Zwei an einem Tag - Review Miniserie
"Zwei an einem Tag" ist ein von David Nicholls verfasstes Buch, das auch schon verfilmt worden ist und das für mich gleich doppelt eine enorme Bedeutung einnimmt. Zum einen ist das sicherlich der emotionalen Ebene geschuldet, denn die dargestellte Geschichte berührt einen einfach, zumal der Inhalt sehr realistisch ist und daher nicht überall Zuckerguss drüber gestrichen werden kann, wo es mal aufbricht. Zum anderen ist mir der Stil in Erinnerung geblieben, indem eine gemeinsame Geschichte nur über einen Tag des Jahres erzählt wird. Das war für mich beim Lesen damals sehr besonders, was dann insgesamt den Eindruck des nicht vergesse Könnens verstärkt hat. Nun gibt es von Netflix eine neue Adaption, diesmal in Form einer Serie mit 14 Episoden a jeweils 30 Minuten etwa. Kann "Zwei an einem Tag" mir so etwas Neues bescheren, was ich nicht mehr vergessen werde?
Die literarische Vorlage ist 2011 bereits einmal adaptiert worden, da sind Anne Hathaway und Jim Sturgess in die Rollen von Emma und Dexter geschlüpft. Ich weiß noch genau, obwohl ich das Buch kannte, wie sehr mich der Film mitgenommen hatte, was durchaus eine Kunst ist, denn angesichts eines bekannten Inhalts noch so rohe Emotionen zu empfinden, das muss erstmal zusammenkommen. Da ich auch Teile davon noch vor Augen habe, als sei es gestern gewesen, war ich auf jeden Fall in dieser Serienadaption nun dankbar, dass Leo Woodall und Ambika Mod beide optisch so völlig anders aussehen als ihre Gegenparts aus dem Film. Das hat geholfen, das Geschehen völlig zu separieren und sich so wieder völlig neu auf die Geschichte einzulassen. Ich finde die Besetzung auch gut gewählt. Woodall, der durch die zweite Staffel "The White Lotus" schon einem größeren Publikum bekannt geworden ist, drückt damit symbolisch für mich ideal aus, dass er eben der Sonnyboy ist, die einfachere Figur, die zuerst sich einen großen Namen macht und deren komplexen Seiten man erst später versteht. Mod ist da für mich eher die Entdeckung, die dann mit Emma auch die Rolle spielt, mit der man erstmal warm werden muss und wo man später immer deutlicher merkt, dass sie der Anker der Erzählung ist. Sie sind herrlich verschieden und sie sind aber wirklich genau das, was man braucht, um diese spezielle Geschichte zu erzählen.
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Wie es der Titel nun sagt, wir erleben 20 Jahre über die 14 Episoden hinweg erzählt und das nur durch einen einzigen Tag, den 15. Juli. Das ist sicherlich eine Erzählart, die so ihre Tücken birgt. Ich selbst bin ein großer Fan von Kontext und dann am liebsten eine schöne Detailverliebtheit dazu. Das ist natürlich so nicht wirklich möglich, wenn man immer von Episode zu Episode ein ganzes Jahr überspringt. Die Hälfte der Laufzeit ist man damit beschäftigt, für sich zu klären, was inzwischen bei Emma und Dexter passiert ist und gerade wenn sich alles zusammengesetzt hat, dann ist die Episode auch schon wieder vorbei. Deswegen ist das wirklich nur ein ausschnitthafter Blick auf etwas. Darauf muss man sich ganz klar einlassen können. Mir fiel auf jeden Fall sehr schnell auf, dass es ein Geschenk ist, dass diese Vorlage nochmal als Serie adaptiert worden ist, denn mit etwas mehr Zeit gelingt es besser und umfänglicher, wichtige Sequenzen zu erzählen, ohne dass es gehetzt wirkt. Das bestätigt nur meine Beobachtung der letzten Jahre, gerade wenn man ein Buch sehr liebt, dann fühlen sich Adaptionen in Serienform richtiger an. Vor allem war ich in großer Bewunderung, dass die Serie es oft ausgelebt hat, Sequenzen ohne vermeintlichen Schnitt zu bringen. Da wohnt man ewig erscheinenden Dialogen bei und es wirkt so echt. Als sei man genau dabei. Das hat extrem bei der Orientierung geholfen, weil man sich dann auch nicht so viele Fragen stellt, sondern mit den Figuren im Moment leben will. Das schafft eine emotionale Verbindung, das hilft aber zusätzlich auch, dass diese inhaltlichen Lücken nicht so gravierend wirken. Zumal eben am Ende auch so die Botschaft der Erzählweise gut durchklingt. Ein einziger Tag kann das Leben auf den Kopf stellen. Das ist dann ein Plädoyer dafür, den Moment zu leben und sich jeden einzelnen Tag noch einmal bewusst zu machen, wie auch immer das für jeden persönlich aussehen mag.
Ein wichtiger Startpunkt ist die erste Folge. Die ist immer wichtig, hier aber ganz besonders, auch weil sie erklärt, warum es ausgerechnet der 15. Juli ist. Es ist eben der Tag, wo sich Emma Morley und Dexter Mayhew kennenlernen, was ihr Leben jeweils für immer verändern soll. Es ist eine intensive Folge, die gut vor Augen führt, wie unterschiedlich die beiden Hauptfiguren sind. Sie der Nerd, die sich lieber näher kennenlernen will und die gewisse Unsicherheiten hinter triefendem Sarkasmus verbirgt und er derjenige, der weiß, was sein Äußeres bewirkt, der aber ebenfalls Unsicherheiten zu verbergen hat, weswegen er lieber agiert statt große Reden zu schwingen. Es gibt mehrere Punkte in dieser gemeinsamen Nacht, wo man mal ihr, mal ihm, es wahrlich nicht vorgeworfen hätte einfach zu gehen und sich danach nie wieder zu sehen. Aber sie zieht etwas zueinander hin, was dann die ganze Serie prägt. So wichtig die beiden füreinander sind, so sehr erzählt die Geschichte aber auch ihre individuellen Reisen und die könnten nicht gegensätzlicher ablaufen. Dex hat sofort Erfolg. Zwar nehmen die meisten seine Programme nicht richtig ernst, aber es öffnet ihm Türen. Umgekehrt war Emma wohl die, der jede und jeder die große akademische Karriere vorhergesagt hätte. Aber sie hadert, denn sie hat einen genauen Plan und da der aus unterschiedlichen Gründen nicht aufgehen mag, ist Improvisation gefragt. Dass die beiden sich so unterschiedlich entwickeln, wirkt sich zwangsweise auf ihre Beziehung auf. Sie haben sich irgendwann zu besten Freunden erklärt und dennoch ist das unterschwellig immer mehr, wobei es augenscheinlich ist, dass Emma zu ihren Gefühlen viel früher hätte stehen können, wenn sie nicht gemerkt hätte, wie wenig Dex dafür bereit ist.
Dex hebt sicherlich auch wegen seines Erfolgs ab, aber parallel hat er seine an Krebs erkrankte Mutter Alison (Essie Davis). So sehr es beruflich florieren mag, so sehr reißt es ihn auf privater Ebene runter. Die Beziehung zu seiner Mutter war so liebevoll und sie war diejenige, die ihm neben Emma stets die Wahrheit gesagt hat. Sie zu verlieren hat mir für die Zukunft schnell erklärt, warum er sich lieber einfacher gebunden hat, denn damit gab es auch nichts zu verlieren. Dex hat über die Episoden hinweg sehr viele Rückschläge zu verkraften und vor allem seine Reise rein in den Alkoholismus ist hart mitanzusehen, aber es ist extrem gut gespielt. Dem gegenüber geht Emma ständig Kompromisse ein und gerade in ihren Beziehungen zu Ian (Jonny Weldon) und Schuldirektor Phil Godalming (Mark Rowley) zeigt sich oft pure Verzweiflung, weil sie nicht gleichzeitig privat und beruflich verlieren will. Doch im Grunde tut sie es. Emma und Dex gehen beide wirklich einige toxische Beziehungen ein, wo wahlweise im Vordergrund steht, es vielleicht gar nicht anders verdient zu haben oder einfach nicht alleine sein zu wollen. Über diese Reise hinweg haben sie mal gar keinen Kontakt, mal wenig, mal sehr viel, aber die Gedanken sind stets beieinander und wahrscheinlich wegen ihrer Gegensätze speziell. Es hat wirklich einige sehr grandiose Dialoge zwischen ihnen gegeben. Dabei sind hässliche Worte gefallen, Wahrheiten, die beide nicht hören konnten und wollten, die dennoch nötig waren. Auch wenn sie danach nicht jeweils sofort ihr Leben auf den Kopf gestellt haben, aber es hat nachgehallt und irgendwann kamen sie eben doch da aus, wo sie sich gesehen haben, einfach nur weil sie sich kennen.
Die Serie zu verfolgen ist emotional sehr anstrengend, wirklich. So oft schrammen die beiden aneinander vorbei, entweder buchstäblich oder in einem emotionalen Sinne. Es gibt sehr romantische Momente, die einfach mitten rein gehen. Es gibt viel Frust, es gibt viel Entsetzen, aber das alles ausgelöst zu sehen, macht diese Serie so stark. Jetzt ist sie knapp vor Valentinstag veröffentlicht worden, aber da will ich wirklich warnen, was Schönes für Herz mit Happy End Garantie, das ist hier nicht drin. Dennoch ist Reinsehen sicherlich sehr, sehr empfehlenswert, wenn auch mit einer anderen Erwartungshaltung am besten. Aber ich weiß, dass viele auch echte Geschichten zu schätzen wissen und die wilde Achterbahnfahrt an Gefühlen mitnehmen. Das wird hier genau richtig geboten. Geboten werden auch sehr schrullige Nebenfiguren. Ian hatte ich schon angesprochen. Man, hat der Kerl mich stellenweise aufgeregt und ich hätte am liebsten den Mund zugeklebt, aber am Ende ist der Blick auf ihn ein ganz anderer. Er hätte Emma auf Händen getragen und zu erkennen, dass sie nicht dasselbe empfindet, das bringt hässliche Seiten hervor, die sich am Ende aber auflösen. Große Liebe gibt es für mich auch für Tilly (Amber Grappy) und Graham (Adam Loxley). Sie ist für Emma die ideale Lebensbegleiterin, aber sie ist mit Graham auch das, was Emma und Dex von Anfang an hätten sein können, aber es hat nur unterstrichen, dass zwei zueinander passende Menschen nicht immer die richtige Zeitlinie für sich finden. Auch Dexters Eltern sind wichtig. Alison kann leider aufgrund der Umstände nicht so viel wirken, weswegen es umso schöner ist, dass sie am Anfang so viele Szenen mit Dex bekommt, denn ihr Verlust prägt ihn am meisten. Stephen (Tim McInnerny) ist ein großer Kontrast. Diese Vater-Sohn-Beziehung wird im Vergleich kühler und distanzierter gezeigt, aber letztlich kann man Stephen nicht absprechen, Dex von Herzen zu lieben, weswegen er es erst recht nicht gut verträgt, ihn so zu erleben. Zuletzt soll auch Sylvie (Eleanor Tomlinson) erwähnt sein, die meinen schrulligen Eindruck von den Figuren sehr gut bestätigt. Sie ist sicherlich von Dexs Beziehungen abseits von Emma die vernünftigste, aber es gab auch Momente, oh man, furchtbar. Und dennoch ist auch sie am Ende da, als echte Freundin.
Zuletzt möchte ich noch meine Lieblingsepisoden nennen und es war wirklich gut, dass die über die Serie hinweg so gut verteilt waren, weil es so einen guten Grund gab, am besten gar nicht abzuschalten. Die erste ist natürlich wichtig, aber das hatte ich weiter oben schon angesprochen. Dann sehr entscheidend ist der gemeinsame Urlaub in Griechenland, der sehr gut deutlich gemacht hat, warum Emma da so auf die Bremse getreten hat, weil sie alles wollte, aber Dexter nur für die schnelle Nummer bereit war. Im Grunde waren sie vom Studienabschluss von vor drei Jahren nicht weit entfernt. Episode 5 mit Dex zuhause, der sich dem baldigen Tod seiner Mutter so richtig stellen muss, die hat mich auf eine positive Art innerlich zerstört, denn hier wurde nichts beschönigt angesichts des Krankheitsbildes, aber gleichzeitig war es auch für Dex so entscheidend. Nicht nur der Verlust ist es, der sich hier schon abzeichnet, sondern auch die innere Qual, wie sehr er die gemeinsame Zeit vergeudet, weil er es einfach nicht verträgt, was die Scham der Zukunft ausmacht. Ebenfalls eher schwer zu ertragen, aber so unfassbar gut gespielt, ist das gemeinsame Essen im noblen Restaurant, wo man Dex am wenigsten wiedererkennt, aber das Streitgespräch war dennoch das ehrlichste der ganzen Serie. Dann ist die Hochzeitsfolge von Tilly und Graham so wichtig. Es gibt viele Überraschungen, aber es ist auch die erste Episode, wo man merkt, diesmal ist Dex die treibende Kraft, der sich den Wert von Emma nicht mehr so selbstverständlich vor Augen führt. Und dann darf natürlich die große Paris-Folge nicht fehlen, die die Entwicklung von der Hochzeit fortsetzt und zum Höhepunkt führt.
Fazit
"Zwei an einem Tag" ist eine liebevolle Adaption eines Buchs mit ungewöhnlicher Erzählweise. Und so sehr das Buch noch heute einen Platz in meinem Herzen hat, so sehr ist das nun auch der Serienadaption gelungen. Sie ist gut gespielt, sie bedient die Bandbreite an Emotionen. Sie zerstört und setzt wieder zusammen. Sie bringt vor allem ihre Botschaft rüber, von daher schaut auf eure Liebsten, nehmt sie nicht für selbstverständlich und lebt im Moment!
Die Serie "Zwei an einem Tag" ansehen:
Lena Donth – myFanbase
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