefangen gefunden als über stille Aufnahmen. Teilweise waren auch die gewählten Szenenwechsel etwas seltsam, denn man steckte mitten in einem spannenden Moment, Schnitt und alles ausgebremst und oft genug die Frage: was ist in der Zwischenzeit passiert? Auch wenn sich Ted und Amanda als Privatermittler ergänzen und damit sicherlich den Druck einer öffentlichen Behörde verspüren, fand ich es manchmal stilistisch dennoch komisch, dass es so wirkte, als würden sie eine ruhige Kugel schieben und wichtige Erkenntnisse immer erstmal einen halben Tag verarbeiten müssen. Das war gepaart mit den zu ruhigen Momenten dann schon ein großer Kritikpunkt, der die Spannung etwas eingedämmt hat. Man konnte es sich zwar gut ansehen, aber es entstand auch nicht so ein Sog bzw. der Sog wurde dann auch erst in der zweiten Staffelhälfte stärker.
© Troppo Productions; Daniel Asher Smith
Die dreiteilige Fallstruktur hatte ich schon erwähnt. Das war eindeutig der Ausgleich zu den gerade angesprochenen stilistischen Schwächen. Zum einen haben wir den Selbstmord von Lars (Bryan Probets), einem der letzten Vertrauten von Amanda, wo sie gleich glaubt, dass dahinter mehr stecken muss. Dann haben wir Amandas Geschichte selbst, die als kaltblütige Killerin der damals gleichaltrigen Jugendlichen Lauren (Rachael Ward) überführt worden ist, bis sich Beweise häufen, dass es auch einen anderen Hintergrund geben könnte. Letztlich haben wir auch den Hauptfall von dem verschwundenen Jong Min (Sonny Le), dessen Frau Yoon Sun (Sun Park) Amanda beauftragt, die wiederum wegen der Geldsumme Hilfe bei Ted sucht. Alles läuft zunächst etwas für sich, aber schnell zeigen sich überraschende Parallelen und alles hat etwas mit dem anderen zu tun. Hier ist sich wirklich Mühe gegeben worden, etwas auf die Beine zu stellen, was viele erzählerische Schichten hat und daher auch die Gefahr wegnimmt, zu früh durchschaubar zu sein. Zudem wirft die Storyline des verschwundenen Jong Min auch einen Blick auf die koreanische Kultur, was ein weiterer Bonus ist, weil die kulturellen Erwartungen authentisch dargestellt wurden. Parallel wird aber auch eine gute Atmosphäre durch das Setting geschaffen. "Troppo" lädt mich mit nicht unbedingt ein, gleich in den Flieger nach Australien zu steigen, aber es hat die Art der Erzählung dafür umso besser unterstrichen.
Fazit
"Troppo" ist eine sehr freie Adaption von "Crimson Lake" nach Candice Fox, aber eine, die besonders bei den Hauptfiguren das Spezielle transportiert bekommen hat, was mir persönlich sehr wichtig war. Es ist stilistisch manchmal holprig und insgesamt zu langatmig erzählt, aber die Ansätze in den Charakteren und die Verwicklung von gleich drei Fällen balanciert es gut aus. Daher gibt es eine Empfehlung, bei der bei Freevee zu streamenden Serie gerne mal reinzuschauen.
Die Serie "Troppo" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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