Tru(e) Love? - Review Staffel 1

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Auf die deutschen Bildschirme hat es HBOs neue Hitserie "True Blood" bisher noch nicht geschafft und auch die Frage, wann und vor allem ob dies in Zukunft geschehen wird ist noch nicht beantwortet. In den USA läuft die Serie des "Six Feet Under"-Schöpfers Alan Ball bereits erfolgreich seit dem 7. September 2008 und erst kürzlich wurde grünes Licht für eine weitere, und somit bereits dritte Staffel, der Serie gegeben.

Lestat, Blade, Angel, Edward und Bill

Nach und nach schlichen sie sich beinahe unbemerkt in unsere Mediengesellschaft – ein Untoter nach dem nächsten entzückte nicht nur Film- und Fernsehzuschauer, sondern auch Leseratten, so dass die Ausschlachtung des Erfolgsthemas "Vampir" nur eine Frage der Zeit blieb. Nie waren Vampire so präsent und populär wie in den letzten Jahren. Schon immer boten die untoten Blutsauger den Autoren und Regisseuren einiges an Inspiration, so dass wir in den letzten Jahren – angenehm dosiert – eine Vampirgeschichte nach der nächsten vorgesetzt bekamen. Bis, ja, bis dann Bis(s) kam und eine riesige Massenhysterie ausbrach und den Vampiren einen erneuten Popularitätsschub gab.

So war es also abzusehen, dass die Blutsauger bald auch wieder in die Serienwelt zurückkehren würden und da ich zu denjenigen Serienfans gehöre, die bereits vor dem großen "Twilight"-Boom an Serien wie "Buffy" und "Angel" Interesse hatten, war es für mich gar keine Frage, ob ich mal einen Blick in HBOs neue Vampirserie werfen würde, um selbst bestimmen zu können, ob es sich hierbei um eine sehenswerte Serie oder aber um einen billigen Versuch der Geldmacherei durch den aktuellen Vampir-Trend handelt.

Der erste Eindruck zählt

Da ich die der Serie zugrunde liegende Bücherreihe nicht kenne und auch sonst herzlich wenig über die Serie gehört hatte, machte ich mich also gänzlich unvoreingenommen und erwartungslos daran die erste Folge der ersten Staffel zu schauen, ohne zu wissen, was mich erwarten würde.

Die ersten Minuten einer Pilotepisode sind oftmals die entscheidenden und zum Glück schafft "True Blood" es an dieser Stelle, die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf sich zu ziehen. Außergewöhnlich peppige Musik, eine Neugier erweckende Kameraeinstellung, eine mysteriöse Anzeigetafel, die für "Tru Blood" wirbt und... zwei 0815-Teenager, die während der Autofahrt sexuelle Handlungen vollziehen. Oh weh, zunächst war meine Sorge, diese beiden amerikanischen Teenies würden die Hauptdarsteller verkörpern, groß.

Doch zum Glück stellte sich bald heraus, dass die beiden tatsächlich nur die leichtsinnigen 0815-Teenies waren, die die Geschichte zum Laufen bringen sollten. Daran, dass die später vorgestellten Schauspieler Anna Paquin als Sookie Stackhouse und Stephen Moyer als Vampir Bill Compton nun eine viel bessere Besetzung darstellen, hatte ich zu Beginn der Serie jedoch so meine Zweifel. Doch dazu später mehr...

"What I am is telepathic. I can hear people's thoughts."

Die unschuldige Kellnerin trifft auf den 173-jährigen Vampir, sie verlieben sich, sollten voneinander fern bleiben, ein dritter Mann ist ebenfalls im Spiel und noch dazu kann eine der Parteien Gedanken lesen. Da ich die der Serie zu Grunde liegende Romanreihe nicht kenne, jedoch kurz zuvor die "Twilight"-Saga gelesen habe, fiel mein erster Eindruck äußerst skeptisch aus. Natürlich wurden die Romane zu "True Blood" zeitlich vor "Twilight" geschrieben, so dass Stephenie Meyer sich wohl eher von Charlaine Harris inspirieren ließ als anders herum, doch trotzdem machte sich bei mir schnell Enttäuschung breit und ich hatte nicht viel Hoffnung, großen Gefallen an der Serie finden zu können.

Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt! Da ich ein wenig Potenzial sah, gab ich die Hoffnung jedoch nicht sofort gänzlich auf und schaute auch bei der zweiten Folge mal rein und von dem Moment an passierte mir etwas, was ich zuvor noch nicht erlebt habe; ohne die Serie wirklich auf Anhieb umwerfend gut zu finden, habe ich Folge für Folge weitergeschaut und konnte es kaum erwarten zu sehen, wie es weitergeht. So ganz kann ich mir das bis heute nicht erklären, aber hat man es einmal über die erste Episode hinaus geschafft, entwickelt "True Blood" einen unbeschreiblichen Reiz und Bann, der einen veranlasst, jede Woche aufs Neue einzuschalten und mitzufiebern, wenn Eric versucht, Bill Sookie abzuluchsen, und Jason in die Drogenabhängigkeit stürzt. So war auch die Ähnlichkeit zu "Twilight" schnell vergessen und die Serie entwickelte nach und nach ihren ganz eigenen Flair.

"I have been waiting for this moment since they came out of the coffin two years ago."

Kommen wir nun zum eigentlichen roten Faden der Serie, der Haupthandlung, auf der alles basiert: Vor zwei Jahren hat die Gesellschaft der Vampire entschlossen, ihr Geheimnis zu lüften, eine offizielle Sprecherin zu ernennen und sich zu outen. Wie das mit Outings ja immer so ist, hält die (amerikanische) Gesellschaft mannigfaltige Reaktionen auf diese Offenbarung bereit. Das Grundkonzept der Serie ist somit etwas, was vom generellen wir-Vampire-halten-uns-so-versteckt-wie-möglich-Konzept abweicht und bringt daher schon mal eine willkommene Abwechslung. Auch die Einführung eines synthetischen Vampirdrinks halte ich für kreativ und amüsant, auch wenn die genaueren Erläuterungen à la "Tru Blood wird warm getrunken" und "Welche Sorte darf es sein? A negativ, B positiv…?" zum Teil doch sehr degoutant wirken…

Und wo wir gerade bei ekelhaften Einzelheiten sind, muss angemerkt werden, dass die Serie – wie die Opening Credits bereits andeuten – nichts für schwache Gemüter ist. Zuvor war mir nicht bewusst, wie sehr ich es zu schätzen wusste, dass die Vampire bei "Buffy" und "Angel" lediglich zu Staub zerfallen, wenn man sie pflöckt. Bei "True Blood" hingegen wird jeder, der einem sterbenden Vampir zu nahe steht, mit Blut und Eingeweiden bespritzt, bis er sich übergeben muss. Auch die übermäßig vorkommenden – und nicht immer harmlosen – Sexszenen haben in der Serie ihren festen Platz und tragen dazu bei, Zartbesaitete von "True Blood" fernzuhalten.

Die Charaktere

Eine Serie lebt von ihren Charakteren, die schnell über Erfolg oder Untergang entscheiden können. Die beste Idee, die interessantesten Storylines und die spektakulärsten Special Effects können schlechte Charaktere nicht ausgleichen, so dass ich sehr froh bin, dass es "True Blood" an dieser Stelle gelingt, eine sehr ausgewogene Mischung und zum Großteil sehr interessante Charaktere zu bieten. Zwar wurde auch der ein oder andere eher lahme und beinahe nervige Charakter eingebaut, doch finde ich, dass auch das dazugehört und einen wichtigen Teil der Charaktervielfalt einer Serie ausmacht. Wie sollte man es auch jedem einzelnen Zuschauer mit jedem einzelnen Charakter Recht machen können? Das ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit...

Zwar kann "True Blood" mit einer Vielzahl von Charakteren glänzen, doch möchte ich mich in dieser Review auf die für mich interessantesten beschränken, um nicht den Rahmen zu sprengen. Beginnen möchte ich jedoch erst einmal mit einer Tatsache, die ich - gerade im Serienformat - für recht untypisch und im Falle von "True Blood" auch sehr enttäuschend halte; den eigentlichen Hauptpersonen Sookie und Bill gelingt es leider so gar nicht, mich zu überzeugen. Zunächst fiel es mir nur sehr schwer, mich an den Schauspielstil von Anna Paquin zu gewöhnen, da sie mit ihrer Körpersprache oft etwas anderes zu sagen schien als mit ihren Worten. Dass ich mich hieran zum Glück schnell gewöhnen konnte, half allerdings nichts an der Tatsache, dass mich die Beziehung zwischen ihr und Bill gänzlich unberührt lässt und nicht im Ansatz überzeugen kann. Dass die beiden auch im wahren Leben ein Paar sein sollen, halte ich für ein Gerücht, denn wer so wenig Leidenschaft und Gefühl auf der Leinwand zeigt, kann sich doch unmöglich wirklich lieben?!

Neben Sookie und Bill ist Sam ein weiterer Charakter, mit dem ich mich nicht wirklich anfreunden konnte. Er scheint mir zu sehr im Selbstmitleid zu baden und wirkt irgendwie die ganze Staffel über trotz seiner eigentlich recht großen Rolle sehr blass. Obwohl er ja angeblich so sehr leidet, weckt er nicht das kleinste Bisschen Mitgefühl in mir und auch sein kleines Tête-à-tête mit Tara ändert daran nichts. Ganz im Gegenteil, es macht ihn sogar noch unsympathischer, da dieses sehr kurzlebige Stelldichein einfach gar nicht passte und von den Serienmachern erzwungen wurde.

"Bitch, you come into my house, you gonna eat the food THE WAY I F***IN' MAKE IT! Do you understand me? Tip your waitress."

Kommen wir nun zu den positiv auffallenden Charakteren. Müsste ich eine Charakter-Topliste erstellen, würde den ersten Platz definitiv der schillernde Lafayette Reynolds belegen. Die Mischung aus homosexuellem "Tuntengetue" und draufgängerischem Gangstergerede ist einfach nur zum Schreien. Auch wenn er anfangs als knallharter "Geschäftsmann" auftritt, wird jedoch schnell klar, wie sehr er sich um seine Familie und Freunde sorgt und kümmert. Seine witzigen Kommentare peppen die Serie noch einmal um einiges auf und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie trist und trostlos "True Blood" ohne Lafayette wäre.

Ebenfalls zu meinen Favoriten der ersten Staffel zählt Adele Stackhouse, die Großmutter von Sookie und Jason. Sie ist natürlich nicht im Geringsten mit Lafayette zu vergleichen, doch war sie mit ihrer warmen und herzlichen Art das Herzstück der ersten Staffel. Die sich sorgende, liebe und doch gewiefte Oma Stackhouse muss man einfach lieben.

Alles in allem lässt sich aber sagen, dass die guten Charaktere der Serie überwiegen und dem Zuschauer helfen, über die etwas schlechteren bzw. blasseren Charaktere hinwegzusehen.

Fazit

Hat man die erste Folge überwunden und sich sowohl an die kuriosen Charaktere als auch den sehr eigenen Südstaatenakzent gewöhnt, gehört "True Blood" definitiv zu den sehenswertesten Serien der letzten Season, die einen fesseln und von Woche zu Woche mitfiebern lassen kann.

Jenny B. - myFanbase