Valeria - Review Staffel 1
Als "Sex and the City" 1998 an den Start ging, war es so etwas wie eine kleine Revolution, dass vier Frauen sich offen über Sex unterhalten und ihre Männerbekanntschaften miteinander vergleichen. Damals konnte sowas – gerade in den USA – nur auf einem Kabelsender wie HBO gezeigt werden. Gut 20 Jahre später ist so etwas zur Normalität geworden, dennoch ist es erfrischend, mit "Valeria" nun eine moderne Variante dieser Serie voller Textnachrichten und Dating-Apps präsentiert zu bekommen, die etwas bodenständiger erscheint, aber dennoch wie eine Hommage an Carrie, Miranda, Samantha und Charlotte wirkt.
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Valeria (Diana Gómez) ist eine junge Frau, die die 30 noch nicht erreicht hat, aber bereits in einer tiefen Lebenskrise steckt. Ihre Ehe ist eingeschlafen und obwohl sie davon träumt eine bekannte Romanautorin zu werden, steckt sie mitten in einer Schreibblockade. Um nicht völlig pleite zu gehen, nimmt sie einen Job als Aufsicht in einem Museum an und starrt fortan auf einen großen grauen Klotz, während sie sich fragt, ob sie jemals eine zündende Idee für ihr Buch hat. Trost findet sie bei ihren besten Freundinnen Lola (Silma López), Carmen (Paula Malia) und Nerea (Teresa Riott), deren Leben jedoch nicht weniger kompliziert sind, doch obwohl jede mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hat, sind sie füreinander da, wenn es darauf ankommt.
Als man Valeria und ihren Mann Adrián (Ibrahim Al Shami J.) das erste Mal sieht, wirkt es so, als wären die beiden vielleicht WG-Mitbewohner, aber sicherlich kein Liebespaar. Die beiden wirken sehr distanziert und gehen kaum aufeinander ein. Es ist also kein Wunder, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich hieraus eine ausgewachsene Ehekrise entwickelt, denn keiner von beiden wirkt mit dem aktuellen Zustand glücklich, doch beide scheinen so an diesen Alltag gewöhnt, als dass man ihn aus dem Gleichgewicht bringen sollte. Parallel versucht Valeria verzweifelt irgendwelche Zeilen aufs Papier zu bringen, denn die Abgabefrist für ihren Roman rückt immer näher. Auch wenn sicher nicht jeder Zuschauer eine Schreibblockade nachvollziehen kann, so sind die Szenen der Prokastination, die Valerias Alltag begleiten, wohl so ziemlich jedem bekannt, weshalb man sich sofort in diese Hauptfigur hineinversetzen kann. Dazu zeichnen die Jobsuche, die sich irgendwie mit ihrem Traum vom Schreiben vereinbaren lassen sollte, und die Geldnöte zu Beginn ein recht düsteres Bild in einer sommerlichen und lebensfrohen Stadt wie Madrid. Doch Valeria blüht auf, sobald sie den Kontakt zu ihren Freundinnen aufnimmt. In ellenlangen Sprachnachrichten in den Gruppenchat, die von den anderen schon als Podcasts bezeichnet werden, bringt sie ihre Gefühle und Pläne pointiert auf den Punkt und man merkt auf Anhieb, dass in der Trübsal-blasenden jungen Frau soviel mehr steckt, was man nur herauskitzeln muss.
Auftritt Víctor (Maxi Iglesias)... Eigentlich mit Lola verabredet, um auf andere Gedanken zu kommen, trifft Valeria auf einer Party auf Víctor, den man nicht anders beschreiben kann, als dass er aus irgendeiner Werbekampagne gefallen sein muss. Mit verführerischem Blick, Dreitagebart und stechend blauen Augen zieht er Valeria sogleich in den Bann und aus anfänglichen Neckereien und Beleidigungen wird schnell ein fast schon sinnlicher und erotischer Austausch. Kein Wunder also, dass er Valeria so auf die Idee bringt, ihre unausgegorene Thriller-Idee zu verwerfen und einen Erotik-Roman zu schreiben. Doch woher soll sie die Inspiration nehmen, wenn es in ihrer Ehe schon lange nicht mehr knistert und der verzweifelte Versuch eines Quickies mit Adrián unbefriedigt endet? Da gibt sich Valeria doch lieber ihrer Fantasie hin und lässt sich durch den Austausch von Textnachrichten mit Víctor inspirieren, die sie schon bald so sehr von ihm träumen lassen, dass eine Konfrontation in der Realität nicht mehr lange ausbleiben kann. Denn auch Víctor hat sich in Valeria verknallt und ihm fällt es immer schwerer, sich von ihr fernzuhalten, obwohl er weiß, dass sie verheiratet ist. Was daraus folgt, mag man als vorhersehbar bezeichnen, und Dreiecksbeziehungen mögen nicht sonderlich innovativ sein, dennoch fühlt es sich nicht klischeebehaftet, sondern sehr real an. Valeria ist keine Fantasiefigur, wie sie sie vielleicht anfangs für ihren Roman entwerfen wollte, sondern sie ist mit ihrem Leben und insbesondere ihrer Beziehung unzufrieden und sucht einen Ausweg. Dazu mangelt es ihr an Selbstbewusstsein, was bei der Familie, die uns präsentiert wird, wohl auch jeder nachempfinden kann. Dennoch lässt sie sich nicht unterkriegen, an ihren Traum zu glauben und parallel den Wunsch zu verspüren, rundum glücklich zu sein. Durchaus glaubhaft wird dabei ihr Zwiespalt zwischen der Sehnsucht nach Víctor und dem schlechten Gewissen gegenüber Adrián vermittelt, doch selbst die angedeutete Eifersucht Adriáns scheint die Beziehung nicht mehr retten zu können.
Natürlich kann man aus feministischer Sicht hinterfragen, warum Valeria und Co. nur glücklich sind, wenn sie einen Partner haben und warum sie keine Erfüllung in sich selbst und dem, was sie tun, finden. Andererseits sind wir Menschen nun mal keine Einzelgänger und wir benötigen ein soziales Umfeld um uns, um wirklich glücklich zu sein. In der finalen Episode der ersten Staffel wird das Bild des Pinguins verwendet, um zu zeigen, dass wir uns doch insgeheim alle einen Partner (oder eine Partnerin) wünschen, der/die uns bis ans Lebensende liebt. Bei den einen ist das früher der Fall, bei den anderen später. Bei manchen vielleicht auch gar nicht, was auch okay ist. Aber man sollte deswegen nicht verteufeln, dass es Frauen gibt, die sich geliebt fühlen wollen und dass das nun eins der Themen dieser Serie ist. Insbesondere bei Valeria und Lola finde ich dieses Verhalten auch absolut nachvollziehbar, da sie familiär bedingt, nie die Liebe erfahren haben, nach der sie sich jetzt vielleicht sehnen.
Was Lola angeht, wird uns hier das scheinbare Gegenteil von Valeria präsentiert. Sie ist eine wahnsinnig selbstbewusste Frau, die auf den ersten Blick keine feste Beziehung will, sondern nur die Befriedigung sucht, um unabhängig und frei zu bleiben. Sie glaubt, mit dem verheirateten Sergio (Aitor Luna) dafür den perfekten Mann gefunden zu haben, doch bald wird ihr klar, dass das nicht die Erfüllung ist oder sein kann, die sie sich gewünscht hat. Wir lernen mehr Seiten von Lola kennen und insbesondere, wenn es um ihre Familie geht, zeigt sich auch ihre zerbrechliche und verwundbare Seite und man beginnt zu verstehen, warum sie sich nach außen hin so tough gibt und auch so hohe Ansprüche an sich selbst stellt.
Carmen hingegen wirkt wie ein scheues Reh und eine hyperaktive Quasselstrippe in einem. Sie ist heimlich in ihren Kollegen Borja (Juanlu González) verliebt und richtet ihr gesamtes Leben auf ihn aus, bis sie endlich mit ihm ins Gespräch kommt. Einerseits weiß sie genau, was sie will und als sie es Borja wissen lässt, überrumpelt sie ihn damit völlig. Andererseits stellt sie ihr Licht auch oft unter den Scheffel, denn sie hat insbesondere beruflich viel mehr drauf, als sie sich selbst zutraut. Sie wirkt mit Abstand wie die unreifste der vier Freundinnen und sie macht auch die geringste Entwicklung durch, wobei ein Ereignis im Staffelfinale ihr dann vielleicht auch endlich mal die Augen öffnet, in Zukunft mehr für sich selbst einzustehen. Anders als bei Valeria und Lola erhalten wir bei Carmen nur wenig Hintergrund-Story und wissen nicht genau, wie sie sich zu der Frau entwickelt hat, die wir heute sehen. Hier wäre es schön, wenn darauf in einer möglichen zweiten Staffel noch mehr eingegangen wird.
Ähnlich verhält es sich bei Nerea, die zumindest zu Beginn der Serie eindeutig die konservativste der vier Freundinnen ist. Sie arbeitet als Anwältin in der Kanzlei ihrer Eltern und lebt noch bei ihnen außerhalb von Madrid. Ihre Familie weiß nicht, dass sie lesbisch ist und auch innerhalb des Freundeskreises muss sie aus ihrer Sicht häufig zurückstecken, da die vier Frauen meistens in normalen Bars ausgehen, wo Nerea nur selten auf gleichgesinnte Frauen trifft. Sie ist es schließlich auch, die den anderen ihren Egoismus vor Augen führt, da alle immer wieder nur auf ihre eigenen Probleme zu sprechen kommen und den anderen nur selten zuhören oder wirklich helfen. Erst wenn es hart auf hart kommt, sind sie schließlich doch füreinander da. Bis es aber soweit ist, versucht Nerea sich einen neuen Freundeskreis aufzubauen, indem sie sich einen Verein anschließt, der sich für die Gleichberechtigung der LGBTQ-Gemeinschaft einsetzt. Hier kann sie mit ihren Talenten überzeugen und findet mit ihrer Stimme, die sie sonst so oft unterdrücken muss, Gehör. Es ist schön mit zu verfolgen, wie Nerea dabei aufblüht, immer mehr Selbstbewusstsein tankt und wieder beginnt ihre Sexualität auszuleben, was ihr zuvor sichtlich gefehlt hat. Bei ihr freue ich mich zu sehen, wie sie es schafft, immer mehr auf ihren eigenen Füßen zu stehen.
Der Vergleich zu "Sex and the City", den ich anfangs angestellt habe, mag in Bezug auf Thematik und auch einzelne Charakterzüge durchaus gerechtfertigt sein, dennoch darf man nun nicht davon ausgehen, dass wir hier die gleiche Art von Serie vor uns haben. "Valeria" wird ruhiger erzählt und die Sex-Szenen sind bei weitem nicht so überspitzt oder provokant dargestellt, wie es bei "Sex and the City" oft der Fall war. "Valeria" hat keine Comedy-Elemente, wie man sie bei der HBO-Serie das ein oder andere Mal präsentiert bekommen hat, sondern für mich ist es grundsätzlich eine Dramaserie, die sich mit den Bedürfnissen der vier Protagonistinnen auseinander setzt und hinterfragt, warum ihnen bestimmte Dinge im Leben wichtig sind; sei es das Schreiben und das Geliebt werden bei Valeria, die scheinbare Stärke von Lola, der Wunsch nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung von Nerea oder die Entwicklung von Selbstvertrauen bei Carmen. Anders als bei "Sex and the City" gibt es auch keinen Ich-Erzähler wie damals Carrie (Sarah Jessica Parker), die mithilfe ihrer Kolumne in ihre Gedankenwelt blicken ließ. Stattdessen bringen Text- und Sprachnachrichten zwischen den Charakteren die Handlung voran.
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Fazit
Auch wenn einem der Trailer von "Valeria" vermitteln will, dass es fast nur um das Sexleben von vier Großstädterinnen geht, ist diese Serie durchaus mehr. Man nimmt sich die Zeit, das Verhalten der Charaktere zu hinterfragen. Hier gibt es noch Potential nach oben, aber gerade Valerias und Lolas Geschichte ziehen einen in den Bann, so dass man die acht Episoden recht kurzweilig genießen kann.
Catherine Bühnsack - myFanbase
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