Bewertung

Review: #5.01 Keine Zuflucht

Foto: Andrew Lincoln & Norman Reedus, The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
Andrew Lincoln & Norman Reedus, The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Ich bin überrascht, dass man sich seitens der Autoren entschieden hat, die Sache mit Terminus binnen einer Episode abzuhandeln. So schnell der vermeintlich sichere Hafen aufgetaucht ist, so schnell versinkt er wieder in einer Wolke aus Asche und Rauch. Dabei wäre es durchaus interessant gewesen, den ein oder anderen Bewohner näher kennen zu lernen.

"You're the butcher or you're the cattle."

Wie schon vermutet, handelt es sich bei den Überlebenden in Terminus um Kannibalen, die mit ihren Schildern Menschen in ihr Territorium locken und dann abschlachten, als wären es Schweine. Die Szenen, in denen vier Menschen die Kehle aufgeschlitzt werden und die man dann ausbluten lässt, sind wirklich grässlich. Was treibt Menschen dazu, ihresgleichen auf diese Weise abzuschlachten? Ein kleiner Erklärungsversuch wird unternommen, indem man klar macht, dass die Bewohner von Terminus früher einmal ganz normale Menschen waren, denen selbst schreckliches passiert ist.

Tatsächlich muss Terminus einst ein sicherer Hafen gewesen sein, bis eine Gruppe Menschen eingedrungen ist, die getötet, misshandelt und vergewaltigt hat. Wie Gareth und Mary es geschafft haben, aus dieser Hölle zu entkommen, wird nicht thematisiert, aber sie haben es geschafft und sich fortan an den Leitsatz gehalten, dass, wenn sie überleben wollen, sie töten müssen. In einer apokalyptischen Welt wie dieser ist man entweder der Schlächter oder das Vieh.

Rick ist auf dem guten Weg dorthin, ebenso kalt und unnahbar zu werden, wie es die Bewohner von Terminus sind. Auch für ihn gibt es nur noch seine Gruppe, die er zu schützen versucht, alle anderen, die sich ihnen in den Weg stellen, müssen eliminiert werden. Es bedarf einiger Appelle seitens Glenn, um Rick daran zu hindern, nach ihrer Flucht nicht noch einmal zurück zu gehen und jeden einzelnen in Terminus abzuschlachten.

"Did you do that?"

Die Frau der Stunde ist einmal mehr Carol Peletier. Quasi im Alleingang legt sie Terminus lahm und verwandelt den einst sicheren Hafen in eine Kriegszone. Sie ist über die Serie hinweg eine wahnsinnig starke Frau geworden, die absolut nichts mehr mit der Carol zu tun hat, die wir einst kennen gelernt haben. Das wird uns hier einmal mehr bewusst. Ohne zu zögern greift sie Terminus an, nachdem klar wird, dass man dort ihre Freunde gefangen hält. Es kümmert sie nicht, dass Rick sie verstoßen hat. Sie hegt keinen Groll gegen irgendjemanden und zieht komplett auf sich alleine gestellt in einen Krieg, den sie eigentlich nur verlieren kann. Doch Carol, getarnt als Beißer, schafft es nicht nur, eine Ablenkung zu kreieren, die Rick und Co. die Flucht ermöglicht, ihre gelingt es auch noch die Sachen zurück zu holen, die man den anderen gestohlen hat.

Die stärkste Szene hat Carol jedoch, als sie endlich wieder mit der Gruppe vereint wird. Als Daryl sie sieht, rennt er sofort auf sie zu und fällt ihr in die Arme. Es ist eine wundervolle Szene zwischen den beiden, die zeigt, wie viel sie einander bedeuten. Daryl hat Tränen in den Augen, als er seine Freundin wieder bei sich hat und es wird spürbar, wie sehr er sie all die Zeit an seiner Seite vermisst hat.

Auch die Umarmung zwischen Rick und Carol zeigt, dass hier zwischen den beiden kein Groll mehr ist. Carol hat sich in seinen Augen mit ihrer beherzten Tat rehabilitiert. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Carol selbst zwei Menschen getötet hat, doch im Angesicht daran, dass Familie und Freunde etwas geworden ist, das man sich in einer Welt wie dieser fast nicht mehr leisten kann, ist es verständlich, dass unsere Bewohner sich an ihre kleine Welt klammern. Sie haben nichts anderes mehr.

"I was part of a 10-person team at the Human Genome Project to weaponize diseases to fight weaponized diseases. Pathogenic microorganisms with pathogenic microorganisms. Fire with fire."

Wohin soll die Reise unserer Gruppe nun gehen? Ich denke mal, dass man sich früher oder später auf den Weg nach Washington machen wird, um Eugene dorthin zu bringen. Eugene wirkt auf mich immer noch etwas merkwürdig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er tatsächlich weiß, wie man die Seuche aufhalten soll. Dazu klingt sein Erklärungsversuch, wie die ganze Zombiesache entstanden ist, ein bisschen zu vage und vor allem zu sehr nach "Resident Evil". Wenn er einem zehnköpfigen Team angehört hat, das tatsächlich mit dem menschlichen Genom experimentiert hat und waffenfähige Erreger gezüchtet hat, warum ist er dann nicht in Washington geblieben, wenn dort das Epizentrum des Ausbruchs liegt? Hat er mitangesehen, wie ihr Experiment schief läuft und ist dann erst mal nach Hause gefahren?

Mir ist Eugene weder sympathisch, noch klingt das, was er erzählt, aufrichtig und ehrlich. Es wirkt vielmehr, als murmelt er ein paar wissenschaftliche Fachausdrücke vor sich hin und hat in Wahrheit eine ganz andere Agenda. Warum sollte er auch im Angesicht der Apokalypse so sparsam mit Informationen umgehen? Er könnte doch wenigstens versuchen zu erklären, was er vor hat, gerade als Sasha ihn unmittelbar darauf anspricht. Doch er drischt nur ein paar Floskeln, was im Moment noch von allen akzeptiert wird.

"I had to. So I did."

Eine schöne Nebengeschichte wird um Tyreese gestrickt. Ihm gehen die Ereignisse um Mika und Lizzie noch immer sehr nahe, so dass er es einfach nicht fertig bringt, zu töten, selbst wenn er weiß, dass es manchmal notwendig ist. Tyreese kann schnell als weinerliches Weichei abgestempelt werden, doch für mich ist er ein Charakter, der es einfach nicht schafft, die Vergangenheit loszulassen. Er ist längst noch nicht so abgehärtet wie seine Mitstreiter, denn er lebt noch immer in einer Welt, die es so einfach nicht mehr gibt, was er jedoch nicht wahrhaben will.

Er ist sich seiner Kraft bewusst, doch er weigert sich zu töten, nicht weil er es nicht fertig bringt, sondern weil er es nicht glauben kann, dass die Welt den Bach hinunter geht. Das ist verständlich und sollte nicht mit Schwäche gleichgesetzt werden, denn schwach ist Tyreese nicht, was sich auch in dieser Episode zeigt. Wenn es darum geht, sich oder auch diejenigen, die er liebt, zu beschützen, dann ist er gnadenlos. In gewisser Weise ist er wie Rick, nur glaubt er immer noch an das Gute im Menschen. Im Laufe der Serie wird er dies ablegen müssen und ich bin mir sicher, er wird es tun, wenn es darum geht, am Leben zu bleiben. Doch noch ist er nicht bereit zu akzeptieren, dass nicht nur die Welt sich verändert hat, sondern auch die Menschen darin.

Randnotizen

  • Ich bin mit nicht sicher, ob wir Gareth das letzte Mal gesehen haben oder ob er vielleicht doch noch einmal auftaucht, um sich an Rick zu rächen. Man hat gesehen, dass er sich auf dem Dach in Terminus geduckt hat, als Rick das Feuer auf ihn eröffnete. Ob ihn eine Kugel getroffen hat, vermag ich nicht zu sagen. Ich bin gespannt, ob er nochmal auftaucht.
  • Natürlich muss ich auf die letzte Szene nach dem Abspann eingehen. Morgan! ist unserer Gruppe gefolgt und findet am Ende das Schild, auf das Rick "No sanctuary" geschrieben hat und das nach Terminus weist. Es war eine überraschende Szene, von der überhaupt nicht klar wird, was sie zu bedeuten hat.
  • Was mit Beth ist und ob sie noch am Leben ist, das wurde in dieser Episode noch nicht thematisiert. Es hätte aber auch nicht in diesen actiongeladenen Staffelauftakt gepasst. Ich bin gespannt, ob und wann sie noch einmal auftaucht oder ob Daryl oder vielleicht auch Maggie nach ihr suchen will.

Fazit

#5.01 Keine Zuflucht ist eine starke Auftaktepisode, die weniger Wert auf großartige Charakterarbeit, dafür jedoch auf Action, Blut und Eingeweide legt. Dennoch schafft man mit kleinen Szenen zwischen den Charakteren zu überzeugen und die Vorfreude auf das zu steigern, was in der fünften Staffel nun kommen mag.

Melanie Wolff - myFanbase

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